Tag und Nacht

Regen schichtete glänzendes Eis auf Straßen und Dächer.
Menschen tasteten sich an Wänden entlang.
Holzgeister stiegen mit der Hitze auf in Öfen, leuchteten orange, gelb.
Dunst lag im Tal, hellgrau zogen Wolkenfelder, schiefergrau der Fluss.
Graubraune Bäume: ein Teppichgeweb aus Stämmen lebte vor weißem Hang.
Leeres Haus am Berg: Kälte stand an den Fenstern, eisig glänzte der Hof.

Misteln wuchsen aus dem kahlen Grau der Obstbäume.
Rosa-blaue Farben schienen am morgendlichen Himmel.
Ein großer Finkenschwarm schwirrte über die Baumkronen, die Tiere zwitscherten .
Dunkles Wasser sprang weiß, laut, zwischen Erlen ab, riss, stürzte dem Fluss zu.
Zertrampelter Grund lag an einer Sumpfwiese. Stachlige Ruten ragten aus Brombeerbüschen.
Silbriges Graugrün leuchtete am Stamm eines Apfelbaumes,
rötlichbraun schimmerten Eichenkronen.
Dreckig drängte der Fluss zwischen Bäumen.
Am überschwemmten Wald lagen gefällte Bäume.
Weidenblüten leuchteten über dem Sumpf.
In die graue Früh‘ durch Kühle, Blattlosigkeit flötete ein Lockruf.
Schneeglocken folgten mit starkem Weiß, Grün dem Bach, der sprang laut hinab.

In Zellen, an Fluren lebten kranke Mitmenschen.
Ihr Denken konnte prügeln.
Aus dem Weltraum verbanden Satelliten Köpfe mittels Laser.

Das Apfelbäumchen erschien als weiß-rosa Masse am Haus.
Nachbarn feierten. Rufe schwangen in der Luft.







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Wachsendes Gras, Kräuter, Blätter atmeten.
Maiwald, Blüten lebten.



Bussard glitt, zwei Krähen flogen ihn an, wich mit einem Schwung.
Hohe Tage: Licht überschwemmte das Tal.
Regen stürzte. Wasser tanzte hell auf dem Dach.

Vielleicht ein Dutzend Zersetzer bauten neue Linien auf:
Unerfahrenheit vermählten sie mit Angst.

Im Gesang stützte eine Stimme die anderen.
Weibliche Stimmen sangen voran.
Mit Gesang lief die Gemeinde bergan, oben lockten Lerchen.
Licht wurde zu Ultraschall, Angst und Schrecken umhüllten Nervengeflechte.
Luftmeer wehte von Gräsern zu Wipfeln, Blatt neben Blatt schwankte.

Zerbrochene dachten: „Wir sind nicht krank! Wir müssen nur so tun.“
„Uns haben sie in die Pfanne gehauen!“

Grau-braun von Muttererde,
mit Bruchholz, Flaschen walzte,
hoch an den Böschungen,
das Wasser zum Meer.
Violette Blumen,
Goldregen mit Hummeln,
Brombeeren und Pappellaub wippten, wisperten
über dem Fluss.


3






Grüne Tage, rochen nach Heu Harz und Sand.
Unter einem dunklen Berg standen Zelte, Buden, Bankreihen.
Junge feierten ihr Jahr.
Rosen hingen, Kräuter ragten im Garten, Sommerblumen strahlten.
Auf dem Hochplateau: hügeliges Land, Wälder, unter den Wind-Mühlen.



Da oben standen Waffen, von denen man annimmt, das sie den 3. Krieg beeinflussten.
„Ihr müsst die Raketen aufstellen!“, schrieb Sacharow.
Eine sich für zuständig haltende Regierung verbrachte
ihn und Frau Bonner daraufhin in die Verbannung.
Dort schrieb er über die notwendige Anverwandlung
des Warschauer Paktes und der Nato,
wenn man einen atomaren Krieg vermeiden möchte.
Dieser mögliche Krieg trieb ihn um.

Hellgelbe Felder beugten Licht. Harzmoleküle wehten.
Gemüsegrün, Gelb, Obstblau und Eierbraun schienen auf einem Marktplatz.
Vom Fest ging ich fort, saß im dunklen Hof, bei dem kleinen Haus.
Stromkabel hingen, drüber schimmerte schwach eine Molke.

An der Ruine der mittelalterlichen Kapelle für den Knaben Werner,
dessen Leiche, so Heine, raue Besucher in das Haus des Rabbiners warfen,
und noch in derselben Nacht, 1250,
im jüdischen Viertel zu Bacharach raubten und mordeten
dunkelte es nach Acht.
In Israel gibt es keine Straße für Heinrich Heine:
er verriet den „einzigen“ Gott, heißt es.

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Aber für die Novelle “ Rabbiner von Bacharach“,
gibt es eine.
Das Ehepaar Calabrese
im Eisladen
hatte den größten Teil der Jahresarbeit getan,
sprach von der Heimreise nach Kalabrien.

Unter mir zogen Wolken über das Land: graue Watte in feinen Klümpchen.
Darunter Felder, Wälder, durchsichtige Äcker. Gelblich- braune Wälder,
geschichtet aus Stämmen und Farben.

Durch den Wald krochen warme Nebel. Fichtenzweige hingen dicht und nass.
Dürre Kräuter standen , Spinnfäden hingen weiß und feucht um Bäumchen.
Luft lag regennass, ein Hang schien grün-schwarz im Dämmer.
Menschen lebten im Netz: Worte, leiser als Flüstern, trafen die Körper als Gewalt.
Geostationäre Satelliten über mir, ihr sprachetragener Laser in mir,
wo Ich war- sollten Laserworte sein!
Sonne schien auf Hänge, deutlich standen Stangen und Gesträuch.
Stämme und das Geflecht der Äste im Licht, schienen wie Teppiche.
Der Fluss kam aus sonnigen Nebeln.
Unten, am Gleis, wuchs eine Löwenzahnblume, ihre Blätter schwankten
in krachenden Luftzügen.
Brombeerblätter leuchteten. Sterne strahlten auf, Regen verzog über den Fluss.

Wasserfähnchen tanzten auf dem schiefergrauen Wasser.

Enggassig, mit Bögen und Toren, stand ein leeres Städtchen am Berg.

Die Stege aus der Stadt führten an Fenstern und Weinstöcken vorbei.

Rosa leuchteten die Pflanzen im Licht,

Eis bedeckte die Wege.


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Eine Wandergruppe bewegte sich langsam bergan.

In den Köpfen hallten Warnungen von Bürgern und vielleicht Ultraschallschwingungen aus

maquiavellistischen Flugkörpern, dachte ich.

Unten zog der Fluss einen grauen, breiten Bogen, drüben sah ich Gemarkungen mit Feldern,

Dörfern und Wäldern.

Die sichtbaren Gegenstände zeichneten sich ab vor dem Schnee und dem lichten Himmel.

Hier wärmte Sonnenlicht.

Schroff fielen alte Weinberge ab, verwildert zu Dornendickicht.
Oben, auf der Hochebene, führte der Weg in ein Dorf, zum Gasthof mit gedecktem Tisch.
Vor seinem Haus grüßte der alte Wirt und wünschte uns ein gutes, neues Jahr.

Sechs Männer wollten einen Lokus neben dem Grillplatz bauen.

Zuerst lief die Mörtelmaschine, angeschlossen an einen Dieseldynamo:

sechs Schippen Kies, zwei Mörtel ,wenig Wasser.

Zwei schippten.

Regen fiel.

Zwei Brüder steckten und verlegten Wasserzufluss- und Abflussrohre.

Mörtel floss aus der Schubkarre in einen Holzkasten.

Das zukünftige Klo steht auf der alten Abfallgrube, nahe am Judensand.

Auf diesem Flurstück liegt der jüdische Friedhof seit ca. 1850.

Zuoberst also steht die neue Grillhütte,auf einer Schicht Erde,

darunter rotten vermutlich Kühlschränke, Gefriertruhen und Autos,

noch tiefer Panzerfäuste und Gewehre vom Hitlerischen Volkssturm.

Dieser entwaffnete sich, als die Amerikaner aus dem Wald fuhren.

Als letzte Kriegsaufgabe bauten die Volkssturmmänner und ihre Söhne

ihre Panzersperren über Nacht hastig wieder ab.

Danach begann für sie der Frieden, den sie noch lange mißtrauisch beäugten.

Viele NSDAP-Wähler waren den hitlerischen Tätigkeiten die ganze Zeit über zugetan.

„Die Amis kommen“ riefen und liefen die Buben ins Dorf- nachdem sie die Panzer oben aus dem


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Wald fahren gesehen hatten und die Eltern hängten erst jetzt Laken aus den Fenstern.


Fließender Mörtel füllte die Ecken des Fundamentes, wurde zur glatten Fläche über einem

Metallgitter.

Es regnete weiterhin.

„Hast du noch nie ein Haus gebaut?“ fragte Einer einen Anderen an der Mörtelmaschine,

als der Beton zu dünn wurde.

Die Dieselstrommaschine fiel aus, die Mischtrommel stand still.

Der Bürgermeister fuhr ein neues Dieselstromgerät herbei.

Wir setzten noch Stufen in einen Resch, glätteten den Grund, schütteten Schotter auf.

Platten wurden waagerecht gelegt. Die Stufen schlängeln sich den Hang hinab zum Klo.



Stark und grün stemmte der Fluss sich nach Nord. Autoschlangen sah ich am anderen Ufer,

bei grauen Häusern mit weißen Fensterrahmen, vor der Bahnmauer, unter einem Berg mit Burg

und Feldern.

Die Menschen feierten dort ein Biedermeierfest: Damen in langen Kleidern,

Herren mit Mäntel, Hüten und Westen. Schmied und Schmiede, Soldaten und Offiziere.

Bürger wandelten, marschierten, führten als Seiler das Drehen von Stricken vor,als Feldscher

ärztliche Instrumente.

Leute scherzten beim Wein trinken, Mädchen streckten sich, Freundinnin baten einander,

eine Gattin schlief im Kostüm, Lippen wurden geleckt, muntere Knaben zurechtgewiesen.

Ein Laser schreckte mich heimlich mit Gulagjargon. Dann kuckte ein

Offizier mich fest an, er stellte einen Feldscher dar und trug ärztliche Gerätschaften

vor sich auf einem Bauchladen.. Junge Körper reagierten verschreckt.

Blücher wies auf seinem Sockel zum Hunsrück.

Ein verkleideter Offizier befehligte erschöpfte Kostümsoldaten. Ältere Herren scherzten dem

Trupp hinterher.



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Die bewaldete Höhe sank gleichmäßig schräg in den Fluss aus mittelgebirglicher

Höhe, dunkel vor hell. Strömendes Wasser drehte dort nach Nord, trug graues Licht.

Aus Westen wanderten weisse Flocken und orangener Glanz vor blauen Luftschichten.

Im Park am Mäuseturm wurde Shakespeare aufgeführt: eine Komödie mit seltsamen

Sätzen: „Ach, schmölze doch dies allzu feste Fleisch" und : „Für eine Stunde spielen wir eine

Narrenrolle im Licht".


Im Junilicht liefen wir auf Wegen am Tal, unten hauste das Dorf, scharf sah ich

Kirche, Hausformen, Straßen, Fachwerke.

Vor meinem Haus presste eine heutige Gewalt meine Knie zusammen, erklärte ich mir innerlich,

zog an den Schultern einer jungen Frau, verdrehte ihren Kopf.




Welke Rosen hingen, Kräuter, Sommerblumen ragten im Park.

Wasser sprang im Brunnen.

Auf einer besonnten Bank in den Binger Rheinanlagen fiel mir wieder auf, dass wir ein Gefühl

Namens Behaglichkeit wahrnehmen können.

Auf dem Markt lagen reife Kirschen, Beeren, Sommerblumen färbten aus Eimern mein Licht,

Eier, Kräuter sah ich bei dem nicht zerbombten romanischen Dom- nahe dem Westufer eines

Flusses, der webte- unter der Brücke. Zwischen dem Bahnhof und dem Dom war alles flach,

zerstört, sagte mir ein Mann im Dorf.

Mit der Stasi meinte ich soweit durch zu sein, zu ihren Rotz- und Protzverbindungen, hatte

ich Vorstellungen mir aufgesagt . Einen Artikel über das innere Sprechen hatte ich abgeschickt.

Angenommen wurde er nicht, nicht abgelehnt. Man hat ihn dort behalten. Die Herausgeberin

empfahl mir andere Zeitschriften.





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Junge Gesichter, Gestalten, sangen aufmerksam alte Lieder in einer 1890 wiederaufgebauten

romanisch-gotischen Kirche.

Sie folgten mit ihren Stimmen- fast- den Bewegungen ihrer Lehrerin. Ich phantasierte mir den Chor

von Pink Floyd in das Gehör mit mittelenglischen

Schülerstimmen. Diese sangen von Gedankenkontrolle, von dunklen Anzüglichkeiten der Lehrer

im Klassenzimmer.

Kühl, durch den heißen Tag, strömte, mit Wellen und Strudeln, der Fluss. Schlingpflanzen wanden sich zwei, drei Meter mit. Rosa, weiße Cumuli, hell und grau, standen im Osten, am Abend.
Sträucher, Wasser dunkelten. Licht trieb oben von Nordwest: Weiß.
Warme Nebel krochen durch den Wald. Nasse Fichtenzweige hingen. Schatten kühlte mich.
Kraut stand verdorrt. Spinnfäden verspannen junge Bäume , Grass:weiss und feucht.
Ketten einer Holzvollerntemaschine hatten den Weg zerfurcht. Kiefernstämmchen lagen ohne Rinde am Weg, dufteten.

Meine eigene Sprache verteidigte ich aufmerksam gegen leises Gequatsche.

Die eigene, Erfahrungen abwägende Stimme, bewachte mich im Hirn.



Soonwald, Bingerwald, Wald von Trechtingshausen wuchsen als grüne Teppiche,

eingewebt sachtes Bunt. Ein roter Steinbruch verwehte Staub zur Bergkuppe.

Weinbeeren leuchteten wie Bernstein, andere tiefblau.

Eichenwälder wuchsen auf rot-weißem Fels.

Eine Wandergruppe, gebeutelt durch Licht und Schall,

um "ihre affektiven Strukturen zu zerschlagen", spazierte und sah das Land,

hörte, jeder für sich, unterstellte ich, eine eigenartige Sprache sprechen über Geschlechtsteile

und tot Schlagen. Jeder, der sie hörte, musste solche Worte in seinem Nervensystem wirken

lassen und eine passende Antwort in seinen Erfahrungen suchen.



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Altäre standen hier in den Wäldern, heisst es, vor dreitausend Jahren.
Menschenopfer begleiteten Verstorbene. Druiden walteten im Machtbezirk.
Ich flog. Im Westen war die Luft trockener, Acker leuchteten.

Nebel lagen in Tälern, auf Bergen Flecken.

Rostige Teppiche lagen umher neben braun-grünen Äckern.

Sinkflug ab Leipzig, Magdeburg? Ich hörte nebenbei Gewaltsprüche.

Sah vielfarbigen Rost, weiße Flecken, Humus, Sand, graue Hunsrückdächer.




Morgens standen schwarz gekleidete Menschen am Marktplatz, um in einer Prozession

zu den Toten zu gehen.

Abends hatten Wandervögel geschrien.

Am Tag, schwammen Farben im Dunst des Tales: feuchtes Gelb, grün, rotbraun.

Der Kirche mangelt's am Geld, predigte der Pfarrer.


Beim Vortrag über die Geschichte des Dorfes anhand von Fotos und Postkarten vergaß ich

meine Handschuhe, die Mütze. Ich hatte Wein getrunken-wie so häufig fühlte ich mich

gehemmt und verwirrt durch gehörte Worte, die wie Ausschnitte aus inneren Monologen klangen,

beim Zusammensitzen, und ängstigte mich vor dazu gedachten sexistischen Beleidigungen.

Beim Weintrinken wichen diese Befürchtungen.

Im Hause schlief ich , briet zuvor Würste, aß die, ordnete meinen

Schreibtisch, verkaufte 90 Bankaktien, die brachten noch sieben Prozent Gewinn.

Ich las die elektronische Post eines Bekannten aus Berlin, in denen er die Worte benutzte: "wir

fällen Menschen.“

Er arbeitet als Endfünfziger mit Einjahresverträgen als Hilfslehrer.

Ein Deutsch-Russe aus Simmern hatte mir gesagt, das gewisse Leute bei ihnen von oben herab

darüber entschieden, wer Arbeit bekäme.

Ich fand im Dorf keine bezahlte Arbeit.



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Eine grosse Gemeinde traf sich zum Gottesdienst am Totensonntag, unter dem alten Kreuzgewölbe, feinen, farbigen Fenstern.
Kerzen brannten für jeden Toten des vergangenen Jahres, ihre Namen wurden genannt.
Die Hoffnung auf ein nicht zerborstenes Leben, auf ein wirksames Streben besprach die Pastorin.
Pilze welkten, Nadeln lagen, Stumpen rotteten, Stämme strebten, Kräuter glänzten.
Hänge schienen grau-grün, braun, wenig gelb.
Unten, am Gleis, wuchs eine gelbe Blume, schwenkte die Blätter.
Kirche, die ältesten Häuser standen an der engsten Stelle des Tales.
Über Fichten schwebten Nebelwolken.

Ältere schafften 40 Jahre im Wald, zuerst mit Handsägen und Pflanzsäcken, bezahlt wurde die Kolonne nach Leistung.
Ab den frühen Siebzigern arbeiteten sie mit Motorsägen und Wohnkarren, für einen festen Monatslohn.
Männer litten neuerdings wieder im Dorf, zuvor ängstigten sich schon junge Frauen.
Angst und Schrecken sah ich in den Gesichtern.
Denn mit den schon seit ca. 1965 üblichen Licht- und Schallspielen eröffneten, wie ich es verstand, Stasisöhne, Enkel und Vordenker („Lass das die Jugend machen.“ „ Der muss doch zum Schweigen zu bringen sein!“„Wir haben alles schon versucht, auch mit der Sexualität.“)
eine neue Kontrollzone, gerade hier im Dorf.


Was ist das? fragte mich vor zwanzig Jahren meine Frau.

Licht und Schall konnte ich ihr sagen, nach einem Jahr.

Musste einen Freund befragen, der sprach vom Ultraschall,

mehr könne er mir nicht sagen, ein Militärgeheimniss das Ganze sei.

Zum Ultraschall passt nur das Licht, kohärentes, bei so raschem Reden,

und wie es sich wandelt, wen es bricht, hin zum mechanisch Bewegten.

Den elektromagnetischen Wellen prägten Töne, Bilder, Reden

schon Grossväter auf.





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Licht aus dem Kosmos redete lange Jahre auf mich ein,

als ich kannte nur das Leben im herkömmlichen Verein.

So gelang es Spiessern, Psychopathen mitzuprägen meinen Gefühls- und Gedankenlauf,

und so meine innere Landschaft zu veröden.






Ernst füllten Kinder Kästen mit Grund, fügten Wasserstandsmelder und Schnüre ein.

Später bauten sie Sandburgen. Frauen pflanzten Geranien, helle und dunkle, in die Blumenkästen

und standen danach beieinander am Bachzaun.

Mit dem Trecker fuhren Männer die Kästen zu Zäunen im Ort, einmal bäumte die Maschine sich

auf ihre Hinterräder auf.

Das Bürgermeisterpaar kochte und servierte am Mittag dicke Linsensuppe, Würstchen , Koteletts

und Eis.

Alle aßen an großen Tischen im Dorfgemeinschaftshaus- unter einem Kreuz.

Schalwände aus Brettern und Balken, zum Bau einer schiefen Ebene für die Toten zimmerten wir.

Der Friedhof wuchs südwärts. Licht, geladen mit homosexuellen Sprüchen, trafen vermutlich

Köpfe.

Hauptverwaltung Verwirrung arbeitete .

Waagerecht, senkrecht wurden zwei Wände errichtet, mit 40-50 cm Abstand.



Atmend lief ich am Bach bergan. Vögel schrien, Blätter wuchsen, im Kraut, an Büschen.
Wir lebten, stoffwechselten, holten Luft ein, aus.




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Für Leipzig (Bilder im Museum für moderne Kunst, 2011)

Kränkungen spiegelten und Stolz die Gestalten.
Müdigkeit begleitete den Tag und Sorgfalt.
Renaissancefarben leuchteten im Neonlicht.
Friedrich's gescheiterte Hoffnung wohnte bei Lagern und Häusern.
Hurtige Jäger begleiteten den Schlaf eines Jungen.
Ein Ankläger griff nach Akten.
Der gefesselte Gummischürzenträger stierte am geschmückten Blutgerüst.
Ein Mann steht ratlos neben Säcken mit Talern.


Ein Mann, gebrochen aus dem Lehrberuf: „den wollen wir nicht!", dachten seine Verführer, Neunzehnhundertachtzigundfünf, wurde geführt in ein Leben mit Kontrollverlusten. Übertölpelt wurde seine innere Führung durch „Wir wissen Alles über dich“-Ansprachen. Deren Annahmen
über seine Erinnerungen, Hoffnungen und Verirrungen machten ihn Staunen und wütend.
Vorher verwirrte ihn Stasi, meinte er: redete irrational auf ihn ein, jahrzehntelang, er meinte diese Worte die ganze Zeit, oft behaglich, manchmal mit Schaudern, wirklich zu denken, plötzlich wahrzunehmen, zu phantasieren. Er unterstellte dann später, nachdem er die Hypothese
einer Laser-Schall-Kommunikation für sich aufgestellt hatte, diese Leute hätten seine Enttäuschungen in Liebesdingen unterstützt, die ihm allmählich Kraft wegnahmen. Dies galt auch für Mißerfolge in der beruflichen Arbeit, durch Ablenkungen oder aggressive Aufladungen, dachte er für sich.
Man warb ihn dann, nach Jahrzehnten, letzten Endes, zum Mittun an. Er erklärte sich bereit, nicht mehr wider die Stasiworte, die, meinte er, zumeist nachgemachte psychopathische Aussprüche darstellten, zu denken und zu handeln. Er hatte sich also dem Kadavergehorsam übergeben. betörte ihn mit Vorstellungen eines großartigen Lebens.




