Der Warschauer Aufstand 1944
Eine Ausstellung des Museums des Warschauer Aufstandes. (30.7.-26.10.2014)
Weitere Informationen: www. warsawrising.eu

„Für uns in Polen gibt es so etwas, wie Frieden um jeden Preis nicht. Es gibt nur eine Sache im
Leben von Menschen, Nationen und Staaten, die keinen Preis hat. Es ist die Ehre.“
Josef Beck am 5.5.1939 (polnischer Außenminister)



In den offengelegten Kellern des himmlerschen Dienstsitzes an der Wilhelmstrasse ist eine Ausstellung zum 70. Jahrestag des Warschauer Aufstandes 1944 zu sehen. Die Ausstellung wurde in Polen für das hiesige Publikum in englischer und deutscher Sprache entworfen.
Gibt diese Ausstellung einen neuen, hier ungewohnten Blick, auf den Aufstand der Heimatarmee?
Die Heimatarmee war die Militärmacht der polnischen, staatlichen Untergrundbewegung, die von der Londoner Exilregierung geführt wurde.
Ja, neu für mich ist der genaue Betrachtung der Situation der Menschen in Warschau vor, während und nach dem Weltkrieg.
Warschau war vor dem 2.Weltkrieg eine wachsende Stadt mit ca. 1,3 Millionen Einwohnern,
bürgerlich geprägten Hauptstrassen im Stil der Jahrhundertwende, Industrievierteln und Neubaugebieten im Stil der neuen Sachlichkeit, wie Bilder zeigen. Die Stadt wuchs, die Stadtverwaltung war mit dem Planen einer U-Bahn und der Weltausstellung 1944 beschäftigt.
Polen war erst 1918 als selbstbestimmter Staat wieder erstanden, weil die drei uralten Monarchien , die es besetzt hielten, nach dem 1.Weltkieg in Revolutionen gerieten und ihr Staatsgebiet verkleinern mussten.
Durch die außenpolitischen Pläne der Hitlerdeutschen und der Sowjetunion wurde Polen bedroht und fand schließlich diplomatische und militärische Unterstützung in Bündnissen mit Frankreich und England.
Die Ausstellung stellt die Bewaffnungen der Polen, Deutschen und Russen vor dem Krieg dar,
Polen Deutschland Sowjetunion
Soldaten 1000 000 1 800 000 620 000
Panzer 500 2800 4700
Artillerie 2800 10 000 5000
Flugzeuge 400 2000 3300
Kriegsschiffe 16 56


die Zahl der polnischen Opfer im Krieg :
Die Sowjetunion und Deutschland überfielen Polen am 1.9.1939
Warschau wehrte sich mit 80 000 Soldaten 3 Wochen lang gegen die deutschen Artillerie , Luft-
Panzer- und Infanterieangriffe. Die polnische Kapitulation wurde am 2.10.1939 ausgespochen.
70 000 polnische Soldaten fielen,
133 000 wurden verwundet,
420 000 gerieten in Gefangenschaft
6-7000 starben bei Kämpfen mit der sowjetischen Armee
250 000 gerieten in sowjetische Gefangenschaft
Bilder sind zu sehen von gefangenen und getöten und überlebenden Anführen und Beteiligten des militärischen Widerstandes, der von der polnischen Exilregierung in London geleitet wurde.
Polnische Erfahrungen werden benannt: der Doppelangriff aus Deutschland und Rußland im Jahre 1939. Das furchtbaren Reden von Hitler über das Töten der polnischen Intelligenz und das Auflösen des Staates und deren fürchterlichen Verwirklichungen.
Die als Rassenkrieg getarnte Ausplünderung , Ermordung und das Verschwindenlassen der polnischen Bürger jüdischen Glaubens geschah zum ersten Mal mit fürchterlicher Genauigkeit. Diese polnischen Bürger hatten ihren Aufstand ein gutes Jahr früher unternehmen müssen.
Von den ca. 6 Millionen ermordeten Menschen jüdischer Abstammung oder Glaubens während der Hitlerzeit waren ca.3 Millionen polnische Bürger.
Der militärische Widerstand kämpfte vor allem in den Wäldern, aber auch in den Städten.
Die polnische Exilregierung hatte beschlossen Warschau selbst zu befreien und sich nicht von Stalin und seinen Leuten befreien zu lassen.
Auf den Bildern sieht der Betrachter Abbildungen junger Menschen, von Pfadfindern, von Soldaten
und Offizieren, die knapp bewaffnet in den Aufstand gingen und die hofften ihre Waffen im Laufe des Krieges zu gewinnen.
Bewaffnung der Aufständischen:
1,5 Handgranaten für jeden Soldaten
1 Gewehr für 12 Soldaten (8,7%)
1 Pistole für 8 Soldaten (12,8%)
1 Maschinenpistole für 67 Soldaten (1,4%)
1 leichtes Maschinengewehr für 150 Soldaten (0,68%)
1 schweres Maschinengewehr für 650 Soldaten (0,16%)
1 Mörser für 5000 Soldaten (0,02%)

