„Schau“, sagte jemand neben mir. „So hoch möchte ich fliegen und mich in den Wolken wiegen.“ Erstaunt schaute ich ein kleines Mädchen an, dass sich vor mich gestellt hatte und mit Schokoladen verschmiertem Mund mich angrinste. Dabei machte sie eine all umfassende Geste mit ihren ebenfalls mit Schokolade gezierten Händen.

„Das ist aber wirklich sehr hoch.“ ,antwortete ich ein wenig verdutzt.
„Ja, und wenn ich dann in den Wolken sitze, flüstert dann der Wind und so weiß ich, dass die Welt für mich singt.“, sprach sie stolz weiter und ließ sich von mir nicht beirren.

„Ach ja? Woher weißt du denn, was die Welt für dich singt?, fragte ich das Schokoladen verschmierte Mädchen.

„Na, weißt du das denn nicht? Ganz einfach. Ich werde ihr lauschen und ihre Geschichte wird mich berauschen. Das weiß ich ganz genau.“, antwortete sie mir nun empört.

„Woher weißt du das denn alles?“ Ich schaute sie erwartungsvoll an.
„Na, das weiß doch jeder, völlig klar. Vergessen wird all das Leid und vergessen wird der Schmerz in meinem Herz.“, flüsterte sie nun.

„Wieso hast du denn Schmerz in deinem Herz, Kleine?“, fragte ich und zitierte dabei ihre Worte.

„Ach, halb so schlimm, weil wenn ich dann falle, werde ich meine Flügel spannen.“, antwortete sie mir ausweichend und schob dabei ihre kleine Hand in die Bauchtasche ihres Kapuzenpulli. Holte aus dieser, eine angeknabberte Schokoladentafel, brach zwei große Stücke ab, stopfte die Tafel wieder zurück an ihren Platz und schob sich danach eines der beiden Stück in den Mund. Bedächtig kaute sie ein paar mal, bis sie ihre Hand hob und mir das andere Schokostück anbot. Ich nahm es dankend an mich, behielt es aber in der Hand.
„Leicht werde ich mich fühlen und die Freiheit spüren.“, sagte sie kauend.
„Wenn die Geschichte dann zu Ende erzählt, hab ich neue Hoffnung erspäht.“, nuschelte sie mit vollem Mund. Ein Lächeln stahl sich in mein Gesicht, als ich dieses sonderbare Geschöpf mit brauner Lockenpracht ansah. Glücklich sah mich das Mädchen an, als sie fertig gegessen hatte.
Ich drehte mich um, um ein Taschentuch aus meiner Tasche holen, die hinter mir auf einer Bank stand. Als ich es heraus gekramt hatte, drehte ich mich zurück, aber sah niemanden. Das Mädchen war verschwunden. Nirgends war es zu sehen. So, als hätte unsere kurze und merkwürdige Unterhaltung nie stattgefunden.

Doch in meiner Hand, die ich zu einer Faust geballt hatte, spürte ich etwas klebriges. Langsam öffnete ich diese und sah auf einen kleinen braunen Klumpen, der mal Schokolade gewesen war.


© Violet E.


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Beschreibung des Autors zu "Schoko-Engel"

Leise flüstert‘s im Wind,
Wenn die Welt für dich singt.
Ihrer Geschichte sollst du lauschen,
Sie wird dich berauschen.
All das Leid sei vergessen,
Es wird dich nie mehr stressen.
Vergessen sei der Schmerz
In deinem Herz
Und leicht sollst du dich fühlen
Und die Freiheit spüren.
Lass dich fallen,
Sodass sich deine Flügel spannen.
Wenn die Geschichte dann zu Ende erzählt,
Hast du neue Hoffnung erspäht.
-Violet E.

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Kommentare zu "Schoko-Engel"

Re: Schoko-Engel

Autor: Angélique Duvier   Datum: 12.04.2022 20:16 Uhr

Kommentar: Schön geschrieben, liebe Violet!

L.G.

Angélique

Re: Schoko-Engel

Autor: Violet   Datum: 26.09.2022 21:54 Uhr

Kommentar: Vielen Dank! :)
Liebe Grüße,
Violet

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