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„Das Leben kann so schön sein“, sagten die und führten eine zeitweilige Beendigung ihres zerstörerischen Hineinquatschens in das aufmerksame , innere Sprechen vor. Die Ruhe zwischen den eigenen Worten klang wie ein Leben mit Häuschen und Garten nach Wolfgang Neuss.
Sie prahlten mit seinen Mißerfolgen, die sie verursacht hätten, hätten versuchen müssen, da er mit einer „Feindin“ zusammenlebte und befreundet sei.
Sein Hass über getürkten Niederlagen suchte danach Objekte. Die Verführer waren für ihn, wegen scheinbarer Allmächtigkeit, unbenennbar, die tauchten im Wörterstrom ganz und gar nicht mehr auf.
Bürgerrechtler passten in die Schlinge, seine Rachsucht gab ihnen, im kohärenten Licht, wenig Ruh. Daneben fror ich, hörte mir zu. Trieb im starken Strom meerwärts, totwärts zu.

Dunkelrote Flecken, hellgelbe, schwankten über Grass und Kraut am Hang. Zerzauste Tulpenblätter lagen auf dem Grund. Dicke Mauern trugen Bögen, Fenster, Dach, Heiligenbilder, Statuen.
Über Weisheit, Klugheit, Eitelkeit sprach der Pfarrer. Laser zerrte mit Worten an meinen Nerven.
Chor und Gemeinde sangen alte, heilende Tonfolgen zu Gottesideen, Gotteslehre, zu Vorstellungen
vom richtigen Leben.



Dunst, Regen hingen in den Taunus, löschten seine Farben.
Terroristen oder Computer schallten den Namen eines Geschlechtsteiles in die Körper ihrer Objekte. Solange, bis deren Gemeinsamkeiten bröselten.
Man bot den Befallenen bald Entlastungen von unflätigen Worten und entlang ihrer Lebensnot ordneten manche sich in's tote Netz. „Wir wollen nur den Holz“.
Tulpen verblühten, Pfingstrosen wippten rot und dufteten.
Holunder, Akazien zeigten Dolden, Lilien ihre Farben.
Manche Blüten lockten mit Gestank. Flusswasser drückte über Steine.
Nebel zogen über'm Wald: Grau-weiss deckte Grün-schwarz, Kamille blühte, Hagebutten rot.



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„Ich mach es wieder gut“ flüsterte es in Berlin. Versprach eine Freundin aus Schulzeiten tschekistischen Mut?
Psychokrieger mürbten Frauen, Paare, Kinder mit abgespaltenem Allerlei aus innerem Sprechen bis deren Wille drehte bei. Erfolgreiche Tschekistinin sollten Vertrauen wie zu Muttern, wie zu Geliebten schaffen in Leuten, deren Selbstvertrauen durch monate- und jahrzehnte langes namenloses Gequatsche belastet, zerbrochen und weggespült worden war. Vertrauen war eine Waffe beim Erobern von Körpern. Großohrig hoben die Gefoppten ihre Köpfe und athmeten tief durch.


Wildpfade. Saupfuhl: lehmiges Wasser. Sonne stand zum Nachmittag, Blätter, Stämme leuchteten.
Menschen liefen gebückt: Pilzsucher.

Vollmond schimmerte über Tälern, floss über'n Fluss zu mir. Schiffe schwappten an den Stegen:
Winzer, Gaststätten hatten zum Sommernachtsfest eingeladen. Zelte standen auf der Uferwiese,
Weine, Speisen wurden verkauft.
Ein Lied von Udo Jürgens sang ein Schlanke, warf ihre Arme anmutig über ihren Kopf.
Hundert tanzten, Tausend speisten. Oben, in der Jugendherberge aus Weimarer Zeit,
leuchteten Fenster.
Feuerwerk wurde hochgeschossen: rauchte und sprühte vor dem Mond.
Drei Gläser Riesling hatte ich getrunken. Vielleicht ein Mediziner, mit Leutnantston,
bedachte hörbar Geschlechtsteile, vorstellbare Sexualitäten.
Er übte noch den Berliner Ultraschallton. Die Körper der Getroffenen erschraken auch hier.

Bäume lebten auf Felsen und Spinnen webten, Kieferwurzeln wuchsen im Sand.
Strassen, Wege verliefen im Grenzland. Gewürztraminer trank ich, aß Kastanien.
Kegel standen im Morgenrot.
Industriegebiet. Ein angetrunkener Arbeiter der Kistenfabrik zechte.



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Auch Weinhändler wurden hier von den Nazis vertrieben. Ein riesiges Fass hat man stattdessen erbaut und Weinstrassen benannt.
Fast kein altes Judentum lebte mehr am Rhein. Das Neue sprach auch russisch ,
kannte sich auch in Rußland aus. Schon um 1350 hatte man viele Bürger vom Rhein nach Polen vertrieben, Leute wollten damit die Pest erklären und besänftigen.

Strassen kreuzten sich, an Zeichen und Ampeln. Tankstellen rochen nach Benzin.
Auf dem Hambacher Schloss munter ein Fahne wehte.

Dies Wort soll bleiben stahn. Und wenn die Welt voll Teufel wär: Leib, Gut, Leben, Weib und Kind
gäb ich hin- um in der Wahrheit zu bestehen, sangen wir in der Kirche.
Christen sind einem spätrömischen und spätisraelischen Aufbruch entsprungen.
Sklaven, Freie wollten wie Brüder und Schwestern leben, wenn sie den Geboten des fernen Wanderrabbi folgten. Er erzählte Gleichnisse, berief sich zum allmächtigem Erlöser , predigte Erlösung, Feindesliebe, die Heilung Aussätziger.
Er und seine Anhänger schlugen am Karfreitag heftig auf.
Wanderte durch Wüsten, starb, verscholl.
Lebt im Glauben seiner Leute, denen in meiner Zeit mit den Pfarrern Bonhoeffer,
Brüsewitz und Führer heilende Botschaften gelangen.

Für Leipzig (2)
Zehntausend hätten wir platt gemacht, sagte Einer. Hunderttausend ging nicht.
Wir haben mit allem gerechnet, bloß nicht mit Pfaffen, Kerzen, Liedern.

Rheinischer Stichpfeffer: würziger Gulasch und Blut. Draussen: Nachtdunkel.
Menschen aßen, tranken. Auf einem Bild: biedermeierliche Studenten.
Feierten sie einen Sommer der Demokratie, 1847, vielleicht bei Oberwesel, mit antijüdischen Flüchen, so wie Ludwig Jahn? Galten die Menschenrechte von 1789 als welscher Unsinn?
Im Raum sah ich Paare, Einzelgänger.
Wörtliche Gewalt flog durch die Luft. Hinter den Funzeln am Fluss dunkelt der grosse Osten.

Hochhäuser schwankten, ruckende Erde zerrte. Die Wogen zertrümmerten Hafenstädtchen,
Kraftwerke an der Ostküste. Die Erde zerriss Stromleitungen. Wasser zerbrach die Notstromaggregate.
Gleichgültig wie Erdplatten sich bewegen in der Tiefe zu uns Menschen- verhalten Menschen sich als Feinde.
Meter hoch von Gebeinen legten Soldaten bloss im Scharnhagener Forst.
Dort liegt, vermute ich, mein Vater bei Zeitgenossen.

Kalter Dunst lag im Tal. Sonnenball war verschwunden. Brav riefen Vögel. Blume stand verfroren
im grauen Beet. Fahle Farben schienen. Von Japan Radio sprach.
Ich fror trotz Schnaps und Wein.





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Nicht fremdes Reden, anmaßender Wortschwall nicht halfen zu leben. Freieres Leben erforderte

nicht nur gesunde Innereien, sondern ein selbst behütetes inneres Sprechen.



Ein Rotkehlchen hüpfte im Zaun, blähte sein rotes Brustgefieder. Ich wurde ärgerlich .

Führten Psychiatrieinsassen scharfe Worte per Licht und Schall?

Begegneten erkranktes und bewahrtes inneres Sprechen einander im Licht?

Missbraucher und gerade noch nicht Zerbrochene?

Flüstern von Schamteilnamen galt als Machtmittel: Die Beschallten erstarrten für kurz oder

lang.



 
Formularbeginn


Warmer Sommer, kam gleich nach dem kalten Winter.
Kohlendioxidmoleküle stiegen in die Höhe, beugten Wärmestrahlen in die Luft.
Kräftige Stürme brachen Waldflächen nieder. Hoch und niedrig lagen Bäume
über Wegen und Strassen.
Der Bürgermeister hatte Bürger und Kinder geworben- Eichen- und Hainbuchensetzlinge
in einen ehemaligen Fichtengrund zu setzen ,in Reihen mit 1,5 Meter Abstand.
Die Pflanzer stiessen einen Pflanzspaten in die Erde, ruckelten an ihm, zogen ihn heraus, setzten das Pflänzchen in den entstandenen Spalt und traten es rundherum fest. Mit einem kurzen Zug prüfte man den festen Sitz der Setzlinge.
An den Hainbuchen hingen ein Büschel feiner Fädchen.
15-20 Menschen arbeiteten im warmen Aprillicht. Mich begleiteten Laser-Sprüche.
Irgendwer oder Irgendwas nannte erst die Namen von Schamteilen, dann die von sexuellen Tätigkeiten, dazu nutzten die Geräte Tätigkeitsworte wie nuckeln, eindringen, haben,
lutschen, lecken und wichsen.
Diese Worte verwirrten die Arbeitenden, meinte ich.
So wurden die Bäumepflanzer, schien es mir, mit Stasimethoden von ihrer Arbeit abgelenkt.
Nicht auf Art und Weise der Nazis, wie die eroberten Menschen sie kennenlernten, sondern halt so,
wie manche Leute die dem Denken nahe Ansprache des Staatssicherheitsdienstes fürchten gelernt hatten (Achtung: Vermischung). Die Leute im Hunsrück verbanden als Erstes die Amerikaner mit dem Laser.
Die Leute im Dorf waren ziemlich erfahren im Umgang damit. Das andauernde Nennen von Geschlechtsteilnamen machte ihnen jedoch zu schaffen. Dies war für sie, dachte ich mir, eine neue,
auf Unterwerfung zielende Sprache. Die Leute mussten der Wirkung dieser Sprache in sich Raum und Kraft geben.
Die Pflanzgegend war mit einem mannshohen Zaun umgeben. Als Mittagessen gab es Wurst und Brötchen und, bei Bedarf, trockenen Riesling.
In den Doktorarbeiten von Stasifritzen hiessen die Ziele von belastenden Unternehmungen gegen Einzelne "sozial isolieren“, " herausbrechen", "liquidieren".
Stasileute dachten in diesem Zusammenhang oft an das " knacken" von Menschen.
Es geht dabei darum, das innere Sprechen des zu Schädigenden, des Objektes, zu übertönen, umzuformen, letztlich abzuschalten.
Dann übernimmt eine Maschine, oder ein Psychopath das innere Sprechen, verursacht Schweinereien, Unfälle, Mißerfolge, Mord und Totschlag, soviel ich weiss.
Die beteiligten Stasileute hatten kein Blut an den Händen.






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Der Küster brannte Scheite bei der Kirchentreppe. Im Rauch stand der Pfarrer, wollte die Osterkerze anzünden. Schließlich stand er vor dem Rauch, im Kreis mit seinen Helfern,
die Kerze brannte. Später hörte ich aus dem Kirchenvorraum unter dem Turm ein starkes Klopfen.
Die Kirche ist zu! wurde schon vorher gerufen: Der Pfarrer stand an der Kirchentür und schlug 3mal mit drei Schlägen dagegen. Aus der Kirche hörte ich helle Frauenstimmen leise singen.
Die nächtliche Gemeinde ging schließlich in die dunkle Kirche.
Von der Kanzel, neben zwei Kerzen, lasen Frauen aus der Schöpfungsgeschichte und vom Ersaufen der Feinde Israels beim Gang durch das rote Meer. Schließlich klingelte lange und hell ein Glöckchen über dem Altar. Laut läuteten Glocken im Turm.
Die Gemeinde sang, betete und ging zum Abendmal.
Das Taufgelöbniss wurde wiederholt: Ja, das Grab ist leer. Der Herr ist auferstanden. Das glaube ich. Der Tod ist überwunden. Mit seinem Foltertod nahm Jesus auch unsere, meine Sünden auf sich. Ja, das glaube ich. Opferlamm.
Draußen schließlich, unter dem Apfelbaum, dem rot und weiss blühenden, sah ich Sterne und in das Dorf schallte eine ferne Glocke aus dem Diebachtal. Ich trank eine Flasche Riesling.

„Die Gedanken sind frei“ sang der Chor im Gasthof, draussen schillerte der Abend.
Ich trank Rieslingwein und wünschte mir: „Ich weiss nicht, was soll es bedeuten,dass ich so traurig bin“. Gäste wünschten sich: „Schwarz-braun ist die Haselnuss“ und: „In einem Polenstädtchen“. Ich vermute, dass diese Wünschenden Nachkommen von
NSDAP-Mitgliedern sind. An solcher Liederwahl meine ich die familiäre Prägung zu erkennen.
Es gab damals NSDAP-Wähler, aber auch SPD-Wähler und Zentrum-Wähler, auch liberale und KPD-Wähler, bis zum Schluß. Die sangen alle Lieder.
Wir sangen auch: „Alle Vögel sind schon da“ und das „Rennsteiglied“.

Pfingstrosen blühten rot, Lilien blau, aufrecht, auf der anderen Flußseite. Sonne wärmte hell, stark.
Kastanien hatten Kerzen angesteckt. Gotische Bögen unterbrechen die Kirchenwand.
Treppen, Gassen führten herauf zum Marktplatz. Mauern stützten die Häuser. Eine schöne Bäckerin , mit Ammenbusen, arbeitete im Laden.
Hinter Gittern schwer und schwarz, wenige Stufen über dem Marktplatz, stand in der Kirche ein hoher Altar.
Im Wald eine Mauer: Schiefer geschichtet am Hang. Früher wuchs hier Wein.
In jeder Eiszeit grub der Fluß sich tiefer, breiter in sein Tal. Ich spürte beim Radfahren fünf Stufen, das Dorf liegt auf halber Höhe zur Hochebene.
Die alten Formen wurden von folgenden Fluten verwaschen, neu erbaut.

Im Hof duftete Flieder. offen standen Fenster.Der zweite Hof war lang, eng, mit Zäunen, Hauswänden, Fenstern. Die Mutter meines Vaters feierte ihren Geburtstag.
Sie tischte Sülze, Kaffee und Kuchen auf. Auch ihre Tochter besuchte sie.
An diesem Tag im Jahr 1973 sagte die Tante einen Stasitext auf,
über Zersetzungsziele, Zersetzungshoffnungen Jener in meiner Grundschulzeit.
Danach sahen wir uns sehr selten.
Handwerk hat goldenen Boden, sagte mir die Großmutter.











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Damen wandelten wieder in Biedermeierkostümen durch die Stadt am Fluss.
Ein als Offizier Verkleideter erklärte seinen Zuschauern Uniformen: „Liniensoldat!“
In Reihen standen und liefen die in der Barockzeit, wurden da wohlmöglich zerrissen.
Kauber Herren und ihre Damen saßen froh auf Strohballen, tranken Bier. Kostümierte Kinder
kuckten mit müden Augen den Älteren zu.
Ein eiserner Blücher weist nach West. Josef scherzt leicht mit schönen Damen.

Rote Flecken leuchteten im Kirchenfenster.
Jesus wurde geehrt: Sterbende können ihm in Gedanken nachgehen,
stelle ich mir vor, die in Betten, in Schützengräben, Löchern, in Gasräumen,
in Gasfladen. Wenn die Schmerzen ihnen eine Gedankenwahl gestatten.
Ich kann nicht mehr, sagte meine Mutter. Setz dich hierhin und gib mir deine Hand.
Dietmar starb und hielt die Hand der Diakonnise Alma Zimmer.
Mein Vater starb in der Baracke im Lager Oranienburg 1948.
Nachbarin Dorchen sah Lastwagen mit den Leichnamen nach. Fuhren sie in den Forst von Schmachtenhagen?
Staps starb im Virchow-Krankenhaus in Berlin-Wedding.
Über hatte es gab viele Papiere bei der Jahn-Behörde gegeben, vermutete ich.
In meiner Berliner Wohnung lagen zwei Aktenstapel, die er hinterlassen hatte. Ich hätte versuchen sollen, deren Inhalt zu beschreiben.

Großmutter Briese starb 1965 im Krankenhaus Nordmarkstrasse. Mutter und ich hatten sie krank in ihrer Wohnung angetroffen, als wir sie im abgemauerten Teil der Stadt mit sogenannten Passierscheinen besuchen wollten. Wir besuchten sie noch am selben Tag zum letzten Mal im Krankenhaus.
Großvater Briese starb 1953 vermutlich auch in diesem Krankenhaus. Er wollte es so, um seiner Frau den Ärger mit der Leiche zu ersparen. „ Wo ist der Großvater?“ fragte ich, als ich nach den Sommerferien durch die Wohnung lief? Beide lagen noch 2013 in einem Grab auf dem Segensfriedhof in Berlin-Weißensee und mit ihrem Grab gab es einen Hinweis an einen politisch
klugen Teil der Familie vor und in den braunen und roten Jahren. 1990 war der bürgerliche Rechtsstaat noch einmal aufgebaut worden- als Absage an alle bekannten politischen Menschenrechtsverächter.











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Eichenbalken lehnten am Haus, der Nachbar baute ein neues Dach.
Einst übernachtete ich, abgefüllt mit Stress, ohne Kenntnisse vom Sprache übertragenem Laser mit Margit, abgefüllt mit Stress, in einem Hotel am Straßburger Münster.
Morgens leuchtete der Bau rosa.

Schwer wogte der Fluss, an dunklen Bergen vorbei nach Norden, trug Regenwasser zu Tal, abwärts. Reife Brombeeren hingen schwarz an langen Zweigen, Goldregen blühte, leuchtete gelb, neigte sich flusswärts. Städtchen standen in Reih, hinter dem Dampfersteig.



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Regen zog von West herbei, wässerte Beeren, Sträucher. Ein Bach floß rasch aus in den dunklen Rhein. Computer mit Laserkameras blickten vom All, künstliche Intelligenz sprach erwünschte Texte, Anmaßungen, Beleidigungen zumeist. Dämmerte trotzdem das Licht vom Garten durch Fenster. Dunkle Taunusberge wuchsen am schieferfarbenem Fluß.

Lasergewalt und menschliches Denken sind verschiedene Sachverhalte: wohl dem, der sie zu trennen verstand. Licht und Licht trafen auf meinen Körper. Nachts schwebten die Plejaden in Milch, Lichte blitzten. Im Gebüsch atmeten Tiere, raschelten, Zweige knackten. Satelliten zogen schnelle und gerade Bahn, begabt, Zersetzungs-Programme durchzuziehen.


Schlingpflanzen: Hopfen, Wein, sanken von Ästen, überwuchsen Stumpen.
Dicke Weidenbäume, Pappeln ragten über Holunderbüschen, Brennnesseln. Regen, Hochwasser überschwemmten die Flußwälder.

Grün und wie Teppiche wuchsen die Blätter der Bergwälder. überwölbten Schluchten, Steigungen.
Laser-Computer verkehrten Kommunikation, quatschten dummes Zeugs.
Stapel aus Pappelstämmen waren vom Hopfen überwachsen, tiefgrün über grau.









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„Erst werden die Krumbeeren rausgeholt, der Hitler kann warten.!“
„Herr- vergib!“
Willi Böhler, Bäckermeister, lief im Hitler-Krieg alleine, mit dem Kreuz, zur schwarzen Madonna
vom Soonwald. „Hitler, Arschloch, kann ich euch backen!“ rief er in seinem Laden, die Hitleristen überhörten ihn. Er war der einzige Bäcker im Dorf, sein Sohn war Soldat in Frankreich. In der Gefangenschaft lernte er kochen a la Paris.
1945 liefen siebenhundert Leute zur schwarzen Madonna.
Von den jüdischen Familien, die im Dorf lebten ist eine Person , mit Namenszug und Lebensdaten im Kriegerdenkmal des 1. Weltkrieges aufgeführt. Ein Friedhof und ein seit 1938 unbebautes Grundstück, auf dem ihre Synagoge stand, sind erhalten.
Bei manchen männlichen Nachkommen der ehemaligen NSDAP-Ortsgruppe blieb herabsetzendes Reden über Juden lebendig, als hätte ein Geldleiher, bei dem sie sich verschuldet hätten, sie noch vorige Woche aus Haus und Weinbergen geklagt.
Nach zwei Mißernten wurde es eng für die Schuldner, und alle einhundertfünfzig Jahr wurde es in der Regel auch wirklich lebensbedrohlich für die jüdischen Gläubiger.
Im Dorf gab es lange vor der Hitlerzeit auch SPD-ler, Zentrumsleute und ihre Wähler.
Von deren Nachkommenschaft hörte ich keine antisemitischen Beurteilungen.
Die im achten Lebensjahrzehnt lebenden NSDAP-Nachkommen scheinen den Ruf ihrer Väter verteidigen zu wollen, trotzig suchen sie nach Rechtfertigungen ihrer antijüdischen Angriffsväter: in Israel, im Devisenhandel, im Rentenwesen.
Die Mord-und Abschiebungsrethorik der Nazis war schlecht vereinbar mit dem Lebenstil, den die Familien ab der Adenauerzeit annahmen. Nur im bekannten Kreis wurden anscheinend antijüdische Heilsbotschaften, das Lob auf den Führerstaat, weitergegeben.
Die Söhne und Enkel hatten die väterlichen und großväterlichen Weisheiten mit dem in der Schule Gelernten abzustimmen. Vermutlich bestärkten diese Widersprüche bei ihnen eine entschlossene, unpolitische, sportbegeisterte Haltung. Im Kreis der altgewordenen, vielleicht nur noch umgangssprachlichen führergläubigen Söhne, schienen alle umworbenen Naziideen, vielleicht wegen der vielen schweren, kraftzehrenden Arbeit, der ganz kurzen Schulzeit, sicherlich aus Sturheit, die Richtschnur ihrer öffentlichen politischen Urteile darzustellen.







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Die israelischen Besucher aus der Familie Wolff fuhren mit ernsten Gesichtern, rasch, durch das Dorf zum Friedhof und besuchten das Grab ihrer Urgroßmutter.