Die Aufständische Republik
Der Aufstand begann am 1.8.1944 und am 2.10.44 musste als letzter Stadtteil die Innenstadt aufgegeben werden.
„Von den Aufständischen befreite Warschauer Bezirke wurden sofort zu Enklaven eines unabhängigen Polens. Legitime zivile und militärische Behörden übernahmen die Kontrolle
über einen Teil der Stadt. Die Hauptstadt hatte wieder einen Oberbürgermeister. Trotz der
andauernden Kämpfe erwachten die Polen nach fünf Jahren brauner Besatzung neu zum Leben
und unternahmen unterschiedlichste gesellschaftliche Aktivitäten.
150 Pressetitel erschienen, 1 Rundfunksender sendete, Wochenschauen wurden gedreht,
232 Krankenhäuser und Lazarette versorgten 25 000 Verletzte, die Pfadfinder versorgten Briefkästen
mit 150 000 Briefen,
30 Feldküchen versorgten die Aufständischen, 178 die Bevölkerung , Priester spendeten Sakramente,
Künstler bereiteten Aufführungen vor, Kaffees eröffneten.“
„ Die Aufständischen traten gegen schwer bewaffnete und für ihre Rücksichtslosigkeit bekannte SS-Einheiten an, obwohl Munition und Lebensmittelvorräte nür für wenige Tage reichen sollten, dauerte
die Schlacht um Warschau drei Monate. Die Lage der Aufständischen wurde mit der Zeit immer schwieriger. Alle hofften auf Hilfe durch Abwürfe von Waffen, Munition und Lebensmitteln durch die
westalliierten Luftwaffen und nun auch auf einen baldigen Einmarsch der Sowjets.“
Zerwona Zaraza (Rote Pest)
„Wir warten auf dich, du rote Pest,
die du uns vom schwarzen Tod befreist,
die du unser Land in Stücke zerreißt,
du bringst uns Heil,
und ein Todesfest.“

Josef Szczepantu („Zivtek“) gefallen am 10.9.1944
Todesopfer in Warschau
Bevölkerung 1939 (August) : 1 300 000 Menschen
Verteidigungskrieg 1.9.-28.9.39 10 000 tote Zivilisten 6000 gefallene Soldaten
Besatzungsterror 10.39- 7.44 37 000 Tote 60 000 in die KZ
Ghetto 11.40-9.42 91000 Tote 300 000 Tote 1942
Warschauer Aufstand 1.8. – 5.10.44 150 000 tote Zivilisten 18 000 tote So9ldaten

Opfer der Sowjetischen Aggression in Polen:
10 000 im September 39 getötet
22 000 Opfer in Katyn
30 000 Ermordete 1941 (Rückzug)
7000 Soldaten der Heimatarmee
250 000 Kriegsgefangene
335 000 Inhaftierte
200 000 vom NKWD nach 1944 inhaftiert
100 000 Zwangseingezogene
320 000 Deportierte (1940-1948)


„Polnische, englische und südafrikanische Flieger riskierten ihr Leben, indem sie für die Aufständischen Waffen und Lebensmittel abwarfen. Sie mussten von England und Italien 2500 km
über Feindesland fliegen. Die Verluste erreichten 15% der eingesetzten Maschinen. Bis zum 9.9.1944
verweigerte die Sowjetunion den alliierten Flugzeugen die Nutzung von Flugplätzen.
Als am 18.9.44 110 US-Bomber über Warschau erschienen, gerieten 80% der abgeworfenen Güter
In deutsche Hände.“
Die Aufständischen hatten zu Beginn gute Erfolge und konnten auch zahlreiche Deutsche gefangen nehmen. Schließlich waren sie den deutschen Soldaten unterlegen,
hatten hohe Verluste, mussten sich zurückziehen und aufgeben. Manche konnten durch die Kanalisation fliehen.
Die restliche Bevölkerung von Warschau mußte die Stadt verlassen. Vermutlich nur Einige lebten
versteckt in den Trümmern der Stadt, die Himmler Gebäude für Gebäude hat sprengen lassen. In diesen Trümmern lebte auch der „Pianist“, den ein deutscher Offizier ernährte, vielleicht weil er sich einen „Persilschein“ erhoffte.
Anfang August 1944 entstand in Pruskow bei Warschau ein Durchgangslager (Dulag 121). Die Deutschen brachten dort alle Zivilisten unter, die sie aus Warschau ausgesiedelt hatten.
Die Warschauer mussten in langen Kolonnen die Stadt verlassen, denn Hitler hatte sich vorgenommen, diese Stadt zerstören zu lassen. Nur 20% der Häuser von 1939 waren 1945 unzerstört. 650 000 Menschen durchliefen das Lager, davon 550 000 aus Warschau.
350 000 wurden in das Generalgouvernement umgesiedelt
150 000 Menschen wurden zur Zwangsarbeit in das „Dritte Reich“ gebracht.
60 000 Warschauer kamen in ein KZ.
16 000 Aufständische wurden deutsche Kriegsgefangene



Ein letztes Bild zeigt das leuchtende Warschau von 2014.



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