Jeden Tag das gleiche Spiel, du stehst auf,
schleppst dich in die Dusche, in die Arbeit… Holst dir ein weiteres Päckchen ab, dass jemand anders für deinen Rücken gepackt hat und läufst weiter der Zeit hinterher, in der alles besser war.

Eigentlich könntest du glücklich sein, eigentlich geht es dir doch gut? Nein, das Gras bei deinem Nachbar ist immer noch ein bisschen grüner, die Blumen blühen größer und schöner als das Unkraut, das du ausgesät hast!

Du beginnst alles zu hinterfragen, beim kleinsten Detail fängst du an und arbeitest dich durch die gesamte Post, die du dir selbst geschickt hast.
Weshalb sieht er dich nicht so? Warum hast du das Gefühl alles läuft an dir vorbei und jeder Finger der erhoben wird zeigt auf dich?

Wirklich lange hast du es geschafft, beim Verlassen deiner Haustür, den Blick stur geradeaus zu richten und Nachbars Garten links und rechts liegen zu lassen.
Nun traust du dich nicht mehr vor die Tür, aus Angst das Augenlicht zu verlieren, da dich dessen Schönheit blenden könnte.

Du hast alles probiert, doch die Scheuklappen haben vom stetigen Nutzen Löcher bekommen, du erahnst schon wieder die Welt da draußen. Hast versucht schneller durch deinen Vorgarten zu laufen, selbst beim Rennen schweifte dein Blick beinahe nach nebenan.

Nun sitzt du in deinem Haus, die Fenster hast du verdunkelt, du traust dich nicht nach draußen. Bist doch jetzt erwachsen, was kümmern dich die Sorgen von damals? Manchmal läufst du bis zur Tür, wild entschlossen, nun wieder nach draußen zu gehen. Doch sogar das Öffnen macht dir nun schon wieder Angst, was ist wenn der Dämon Deinerselbst davor steht und dich nach draußen zerrt?

Redest dir ein, dass dein Nachbar an allem die Schuld trägt, was fällt ihm auch ein direkt neben dir zu bauen? Dieser Eingebildete, mit seinem grünen Rasen und Blumen, sternengleich! Unverfroren! Hat gar nicht gefragt und angekündigt, nein hat er nicht!

Laut pfeifend und Lachend, schon morgens läuft er beschwingten Schrittes nach draußen! Frechheit, rücksichtsloser Nachbar! Sogar hier, in deinem bescheidenen Häuschen kannst du ihn hören, schmeckst Staub den sein federleichter Schritt auf seinem feinen perfekten Wegchen hinterlässt, trocken auf deiner Zunge.
Möchtest ihm vor die Füße spucken, seinen Rasen mähen und die Blumen ausreißen!
Er soll gehen, dieser freche dreiste Nachbar. Wie er dich immer gegrüßt hat, Scheinheiliger.
Gelacht hat er sicherlich über dich und deinen Dschungel, den du vor der Tür gepflanzt hast! PAH!
Heimzahlen wirst du es ihm, wenn du erst mal wieder dein Häuschen verlässt, bald wenn du wieder vor die Tür gehst.

Aber nun bleib erst mal im sicheren Kämmerchen, nach draußen kannst du auch noch später, jetzt bleib erst mal hier und schone deine Kräfte. Nach draußen, kannst du noch früh genug...


© Linni


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Beschreibung des Autors zu "Das Leben des Nachbarn"

Dieser Text ist einer meiner Lieblingswerke, das ich vor Jahren angefangen habe zu schreiben und immer wieder verändert habe.

Und irgendwie entdecke ich mich immer wieder, mal mehr mal weniger...




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