Ein Koffer steht auf dem Dachboden des ehemaligen Hauses Eichberg, sagen die Leute.
Der Anfang für ein Denkmal, in Bronze, wäre damit gemacht.
Den Koffer brachte ein Enkel der Flüchtlinge zurück.
Ranken von Brombeeren, Wein und Rosen wucherten mit Brennnesseln im Hang.
Die roten Hagebutten wippten oben, Beeren leuchteten grün-gelb.

Im Wald, auf dem Judensand, steht ein brauner, bemooster Holzzaun, um einen Friedhof.
Ab und zu im Sommer wird der gestrichen.
Sommers, Wohlgemuths, Wolffs, Einstein und andere, auch aus dem Heimbachtal und Bacharach,
liegen hier. 1944 bestattete die Familie Herrn Carl Wohlgemuth.
Grabsteine aus schwarzem Granit halten lange Namen und Formen. Sandstein verfällt eher.
Meine damalige Nachbarin, Anneliese, erzählte mir nach 1991 bald vom jüdischen Friedhof.
Sie sagte noch, Hitler hätte manches gut gemacht, aber das mit den Juden hätte er nicht machen dürfen.
Ich meine, als gut wurde der Aufschwung von Nichtjuden erlebt, er ging ja zu einem guten Teil auf Kosten der jüdischen Wettbewerber.
Eine wirtschaftliche Verbesserung für Kleinbauern und Gutsbesitzer begann damals
am Mittelrhein, die bis in die siebziger, achtziger Jahre anhielt. Bis zum Hitler-Krieg kamen ungewöhnlich viele Urlauberinnen und Urlauber, in dieser Zeit wurden die großen Säle an die Wirtschaften angebaut. Fast alle jüdischen Mitbürger wurden auch am Mittelrhein vertrieben, von Staats wegen ausgeplündert. Die Nazis ließen sie verschwinden, die verstummten Zeitgenossen beachteten heimlich die Lastwagen, auf denen die Menschen zu Sammelplätzen gefahren wurden; mein Vater fuhr für die Gestapo einen solchen Wagen in Berlin.
Passende Beamtenstellen hatte es damals für politisch kurzsichtige Ehrgeizlinge wie warme Semmeln gegeben, er hatte seiner Frau und die dem Zeitgeist und der Werbung geglaubt. Preiswerte Äcker, gute Weinbergslagen und Häuser fanden rasch Käufer, Werkzeuge und Weißwäsche ebenso.
Die Juden liefen durch das Wegkucken und Schweigen ihrer Mitbürger in die Züge nach Osten.




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In Ostdeutschland liegen Planer und Macher von Nazi- Politik als Skelette meterhoch
im Sand unter Kiefern, unter langem Schweigen noch dazu. Frauen erlebten Vergewaltigungen mehr als 2 Jahre lang, auf Weißzeug im Wäscheladen auch, mit Soldatenreihe vor der Tür.
Die männlichen, arischen Zeitgenossen konnten ihnen nicht helfen. Wegen dieser Hilflosigkeit haben sie auch nazistischen Zuneigungen abgestossen, aber lange noch nicht die autoritären Haltungen. Die Nazihaltungen wurden ihnen widerlich.
Erst die Staatssicherheit hat die Nazihaltungen in wissenswerten psychologischen Umerziehungsprogrammen in Freie und Häftlinge hineintrainiert, die dann später oft in den Westen verkauft wurden. Dort bildeten die Herren dann die Führer oder Anhänger neuer Nazibewegungen.
Betriebe wurden enteignet, die Mittelschicht flüchtete.
Später übernahm der Staatssicherheitsdienst die Gestaltung von vielen Lebenswegen und Psychen,
auch das insofern weitgehend nicht genannte KGB. Gegner wurden destabilisiert, Anhänger gefestigt.
Beides ging ab 1955, 1961 routinemäßig durch den Einsatz von opto-akustischen Techniken,
deren Sprachnachbildungen sich oft genug unmerklich mit dem inneren Sprechen der „Objekte“ mischte. Über Jahre konnten so zum Beispiel perverses, unsoziales und gesetzesbrecherisches Verhalten in den gegnerischen Persönlichkeiten und ihren Kindern angelegt und ausgelebt werden.
Bei braven Partei-Menschen konnten dann Psychotherapeuten bei der Entwicklung einer „sozialistischen Persönlichkeit“ helfen, also durch Supervision das Hineinschlittern in krasse psychische Erkrankungen zu vermeiden suchen.
„Zyniker, Opportunisten und Psychopathen“ übernahmen das Zerstören der psychischen
Gesundheit von Widersachern, wie Le Carre geheime Täter nannte.
Ein bewußtes, offenes soziales Anknüpfen an politische Nazitraditionen war für die Leute in der sowjetischen Besatzungszone nahezu undenkbar. Zum einen galten solche, öffentlichen Gespräche als Verbrechen, die schwer bestraft werden konnten. Zum anderen war ein Großteil der Bewohner in dieser Besatzungszone aus den alten Ostgebieten geflohen oder vertrieben worden.
In der Regel pflegen diese Menschen keine guten Erinnerungen an die Naziherrscher:
Sie haben durch die zuviel verloren. Das öffentliche Leben und wohl auch das private lief lange in ähnlichen Schablonen ab wie in der Nazizeit: von 1933 bis 1989 herrschte eine Partei, die das Volk mit Werbung und Aufmärschen beschäftigte, die Bürger in der Werbung vergöttlichte, sich großzügig zeigte, gegen leisen Widerspruch( „ Ja, jeder der 80 Millionen Deutschen kennt einen anständigen Juden- Ja, wo kommen wir denn da hin? Sinngemäß Goebbels) und Widerstehende möglichst zerbrechen ließ („Vor ihnen kann ich es ja aussprechen: Die Konzentrationslager sind dazu da, um ihre Insassen zu zerbrechen.“ Himmler)











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Stasi versprach: „Wir machen einen Nazi aus dir!“ Dann gab es halt wieder Nazis, Neo-Nazis, Jung-Nazis, mit ihren zeitweise prekären Sozialstrukturen (mittelschichtsgesichtige Stasisöhne als virile Anführer) und entproletarisierte Antikommunisten, die nun ihre Wut über die ausgefallene antikommunistische Abrechnung gegen antiautoritäre Linke und Liberale, ausländische Arbeiter, Alkoholkranke und Behinderte auslebten. Die Anführer hatten die Werbeworte der Nazis übernommen und wetterten gegen Juden, die Republik, unverständliche Hochkultur, Kinderschänder, Schwule und die fremde, bedrohliche Welt.
Die Anführer lebten auch so den Haß über die Entmachtung ihrer Eltern aus.
Im Westen lebten, neben rührigen Demokraten, die Gewinner der Nazizeit und ihr trotziges Schweigen dazu. Den Trotz stärkte auch noch der unvergessene väterliche Sturz vom Herrenmenschen zum Besiegten.
Grünliches Licht fiel vom Süden auf die Gräber. Die hebräischen Zeichen wurden laut gelesen,
Grabstein nach Grabstein. Durch die hohen Blätter flirrte Sonne: Die Familie Wolff besuchte das Grab ihrer Ururgroßmutter.
Hinter dem Geländer ging der Blick nach Hessen, zum Niederwalddenkmal. Vorne, auf der Strasse
arbeitete der Künstler gebückt. Er pflasterte Stolpersteine mit den Namen der Familie Müller.
Messing glänzt. Eine ältere Dame berichtet mir von ihrer Schulfreundin Ruth Müller, Jahrgang 1929. Diese verliess irgendwann die Schule, zog um. Die alte Frau sah Ruth zuletzt mit dem gelben Stern. Bald danach verschwand Ruth Müller aus Bingen.
Für den Sterbeort stehen drei Fragezeichen auf ihrem Gedenkstein.
Die Trauer in den Augen des israelischen Mannes an der kleinen Gedenkgrube, war mir zu stark
ich lief weg, wartete abseits auf den vorbereiteten Ablauf.
Messingsche „Stolpersteine“ wurden verlegt. Der Künstler, Gunther Demnig, ersetzte in den späten Sechzigern, im Schaufenster seines Ladens in Berlin-Kreuzberg, auf einer US-Flagge die Sterne durch Totenköpfe. Später sprühte er eine Erinnerungsspur entlang des letzten Kölner Weges, den 1000 Zigeuner gingen. Dann setzte der Mann seine „Stolpersteine“ in die Böden Europas.
Er schuf damit eine wachsende soziale Plastik, die aufklärerische Gespräche anregen kann.
Schülerinnin der Hildegardisschule standen mit ihrer Lehrerin im Kreis um den Künstler.
Sie spendeten die Steine.




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Satelliten da oben sendeten anal-pornographische worte wie „Ach, diese Ärsche“
wenn sich jüdische Besucher zum ersten Mal über die Gräber ihrer Vorfahren beugten. Später, beim Essen,
behauptete die Computerintelligenz, der Urenkel der ermordeten Familie Wolf, gliche einem KZ-Insassen.
Im Wald lief der braune Zaun rings um den jüdischen Totenacker. Steine standen im Licht der Jahre. Draußen im Judensand liegt der Friedhof, belegt seit 1861.

Folgende Namen konnten wir, Wolfgang Koch und ich, entziffern:

Sommer, Herman aus Steeg (9.3.1831-15.7.1902)
Sommer, (1906)
Furchheimer, Emil aus Mergentheim (20.11.1884 – 13.10.1911)
Wolf, Antonette geb. Kohlmann (1814 – 28.10.1913)
Sommer, Albert (19.5.1898 – 4.8.1914)
Wohlgemuth, Jakob (3.5.1822- 6.8.1914)
Sommer, aus Bacharach
Wolff, Hermann aus Oberheimbach (30.5.1838-20.11.1915)
Wolf, Anna geb. Schwab (7.10.1839-29.1.1924)
Kohlman, Eva geb. Straus (Lebensdaten nicht vorhanden)
Kann, Alexander (gest. im 88. Lebensjahr)
Kann, Johanna (gest. im 84. Lebensjahr)
Liebmann, Wilhelm (8.10.1812-16.11.1878)
Kohlmann, Jacobine geb. Kahn (gest. im 98. Lebensjahr)
Liebmann, Regina (6.4.1810-18.8.1871)
Strauß, Theresia (24.9.1817-12.5.1879)
Kohlmann, (20.11.1800-Sterbedatum unleserlich)
Kohlmann, Kurt (1816-(?)- 1917)
Kann, Antoinette geb. Seligmann (1810-1887)
Wohlgemuth, Richard (1.1.1800-8.8.1890)
Wolf, Mathias (6.10.5591-12.2.5622 jüd. Kal. oder 1830-1861 gregor. Kal.)
Sommer, Rosine (Lebensdaten unleserlich)
Kohlmann, Julius (21.1.1879-4.7.1916)
Baum, Regina geb. Sommer (1857-1897) (Lebensdaten schwer leserlich)
Kohlmann, Joseph (12.5.1855-24.10.1918)
Kohlmann, Wilhelmine geb. Seligmann (12.Monat unleserlich1843-20.6.1920)
Halle, Amalie (7.4.1857-10.2.1921)
Kohlmann, Josef (17.12.1845-28.6.1926)
Kohlmann, Amalie geb. Mayer (3.9.1848-21.2.1930)
Wohlgemuth, Bertha geb. Marx (30.8.1859-13.6.1928)
Wohlgemuth, Carl (10.9.1859-26.7.1944)
Wolff, Carl (3.9.1843-24.5.1902)
Wolff, Pauline geb. Liebmann (11.3.1842-15.3.1927)
Einstein, Eugen aus Niederheimbach (18.9.1879-13.6.1881)
Liebmann, Wilhelm (8.10.1812-16.11.1878)
Wolf, Helena geb. Mattes (8.2.1837-25.10.1889)
Wohlgemuth, Richard (1.1.1800-8.8.1890)








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Westlich des Ortes Oberheimbach, bei Bingen am Rhein, liegt in einem Waldstück ein
jüdischer Friedhof. 50-60 Steine, die aus Sandstein oder Granit geschlagen wurden,
stehen dort aufrecht, wenige liegen im Gras.
Die Gemeinde Oberheimbach pflegt den Friedhof seit 1945 im Auftrag der jüdischen Gemeinde
in Mainz.
Der Friedhof hat ca. eine Fläche von 50 mal 100 Metern.
Zwei gemauerte Steinsäulen, eine zerfallende Steinmauer und ein Holzzaun umfassen das
Gelände.
Auf den 37 Grabsteinen, deren deutsche und hebräische Inschriften noch zu erkennen sind,
steht 8 mal der Familienname Kohlmann, 5 mal der Name Sommer, 4 mal Wohlgemuth,
4 mal Wolf, 3 mal Wolff, 3 mal Kann, 3 mal Liebmann und je ein mal Furchheimer, Strauß,
Baum, Halle und Einstein.
Die bildlichen Darstellungen zeigen u.a. den Davidstern, geknickte Nelken und gereihte Schmuckzeichen. In einen Grabstein wurden die Umrisse eines „ Eisernes Kreuzes“
eingemeisselt.
Die 34 lesbaren Geschlechterangaben teilen sich Männer und Frauen zu 50%.
Das Lebensalter der Männer betrug ca. 62 Jahre, das der Frauen 73 Jahre.
Herr Mathias Wolf wurde 1861 beigesetzt. Dies ist das älteste Bestattungsdatum.
Als bisher Letzter wurde Herr Carl Wohlgemuth im Jahr 1944 bestattet.
In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts gab es ein nachweisbares Begräbnis, in den
siebzigern 4, in den achtzigern und neunzigern je 3. Im 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts
erfolgten 3 Bestattungen, im 2. Jahrzehnt 8, im 3. wurden 6 Menschen beigesetzt und
schließlich im 4. und 5. Jahrzehnt je Einer.
Die Grabsteine nennen folgende Herkunftsorte der Toten (je 1 mal): Bacharach, Mergentheim, Niederheimbach, Oberheimbach, Steeg.
Der Eisenhändler Eichberg hatte sein Haus am Marktplatz, da, wo die ehemalige Judengasse mündete.
Sally Eichberg, aus der Familie des Eisenhändlers, starb am 28.8.1914 am Krieg. Sein Name steht neben 2 Dutzend anderen am Kriegsdenkmal.
Heute, 2011, ist die Judengasse Teil der Hauptstrasse. Die Juden hatte ihre Synagoge in der Judengasse.
Dieses Gotteshaus musste 1938, sagt man, angeblich wegen Baufälligkeit von der jüdischen Gemeinde abgerissen werden.
Seitdem steht das kleine Grundstück leer.
Die mittelalterlichen Häuser in der Nachbarschaft stehen noch, schräg und mürb, die Gefache mit Lehm und Reisig gefüllt.
Die Jerusalemer Chronik der Ermordeten in der nationalsozialistischen Zeit nennt folgende Namen von Menschen, die in Oberheimbach geboren wurden, oder hier länger ansässig waren: Paula Bär, geb. Wolf (*1890); Helene Grünebaum geb. Wohlgemuth (*1864); Johanna Heimann geb. Wohlgemuth (*1888); Jakob Klein (*1864); Clara Meyer geb. Wolff(*1877); Berta Wolf geb. Wolff (*1884); Moritz Wolf (*1880); Bertha Jenny Wolf (*1873).

Paula Bär war mit Wilhehlm Bär verheiratet. Die beiden hatten einen Sohn Arthur (*25.3.1925) und lebten in Mühlheim- Kärlich in der Kirchstrasse 28. Von dort wurden sie nach Koblenz-Lützel verschleppt und dann nach Izbica.





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Frühe Stadt

Die halbe Mondscheibe tauchte rasch hinter Wolken.
Eine leere, helle Stadt-Bahn fuhr auf ihrer Böschung.
Der halbe Mond hing frei über der Strasse und über feinen Baumumrissen.
Orange-rosa Licht schien am frühen Morgen im Osten über einem Bahnhof.
Grau- grünes Licht strahlte über dem leeren, gläsernen Hochhaus.
Weißer Regen stürzte .Der Erdgrund war aufgebrochen: Blumenspitzen wuchsen durch.
Atmend lief ich nach Osten, zum rosa Licht.
Ostern leuchtete vorn.
Ein ovales Ei hing im Westen, mit Lichthof, über den Dächern.
Ich hörte Vogelkonzerte aus der Böschung, sah dabei die erste S-Bahn.
Hurtig ging eine Frau zum Kindergarten- öffnete Türen, goss Blumen.
Jemand hatte den halben, gelben Mond über die Strassenenge gehängt.
Grün schimmerte ein Blatt am S-Bahnhof, wuchs zur Sonne.
Mein Auge sah seine Blattadern. Lichtes Grün: getupft auf hohe Äste.
Das Licht stieg weit.
Hohes mittägliches Licht leuchtete, fahl schien es am frühen Morgen, mit Vogelgeschrei.
Hitze schien auf Steine am Hermannplatz, Menschen drängten, in ihrer Kleidung, zur U-Bahn am Nachmittag.
Nachtblau, türkis, weiß strömte Sonnenlicht schwach herbei. Nachtkühle fühlte ich am Grund. Dahlienfarben schimmerten im ersten Frost: rot, gelb, blau, Moleküle zerfielen.








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Eine polnische Frau redete , vielleicht wegen ihrer Belastungen bei der Arbeit in Deutschland , auf der Oderbrücke in Frankfurt zu mir über ihre Heimat Maidanek. Dort würde der Fremde, der klopft, freundschaftlich begrüßt, man böte ihm Essen und Trinken an.
Hinter dem Oderdeich lag Wiesenland, noch grün, mit Weiden.
Grau-braun schien das Überschwemmungsland zum Wald hin.
Im Cafe Slovice unterhielt ein Vorsprecher angetrunkene Frankfurter.
Unwillig lauschte ich, bot ihm meine Körpersprache.
Da saß ich, ein scheuer, jahrzehntelanger Geführter.
Anmutige Meise neigte ihr Haupt, pfiff eine Melodie.
Grauer Wasserdampf zog oben, hoch, in den Kälten. Hier unten waren grün- graue Gärten.
Bürgerliche Rechte , auch von wohlhabenden Menschen, sind in der Nazizeit verheert worden. Meine Mutter lebte 1933 als politisch gestimmter, achtzehnjähriger Mensch.
Ihr Vater nannte Hitler einen Kriegsmacher und Verbrecher.
Sein Arbeitskollege aus dem vierten Stock meinte: Paul, beleidige den Führer nicht!
Paul antwortete: Dein Hitler kann mich am Arsch lecken!
Ihre Mutter wollte solche sozialdemokratischen Reden am Tisch nicht hören.
Hätte sie ihn doch sprechen lassen.
Verdirb das Kind nicht mit deinen sozialdemokratischen Reden.
Die beste Zeit war die Friedenszeit, sagte die Großmutter einmal.
Meine Mutter überredete 1939, ihren Mann, seinen Beruf als Klempner aufzugeben und stattdessen bei der Polizei anzufangen. Sie dachte dabei an die berufliche Sicherheit ihres Vaters, eines beamteten Telegraphenmaschinisten, bei der Post während der Weimarer Republik. Die Nazis hatten den Sozialdemokraten, gleich nach ihrer Machtüberreichung, in die Rente gewiesen.
In Kriegsjahren erfuhren Vater und Mutter weitere Wirklichkeiten ihrer Zeit. Meinen Vater erreichten ab 1941 Massenmorde in Weißrußland als eigene Arbeit und danach, weil er dies nicht ertrug, in Berlin beim Verhaften von Mitbürgern vor ihrer gewaltsamen Verschickung.
Danach im Lager Sachsenhausen, als im Mai 1945 verhafteter Polizist, in dem er 1948 starb.
Die letzte Empfehlung der geheimen Staatspolizei in Berlin an ihre Mitarbeiter lautete, sich über die Elbe zu begeben. Er aber wollte seine schwangere Frau und meinen Bruder nicht allein lassen, hieß es, er hätte auch gesagt, er habe niemandem etwas getan.
Meine Mutter spürte hitlerischen Wirklichkeiten auch im bombardierten Potsdam, durch das sie im April 45 hochschwanger rennen mußte.
Ab 1949, 1950 lebte sie mit einem freiheitlich gesonnenen Nazigegner zusammen, der sich bemühte genau zu denken und redlich zu handeln.
Luftkreuze im märkischen Himmel, weiße Wasserstreifen vor bläulichem Grau,
die jungen Kreuzberger Linken mussten ohne Zugverkehr auskommen,
als diese Kreuzwege 1987 von US-Präsident Reagan am Brandenburger Tor vorgeschlagen wurden.
“ Mr. Gorbatschow, tear down this wall!”






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Südöstlicher Glutenball über Schnee, Knospen, Astern.
Menschen, Spatzen sonnten sich.
Rosa Lichtfleck im flächendeckenden Grau, Sträucher, Bäume, Menschen warten.
Das Dorf lag über dem Fluß am Bingerwald, bei Weinbergen, Dornendickicht und Weiden.
In den abfallenden Tälern glaubte man, ein vom längs geworfenen Kriegslos bestimmtes, je eigenes Bekenntnis.
Am Wald lag ein Judenfriedhof, zuletzt genutzt 1944,
mit seinen zum Taunus ausgerichteten Gräbern, von dort erwarteten die Toten ihren Richter und Retter.
Die Wälder trugen morgens Dunsthauben, strebsame Schiffe schwammen im Talgrund auf und ab, manchmal glitzerte ein kleiner Teil des triebigen , fast stürzenden Wassers.
Kinder trappelten und riefen am Morgen auf den Straßen,
Motoren knatterten,
Züge sausten und krachten im Tal
mit seinen Häuserreihen und Städten am Fluss.
Säulen stiegen hoch
trugen stützende Bögen.
Fenster leuchteten schmal, hoch und bunt.
Weihrauchdämpfe zogen, lateinische Gesänge tönten
Bischof und Priesterrschar liefen mit strammen Schritten zum Altar.
Die Gemeinde füllte den Grund des Schiffes.




Die Pfarrerin stand am Tor
grüßte die Gemeinde, die füllte die Kirche.
Vorne, in der Mitte
leuchtete ein Weihnachtsbaum,
davor stand aufrecht die Geistliche.
Laut, deutlich sang sie vor,
die alten Lieder sangen die Leute mit. Sie predigte über die Geburt eines Friedensfürstes.






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Im Dom und in der Kirche wurde gebetet um Frieden.
Sexistische Sprüche, möglichst in die automatisch verarbeitete Wahrnehmung der Hörer hinein, trugen Psychopathen und Computer bei ,
mittels opto-akustischem –Schnickschnacks, dachte ich mir.
Gründe genug, fand ich, für Frieden zu beten.

