Verschwommne lichter, tanzend.
Der Bittersüße Geschmack vom wein noch an seinen Lippen haftend.
Jahrmarkt Musik in seinen Ohren,
sein gang leicht schlendernd.
Der Geruch von Zuckerwatte und Karamell folgte ihm weiterhin.

Er betrachtete die Schausteller, genoss die warme Atmosphäre.
Versuchte sich beim Bogenschießen, ohne erfolg,
lauschte den Bands, gab sich der Musik hin.
Es wurde langsam Nacht und alles war in diesen Glitzer,
diese unrealen Farben eingetaucht, es leuchtete und blinkte überall.

Fasziniert lief er zwischen ständen und zelten umher.
Folgte den neonlichtern, dem surren aus stimmen und Gelächter.
Ein ticket für die Achterbahn, und er flog, sein herz raste, er sah alles von oben,
diesen bunten Kosmos.

Ein zelt fiel ihm jetzt besonders auf, es war fast dunkel, nur ein leichtes rotes flimmern.
Nach seiner fahrt suchte er dieses zelt, rannte jetzt fast über den Markt.
Eine unbekannte macht schien ihn fast ans ende des Platzes zu schubsen.
Und hier stand er nun vor Madame Zirinkas Welt.
Die Sehende, die Prophetin stand über einem Symbol des sehenden Auges.

Zögernd betrat er das zelt, der Geruch von Sandelholz stieg ihm zu kopf,
schien ihn einzunebeln, ihn vollkommen zu steuern.
Er nahm platz, Bordoux roter samt überall.
Sie saß ihm gegenüber, sprach mit sanfter stimme.
Nahm langsam seine hand in ihre, fuhr behutsam über seine Handflächen.

Er spürte nur ihre Berührung, erst wie Feuer dann wie Eis.
Ihr Gesicht blieb verborgen unter einer Kapuze aus weichem samt.
Diese kleinen Hände erforschten jede Linie seiner haut.
Nachdem sie seine Hände behutsam begutachtet hatte,
las sie ihm die karten.

Er war gefangen in diesem dämmernden rot.
So sanft und beruhigend.
Sie legte ihm seine Zukunft auf den kleinen Tisch.
Der gehängte, lag an erster stelle.
Unheilvoll sah er auf die Abbildung des erhängten Mannes
Das war seine Zukunft?

Hab keine angst, flüsterte ihre stimme jetzt.
„Das ist erst der Anfang, der beginn einer reise“.
Und sie deckte mehr karten auf.
Ihre stimme nahm ihn mit in eine andere Welt.



„Und dein herz wird erwachen,
aus seinem Dämmerschlaf.
Du wirst es sofort spüren.
Die Jagd hat begonnen.
Doch bist du Beute oder Jäger?
Opfer oder Täter?

An einem kalten Novembermorgen auf einer Lichtung,
da erblickst du sie das erste Mal.
Alles wird sich in diesem Moment ändern.
Eine Sehnsucht, Begierde und das dunkelste deiner selbst wird sich offenbaren.
Wird sie Gefährtin? Gespielin? Unerreichte Perfektion.

Dein herz wird nun alles steuern.
Und du wirst sie lieben,
so stark und so heftig das du glaubst es reißt dich langsam in stücke.
Und sie wird dich lieben, auf ihre ganz eigene weise.

Glücklich,
genau in diesem Moment.
Sie wird dich etwas begleiten, auf deinem weg.
Ihr werdet im Zug nebeneinander schlafend verbringen.
Du wirst alles mit ihr teilen.
Alles wird dein herz geben, seine Pumpkraft verdoppelt.
Denn dafür lebt es.

Monate werdet ihr unterwegs sein,
ihr und das Land unter euren Füßen.
Die andere Kultur in euren Venen.
Nachts werdet ihr tanzen, euch Geschichten erzählen,
Sternbilder erraten, ihr werdet euch genügen.

Und dann wird sie gehen.
Ihr Rucksack wird nicht mehr neben deinem liegen.
Du wirst alles verlieren,
am Boden wirst du liegen,
deine Kräfte völlig ausgezehrt.

Allem scheint der sinn genommen.
Die fremde scheint dich nun zu erdrücken.
So viele Geräusche, doch du nimmst nur die Stille war.
Doch da, warte du wirst es hören, du wirst es spüren.

Ein immer lauter werdendes trommeln,
ein stampfen, es kommt aus deinem innersten.
Dein herz, es lebt noch.
Es schlägt jetzt kräftiger als je zuvor.
Du wirst wieder aufstehen.
Ein Neubeginn.
Dein Rucksack wird wieder leichter auf deinen schultern werden.


Auf der nächsten Zugfahrt wirst du nicht mehr schlafen.
Staunend wirst du mit all deinen sinnen eine ganz neue Welt entdecken.
Und diese Welt wird dir gehören, nur dir.
Ein Geschenk deines Herzen.“

Wie aus einer Trance erwachte er.
Ihre Kapuze war nun abgelegt, ein schmales blasses Gesicht verbarg sich in ihrem schatten.
Sie lächelte, ihm war ganz schwummerig.
Ihre stimme war jetzt schwächer, sie wirkte erschöpft.
„Folge deinem eigenen Kompass, er wird dich bestimmt fehlleiten, aber er weißt dir letztendlich den weg“.


© 2014


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