Potsdam zerbarst zum Ende des Hitlerkrieges
und auch meine Mutter suchte Schutz in Kellern,
nebenan ertranken Leute.
Sie rannte dann , mit mir im Leib,
entlang brennender Häuser zum Wald.
Besser zu verbrennen, als in der Scheiße anderer Leute zu ertrinken,
hatte sie sich gesagt.

Jahre später fand mein Nervensystem keinen Schutz vor Worten,
oft wurde mein Körper getroffen von Laser-Schallstößen, die er als Worte entzifferte ,
deren Herkunft ich nicht erkannte.
Ich konnte mir strahlengestützten , sprachlichen Verkehr nicht vorstellen
und hätte eine solche Annahme als wahnhaft verworfen.
Jedoch ich hörte derartige Annahmen nicht.
Diese Gewohnheit erwies sich als ein mich beschädigendes Vorurteil.
Die zahlreichen, fremdartigen Worte und Sätze,
die ich seit meinem zehnten Lebensjahr hörte,
hielt ich für meine eigenen Vorstellungen von der Umwelt.
Während der Auflösung der sowjetischen Besatzungszone
gab man mir, an meiner Arbeitsstelle in Berlin-Wittenau,
großzügigerweise, diesbezüglich Nachhilfe.


Dabei stieß ich auf die Annahme einer Laser-Ultraschalltechnik,
indem ich Nachbildungen von Stimmen von Bekannten wahrnahm.
Diese Erfahrungen erleichterten mich,
denn ich konnte mir nun einige erlebte, „zersetzende“ Verhalten
der letzten Jahre und Jahrzehnte besser erklären.
Vielleicht wurde während der friedlichen Revolution
die neu eingestellte Sicherheit der ostdeutschen Eliten
auch mit der deutlicheren Aufklärung verwirrter, zersetzter Menschen,
wie mich, ausgeglichen.







31




Steinberge lagen,
allein stehende Wände standen zwischen den Häusern
in meiner Kindheit in
Berlin-Prenzlauer Berg.
Steinstufen führten in das Licht, in die Regen.
Die europäischen Städte sind rissig zwischen den Hauptbahnhöfen und Domen.
Gewalt baute Ordnungen durch Einschüchterungen und Zerstörungen,
durchforstete Häuser und Nervensysteme mit tausendfachen Eingaben in’s innere Sprechen.




Mit Licht grüssten heute Nacht
meine Musen mich,
sprachen von Vygotsky,
einem Sprachpsychologen,
der Formen innerer Sprache beschrieb,
1932, in Moskau.
Diese Musen spielten mit meinem Verstehen von innerem Sprechen,
manche schockten , beschämten, wollten Empfindungen lähmen.
Mein inneres Sprechen stockte, oft hörte ich Tiernamen.

Meine Musen lebten vielleicht als Heiminsassen,
sie dachten nun ihre Besessenheiten fort,
während ein Laserstrahl ihren Schädel tätschelte und ihr inneres Sprechen abgriff, auf es zugriff. Opto-akustische Automaten, zumindest mit der Intelligenz von Waschmaschinen, äfften ihnen wohlmöglich nach.
Ich äffte beiden nach,
die mich jahrzehntelang begleiteten und blöd und leer machten. Meine diesbezügliche Erkenntnisschwäche machte mich klein und schwach, zum Strohmann.

In dunkeler Frühe brummten Motoren über den Hof zu mir.
Fast jeder kennt,
in meiner Generation,
die Berichte aus der Hitlerzeit von
über Strassen getriebenen hohläugigen, in fadenscheinigen Leinen gekleideten Häftlingen,
auch bei bitterer Kälte.
Bürger sahen, rochen dann eine dunkle Seite
des nationalen Sozialismus
und Mancheine hielt
die Gefangenen , die sie zufällig traf,
für eine Horde Verrückter, Wahnsinniger.
Himmler nahm die Überlebenden als Geiseln.







33


Auch die mielksche-wolfsche Hauptabteilung Verfinsterungen
riss Geiseln, mit Schock und Scham,
aus ihrem gelerntemn Umfeld heraus,
mit Laser-Ultraschall.
Die Verfinsterer fanden es erstrebenswert,
SS in grausiger Wirkung
nicht nachzustehen.
Die übten dafür.
Schnee deckt Beete neu,
Vögel rufen kläglich,
Licht steigt auf. Schnee umhüllt Gärten,
weiss- graue Lauben, Gerät.
Sonne, blaue Luft. Frauen spazieren
mit ihren Hunden im Schnee,
sprechen und bellen. Obstbäume tropfen
Spatzen paaren sich, Elstern fliegen.
Es taut im Garten. Eis und Grund schmelzen,
ich rutsche am Morgen.
Oben rufen Vögel. Der Grund ist tief, weich und nass.
Gärten scheinen ohne Schnee und Eis.
Pflanzen recken sich.
März, Todestage,
kleines Grab in Schmargendorf,
Hier liegen die Urnen von Mutter und ihrem zweiten Mann.
Gänse schrien oben,
Vögel strebten hintereinander nach Osten,
verschwanden im Grau.
Von Mauern, Fenstern
träumte ich, von
Brüsseler Hochhauswänden,
vom Bus gesehen.
Von einem Tunnel unter dem Meer,
befahrbar im abgeschotteten Waggon.

Einfahrt lag bei Dünkirchen, unter Stacheldraht,
mit wartenden Menschen am Zaun.
Ausfahrt im grünen, hügeligen England.

Aufmerksame Gesichter sah ich in Belgrave,
eine Frau schleppte ihre Einkäufe
an weißen, zweistöckigen Häusern vorbei,
Fenster gehen zu umzäunten Parks.
„Hier lebte Winston Churchill von 1911-1913.“











34

Ein Bauernhaus namens Rhoslan
im Dorf an der irischen See,
meterdick; in Groslon nahe Caernarvon,
grau- grün- weiss die Wellen, unten, hinten,
die See.
Hohes Farnkraut, Steinwälle, schmale Strassen oben im Land.
Eine Freundin aus meiner Jugend kam mir entgegen,
am Stock.
Ich bemerkte wieder ihr aufmerksames Lachen, Denken ,
freute mich über die ausgeschenkten Tassen Tee,
sah hoch zu Jack's Grab auf dem Friedhof,
schräge Kreuze-
erinnere mich unserer raschen Vorbeifahrt in ihrem Auto nach Canaervon:
“Here you will find me!”



Stasi-Witz nach der Internetseite „DDR-Witze“
Ein Zivilist betrat
ein Kaufhaus in Karl- Marx-Stadt
und schlenderte unauffällig
durch die Gänge, Hallen, Treppen.
Plötzlich blieb er an einer Kasse stehen
und stierte die Verkäuferin mit Hechtsaugen an.
"Wir" schnarrte er " kaufen dieses Tonband dort!"
"Wir" sagt die Verkäuferin, "verkaufen nichts an die Staatssichheit".
"Woher" zischte der Mann leise "wissen Sie, dass ich im Ministerium arbeite?“
"Nu janz einfach" antwortete die Frau- "das Gerät dort ist kein Tonband, sondern ein Gasherd".
„Dieser unsägliche Witz!“

Alte Strassen weckten Plag,
in denen meine Unwissenheit uns quälte.
Nerven meldeten alte Angst.
Strömende Kraft: Licht, Vogelgesänge, Menschen,
farbige Knospen. Wärmende Tage, schnell blühen Blumen im Grund:
kommt die helle Zeit. Knospen an Bäumen: Kirsche, Apfel, Pflaume,
prall, farbig im Licht. Weiss grüne Knospen vor grau- grünem Stamm, Ast, Zweig, ganz oben ein Blatt.
Ragende Säulen, grosser Bogen mit goldenem Schmuck.
Schwarz verhängter Opfertisch. dunkler Raum, viele Menschen.
Durch den Raum trugen Priesterinnin
ein Kreuz, sangen.Gesänge,
beteten mit der Gemeinde,
aus der Schöpfungsgeschichte,
und vom Auszug aus Ägypten,
wurde gelesen. Worte sind Namen für Sachverhalte. Kinder und Erwachsene
wurden getauft.
Rinnen im Blütenstaub,
Regen aus weißen Blättern,
Wasser fällt.









35




Hier unser unerträgliches, damaliges, leicht abhandenes Tun
lebt in jüdischen Körpern dort weiter.
Ab 1945, Mai,
kümmerten sich hiesige Kunstkenner
wieder oft um die Stilarten der entarteten Kunst, da sie den Krieg verloren hatten.
Man berief überlebende Künstler auf Lebenszeitstellen.
Um gestohlene Bilder kümmerte man sich so:
Geraubte Bilder werden bis heute vom Bund und den Ländern in Dienstzimmern und Magazinen vor der Öffentlichkeit versteckt. Die Herkunft dieser Bilder wird nicht zusammenhängend untersucht. Dies gilt auch für privaten Besitz von Kunstgegenständen und Möbeln.
"Die DDR war ein legitimer Sozialismusversuch"
erklärte Sachsens Vorsitzende der Linken.
Dazu fiel Prof. Richard Schröder folgende Überlegung ein:
Wenn der Sozialismus ein wissenschaftliches Experiment war,
dann hätte man es doch erst mal mit Mäusen probieren sollen.
Experimente mit Menschen seien nur mit deren Zustimmung erlaubt-
und nicht etwa bei deren Käfighaltung.


Berlin
Auf grossen Flächen
wuchs Kraut,
vorne lagen Steinberge,
Lufttreppen, Mauern ragten.
Nesseln wehten,
Löwenzahn,
Kraut lebte:
auf fremden Staatsgebieten.

Gerüste thronten, Bilddrucke schauten,
rote Stoffe, weisse Schriften blinkten,
Bewaffnete Männer wachten auf Bahnsteigen zu dritt.

Leuchtende Strasse, staunende Blicke.

Grenze unter Stacheldraht
alte Häuser, brache Flächen.
Im Kanal für Abwasser, unter der Grenze,
tauchte
damals eine Schülerin auf.
Fünfzig Jahre später gehörte sie zur Hauptabteilung Verfinsterungen.
Die machten im inneren Monolog von Leuten rum, bis sie zerfielen und ihnen zufielen. Sie schauten auf Menschen, wie Andere auf Nutzvieh schauen. Licht und Schall als ihr Wortgeschwall umhüllte mich als Hampelmann, als Freier.
Ich wünschte, ich hätte früher, ab 1961, in Berlin an mögliche Besetzungen meines inneren Sprechens denken können ja, ich hätte inneres Sprechen als Sachverhalt wahrgenommen. Dafür hätte ich mich mit angelsächsischer Psychologie beschäftigen müssen und mit entsprechender, schöner Literatur. Noch ihre Zersetzungen, nach 1990 von Jürgen Fuchs bekanntgemacht, deren Wirkungen, drehten die Verfinsterer, den Gefoppten als Verblödung oder Krankheit an und belauschten sie dann mit sardonischem Grinsen. Jeder Verfinsterer war eine Schaltung in einer eurasischen Machtmaschine, jeder Verblödete auch.
Ihr Tun im Licht und Schall suchten die Verfinsterer in Berlin zu verdecken hinter menschenfreundlichem Auftreten. An diesem versteckten Tun erkrankten und verstarben Viele. Die Überlebenden lebten zurückgezogen, sie erscheinen mir als schweigsame Kraftzentren.
Als Gesellschaft wünschten die Verfinsterer sich als ein Nebeneinander von öffentlichkeitsfernen Fachleuten, Bürger in Angst und Schrecken, Alkoholtrinker, anders Zermürbte, umerzogene Vollmenschen mit Redeschwall und Gehorsame, die auf ein Wort hin, eine schallende Frequenz, schwiegen, Gewünschtes redeten oder dachten. Herkömmliche Gesundheit war ein Lohn , Familienleben ein Preis.





36

Welche Verluste:
Zuchthäuser wurden abgerissen
oder zu Museen,
Jugendhöfe mit ihrem „Torgauer Dreier“,
rückverwandelten sich zu Schlössern;
die sehr gesicherte Grenze: ein Trampelpfad.
Und so viele geformte Persönlichkeiten:
Genossen,
Untersuchungsführer,
Grenzer,
Abschnittsbevollmächtigte,
Mitarbeiter, informelle,
HVA-Agenten, Romeos
Anwärter auf Sonderrenten,
Hauptmänner,
Vorsitzende und Sekretäre.

Was schafften die mit ihren Gewohnheiten?
Was konnten die gut?

Blieb ihnen in Deutschland kein Mittel,
um sich auszudrücken?



In der Dunckerstrasse,
am Sportplatz,
stand neben einem Panzer
ein lächelnder Soldat.
In der Wichertstrasse
waren seit dem Kettenspuren zu sehen.
Meine Spielgefährten und ich
hielten den Soldaten
für einen Freund-
wir spielten
auf dem Fahrzeug.
Der Mann meiner Mutter,
Wolfgang,
schickte mich,
mit ungewöhnlicher Stimme,
fort.
Bürgerkriege, wirtschaftliche Not, ein verlorener , langer Krieg, gestürzte, jahrtausendalte Adelsmacht,
verarmte Alte, nach Vorbildern suchende Junge, häufiges Werben für Hass:
Wähler und alte Eliten machten der weißen Stadt, der schönen, vernünftigen Republik von Weimar den Garaus.








37




So leicht soll die Republik von Bonn,
Berlin
nicht sterben.
Obwohl- Tyranneidiener, berentete,
mit kalter Wut schnaubende Untersuchungsführer
aus den Haftanstalten der roten Vorzeit,
und Stasienkel („ lass das die Jungen machen!“) prügeln mit Laserruten
in ihre Gegner, zwischen sie-
fast ohne Gegenwehr-
anscheinend.
Die Republik lebt durch ihre wirtschaftlichen Erfolge, Einrichtungen und Zuneigungen.

Inneres Sprechen
Lautspezifische Muskelbewegungen führen das innere Sprechen aus.
Inneres Sprechen ist zum Einen gut gelerntes,
schon automatisches Sprechen,
für das Bedenken alltäglicher Angelegenheiten,
dafür reicht den Handelnden oft ein Stichwort,
ungewohnte Sachverhalte erfordern ein ausführliches Sprechen, wenn sie denn Aufmerksamkeit erregen und darum bedacht sein müssen.
Inneres Sprechen
begleitet, bei Vielen ungewusst, das freiwillige und automatische Verhalten-
es kann ein wirksamer Selbststeuerungsmechanismus
des aufmerksamen Verhaltens sein.
Hell
schienen Lilie und Rosen
auf dem Grab der Schwiegereltern
in Münster im Nahetal.
Tiefblau
wuchsen Trauben am Rochusberg,
süss und warm.
Vom Hunsrück
zog ein Gewitter duster heran,
warf Blitze.
Dunkle Schleier hingen hinten im Nahetal herab,
Cumuli stiegen vorne weiß auf.
Auf dem Berg feierte man das Fest
des heiligen Rochus,
der einst seine Pestbeule vorgezeigt hatte
und in ein Pestlager gehen musste.
Drei Priester beteten bei der Rochuskapelle.
Nonnen wehte der Schleier.
In Buden bot man Fisch, Fleisch an,
in Zelten Wein und Wasser.
Gefache füllten wir mit Luftbeton,
Ein Teil eines morschen Balkens wurde erneuert,
andere strich ich.
Die Winkel der Gefache
griffen wir mit dem Zollstock ab
und sägten sie in Stein.
Zur Strasse hin setzten wir Fenster.
Zwischen einige Dachlatten pressten wir Glaswolle,
die hatte in dicken, gelben Rollen auf dem Boden gelegen.






38

Mir schmeckte Riesling Wein.
er duftete, nicht stärker als ein Apfel aus Ingelheim.
Der Wein schmeckte säuerlich, erdig, nach Blüten,
Das erste Glas stimmte mich fröhlich, die nächsten berauschten, ermüdeten noch am nächsten Tag.

Stasileute
hofften
auf einen Alkohol-Zerstörungseffekt in mir.
Sie isolierten mich nach ihrem Vermögen-
konditionieren Menschen
im 21. Jahrhundert.
Verschreckte Bürger trugen andauernd einen Laserstrahl auf’m Kopp,
mit dem Psychopathen sie blöd quatschen konnten, glaubte ich.
Angestellte mit beruhigender Stimme geleiteten die Angstbebenden in eine scheinbar ruhige Laser-Nische, in der die Verstörten wohlgefälliges Verhalten geloben konnten.


Zum Wohl- mit einem dunkelgelben Wein,
Spätlese aus Steeg.
Ich guckte auf den mondschimmernden Fluss,
seine Uferberge,
in Städtchen,
auf Schiffe, Bahnen, Autos,
Menschen, Flugzeuge. Stromaufwärts lag einst das Castellum Bingium,
der Fluß war damals eine Grenze zum Chattenland.
Gewußtes inneres Sprechen
verstärkt eigene Selbstkontrolle:
Mein inneres Sprechen
eine Fähigkeit zum Überlegen
von Impulsen und Behauptungen
auf Erfahrungen
zu nennen
hat mir geholfen,
mein Verhalten auf zersetzende Impulse,
z.B. sexistischer, analer und oraler Art
auf Abstand zu halten.
Zerschneidet,
beherrscht dessen soziales Netz:
mit todesnahen oder stressigen Erfahrungen !
könnte eine Empfehlung gelautet haben.
Dann verwirrt
die Handelnden
mit wirksamen Einsprüchen!
Macht ihn arm!
Treibt ihn aus seinen sozialen Netzen!
Schickt ihm Sozialkontrolleure nach!
Laßt ihn aus Arztpraxen werfen, obwohl seine Arme verfärbt, sein Unterleib sehr schmerzt. Nennt ihn Alkoholiker! Medikamentenabhängig! Bis er kaum noch laufen kann, Ärzte meidet und ernsthaft erkrankt.
Gottesdienste richten Einzeln Gestellte auf.
Da müssen Schweinereien gefunkt werden- in die Köppe.
Bis der Widersprechende den Gottesdienst meidet. Bis sein Körper zerfällt.

Pornosprüche , geworfen in die Körper alter Menschen.
Das müde Fleisch sucht hilflos einen Ausweg.







39


Im Anflug auf
die Hauptstadt politischer Verbrechen:
Lichtflecken,
Schubkraft,
kaum Grauköpfe in den dichten Reihen,
rascher, erschöpfter Service.

Meine Schuhe zog ich aus,
im Kontrollbereich in Hahn.
Das Rasiermesser eines muskulösen Mannes
bestaunte eine unschlüssig lächelnde Kontrolleurin.

Der Flug drückte mich.
Lichtflecken, Lichtflatschen:
die Stadt
wurde mit langem Sinkflug,
ab Leipzig,
angeflogen.
Das Flugzeug landete mit erhobener Nase
auf einer Betonbahn:
es rollte, kilometerlang, sehr schnell.
Die Schubkraft wurde schließlich umgedreht,
mit Rütteln kam es zum Stehen.
Die Kapitänin wünschte, im Lautsprecher,
einen guten Tag in der Hauptstadt.
Vertrautes, karges Land,
mit feinem U-Bahnanschluss.

Gorbatschow erwog,
schrieb die Zeitung,
alle Mitarbeiter
von Stasi und HVA
dem KGB anzuschließen.
Hat er alle genommen?
Oder die bewährten Vollstrecker nur,
Verführerinnin,
die sich ihm rechneten?
Die Geschichte
gilt
als beste Vorhersagerin
der Zukunft.
Astern verfroren:
rot, blau und gelb.
Gärten lagen neben Autobahnen,
Krach ist da und hüpfende Meisen.
Körper
speicherten Verhalten, Worte, Gefühle, Bilder.
Diese Prägungen bestimmten sie.





40


Verwirrungen ausleben lassen!
Strohschuldige angreifen!
Machtgefühle herbei flüstern durch
lächelnde Strippenzieher, Bandenspieler:
Lass die sich doch zerfleischen!“


Königssärge standen unter
wilhelminischen Kuppeln.
Ödland lag zwischen verschwundenem Schloss,
Marienkirche
und dem Bahnhof Alexanderplatz.
Schnitter hatten
eine Brache durch die Stadt gemäht
und über sie aufgestellt.
Licht schien aus dem Marstall:
vielleicht musizierten Studenten.

Jedes unserer Worte
hatten wir
zuvor gehört.
Alle gehörten Worte
bildeten
Zellmuster in unseren Köpfen.
Neuronen stellten die Worte
danach bereit-
und die Kombinationen
die sie
kannten.
Jedes Hirn
stellt
eigene Wortvorräte bereit. Die Hirne unterhielten sich mittels Schall-, Licht- und Radiowellen und per Kabel. Ist der Wortspeicher
da und beladen
stellt er
Antworten bereit.
Vorher gebrauchten die Menschen Laute
und Körpersprachen.











41








Die Sprache der STASI


Christof Bergmann: Die Sprache der Stasi. Ein Beitrag zur Sprachkritik

Göttingen, 1999


„Und wenn sie mich in Stücke reißen, das Buch ist in der Welt!“



Das Autor nimmt den Staatssicherheitsdienst der Deutschen Demokratischen Republik

bei seinen Worten.

Viele Menschen empfinden, vermutlich, die Sprache des Staatssicherheitsdienstes als

abstoßend.

Christof Bergmann, ein emeritierter Professor für deutsche Sprachwissenschaft der

Universität Chemnitz, ist es in seiner Arbeit gelungen einige Gründe zusammen zu

tragen, die die abschreckende Wirkung der untersuchten Sprache deutlich erkennbar

machen. Der Autor analysierte deshalb die Sprache der Akten u.a. nach den

Veränderungen, die das ausgeprägte Freund-Feind-Denken des Dienstes in seinen

Sprachgebrauch trugen.

So entspricht der Gebrauch des Wortes „aufklären" bei der Staatssicherheit keiner

bisher gebräuchlichen Form. „ Dieser Sprachgebrauch hat keine Beziehung zur Sprache

von Immanuel Kant, der die Aufklärung 1784 als den Ausgang des Menschen aus seiner

selbstverschuldeten Unmündigkeit bezeichnete. Kant fährt fort: „ Unmündigkeit ist das

Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit , wenn dieselben nicht am Mangel des

Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung

eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu

bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung"“ (Christof Bergmann ).

„Auch der umgangssprachliche Gebrauch des Wortes aufklären, im Sinne von einweihen,

insbesondere in geschlechtliche Vorgänge, hat mit dem Gebrauch des Wortes durch die

Staatssicherheit nichts gemeinsam. Dieser Ausschluß gilt auch für den Gebrauch des

Wortes durch das Militär: diese klären Gelände auf, Nachschubwege und militärische

Kräfte. Der Staatssicherheitsdienst dagegen klärte Menschen auf, als wären sie feindlich

besetzte Gelände. Für den Dienst war in einem Operativplänen z.B. „ die Aufklärung der

Ehefrau" und „ die Aufklärung des Sohnes" wichtig. Der Staatssicherheitsdienst benutzte

das Verb normenwidrig: bezogen auf Menschen. Bei seiner Aufklärung verschaffte sich

der Dienst Wissen über die Persönlichkeit des Betroffenen. Dieses Wissen sollte u.U.

operatives Handeln gegen diese Person ermöglichen. Es ging dabei um die Ermittlung von

Schwachstellen, mit denen man Menschen im je gewünschten Sinne zusetzen konnte.“

(Christof Bergmann)












42


Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem Gebrauch der Tätigkeitsworte

„herausbrechen" und „zersetzen". Der Autor erläutert die Bedeutungsverschiebungen

(verglichen mit der Normalsprache) von Verben mit einem Akkusativobjekt. „In der

Umgangssprache werden Steine z.B. aus einer Felswand gebrochen. In der Sprache der

Staatssicherheit wurden Menschen aus ihren Beziehungen „herausgebrochen". Auch

andere Tätigkeitworte nutzte die Staatssicherheit eigentümlich, etwa: bearbeiten,

arbeiten an, nutzen. Fast immer wiird anstelle eines unbelebten Objektes, wie es die

Umgangssprache fordert, ein menschlicher Bezug gesetzt. Die Menschen werden

sprachlich zu Objekten“ (Christof Bergmann). Diese Veränderung der Sprache hat einen

fürchterlichen Bezug zur Wirklichkeit: in operativen Vorgängen


wurden Menschen zu Objekten.

Des weiteren beschäftigt sich der Autor mit Wortfeldern im Sprachgebrauch des

Dienstes. „Das Wort „lügen" bezieht sich in den Akten in den allermeisten Fällen nicht auf

die Staatssicherheit, sie wählt für ihr diesbezügliches Verhalten die Worte konspirieren,

geheim halten, tarnen oder täuschen. Öfter noch werden die entsprechenden Dingworte

genutzt:

Konspiration, Geheimhaltung, etc. Die Verdinglichung der Sprache ist einer Tradition der

Amtssprachen entnommen“ (Christof Bergmann).

In dem Kapitel über die Struktur des geheimdienstlichen Apparates beschäftigt sich

Christian Bergmann mit den Machtebenen des Dienstes und mit den unterschiedlichen

Sprachformen und Sprachinhalten , die auf jeder Ebene geschrieben wurden.

Im letzten Kapitel geht es um die Sprachformen aus denen die Sprache des

Staatssicherheitsdienstes sich entwickelte. Herr Bergmann weist auf

Geheimsprachen und Zeichen von Geheimgesellschaften als einige Vorgänger. „Eine

geheime Sprache stellen die Abkürzungen dar, die die Texte nur für Eingeweihte

verständlich machen. Für Außenstehende waren viele Abkürzungen unverständliche

Zeichen. Dies nützte der Geheimhaltung der Arbeit. Noch nach der Wende 1989 kannte

fast kein Außenstehender die Bedeutung des Zeichen „IM"“(Christof Bergmann).

Außerdem haben Militärsprache und die Sprache anderer Geheimdienste

(wahrscheinlich vor allem der sowjetische) die Sprache des Staatssicherheitsdienstes

geprägt.

Das Buch bietet frische Belehrungen zu dem traurigen Thema: „Staatssicherheitsdienst

der DDR“.





43



Sprachbildungen von Staatssicherheitsleuten:

Das kannst du nicht.
Lass das doch.
Das wird nichts.
Das ist zu schwer für mich.
Lieber auf Nummer sicher.
Wo führt das hin?
Ich geh den alten Weg.
Du bist gescheitert.
Du bist zu schwach.
Es hat alles keinen Zweck. Du wirst sterben.
„Ich schlage die Sau tot!“

Im "Netz der Gedichte"
warten
Bilder, Worte
auf die Einbildungen der Leserin.
Sie wären ein Strick,
schrieb eine Frau.
Im Schlaf
vermischte mein Hirn,
ohne mir bekannte Zusammenhänge,
innere Bilder, innere Worte
und Gefühle.
Jemand sprach darein
einen Text:
„ Einstürzende Mauern",
sagte er.
War ich das?
Berliner Gärtchen:
Zäune, Sträucher, Hütten: grau.
Eichelhäher fliegt.
Durch Furte fahren
bringt Furcht und Gefahren,
in fremden Landen.






44

Traurige Gesichter
blickten sich in der U-Bahn
über der Schönhauser-Allee
nicht an-
man wollte die Gedanken der Mitmenschen
nicht wissen-
man kannte die eigenen
und rang damit.

Unwissende Menschen lebten im Westen,
ich, du und Soldaten.
Bösartige auch und wissende Schweiger.


Zuzügler aus Westdeutschland-
suchten was?
Lichter der Großstadt?
Zerspellte ihr bisheriges Leben
schon auf den Interzonenstrecken?
Wissende lächelten- am Stock.
„Ich hatte einen schweren Unfall.“

Einen Ruf hörte ich, 1972:
„Fachidiot!“-
es rief ein künftiger Lehrer,
ich war damals stolz,
lebte in ein Wunderland hinein,
mit Lasersprüchen und Einbildungen.







45


Innig, traut, zart
sind Worte-
Entsetzen, Abscheu, Hinterlist-
ebenso.
Letztere benennen Erfahrungen
z.B. im Krieg,
die Ersteren stehen regelmäßig
auch für Kindheitserfahrungen.
Beide Verhaltensweisen stülpten Psycho-Zersetzer
oder Programme, die es ihnen gleichtaten,
in ihren Opfern ineinander.
Psychische Prägungen wurden umgestülpt-
im breschnewschen Klassenkampf-
von Tätern und Psychopathen-
tatsächlich mit Hilfe von Kranken ,Freunden am Leid
und erkrankten Demokratinnin.






















46











Inneres Sprechen als ein Werkzeug der Verhaltenssteuerung

Hartmut Holz (Berlin/Oberheimbach am Rhein)

Das innere Sprechen ist ein von der Sprachmuskulatur begleitetes inneres Ausdrücken

von Sprache, dass seit ca. 1930 experimentell untersucht wird. Die Muskelaktivitäten

wurden mittels mechanischer und elektromyographischer Experimente (1 )

nachgewiesen, die beteiligten Gehirnfunktionen werden u.a. mit bildgebenden Verfahren

dargestellt( 2). Angeregt wird das innere Sprechen durch äussere oder innere Reize, die

die innere, verbale Reaktion gefühlsmässig und oder semantisch beeinflussen (3), (4).

Spezifische Gehirnteile leisten die inneren Reaktionen, die Wort- und Gefühlsbildungen

und Sprachverständnis ermöglichen. Wortbildungen scheinen Gefühlsbildungen zu

hemmen, während die Letzteren den Ersteren zeitlich voranzugehen scheinen (5,6).

(Das working memory Modell (Arbeitsgedächtnismodell) von Baddeley (2) nimmt zur

Erklärung des verbalen Gedächtnisses und verbaler Entscheidungsfunktionen die

Existenz einer „phonologischen Schleife (phonological loop)“, einer „zentralen

Exekutivfunktion“ (mit Aufmerksamkeitszentrum) und eines „visiospatial sketchpad“ an.

Die „phonologische Schleife“ besteht aus einem eher echohaft arbeitendem

Kurzzeitspeicher (Kurzzeitgedächtniss) und einer „Wiederaufrufeinheit“. Der

Kurzzeitspeicher erhält Informationen für 1-2 sec. und wird in der Wernicke-Region

verortet. Die „Wiederaufrufeinheit“ erhält Informationen durch Wiederaufruf per

innerem Sprechen und wird anatomisch der Broca-Region zugeordnet.

Die verbalen Informationen (inneres Sprechen) können durch die „zentrale Exekutive“

manipuliert werden (z.B. geschärft, gemildert, getauscht) und so zum gültigen, verbalen

Ausdruck (Exekutivbefehl) werden.

Im Kurzzeitgedächtniss findet auch der Austausch mit dem Langzeitgedächtniss (mit

seinen (emotionalen Anteilen) statt.

Der „visio-spatial sketchpad“ enthält bildliche Vorstellungen und örtliche Orientierungen.

Beide wirken im Prinzip wie die „phonologische Schleife“ : mit optischem Speicher und

bildhaftem Wiederaufruf.

Die „zentrale Exekutiv- Funktion“ kontrolliert nach Norman und Shallice (7) das

Verhalten auf zwei Ebenen. Die eine ist eher automatisch und basiert auf Gewohnheiten

und Schemata. Vorhersehbare Ereignisse geben Anlass zu passendem, gelerntem

Verhalten. Die zweite Komponente ist ein „überblickendes Aufmerksamkeitssystem“

(Supervisory Attentional System: SAS), dessen Aufgabe darin besteht automatisches

Verhalten zu überwachen- und einzuspringen mit neuem Verhalten- wenn die alten

Schemata versagen (Fehlverhalten).






47





Ein hypothetischer „Episoden-Puffer“ gestattet, den Wahrnehmungsstrom (z.B. visuell,

verbal) mit den Kompetenzen der working-memory und den

Langzeitgedächtnissfunktionen (semantisch, episodisch) zu Episoden zusammenzufügen.

Es wird angenommen, dass der episodische Puffer den Arbeitsplatz des Bewusstseins

darstellt (2).)

Levelt betrachtete in seinem Sprachentstehungsmodell nur die verbal- gedankliche

Konzeption eines sprachlichen Ausdruckes als bewusstes, Aufmerksamkeit

verbrauchendes - also kontrolliertes Verhalten, während die anderen

Sprachbildungsbereiche seines Modelles (Formulierung, Artikulation und

Sprachverständnis einschliesslich Sprachmonitoring) beim erwachsenen Muttersprachler

i.d.R. als automatische, also keine Aufmerksamkeit verbrauchenden Vorgänge angesehen

werden (8).

Meyer et al. betrachten alle Stufen der Sprachbildung als sowohl automatische als auch

kontrollierte Vorgänge- wobei deren Anteile jeweils unterschiedlich gewichtet sein

können (Dualitätsannahme) (4). Z.B. das Anhören des eigenen, inneren Sprechens

(Monitoring) wird normalerweise als automatischer, die Korrektur der Wörter als

kontrollierter Vorgang betrachtet, bevor der Sprecher sozial wahrnehmbar spricht.

Zwei- Prozess-Theorien betonen die Trennung zwischen kontrollierten und

automatischen Vorgängen, deren jeweilige Eigenheiten ich hier zusammenfasse: bewusst

vs. unbewusst; Wille vs. automatische Handlung; Aufmerksamkeit verbrauchend vs.

ohne Aufmerksamkeitsanspruch; Supervisory Attentional System (Zentrale Exekutive

nach Baddeley) steuert Auswahl und Neukombination zwischen verschiedenen Schemata

vs. Reize lösen Handlungsschemata aus; eher ungelernt vs. gut gelernt; langsam (ca. 100

msec pro Entscheidung) vs. schnell (ca. 20msec pro Schema)); fehleranfällig – weniger

fehleranfällig; eher Lösen neuer, komplexer Probleme vs.

Routinen (7).

Das innere Sprechen unterscheidet sich vom sozialen Sprechen u.a. durch die

Abwesenheit von sozialen Formen, eine verkürzte Syntax (z.B. Verzicht auf das Subjekt)

und den subjektiven Bedeutungsgehalt (persönliche Stichworte) besonderer, gedachter

Worte (9).

Das bezüglich Soll-Vorgaben (optimale Anpassungsleistungen an die Lebenssituation,

Ideen, moralische Ziele) (10) korrigierbare, innere Sprechen gilt als wirkungsvolles

Werkzeug der Verhaltensplanung und – steuerung (3).

Das innere Sprechen unterstützt vor allem Problemlösungen, während gut gelernte

oder unaufmerksam artikulierte Sätze, fast automatisch gesprochen werden und kaum

innersprachlich begleitet werden (11).




49




Kontrolliertes Sprechen gilt als kontrolliertes Verhalten (3). Selbstkontrolliertes

Verhalten wird mit sozialem Erfolg korreliert (2). Nach dem Selbstkontrollmodell von

Carver und Scheier (12) bestimmt eine Serie von Standards unser

Selbstkontrollverhalten (soziale Normen, Ziele, Ideale) und Operationen

(„Selbstmonitoring“), mit deren Hilfe wir unsere Verhaltensziele anstreben können.

Das Versagen der Selbstkontrolle kann mehrere Ursachen haben: unerreichbare, oder

sich widersprechende Ziele; Schwächung der Aufmerksamkeit beim Selbstbeachten des

inneren Sprechens („Monitoring“) (z.B. durch Müdigkeit, Rauschmittel, Verwirrungen,

Psychosen). Auf der Handlungsebene kann mangelnder Widerstand gegen Triebimpulse

die Selbstkontrolle schwächen. Die Selbstkontrollziele und Selbstkontrolloperationen

werden per innerer Stimme artikuliert und wiederaufgerufen.

Sowohl Erkrankungen als auch soziale Manipulationen können die Kontrolle des inneren

Sprechens gefährden. Alle Suchterkrankungen gefährden die sprachliche Selbstkontrolle,

da sie die Exekutivfunktionen im Frontalhirn schwächen. Depressionen werden von Beck

(13) auf automatisches, inneres Sprechen zurückgeführt- in der Form spontaner,

negativer Gedanken, die oft fraglos akzeptiert werden und die dazu neigen, den

gegenwärtigen Gedankengang zu unterbrechen. Ein derartiges wiederholtes Geschehen

kann zu einer depressiven Abwärtsspirale der Gedanken führen, die mit einem negativen

Blick auf das Selbst verbunden sind. Dauerhaftes depressives, inneres Sprechen wird

unterstützt durch logische Fehler, Übergeneralisierungen und

Schwarz-Weiss Denken. Aus diesem inneren Sprechen bilden sich, nach Beck, depressive

Schemata: Annahmen über die Welt, die auf das Selbst bezogen sind.

In der Therapie, der kognitiven Therapie der Depressionen, sollen die Patienten lernen

sich ihres depressiven, automatischen Sprechens bewusst zu werden, z.B. in dem sie

versuchen, Protokolle ihres inneren Sprechens anzufertigen. Mit deren Hilfe können sie

sich bemühen, ihre negativen Annahmen über sich und die Welt empirisch und logisch zu

überprüfen. Allmählich kann es dann gelingen, die depressive durch eine

wirklichkeitsnähere Sicht auf das Selbst und die Welt zu ersetzen.

Das bewusst kontrollierte innere Sprechen kann insofern, nach Beck, zur Gesundung

beitragen.

Rüegg betont die Bedeutung der Sprache als Heilmittel bei Psychotherapien, die in

vertrauensvoller, sprachlicher Beziehung ähnlich heilende, mikroanatomisch

nachweisbare, Ergebnisse erzielen können, wie eine medikamentöse Behandlung(14).

Das innere Sprechen von Schizophreniepatienten, während einer akustischen

Halluzination, wird mit Kontrollverlusten der Patienten über ihr inneres Sprechen erklärt

(15). Die fehlerhaften Kontrollen über die Sprachbildung und die Sprachwahrnehmung

wurden u.a. mittels bildgebenden Verfahren und EEG-Techniken erschlossen (16,17). Die

schizophrenen Erkrankungen werden mit anatomischen Veränderungen u.a. in tempora-

limbischen Strukturen und im prae- Cortex in Verbindung gebracht (18).








50




Zersetzungsmassnahmen, wie sie vor allem durch den Staatssicherheitsdienst der DDR

bekannt wurden (19,20), zielen z. B. oft langfristig auf die depressive Verschiebung des

inneren Sprechens. Sie stellen also eine „Umstülpung“ z.B. der kognitiven Therapie der

Depressionen dar(21): den Opfern soll das realistische innere Sprechen ausgetrieben und

durch depressives, gar psychotisches ersetzt werden.



Literaturliste:


1. Wahmhoff S. Inneres Sprechen. Weinheim & Basel, 1980

2. Baddeley A. Working Memory, Thought and Action. Oxford, 2007

3. McGuigan F J. Cognitive Psychophysiology. Principles of covert behavior, New Jersey, 1978

4. Garrod S. Pickering M.J. Automaticity of Language Production in Monologue and Dialogue.

In: Meyer A.S. et al. Automaticity and Control in Language Processing. Hove, New York 2007

5. Ackermann H. et al. Neuroradiologic activation studies of cerebral organization of language

capacities. A review of the literature. Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65:182-94

6. Pihan H. et al. Cortical activation patterns of affective speech processing dependend on

concurrent demands on the subvocal rehearsal system. A DC-potential study. Brain

2000; 23: 2338-497

7. Norman A D, Shallice T. Attention to Action. Willed and Automatic Control of Behavior.

In: Davidson R.J. et al. Consciousness and Self-Regulation. Vol. 4, New York 1986

8. Levelt W.J.M. Speaking From Intention to Articulation. Cambridge, Mass. 1989

9. Wygotski LS. Denken und Sprechen Stuttgart, 1964

10. Herrmann T Grabowski J. Sprechen- Psychologie der Sprachproduktion. Heidelbg. 1994

11. Sokolov, A.N. Inner speech and thought. New York, 1972

12. Carver C S, Scheier M.F. Attention and Self-Regulation: a Control Theory Approach

To Human Behavior. New York, 1981.

13. Beck A.T. et al. Kognitive Therapie der Depression München u.a. 1981

14. Rüegg C. Gehirn, Psyche und Körper. Stuttgart,2007

15. Frith CD, Done DJ. Toward a Neuropsychology of Schizophrenia. Br J Psychiatr 1988; 153: 437-

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16. McGuire P.K. et al. The neural correlates of inner speech and auditory verbal imagery in

schizophrenia: relationship to auditory verbal hallucinations. Br J Psych 1996; 169: 148-59

17. Heinks-Moldonado T. Dissertation 2005, Universität Freiburg i. B.

18. Antonova E. et al. The relationship between brain structure and neurocognition in

Schizophrenia: a selective review. Schizo Res 2004; 70:117-145

19. Behnke K, Fuchs J. (Hrsg) Zersetzung der Seele: Psychologie und Psychiatrie im Dienste der

Stasi. Hamburg 1995

20. Pingel-Schliemann S. Zersetzen. Strategie einer Diktatur. Robert Havemann Gesellschaft,

Berlin,2002

21. Holz H. Zersetzung: Machtmittel des Ministeriums für Staatssicherheit in der ehemaligen DDR.

Psychiat Prax 2005; 32:308-310







51


Umdrehen der sexuellen Polarisierung

Innere geschlechtliche Bilder galt es
bei den Verstörungen
eines Mannes
umzugestalten:
Entspannte Begegnungen mit Frauen sollten verhindert werden-
mittels Angst und Schrecken!
Ungestörte Schwule vorlassen in den Sprachkreis.
Wahrnehmungen weiblicher Menschen begleitete man
mit Pornosprüchen,
Geschlechtsteilnamen für Mädchen,
Geruchsempfindungen wurden verstärkt-
mit Licht, im Licht.
Erinnerungen am lustvollen Umgang
mit Frauen belagerte man so.

Verwandelte man Männer zu Kannibalen?
Wurden anthroposophische Musiklehrer deren Mahl?
Freiheitliche Frauen zu willensschwachen Mägden?




Russland,
ist gar kein Rechtsstaat,
die wollen auch keiner werden.

die machen was anderes.

„Wir müssen da rein!“
in die Wohnung- das merkt der,
davor hat er Angst.



Auch Knechte und Mägde
dienten
im öffentlichen Dienst,
kaltes Zwielicht dämmerte
in Krankenhäusern,
Universitäten, Bundesverwaltungen.


Die Häuser des Staatssicherheitsdienstes
veränderten sich zu Schulstuben-
nach dem Umsturz von 1989.
Eine vielleicht von Phenothiazinen missstaltete,
wahrscheinlich vor dem Mauerfall psychiatrisch behandelte Frau,
besuchte
einen damals erstürmten Archivraum.
Sie stand aufrecht, grauhaarig und bebte,
lauschte den Ausführungen eines Mitarbeiters.





52



Schnee so weiss, Luft rein,
Krähenschwarm fliegt, schreit im Baum,
Elster hockt im Strauch.


Minus 256 Grad:
draussen im Weltall.
Fein besonnt
leben wir, mit Gärten,
bei minus 16 Grad.



Aus Lübben,
in der Niederlausitz,
schickten Mutter und Vater
ihre zehnjährige Tochter
nach Berlin,
da sei das Kind den Pogromstimmen nicht so ausgeliefert.
Zur Miete lebte das Mädchen.
Ging zur Schule,
schrieb den Eltern-
lebte arm,
trug Sommerschuhe im kalten Winter 1942,
auch geflickte Unterkleidung.
Das Kind übte sich,
schrieb es der Mutter,
für ihr gemeinsames Leben im kalten Polen.
Das Mädchen schrieb seiner Mutter Sätze, die ihm zerfielen,
und die es zum Ende wacker fing.
Mutter und Tochter
trafen sich wieder in Frankfurt an der Oder,
fuhren
nach Warschau,
in das Ghetto.
Die Mutter schrieb zuletzt:
„Wir werden bestens betreut...“


Nach einer Mappe im Rathaus Schöneberg
aus der Dauer-Ausstellung: " Wir waren Nachbarn".








53












Berliner Winter

Dickes Eis auf dem Steig,
Menschen rutschten mit Ängsten,
Stadtregierung spart.

Knochenbrüche, weh,
Licht schmeisst sich über Menschen,
tasten, Lust wird wach.


Mörder

Nicht alle Mörder
sitzen 15 Jahre ein-
die braunen, zum Beispiel,
betrieben
völkische Verbrechen,
die in der Regel
in wenigen Jahren
abgegolten waren-
wegen des Ermächtigungsgesetzes
erschien Adolf, der Oberbraune,
im geschriebenen Recht
fast alleine schuldig,
manchen.

Andere,
die in unseren Tagen,
Fürchterliches taten
und sich dessen rühmen
sitzen lebenslang ein:
psychiatrisch krank.

Sie sind sozial fast Verlorene
und Mächtige
im Licht, Klang,
im Sprachbewusstsein
und Erleben Einzelner,
vielleicht.


März

Grau-braune Erde
überwebt vom weissen Licht,
Kraniche schreien, ziehen nach Ost.

Über der Strasse
schreit ein Kranichzug, hell, wirr,
fliegt nach Westen.



Denken bringt Freude


Der Psychopath
in seiner Not- denkt sich etwas;
det tut ihm jut.

Siehst Du den Laserstrahl
dort auf seinem Kopf?
Nein, ich nicht-
aber hört er, ob es klopft?









55




Dr. Kalaschnikow spricht im März 2010 in der Gedenkbibliothek für die Opfer des Stalinismus

über seine Einschätzung des Stalinismus und über sowjetische
Deutschlandpolitik. Dr. K. wurde 1952 geboren, stammt aus einer einflussreichen Familie, studierte Geographie und war viel auf Reisen.
In den frühen achtziger Jahren arbeitete er als Analytiker beim KGB in Moskau.
Dabei war mit NATO-Material beschäftigt, auch mit den geschützten Quellen der
HVA. 1987 arbeitete er als Analytiker in der Botschaft in Brüssel und von 1988
bis 1992 in Wien- wo er wohl den Umgang mit Parteigeldern kennenlernte und
ob seiner Nachfragen in Schwierigkeiten geriet. Sein Parteisekretär sagte ihm damals : „Wenn du so weitermachst, kommst du in ein KZ.“
Österreich war für das KGB ein Aussichtsturm um Zentraleuropa und SÜD-Ost-Europa
zu beobachten. Ab Mitte 1992 arbeitete er in einer Forschungsabteilung im Kreml,
und im TV-Journalismus, er war damals mit Staatspropaganda beschäftigt.
In Russland gab es damals Anfänge einer Zivilgesellschaft und er pflegte Kontakte zur
Geschäftswelt. Die Firma Yukos z.B. wurde damals von einer Gruppe von KGB-Generalen geleitet. Zum Verhängniss für den letzten Leiter wurde wohl eine geplante
Zusammenarbeit mit westlichen Kapitalgebern und seine politischen Ambitionen.

Der 20. Parteitag war , so Dr. Kalaschnikow, ein Trick von Parteileuten, um die
eigene Schuld, die bei vielen der von Stalin glich, auf Stalin abzuwälzen. Die
Parteileute hätten in den Jahrzehnten zuvor den Personenkult erfunden,
um die eigenen Positionen zu stabilisieren. Der Stalinismus war eine Massenerscheinung.
Täter, Opfer -irgendwie- alle daran beteiligt. Lenin war der Chefideologe.
Beim Bauernaufstand in Tambow (Zentralrussland) töteten die Bolschewiki,
angeführt von Trotzki, 1/3 der männlichen Bevölkerung, die
Bauern hatten sich gegen Zwangsabgaben gewehrt. Damals wurden die Methoden
erarbeitet, mit denen die Bolschewiki dann ihre Macht ausübten: die Okkupation
des Landes, das Volk wurde zum Feind, der Terror wurde flächendeckend eingesetzt
(ebenso wie die staatsreligiöse Propaganda H.H.), später trat die Angst vor dem
Terror noch hinzu. Die Bolschewiki richteten KZ-Lager ein, jeweils für Männer, Frauen und
Kinder getrennt. Sie führten einen Zivilkrieg, aus dem sich der reale
Sozialismus entwickelte. Die Sowjetmacht entwuchs der Okkupation des
eigenen Volkes.
Reichswehroffiziere beobachteten diesen Krieg, sie hatten in der Nähe ihre
Übungsgelände- möglicherweise haben die Nazis von diesen Erfahrungen profitiert.


56






Nach dem 2. Weltkrieg gab es Aufstände im Gulagsystem, geführt von
Frontoffizieren(v.a. Ukrainern). Sie wurden mit Panzern und Luftwaffe im Blut
erstickt. Mit der Entstalinisierung wurde das Gulag-System abgebaut.
Die Partei, das KGB entwickelten ein neues System der Kontrolle des zivilen Lebens, das
Prophylaktikasystem. Es beruhte auf Informationen über alle Bürger (z.B. von
Komsomolzen, Parteileuten, Betriebsgesprächen, vermutlich IM’s (H.H.)). Das Risiko der Bestrafung lag
in der Luft, die Angst war sowieso da( vor sozialer Isolierung, Verarmung, Haft, Psychiatrisierung H.H.).

Doppelbeschluss, elektronische Waffen, Star-War (und die Freiheits- und nationalen
Bewegungen H.H.) beendeten die Sowjetherrschaft in strategischer Hinsicht. Seit 1987
bereitete das KGB die Wiedervereinigung vor. Widerstand von England oder
Frankreich habe es nicht gegeben. „ Wir waren auf die Wiedervereinigung
eingestellt“. Jedoch sollte sie langsamer geschehen, Deutschland sollte „ linker“
werden, unter Lafontaine und Russland stellte sich unter Gorbatschow liberal dar-um
die Deutschen zum Bündnis zu führen.
Diese Pläne durchkreuzte Kohl mit der Währungsunion.



Seit 1991 wurde an der Demoralisierung der nationalen Bewegung in der Ukraine
gearbeitet- das Ergebnis dieser Politik könne man in der heutigen Ukraine
beobachten. Beobachter schätzen das Wahlergebnis von 2010 als Rückwende ein-
hin zur Situation vor der orangenen Revolution.






57



ARD und ich

Im TV-Film sagte ein Mann:
„unsere Kampfschwimmer“-
und guckte böse,
niemand hätte sie haben wollen.
Dann sah ich da einen Toten,
Ehebruch,
und wie zwei Männer
jemanden im Bad gegen
Kacheln schlagen.


Ich sah die Grenze,
Spies- Eggen an der Westseite der Mauer
unter der Bornholmerbrücke.
Geübt bewegte Gesichter,
damals über den Uniformen,
später in Nachtwächterbüdchen
und an Garderoben.


Seit 1990 erkenne ich
Laser-Ultraschall-Gequatsche,
beschämendes, verblödendes,
Ausdrücke für Totschlagen
und Beischlaf.

Ungesetzliche
Gewalt macht Menschen Angst,
will Schweigen um sich.




Stasi-Deutschland

Also, Stasileute sind schon Typen,
erst winken sie,
vermutlich vorneweg,
dem Dr. Kohl
mit schwarz-rot-goldenen Fahnen
zu,
1989, in Dresden
und rufen: „Deutschland einig Vaterland!“,
dann stürzen se sich,
ab Oktober 90,
wie gewohnt,
auf jede Opponentin,
von ihnen unabhängige Persönlichkeit,
mit ihren Pawlovschen Geschirren
aus Licht und Schall.
Nur andauerndes Schweigen mildert sie.
Jenau in diesem Deutschland.
Typen gibt's,
unglaublich.





58




2.Juni



ruhig war der 2. juni-
hier am rhein.
ob in charlottenburg,
in der krummen strasse mehr los war ?
baute dort nicht hrdicka ein denkmal?
erbot die dauernde, junge linke einen gruss?
oder mahnte sie bloss vor weiterer hetze gegen die sozialistische deutsche republik?
immer bloss stasi?

dieser tag wurde schon wuchtig begangen.
gruppen nannten sich nach ihm.
ihn zu ehren wurde ein cdu mann für tage entführt.

sprach herr kurras,
ein westberliner polizist und stasi-mann:
"abknallen, gleich abknallen?"
kurz und schlecht, er wurde in berlin wegen eingebildeter notwehr
freigesprochen, wurde in der polizei geschützt, stieg auf,
sass bei der politischen polizei,
bearbeitete die anti-stasiaktivitäten in west-berlin.

freie deutsche jugend senkte ihre blauen fahnen
am kontrollpunkt dreilinden.
gab gar keine kontrollen.
der tote bürger benno ohnesorg fuhr ohne pass,
mit einer kugel im hinterkopf
zu seinem begräbniss.
und mit dieser fahrt griff
der aufstand jugendlicher in westdeutschland um sich.

cui bono? 1967.

adenauer wirkte alt, willy und bald guillaume traten in die macht ein.


am dritten juni galt ein versammlungsverbot an der uni.
500 junge leute sassen auf einem rasenplatz in dahlem,
ein polizist rief : lösen sie sich auf!
und ich dachte: erschiesst uns doch auch.









59











Sommer in Medenscheid bei Bacharach

gärten, sommergärten
über dem rhein,
goldfische, unverwüstliche,
pfingstrosen,
rittersporn,
ehepaare,
verwandte
und töchter,
muskulöse söhne
öffneten ihre gärten.

sonne schien.
viel grün,
lebendige zellen,
blau, rot
goldfschblau.

menschenschall,
arbeitende schülerin,
schwarz bekleidet und blond.
ultraschall!


Unhörbar Fremden,
schwingt Ultraschall in den Köpfen:
Angst, Tod. Sommerlust.



mir zum 65.

tröger fluss hinter mauern, draht und licht,
vierecke, unter mir, zur luft hoch,
trampelpfade an schmutzigen seen
und missbrauchte psychen-
seit jahrzehnten,
zum blödsinnigen hin,
zum schnaps, wein und leichtsinn.

warum zündete mein erkenntnisinteresse nicht?
wegen der misserfolge des tages-vielleicht,
eingeredeter, gefühlter unselbständigkeit?

das soziale geflecht aus terror und schweigen
machte blöd mich.
erst nachdem die mauern umfielen begann ich neue bücher zu lesen,
als hätte es sie bis dahin nicht gegeben-
als wäre ein teil neu in mir,
deutsche und engliche empiriker, logiker,
ich hörte angelsächsische und amerikanische gelehrte,
las wittgenstein, popper und die wiener schule:
gutes wasser auf dürren boden und auf meine tatsachen.

schlaufen aus depressionen und liter weinfreuden hielten mich blöd,
im kalten krieg. gewalttätig war ich
und lebte in einer mauernische,
im erarbeiteten schweigen
und unverstandenem hören.







60





es lebe das heilige deutschland
rief staufenberg
vor seiner erschiessung.
ss-leute eilten schon herbei.

ein mitverschwörer
ließ ihn töten.
sie bezahlten dafür
am freislerschen haken,
nach ss-verhören.

und wie die schrien,
flüsterte tante dorchen,
die bei der polizei
protokolle tippte,
am alex.

Wer hat gestanden?
schrie der russische offizier
im keller in der prenzlauer allee.
schlug ihr den revolver in die zähne,
schmiß sie auf's bett.
ich hab doch geschworen, dachte sie.

im lager diente sie jahre im bordell,
traf meinen vater am zaun,
den polizei-chauffeur,
tröstete ihn.
beobachtete die pferdewagen mit leichen,
morgens raus zum schmachtenhagener wald.




61






In einem Gropiusbau von 1880, nahe dem Checpoint Charly, eröffnete die
Stasi-unterlagenbehörde auf 3 Stockwerken ein Ausstellungshaus.
Paterre wird Literatur über HVA-Agenten, z.B., ausgestellt und grosse Plakate belehren über Methoden jenes Dienstes.
Im ersten Stockwerk werden in hellen, hohen Räumen Kunstarbeiten
von ehemaligen Gefangenen und Verfolgten gezeigt.
Aus den siebziger Jahren ist die grosse Holzplastik eines Kopfes zu sehen-
der zu einem gestautem Menschen gehört- zu seiner gerade jetzt niedergepressten, starken Kraft.
Die Augen sind von einer dicken Binde verdeckt, und der Mund mit einem grossen Tuch. " Der Verstummte" nannte der Künstler seine Arbeit.
Von Bärbel Bohley gibt es drei Arbeiten aus den späten achtziger Jahren zu sehen.
Sie malt auf rotem Rechteck einen schwarzen Baumumriss. Ein andere Arbeit zeigt farbige Bewegungen aus einem Zentrum: gelb, weiss, rötlich.
In einer weiteren Arbeit bedeckt feine Gaze einen dunkleren Hintergrund.

Die schwarze Pädagogik, die im Zuchthaus Cottbus gelehrt wurde,
ist in einem Tryptichon dargestellt. Die plakatierte Androhung von Zwang
als ultima ratio ist auf Plakate der Revolution von 1989 geraten.
In einem Gropiusbau von 1880, nahe dem Checpoint Charly, eröffnete die
Stasi-unterlagenbehörde auf 3 Stockwerken ein Ausstellungshaus.
Paterre wird Literatur über HVA-Agenten, z.B., ausgestellt und grosse Plakate belehren über Methoden jenes Dienstes.
Im ersten Stockwerk werden in hellen, hohen Räumen Kunstarbeiten
von ehemaligen Gefangenen und Verfolgten gezeigt.
Aus den siebziger Jahren ist die grosse Holzplastik eines Kopfes zu sehen-
der zu einem gestautem Menschen gehört- zu seiner gerade jetzt niedergepressten, starken Kraft.
Die Augen sind von einer dicken Binde verdeckt, und der Mund mit einem grossen Tuch. " Der Verstummte" nannte der Künstler seine Arbeit.
Von Bärbel Bohley gibt es drei Arbeiten aus den späten achtziger Jahren zu sehen.
Sie malt auf rotem Rechteck einen schwarzen Baumumriss. Ein andere Arbeit zeigt farbige Bewegungen aus einem Zentrum: gelb, weiss, rötlich.
In einer weiteren Arbeit bedeckt feine Gaze einen dunkleren Hintergrund.

Die schwarze Pädagogik, die im Zuchthaus Cottbus gelehrt wurde,
ist in einem Tryptichon dargestellt. Die plakatierte Androhung von Zwang
als ultima ratio ist auf Plakate der Revolution von 1989 geraten.

Aufgeräumte Trümmer sah ich in Kindheitstagen,
Säulen, Mauern, Gänge am schwarzen , fast bewegungslosen Fluss.
Daneben das wiederaufgebaute Pergamonmuseum.
Die Mauern sprachen, die offenen Treppenhäuser, vom Krieg, von Armut
und leise von einstiger Fähigkeit zum beeindruckenden und schönen Bauen.
Heute, 2011, wurden Sääle, Aufgänge, Lehr- und Lernorte aus den mürben Steinen.
Der Architekt Shipperfield, die Bauherren errichteten ein neues Museum aus den Trümmern.
Alte Mauern, Putzreste, wurden ergänzt durch blosse Mauern, Treppenhäuser und Außenmauern. Die Ziegelsteine wurden gebrannt nach alten Mustern.
So wurde das alte, neue Museum gebaut.






62


Es gab
Sprachgeflechte
aus Worten
von kranken, klugen und bösartigen Menschen:
Schimpfworte: Namen für Geschlechtsteile;
lebenserfahrene Menschenworte,
Worte der Rache, der Verachtung.
Liebeserklärungen an den Nationalsozialismus
im Untergrund
aus Licht und Schall.
Worte der Aufklärung klangen im Ultraschall,
ängstliche Menschen dachten über Einschüchterungen,
Verluste.
Laser tastete nach Luftschwingungen,
von Satelliten her?

Unter dem freien Leben
gibt es das Erschaudern.
Nicht weil Menschen starben, zuvor Krankheiten fürchteten, erlitten-
sondern als Ausdruck in ihnen wirkender Gewalt aus
Psychofolter mit Licht und Schall-
Worte wie von phantasierenden Kannibalen,
wie von Leuten mit gefangenen Frauen im eigenen Keller.


Es gab auch Wissen vom Widerstehen -
bei Saccharow und seinen Mitstreitern, in evangelischen Pfarrhäusern.
Wissenschaftliches Sprechen dauerte an, journalistisches,
und die Sprachen von Künstlern und Philosophen.
Das Sprechen des menschenrechtlichen Beharrens gab es auch-
in allen Medien, auch den gelben, an der Strasse.
Die Sprachen beeinflussten sich gegenseitig.






63







Lenin in Warschau
In einer Ausstellung in Moskau steht ein Besucher vor einem Bild, das den Titel trägt: " Lenin in Warschau". Auf dem Bild ist Lenins Frau Natascha
Krupskaja mit einem jungen Komsomolzen im Bett zu sehen.
Der Besucher, der sich darüber wundert, wendet sich an den Museumswärter und fragt: " Und wo ist Lenin?", worauf dieser ihm antwortet: "Lenin? Na, der ist in Warschau!".







Schwache Lichter erhellen Wasser des Wannsee. Der See ist schwarz sonst, auch die Luft darüber. Regen fällt schwach.
In der Baptistenkirche am Königsweg gibt es ein Konzert des Kammermusik-Ensemble "MEMORIAL" St. Petersburg. Fast 100 Menschen
sind gekommen. Am großen Taufbecken wachsen Pflanzen.
Die jungen Musiker spielen sehr gut- sie haben vielleicht in diesem Jahr schon 12 mal dieses Konzert gespielt, deutsche, russische und europäische Stücke. Sie spielen sehr aufmerksam, ihre jungen Körper bewegen sich mit der Musik.
Das Geld, das sie mit dieser Musik einspielen, wird in Petersburg für soziale Arbeit mit alten Gulag-Häftlingen gebraucht.
Einem Berliner-KGB-Team scheint diese Musikveranstaltung zugunsten
seiner Opfer unerträglich zu sein. Angeführt von einem ehemaligen Arzt
und Psychoanalytiker gefällt es ihnen die Namen von weiblichen Geschlechtsteilen
in meine Wahrnehmung der jungen Musikerinnin zu sprechen, per Licht und Schall- und so die Hinneigung, mein aufmerksames Hören zu stören.
Sie stellen auch eine weitere, eine russisch-sowjetische Wirklichkeit der Veranstaltung wieder her: Die Würde von Menschen wird, gut geübt, bedroht.


64



Die schlanke Frau richtete sich am Cafetisch auf, atmete, blickte frisch aufwärts und schien zu erwachen.
Sie sprach von ihrer Post, dem Ärger mit dem Harz-4-Amt, das ihr gekündigt hatte,
über die dadurch entstandenen geldlichen Engen und griff mich heftig an, mit einen Ausbruch entsprechender Gefühle und Gedanken. Vermutlich brauchte sie zumindest ihre Krankenkasse.
Ich hatte öfter gesagt, sie solle sich bei ihrem Freund anmelden.
Lebte der im Dauerstreit mit seinem Vermieter?

Eine Stunde hatte sie, für sich, draußen gesessen, wartete auf mich, ihren Geburtstagsgast.
Sie wurde am 7.2.2011 56 Jahre alt.
Sie rauchte andauernd, leider rasselten ihre Bronchien oft.
Eine Stunde hatte ich gesagt, brauche ich, um deine Schwierigkeiten aufzulösen.Sie starrte mich an.
Ich beugte mich, keuchte asthmatisch und floh.
Nur keinen unbeherrschten Streit, wie in der Zeit vor meiner Laser-Aufklärung.
Ich wollte mich nicht streiten, vor einem Dutzend STASI-Zersetzern, die ich mir vorstellte,
hin und wieder hörte.
Am Jahresende fiel sie, mit zu schwachem Herz, in eine tiefe Ohnmacht.




65


Mit Kraft denkt die informelle Mitarbeiterin einen Namen - und mit Verachtung.
Was droht der Bedachten ?
Die Mitarbeiterin findet Widerstehende unerträglich –
sie gemahnen an eine Zeit vor dem Zusammenbruch in ihrem Leben
Sie wurde eine Grosse bei denen.
Ein Stasipsychologe hörte seit Jahrzehnten aus Körpern deren innere Monologe.
Da reingeflüsterten Perversionen, daraus erwachsenen Fehlverhalten folgten so manche „bearbeiteten“ Gegner und also auch deren Kinder und Lebenspartner. Die Stasi und ihre Lehrherren „bearbeiteten“ gewöhnlich kleinere Gruppen.
Psychiatrische Patienten wurden mit Tricks „in die Pfanne gehauen“ – man ließ sie( per Einflüsterungen und gemachter Erfahrungsarmut) Verbrechen begehen im sogenannten unzurechnungsfähigen Zustand. ( Die Täter sprachen z.B.vor Gericht von Stimmen, die sie antrieben und neckten.) Sie haben, hatten Jahrzehnte der Bewährung im STASI beeinflussten Psychiatriesystem vor sich, um gegen Lebensende im besten Fall wieder betreut wohnende Kleinbürger zu werden.
Der STASImann spricht sein Material aus, denkt es, erschüttert soziale
Bindungen. Vertrauenspersonen arbeiten ihm zu.


STASI machte die Arbeit, stand an der Grenze, im Hausflur, schrie Gefangene an:" Lasst alle Hoffnung fahren!"
HVA -Leute arbeiteten mit Laser: hörten zu, machten vielleicht Vorschläge für Psychogramme,
arbeiteten „Maßnahmepläne“ ab- die unvorbereiteten Leuten die Gesundheit nahmen. Die Betroffenen sollten den kommunistischen Machtmenschen erst zu „Lappen“ werden,
dann zu Gehülfen.

Das KGB schwebt im All, gehört zum Club der Unberührbaren- der Illegalen.
Die tote Dichterin treibt in der Mühlenschleuse.






66






er die Beleidigungen in fast allen gemeinschaftlichen Lebenswahrnehmungen kennt- kann auf sie eingestellt sein und vielleicht im Gottesdienst, mit Gebeten und Singen, mit Laufen am Morgen und bei vielleicht möglichen Gesprächen sich ihm entziehen. Dabei sollte eine flächendeckende Bearbeitung, rund um die Uhr, für möglich gehalten werden.
Der Mensch vermag seine Empfindungen, Gefühle, Gedanken und Taten vielleicht
auf depressive Inhalte zu prüfen. Gesprochene Gewalt, schamlose Worte deuten hier leider eine Zersetzung der jeweiligen inneren Sprache an und der dazugehörigen Verhalten.
Der Erschreckte sollte Vertrauen zu KGB-Abhängigen meiden- wegen der eingeplanten Enttäuschungen. Vertrauen ist deren Waffe.
Ein Betroffener sollte aktiv und selbstkontrolliert leben-die heutigen, üblichen Machtmittel bedenken- wie ein Bürger, Kleinbürger- dem vielleicht Ideen aus der Geschichte der Menschen zur Verfügung stehen.





Tage des Lichtes:
heller, stärker scheint es morgens,
Knospen recken sich.
Aufwärts, vorwärts drängt mein Mut.
Ich fasse Pläne neu.
Spatzen zwitschern laut,
üben die Hochzeit.
Haben sie den Frost vergessen?


Berliner
Menschliche Gesichter:
aufmerksam,
zur Hoffnung bereit.
Folteropfer zerbrachen,
liebten sie schließlich ihre Folterer?
Zerstörte tappten durch die Straßen,
lächelten verwegen.
Lagergewalt und Lernen, Arbeiten
waren hier dicht an dicht.
Den Leuten war dies in die Augen geschrieben,
in die Mundwinkel,
in das Schweigen.



67




Leipzig
Zehn-fünfzehntausend hätten wir platt gemacht
sagte ein Stasi-Offizier-
bei Siebzigtausend mussten wir passen,
die waren uns zuviel.

Ich lobe die Demonstranten ,
die vielen, in ihrer bitteren Not,
Kampftruppen, Stasi wollten gegen sie toben-
und ließen es wissen, in Gerüchten rot.

Vorne lief Jesus Christ
und die Gemeinden protestierten mit,
liefen betend zu auf die Todesschwadron,
die wichen und fürchteten die sanften Christ.

„Wir sind das Volk!“ schrien die Leute,
schrien es den Wachen entgegen,
die Gefangenen in Haft riefen mit!
Honnecker fragte beim TV: „was rufen die Leute?
„Wir sind das Volk“- antwortete Einer verlegen.


Roter Ochse
Welche Kräfte hielten Gefangene im Zuchthaus im eigenen Leben?
Ausgebaute Verdrängungskünste?
Fähigkeiten, manches am Haftalltag zu genießen?
Rufende Kinder, Glockenschläge, hörte die Frau im Potsdamer Gefängnis während ihrer dreijährigen Einzelhaft.
"Hier starb ich zum ersten Mal."
"Das hier träumen sie doch nur" sagte ein russischer Vernehmer.
Die Kinder riefen, die Glocken klangen noch nach fünfzig Jahren.

"Ich habe nicht alles erzählt, nicht das Schlimmste."

Es ist schrecklich nach zwanzig Jahren Haft zur Untermiete und Nachbarschaft mit herrschaftslustigen Nachbarn zu leben- für Jahrzehnte in Magdeburg oder Halle, nach dem Mauerbau.
Die wollten eine noch lebenslustige Frau nachhaltig enttäuschen und traurig stimmen,
krankmachen mit Hass.
1990 dachte die Gefangene, verhaftet 1947 bei einem leichtsinnigem Besuch der melderechtlich übereifrigen Eltern:
"Sie sind weg! Sie sind weg! Sie sind endlich weg!"





68








Die Enttäuscher, Traurigstimmer arbeiten Ansprüche, Aufträge ab.
Sie erreichen dafür einiges: Wohnung, Gehalt, Anerkennung, eine Art von Ruhe.
Wirksam ist die Störung menschlicher Beziehungen
durch Glieder naher sozialer Netze- die wirken glaubwürdig.
Aus über Jahren verteilten, gelegentlichen, freundschaftlich scheinenden Treffen wird in den wenigen Sekunden eines Rumpelstielzchentanzes - Rauch.

Im Zuchthaus Halle gibt es eine Todeszelle.
In der Zeit des nationalen Sozialismus wurde dort vielen Menchen
der Kopf abgeschlagen.
Sie wurden auch wegen Witzen,
Handschlägen,
eines Grusses,
zugesteckten Kleinigkeiten,
überlassenen Unterschlupfen
und wegen verschenkter Lebensmittelmarken und Ausweise getötet.

Russen versuchten nach 1945, besonders in ihrer Besatzungszone, den Glauben an erstrebenswerte
nationalsozialistische oder demokratische Lebensumstände auszurotten.
Sie nutzten dafür die Angst vor Schändigungen, jahrelangen Zuchthausstrafen,
Todesurteilen und rechtloser Lagerhaft.

Das Zuchthaus mit starken Türen, hohen Mauern ist wohl die rechte
Umgebung, Umwelt- in der die Sprache der Staatssicherheitsleute,
der KGB-Offiziere,
auch von SED-Oberen,
ihre bauliche Entsprechung findet.



Hörensagen im roten Ochsen

klopfen: A=1,
Telefon: Toilettenwasser im Becken abschöpfen,
Wolle: Fäden ziehen, halbe Pullover stricken,
Ungehorsam: Dunkelkarzer für Wochen.




69


Todesangst
Der mächtige Tyrann,
mit Diamanten und Soldaten klimperte er,
nannte seine Widersacher Schweine, Hunde und Ratten.

Als seine Leibgarde erschossen lag,
nannte er seine Widersacher Brüder.


Berliner
Ach, Berliner,
an verlorene Privatheit gebunden
tragen am schweren Licht,
das Gemeinheiten anscheinend nur zu ihnen spricht.
Fühlen sich dem Schweigen verpflichtet
und werden so zu informellen Mitarbeitern zugerichtet.

Sprache
wie soll ich es dir sagen?
hörst du- dass manchmal jemand zu dir spricht,
auf funkwellen, irgendwo?
Unhörbar scheinbar für mitmenschen?
nein, du hörtest nichts?
hälst mich für verrückt?
dann könnte, bräuchte ich dir nichts zu sagen
und du selbst hörtest vielleicht
irgendwie, irgendwann von solchem geschick.









70






kannst du ein modell dir denken,
indem stasi, menschen, programme
per laser-ultraschall zu dir sprechen?
dir deine Wahrnehmungen bei Bedarf
schamerregend auslegen?
dich per laser beherrschen wollen?
ich las über modelle vom denken,
gefühlen, antrieben und verhalten.
ich achtete erst spät,
nach meiner Weckung, so bedachte die ein furchtbarer Generalmajor,
auf meine plötzlichen Gedanken,
betrachtete sie dann nicht mehr als putzige natur,
sondern als mögliches fremdes, zerstörerisches bemühen.
Denken war dann in guten Zeiten für mich
ein von einem wahrgenommenen Reiz hervorgerufenes Erinnern,
danach ein innen gesprochenes Versuchen und Sehen
von logischen und bildhaften Zusammenhängen.
Automatisches Schimpfen ist kein rechtes Denken,
nur sprachliches Antworten auf einen bedrohlichen Reiz.
Solche Reize setzen auch Böse und Wütende,
dann ergibt ein Gedanke den Nächsten.


Ich las texte der wiener schule,
und von popper, wittgenstein , bertrand russel,
lernte die amis der analytischen philosophie kennen, quine and putnam.
Wittgenstein nannte die logik der sprache einen zugang zur logik der Welt.
Und Erfahrungen und Kenntnisse lassen sich sinnvoll
nur als Hpothesen formulieren,
als vorläufig Darstellungen der beschriebenen Wirklichkeit.



kennst du die bekannten stasitricks, um einen Menschen zu verwirren?
ich las den fricke,
in zwanzig jahre nach der revolution 1989,
vieles von dem was ich über die stasi finden konnte
so suchte ich meine chance , von denen frei durch wissen zu werden.
Ich finde schon, dass das geklappt hat.
Deren strafaktionen, versuchte soziale Verstörungen, gehören dazu.
beschäftige mich mit politik, wissenschaft,
künsten.
hielt versuchsweise die ohren steif.







71







9. November
Ah, die Mauer fiel.
Blöde fuhr ich durch die Stadt,
fühlte mich betäubt.

Hitlers Worte wuchsen im Kopf
Eltern fielen über Juden her.
Männer übergaben sich und heulten.
Hoch die Republik!
schrien Soldaten.
Der Kaiser ging weg.

Jena, 1995
War den die Stasi nicht furchtbar genug?
Die Zuchthäuser nicht?
Die eingesprochene Angst
mit dunklem Licht?

Warum mordeten diese jenensischen jungmänner
seit 2000?
schoßen männern in das gesicht?

Und schwiegen,
so-wie die Stasi
über Jahrzehnte für mich
unbekannt blieb.

Der mörderischen Jungmänner Gerede
vom bedrohten Überleben der Deutschen.
hier gab es ab 1965
einen Pillenknick
in den Geburtenzahlen. Ca. 1975
wurde die Abtreibung legalisiert
und seitdem selbstverständlich genutzt,
auch von uns.
Wenn auch ein Staatssicherheitsfritze,
solange von einer Elefantitis redete,
bis margit sich erschreckt in die klinik begab.

Die hiesigen FRauen wollten nicht, konnten nicht
häufiger gebären, die väter auch nicht.
Die Zuwanderer bekommen noch häufiger Kinder,
deren Erziehung beeinflusst ihre Haltung und Arbeit.

Doch als z.B. Bin Ladenj rief, wurden jemenitische und saudische Stadtbau-Ingenieure aus Hamburg-Harburg zu folgsamen Selbstmörder-Massenmördern.
Dem Bin Laden konnten sie nicht widerstehen. Die Zugereisten tragen ihre eigenen Prägungen mit sich.





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Es gibt keinen vernünftigen Grund
für Wutanfälle. Es sei denn, ich bedenke die staatlich gewollte Verhinderung von Nachwuchs per Psychokrieg bei antistalinistischen Demokraten . Demokraten ging damals gar nicht, zuchthauswürdig.
Eine Population
kann kleiner werden. Möglicherweise wird sie ruhiger, älter.
Landstriche, die länger als zwanzig Autofahr-Minuten
Von den wachsenden Großstädten entfernt liegen,
werden Einwohner verlieren, sagen Forscher.
Somit gibt es eine Hypothese für die Entwicklung von Haus- und Bodenpreisen.

neue Menschen werden vermutlich nachziehen-
so wie unsere Vorfahren hier einzogen-
vor 10 000 Jahren-
wir können den zuzug vermutlich nicht endgültig regeln.
und Araber, Afrikaner und Asiaten, Türken
werden in der Zukunft
die Mehrheit bilden können-
so wie heute schon in den USA.

Die Menschen beeinflussen die Entwicklung des Landes,
die Zahl der Kinder,
liegt in ihrer Entscheidung.
So hätten die Jungmännermörder
12 Kinder mit ihrer Dame zeugen können.










73







16. Dezember 1915

Am 16. Dezember,
feierte meine Mutter: Geburtstag.
Die Nachgeborene
ihrer verstorbenen, älteren Schwester.
Kolleginnin lud sie ein, mich, ihren Mann.

Mutter bewirtete großzügig.
Dümmlich, desinformiert saß ich in der Runde,
von Unwohlsein geplagt,
Überbeansprucht von uneingeordneten Worten.

Gefeiert wurde üppig.
Langsam, in Jahrzehnten,
sie lag dann auf dem Sterbebett,
lernte ich Worte einzuordnen.

Nun wird seit zwei Jahrzehnten
nicht mehr gemeinsam gefeiert-
ich besorge schon ihr zweites Grab.


Zwischen den Jahren

Autobahn stank,
Luft verbrannte, müde Menschen gingen,
Viel Licht ringsumher.

Schräg fielen Flocken.
Dächer, Bäume über Höfen,
waren im grauen Licht.

Im weiten Erdflug
angekommen an alter Stelle.
Hier leuchtete es bunt.


Steinerne Mauern
mit Höhlen, vorne Glas, Holz,
an Flüssen aus Stein.

Grenzmauern, Gefängnisse,
Züge hinzu Massenmorden.

Schornsteinlandschaften.
Triumpfalleen,
Staatssicherheitsdienst.
Die Gewalt baut ihre Formen
als Häuser, Strassen, Gesichter.

Freiheit formt Gestalten:
Gemüseläden,
Punkfrauen.
Durch die Frankfurter Allee
zogen gefangene Heere ostwärts.
Mutters Staps sprang hinter einen Busch,
lag, robbte sich davon,
und fuhr mit der S-Bahn
nach Schmargendorf zurück.

Menschen sprachen zu Juden, Sklaven und Freien,
zu Verachteten, Kranken.
Nannten sich Erlöser,
starben unter der Folter.

Ein Kirchenmusiker
führte einen Gesprächskreis
in Frankfurt an der Oder.
Der Staat drohte ihm, den Kindern.
1977 reiste er davon.

Noch bis 89
quälten ihn Stasi, KGB.
Er lebte mit Gewalt, Musik und Menschen.









74




r alte Dichter
las Texte seines Lebens ,
horchte ihnen nach.

Schrieb für die Enkel
federnde Scherze.
Er hauchte manche Worte.

Der Dichter baute sein Haus
an einem Sonnenhang über der Donau.
Es wird sein Archiv.

Künftige Leser
sollen dort lesen, schauen,
noch in hundert Jahren.




Spatzen

Die Rathaus-Uhr leuchtete golden,
Sonne schien hell vom Osten .
Spatzen plusterten sich.

Eine Sportlerin federte
schlank und rank an mir vorbei.
Ich lief dahin.

Die Spatzen schwiegen noch.
Vermummt gingen Menschen.
Eine Krähe pickte Brot.

Im Gebüsch die Spatzen
fürchteten vielleicht mein Augenblitzen,
flogen rasch davon.



Wiedersehen

Mit weiten Augen
saß die Frau in ihrem Zimmer.
Ihre Sprache stockte.

Kälte am Sonntag,
stattliche Läufer liefen.
Eis glänzte auf dem Steig.

Ich suchte ratlos
bei Lidl Zigaretten
für die kranke Frau.

Wie eine Kriegsfrau
rauchte sie, lebte mit schwachem Herz,
trank Wein, ruhte sich aus.

Februar 2012













75











Inneres Sprechen

Prägte auch Not mein inneres Sprechen?
Schlug Gewalt in mir ein?
Ich wollte dann Kraft zusammenrechen,
Hüten mein eigenes Dasein.

Mit seiner Hilfe wollte ich mir leuchten.
Entfacht wurde ich Zuhaus,
bei Gesprächen mit den Alten,
Lüg und Angst blieben daraus.


Inneres Sprechen ward geübet,
hätte nun gegen Licht verteidigt müssen sein!
Jeden Gedanken zu überlegen
brächte es Trost und Wärme ein?




SEXUAL VIOLENCE AGAINST JEWISH WOMEN DURING THE HOLOCAUST

Ed.: Sonja M. Hedgepeth and Rochelle G. Saidel
Brandeis University Press
Publ. University Press of New England
Lebanon, 2010

Zu den bisher eher beschwiegenen Untaten der Deutschen und ihrer Verbündeten

während der Zeit des Nationalsozialismus gehören die sexuellen Verbrechen gegen

jüdische Frauen vor den Massenmorden, in den Konzentrations- und Arbeitslagern und

in den Vernichtungslagern.

Die Autorinnin und Autoren berichten an Hand ihrer Quellen über sexuelle

Demütigungen, Ausbeutungen und Gewalttaten am Rande der Vernichtung der jüdischen

Frauen in Europa.

Autorinnin berichten von Zeugenaussagen über Vergewaltigungen am Rande der

Hinrichtungsgruben in der Ukraine. Nach ihren sexuellen Verbrechen ermordeten die

Täter ihre Opfer. Diese Verbrechen erlitten auch jüdische Frauen im besetzten Polen

durch litauische Hilfskräfte. Dies geschah in den zuvor sowjetisch besetzten Gebieten, die

1941 von den deutschen Truppen besetzt wurden. In den Konzentrations- und

Arbeitslagern in Transnistrien wurden jüdische Frauen von rumänischen Verbündeten

vergewaltigt. In diesen Arbeitslagern gab es eine Vergewaltigungskultur. Die gab es auch

im Getto von Lodz. Der deutsche Kommandant lebte dort mit jüdischen Frauen, bis zu

deren Verschickung in die Vernichtungslager, zusammen.

Der Missbrauch von Frauen fand auch in Bordellen statt, zum Beispiel im Lager

Ravensbrück, in denen die Wachmannschaften sich mit ihnen befriedigten. Die Frauen

bekamen dafür bessere Ernährung und bessere Kleidung. Durch die bessere Ernährung

und durch die nicht sofort vernichtende Arbeit erhöhten sich möglicherweise die

Überlebenschancen der Frauen.

Es gibt aber auch Berichte über die Ermordung jüdischer Frauen nach mehrmonatiger

Sklavenarbeit in einem deutschen Militärbordell in Rumänien. Die Frauen seien Lappen

und außerdem Jüdinnin berichtete ein Militärmensch dem Diplomaten Malaparte. Die

geschwängerten Frauen wurden sofort ermordet.

Die psychischen Folgen dieses Missbrauches kränkten und kränken die Frauen während

ihres gesamten Lebens.

Gedemütigt wurden die Frauen bei den Massenmorden und in den Konzentrationslagern

durch ihre erzwungene Nacktheit, in der sie SS-Soldaten beglotzten und sexistisch

beurteilten und anschließend ihrer mörderischen oder ausbeuterischen Betriebsamkeit

nachgingen. Die Frauen in den Arbeitslagern erlebten das Abschneiden ihrer

Körperhaare, die Durchsuchung ihrer Körperöffnungen und das Besprühen ihres

Körpers mit scharfen Desinfektionsmitteln als besonders erniedrigend. Sie verloren mit

diesen Bearbeitungen weitgehend ihre sichtbare, sozial wirksame Weiblichkeit. Diese

Form der Herabwürdigung von Frauen setzte die Herabwürdigung der jüdischen

Menschen vor und bei ihrer Verhaftung fort.

Die Frauen litten in den Lagern unter dem Nichtvorhandensein von Binden, so dass bis

zum Ausbleiben der Menstruation das Blut an ihren Beinen herab tropfte.

Die Frauen magerten durch die Mangelernährung sehr stark ab.

In den Lagern wird der Missbrauch von Häftlingen durch Vorgesetzte regelmäßig

betrieben.

Konnten Frauen aus den Lagern fliehen, mussten sie sich bei ihren Rettern verbergen

und auch dort sexuellen Missbrauch rechnen und ihn hinnehmen, wenn sie ihren

Unterschlupf nicht gefährden wollten. Nach der Befreiung der Lager durch sowjetische

Soldaten kam es auch zu Vergewaltigungen.

In ca. 52 000 Interviews, durchgeführt vom Shoah Stiftungsinstitut für visuelle

Geschichte und Erziehung an der Universität des südlichen Kaliforniens, sprechen 1040

Zeugenaussagen, die meisten von Frauen, von der Furcht vor Vergewaltigung und der

sexuellen Bedrängung.

Eine Autorin hält die sexuelle Attraktivität für eine unschätzbar wertvolle Währung, die

einen Beitrag zum Überleben in der deutschen Vernichtungskultur leisten konnte. Darum

wurde sie auch- fast automatisch- mit vielen Arten der Sexualität und auf allen Ebenen

der Ausrottungsindustrie eingesetzt.

Fast immer wurde dieser Gebrauch der Sexualität bei den Tätern, Täterinnin und

Opfern nach dem Ende der Morde verschwiegen und geleugnet. Die Überlebenden der


deutschen Vernichtungskultur hatten auch mit dieser Bürde zu leben und haben unter

ihr sehr gelitten.











76







Dietmar

Dein Gesicht
lächelte und weinte.
Wir stiegen
die Treppen aufwärts,
mit unserer Mutter.

Dann lebtest du im evangelischen Heim,
in Fürstenwalde an der Spree
und ich lernte sprechen.

Worte sind keine Zaubermittel,
sondern die Namen von Sachverhalten!
Zur Schule ging ich zuerst bei herrschsüchtigen Wortzauberern,
da hatten Worte befohlene Bedeutungen
oder Unworte.

Wir haben uns manchmal noch gesehen,
gingen zum Ufer der Spree,
mit Mutter, Großmutter.
Schwester Alma, groß , aufrecht,
begleitete dich in’s Besucherzimmer.
Du gingst gebückt und betratest lächelnd das Zimmer.

Noch die nächste Flucht,
und du bliebst zurück,
mit Großmutter und Schwester Alma.

Tante Heinrich und Dorchen besuchten dich.
Über deinem Grab
wuchs nun Pastors Garten.
Osterglocken halten,
kommen jahrelang wieder,
bis Mäuse sie fressen.







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Besuch einer Ausstellung, Neue Nationalgalerie, 2012

Farben
gestrichen über die Leinwand,
mit einem Schiebebrett, seit zwanzig Jahren.
Zuerst , in den sechziger Jahren, entstehen graue Bilder mit grauen Strahlen.
Darstellungen von Dingen: ein Stuhl, ein Auto.
der Bilder sind undeutlich,
ihre Verschwommenheit ist die Ebene des Malers,
von allen möglichen Sichtweisen, Brennweiten, hat er diese gewählt.
Das Meer, eine Mondlandschaft sind gemalt im leichten Dunst.
Eine große Flusslandschaft verändert sich mit dem gemalten Licht und der Luftfeuchte.
Eine Ecke des Kölner Domes lebt durch das gemalte Licht.
Die weibliche Figur, mit bunter Jacke, ist sehr klar gemalt im mittleren Bereich des Blickes, Vordergrund und Hintergrund wurden ein wenig verstrichen.
Die Plastiken bestehen aus Spiegeln oder Glasscheiben.
Die Scheiben verändern die Wahrnehmung der Betrachter- sie sehen die Umgebung fast so wie der Maler: gebrochen, verschwommen hinter fünf Scheiben.
Eine große Zahl von Bildern, deren eher kleinere Farbflächen vom Computer ausgesucht wurden,
es sind Vorarbeiten für das Fenster im Kölner Dom.



Anglikanischer Gottesdienst in der Marienkirche in Berlin, ca.2012
Worte und Bilder
können Menschen entmenschen,
sagt der Geistliche.

Wir sind verantwortlich
für Bilder und Worte in unserem Hirn!


Für Margit (Karwoche 2012)
Wie Licht stieg,
auf Menschen fiel und Dinge,
stiegen und werden fallen

auch wir.



"We'll meet us under the ground."

Bloodlands, by Timothy Snyder

(Ein junger ukrainischer Bauer über seine verhaftete Frau, 1935.)







Before they slept, they must fight;
after they had fought, they would embrace.
From that embrace another life might be born.
But they must fight, as the dog fights with the vixen,
in the heart of darkness, in the field of night.

Virgina Woolf, 1941











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Fahrt

Grau leuchtete Holz
Weiden schienen hellgrün.
Grün stand ein Feld, dunkel schimmerte Kiefergrün.

Braun stand Gestrüpp unter
blau-weißem Himmel mit Zug,
dunkles Blau reizte aus Bächen,
Seen, vollgelaufenen Kohlegruben.

Gelb strahtlen Forsythien,
Schlehen blühten weiß.

Liebermannsches Grün
schwebte im Schatten
zwischen den Häusern,
im Park.

Bot keinen Schutz,
auch nicht die Fassaden,
nicht die Wohnhöhlen,
Wände und Keller,
die Körper nicht.

Jedes Wort
und Licht
müsste ich befragen:
bist du frei?




Hunsrück

In meinem Kopf
wuchsen noch Worte,
klangen wie die Sprache eines Nachbarn
der Hitlers Morde eifrig guthieß.

Männer warfen mit Worten.
Manch einer hörte Vater Hitler loben.
Nun schleppt er dessen Ehr- bis an's Grab.
Andere ertrugen Josef Fischer nicht- im Ministerium-
und loben seitdem eifrig Himmler.

Licht trieb jeden:
mit Flüstern.

Auf und ab gingen die Lichter am Hunsrück.
Politische Gemeinheit, an die sich manch einer erinnerte:
französische Soldaten, die mit den Mädchen tanzten,
nach dem Krieg.

Deutschen war der Zutritt verboten.
Mit Knüppeln schlugen Burschen einem Soldaten auf den Kopf,
nach dem Tanz.
Ob er überlebte?
Und dann? Was geschah dann?
Nichts, wir sind weggerannt.





Arabellion
Unter einer von Steinmetzen
geschmückten Stadtmauer,
im Museum,
sprachen gestern Menschen
aus dem Nahen Osten.
Ein tunesischer Philosoph
versprach eine mehrheitsfähige, demokratische Politik
seiner Partei.
Die junge Iranerin sprach von ihrem verhafteten Vater,
einem Menschenrechtsanwalt, der zu 13 Jahren
Gefängnis verurteilt wurde. Ihre Mutter wird unter Druck
gesetzt. Sie forderte Aufmerksamkeit für ihre Generation.
Ein junger Deutsch-Agypter und ein junger Iraner verfolgen Filmprojekte.
Der Neffe von Answar Al Sadat ermunterte zur ägyptisch-deutschen Freundschaft.
Unglaublich farbkräftige und gestaltete Teppiche und feines Schnitzwerk
hängen dort, hinter der babylonischen Prachtstraße
und einem kleinasiatischem Tempel.
Todesfurcht klang in den Stimmen.
Per Laser knallten Stasi-Schnauzer mir an den Kopf,
wie seit fünfzig Jahren.






79








Martin Seligmann: Erlernte Hoffnungslosigkeit, München 1979



Seligmann beschreibt in diesem Buch Untersuchungen zur hergestellten Hilflosigkeit bei Tieren. Er nutzt die Ergebnisse von vielen Tierversuchen, um Hypothesen über die Entstehung und Heilung von Depressionen beim Menschen aufzustellen.
Die Arbeit benutzt die experimentellen Methoden und den Denkstil des Behaviorismus. Der Autor unterscheidet zwischen von ihm festgestellten Tatsachen und daraus abgeleiteten Hypothesen.
Wenn Tiere ( v.a. Ratten, manchmal Hunde, Katzen, Affen ) unausweichbare elektrische, schmerzhafte Schläge in unregelmäßigen Abständen im Pavlovschen Geschirr als unkontionierenden Reiz über längere Zeit erfahren und vor jedem Schlag den konditionierenden Reiz eines Signales hören, so werden sie an ihren Kontrollverlust über ihre Lebensumstände gewöhnt.
Kommen diese Tiere anschließend in eine Pendelbox, in der auf der einen Seite elektrische Schläge verteilt werden können, nach einem akustischen Signal und in der hinter einem Zaun eine schmerzfreie Zone sich befindet, so rasen 66% dieser Tiere nach einem elektrischen Schlag hin und her. Sie legen sich anschließend wimmernd nieder und rühren sich nicht fort. Diese Tiere haben einen Kontrollverlust über ihre Lebensumstände erlitten und werden ,nach Seligmann, hoffnungslos.
Physiologisch ist dieser Zustand unter anderem gekennzeichnet durch einen Mangel an Noradrenalin. Der erlittene Dauerstress, die Schmerzen hemmen die Neugierde und Unternehmungslust der Tiere für längere Zeit.
Untersucht man andere, unbehandelte Tiere und die oben auffallenden 1/3 Ausnahmen aus der Gruppe der hoffnungslos gemachten Tiere in einem weiteren Experiment in der Pendelbox, so rast je ein Tier nach dem Schlag hin und her durch den Käfig, bis es schließlich, eher zufällig, den Sprung über den Zaun wagt. Beim nächsten Experiment rast der Hund nach dem elektrischen Schlag wieder hin und her, findet aber den rettenden Ausweg in die schmerzfreie Zone, statistisch, schneller. Beim 50 Experiment setzt sich der Hund an den Zaun und springt nach dem akustischen Signal , bevor er einen Schlag erlitten hat.
Der gefundene Ausweg erhält die Lebensfähigkeit der Tiere.
Das 1/3 der Tiere, das im Pavlovschen Geschirr, nicht in den Zustand der Hoffnungslosigkeit erlernte, hat in seinem Vorleben möglicherweise schon außergewöhnliche Stresssituationen bewältigt und konnte darum bei erneuter Belastung auf diese Erfahrungen zugreifen.

Depressive Patienten vergleicht Seligmann mit dem Zustand und Verhalten hoffnungslos gemachter Tiere. Beide Gruppen verhalten sich antriebsarm und ihre Fähigkeiten Schwierigkeiten zu bewältigen sind gering.
Als Therapiemöglichkeit für depressive Patienten (mit reaktiven Depressionen, die sie in Auseinandersetzungen mit ihren Mitmenschen erlitten haben) beschreibt er ein Modell des schrittweisen Überwindens, ja des Verlernens des depressiven Verhaltens.

Hoffnungslos gemachte Hunde müssen mit einem Strick um den Leib wiederholt in schmerzfreie Regionen ihres Käfigs gezerrt werden, ehe sie ,im Experiment, die Selbstrettung wieder beherrschen.
Auch depressive Patienten brauchen nach Seligmann viele positive Erfahrungen, in der Therapie, mit der Bewältigung von Schwierigkeiten, ehe sie außerhalb der Therapie ihre Lebensmöglichkeiten wieder erweitern können. Wiederholt verweist Seligmann auf die kognitive Therapie der Depressionen, die u.a. Aaron Beck entwickelte, bei der es vor allem darauf ankommt, die innere Sprache, also das verbale Denken, auf logische und empirische Fehler hin zu überprüfen.









80






Die neuen Studenten beschwerten sich bei Seligmann sehr oft über das Schicksal der Versuchstiere. Er verteidigte die Versuche mit dem Nutzen, die sie möglicherweise für die Menschen haben. Schließlich ersetzen Tierversuche auch Untersuchungen mit Menschen, wie sie durch Himmler und Hitler betrieben wurden.

Möglicherweise betreffen die Ergebnisse von Seligmann und anderen Lerntheoretikern auch das Verhalten und die Arbeitsmethoden von Leuten, die sich mit Verhören und Zersetzungen von Persönlichkeiten beschäftigen.
Zu den Verhörsituationen kann ich mich nicht äußern, da ich diese Kenntnisse nicht besitze. Jürgen Fuchs hat darüber in seinen "Gedächtnisprotokollen" berichtet.
Die Menschen, denen man mit Zersetzungen droht, können sich selbst sagen, dass sie keine Versuchstiere im Käfig sind und in der Regel eine Vielfalt von Verhaltensvarianten verteidigen sollten. Die bedrängten Menschen können sich selbst wie in einer antidepressiven Therapie verhalten- mit aber auch ohne Therapeuten.
Die Betroffenen sollten ihre sozialen Kontakte pflegen, auch solche, die für Mühselige und Verfolgte offen gehalten werden (Kirchen) , sich selbst zu körperlichen Unternehmungen anhalten (Sport) und versuchen ihren Körper nicht selbst täglich auszuschalten (Kaffee, Tabak, Alkohol).
So können die Verfolgten sich bemühen, der auch tödlichen Hoffnungslosigkeit zu entgehen.
Die Zersetzer, die oft eine reaktive Depression in das Objekt ihrer Aufmerksamkeit setzen wollen, oder damit drohen, greifen in der Regel auf zwei unterschiedlichen Ebenen an. Zum einen bemühen sie sich darum, die Mitglieder eines sozialen Netzes gegeneinander zu konditionieren. Dem kann man sich durch ein Reflektieren der eingestellten Bedingungen versuchen zu entziehen und zumindest den heftigsten Auseinandersetzungen versuchen auszuweichen. Obwohl es wohl auch auf dieser Ebene Erfahrungen gibt, deren emotionaler und krimineller Wucht man nicht ausweichen kann.

Die andere Ebene von Zersetzungsprozessen ist die Konditionierung der
Wahrnehmung von Menschen. Diese sexualisiert werden. Die Betroffenen können auch verblödet werden, indem man die logischen und prüfenden Verarbeitungen von Sinneseindrücken zerschwätzt durch Kitsch und Nonsens oder genüssliches und selbstverliebtes Geschwafel, bis diese unsinnigen, wirklichkeitsfernen Denkgewohnheiten den Betroffenen zur lustvollen Gewohnheit werden.
Die Wahrnehmung kann auch pervertiert werden, oralisiert oder analisiert, je mit den entsprechenden Wortbildungen, die Wahrnehmungen begleiten können.
Eine mir bekannte Gegenkultur, Widerstandskultur zu dieser Art innerer Verwüstung
heißt Psychohygiene. Sie wird in Gottesdiensten angeboten und bei den kulturellen Bemühungen, die das Innenleben der Menschen im Fokus der freundlicher Aufmerksamkeit halten.




Grün und schnell fließt der Fluss.
Vom Kiosk, an der aufgegebenen Dampferanlegestelle
betrachtete ich die jenseitigen Ufer: Weinfelder und Wälder.
Chattenland, einst wildes Land.
Ruhig, vom römischen Ufer aus,
beobachtete ich Germanien.
Alles war fast ruhig.
Der Laser flüsterte ab und zu von Porno und Gewalt,
er kam wohl von drüben, oben.


Haben Messer und Stiefel etwas besonderes ?
Man kann Äpfel schneiden und arbeiten in ihnen.
Und morden und treten.
So ungefähr geht's mit dem Licht auch.




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Über Schmerzen

Gestorbene konnten keine Fehler begehen,
Verbrechen nicht und Zumutungen.
Zerschlagene wiesen auf ihre Schläger.
Die Bibel bezeichnete Beide.

Sieche Menschen bleiben liegen.
Ängste und Schmerzen herrschen oft in den Körpern.

Tabak und Sekt lindern vielleicht Schmerzen und Ängste.
Führt dann noch ein Weg zur Gesundung?
Gleichgewichtsstörungen und ihr gereizter Magen begleiten die Kranke.
M. übergibt sich in der Nacht.
Sie trinkt Fencheltee und Sekt.
M. babbelt, spricht Traumgeschichten und Abrechnungen.
Im Zorn nennt sie Versager, mich, und schont Skalpjäger. Die bestätigen sie mit Baritonstimmen.
Davor reißen wir rasch Witze.

Schließlich betritt der Tod die Körper.
Die schütten Morphin aus, für den Weg.
Licht strahlt, die Toten lächeln.


Hunsrück, Söhne der NSDAP

Männer um die siebzig,
aus Tälern mit Dörfern an Flüssen
blieben Hitler treu.

Der Krieg zog an den Buben rasch vorbei:
mit Lächeln und Kaugummi.
Später gründeten sie ihre Familien, bauten neue Häuser.
Sie arbeiteten allmählich für mehr Lohn.

Ihre Väter hatten auf Hitler geschworen.
Die überlebten den, genossen ihre Erfolge: Ämter oder Häuser, Land.
Man schwieg im Wirtshaus über Verbrechen und Verbrecher.

Diese Söhne wählen die NPD oder nicht.
Nennen jetzt Fehler im Land,
von denen sie lesen, Verbrechen
und die beteiligten Politiker Verbrecher.



Gottesdienst in der Synagoge, Berlin 2012

Wenn die Berliner 1933 ein ähnliches Interesse für das Judentum gezeigt hätten, wie sie es heute tun, bräuchten wir uns nicht auf dieser ehemaligen Frauengallerie zu drängen, sondern hätten eine Synagoge mit 3000 Plätzen zur Verfügung. Da draußen stand sie.
Dies sagte die Kantorin zu Beginn eines öffentlichen Gottesdienstes im August 2012 in Berlin.
Mir fielen die Gäste nicht auf, sicherlich waren ein paar Männer ohne Kopfbedeckung Zuschauer. Die Synagoge war außergewöhnlich voll, hieß es zum Abschluß, und unten wurden Menschen, vor der Panzertür, nicht mehr nach oben gelassen.
Ich sah viele junge Frauen und Kinder.
Die Stimmung war von den Jugendlichen und Müttern bestimmt, wie zu Beginn einer Familienfeier vielleicht, wenn die Ankommenden sich begrüßen und die Kinder umherlaufen. Junge Leute aus zwei Klassen waren gekommen, eine vom jüdischen Mendelsohn-Gymnasium in Berlin
und eine aus Haifa. Man kann lernen zuhause zu sein und fremd zu sein,
und beim Gegenbesuch sei es für jeden umgekehrt, sagte die Kantorin bei der Begrüssung der Schüler.
Die ungefähr 14 Jahre alten jungen Leute saßen vorne und wurden vom Rabbi während des Gottesdienstes zum Mitsingen angeregt- denn diese Thoragesänge sollten die Schüler kennen.
Hebräisch war die Sprache des Gottesdienstes. Der Sabbat wurde begrüßt mit einer Verbeugung zur Tür, Gott wird geehrt mit Verbeugungen gen Osten.
Es war fast nie ruhig im Raum. Kinder liefen, wurden von ihren Müttern eingefangen, Jugendliche tuschelten. Manchmal trat eine Lehrerin zu ihren Schülern und sprach ihnen ernst zu.
Vorne sang und betete der Rabbi vor mit froher Miene.

Ich muß das Hören, dachte vielleicht der Rabbi,
während ein Mann, der klang wie ein Mitarbeiter des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes,
über Menstruationsblutungen von Gottesdienstbesucherinnin Behauptungen aufstellte.




Romantik

Hinter ihrem Verhalten,
Zögern, Neinsagen,
wirken läserne Worte,
oder: Stasi-Sprüche,
so nenn ich es.
In lichtes Netzwerk
haben Mauerschützen sich zurückgezogen
und denken ihr altes, dummes Zeugs:
Räuber und Indianersprüche,
Verhörrethorik!
Schleichen sich ein in den inneren Monolog,
mit Apparaten, die Vocoder heißen,
Solschenyzin hat sie erwähnt.
Übernehmen das Denken,
mechanisch,
nicht als Methapher,
sondern opto-akustisch,
machen Angst.

Über Jahrzehnte errreichen sie damit Menschen,
schüchtern sie ein,
verbrauchen ihre Kräfte.
Schlimm geht es denen,
die die Sprücheklopper per Laser gar nicht bemerken.
Die sich in den Sprüchen aufgehoben fühlen,
beschützt,
mit Vertrauen beschenkt,
die beachten die Zeichen nicht,
die sie zum Friedhof führen können:
den Kontrollverlust über den eigenen Körper,
Herzschwächen, verstopfte Gefäße,
Muskelschwund, zum Beispiel.

Kaffee, Tabak, zuviel Alkohol, Fleisch:
wird leis eingefüstert, hauchleise,
wirkt als unausgesprochenes Begehren.

Hinter ihrem Zögern,
Fremdeln,
Fehlverhalten wider sich,
steckt eine Industrie von stalinistisch geprägten Plappermäulern.




82




Friedenau

Halbstarke palästinensische Jünglinge,
wohnten vermutlich eine Ecke weiter,
am Dürerplatz, im Atze-Brauner-Haus,
droschen auf einen Rabbi ein,
in der Beckerstraße,
der mit seiner Tochter, dort in Friedenau,
spazieren ging.
Sie lebten vermutlich in einem Fernseh-Kopfkrieg,
in Jerusalem wurde zuvor ein Jugendlicher verdroschen, erschossen.
Tragen jetzt mehr Leute
am Sabbat in Friedenau Käppis
um fernsehgläubigen jungen Männern
heimzuleuchten,
nach Berlin, Dürerplatz?

Baumkronen trugen Laubwogen
aus kräftigem Grün,
bis rüber zu den Dächern
entlang des Platzes.
Hier wohnten auch Juden, bis 1942.

Am Brunnen wurde gefeiert
mit Rheingauer Weinen.
Trockene Riesling-Spätlese
des vorigen Jahres:
duftete fruchtig , für 4 Euro der halbe Schoppen.

Am Grazer-Platz, im unter Hitler gebauten Viertel
trafen sich über 1000 Menschen.
Israelische Fahnen wehten,
Kinder hielten Plakate hoch:
"Hauen ist doof", "FRIEDEN-au".

Ein Rabbi sprach,
dem war das Jochbein zerdroschen worden,
neulich, von einer palästinensischen Jugendgang.
„Ihr entehrt uns!“- dachte vielleicht ein Großväter,
der einige zornige Gedanken wahrnahm.


Viele SPD'ler sprachen, Nachbarn
der Pfarrer von der hiesigen Kirche.

Beifall sollte die Untat sühnen.
Die jungen Schläger
zogen sich zu ihren Familien zurück,
Gäste der Stadt, vielleicht seit 1975.




Zuchthaus Cottbus

Gestern reiste ich zum Zuchthaus Cottbus,
angenehm, mit der Deutschen Bahn,
durch die Wälder bei Königswusterhausen,
da war auch der Kessel von Halbe, 1945,
jetzt wächst dort ein mickriger Kiefernwald.
Dreihunderttausend Flüchtlinge und Soldaten waren dort im April 1945 eingekreist,
marschierten schließlich unter Kanonenfeuer im Kreis,
Sanitäter verließen ihre Patienten,
Selbst gebaute Panzersperren mussten umgangen werden
Zwanzigtausend, angeführt von SS-Soldaten
brachen aus dem Kessel aus, zur Elbe.
Viele Toten liegen auf dem Friedhof zu Halbe.

Im sehr leeren Cottbus,
so weiträumig wie fast alle ostelbischen Städte,
seit Hitler und Ulbricht,
stand ich bald vor den Zuchthausmauern,
Anwohner zeigten mir gerne den Weg.
Das aufgegebene Gefängnis wird jetzt von einstigen Gefangenen betrieben, als Lehrort für zu Unrecht erlittene Schmerzen.

Die Außenmauern ragten hoch, aus blassem Ziegelrot.
Das Zellenhaus stand matt im Sonnenlicht,
Steine glänzten, Gitter.
Vier Lagen hoch stehen die Betten,
acht Türme im grauen Raum,
ein Klo im abgetrennten Kabuff.

Eine Ausstellung erzählte von den gefangenen Menschen,
alte Gefangene standen bei den Erzählern und
saßen draußen am Kaffe.
Ein Paar gab Bericht von verfolgten Thüringer Blumenkindern,
die ihren Lebensausdruck suchten im Käfigleben.
"Macht aus dem Staat Gurkensalat!"
hatten drei an Wände in Weimar geschrieben.

Wolf Biermann war zeitig,
mit Roland Jahn , angereist,
dieser führt jetzt, aufmerksam, die STASI-Unterlagenbehörde.
Die alte "Werkhalle" war zum neuen Konzertsaal geworden.
Den schrundige Betonboden hatte man geschrubbt und grau gestrichen.
Leitungen, Lampen hingen von der hohen Decke,
Kühlaggregate durchstießen die Fenster.
Vorne, vor Gittern saß der Sänger.
Die Zuschauer waren aufmerksam und wurden gut unterhalten.
Hohe Gitterfenster, offene Tore gaben milder Luft Einlass
und sie schmeichelte den Körpern.
Vom Zellenhaus leuchtete ein Fenster herüber.

Siegmar Faust, der einladende Mann und
ehemalige Karzer-Insasse,
da unten im Keller hatte er auch Biermanns Lieder gesungen,
wurde vom Künstler getadelt und gelobt:
"Du reaktionärer Rechter!" und " Ich hätte den nassen Keller vielleicht nicht ertragen",
denn seit Jahrzehnten gibt es b Streitigkeiten
zwischen ehemaligen antikommunistischen Zuchthausinsassen und manchen Bürgerrechtlern,
die sich, gefahrvoll, als idealistische Sozialisten gegen Maßnahmen der tatsächliche Diktatur des Arbeiter- und Bauernstaates Pfade in die Öffentlichkeit suchten.
Im Zuchthaus , im Karzer, wurden sozialistische Reformgedanken in den Gefangenen fast immer ausgetreten. Eher galt die Losung: „Wir machen einen Nazi aus dir!“
Noch nach der Wende fragten sich Stasioffiziere: „Warum ist Dieser und Jener kein Nazi?“
Na, genug Nazis sind es ja geworden.
Die Zuchthausinsassen sollten auch dadurch um ihren Einfluss auf Mitmenschen gebracht werden. Man war ja, vor 1989 und den veröffentlichten Stasiunterlagen eher „links“ gestimmt in Deutschland, aus vielerlei Gründen, die es wert wären untersucht zu werden. Mach Eine(r) arbeitet an der Wiedergeburt eines solchen linken Zeitgeistes.
Kraft war nötig und meines Erachtens die bewusste Kenntnis des Laser- und Schall-Kommunikationetzes , um die eigenen Gedanken und Gefühle für die Menschenrechte und die Menschlichkeit im Verhalten zu erhalten, im Keller des festen Hauses und nicht Nazi zu werden und nicht krank.
Demokratie öffentlich zu fördern war in der SBZ ein kaum zu überbietendes Staatsverbrechen und wurde in ihren frühen Jahren mit dem Tod in Moskau bestraft, später mit Zuchthausjahren , dann mit zersetzendem Krankmachen und im letzten Jahr ihres Daseins, 1990, erlaubt- um den eigenen Leuten Pfade in die mitteleuropäische Zukunft zu öffnen.
Die Nazis sind furchtbarer abgetreten.


Biermann sang und spielte,
mit Kontrapunkten auch,
von der Hundeblume die im Staub blüht:
Staub von Niedergemachten,
mit gerichteten Methoden, Verstorbenen,
die Alle vor ihren Hundeblumen gelächelt hatten
und die anderen Lieder.






83






Götz Aly: Warum die Deutschen, warum die Juden? Frankfurt a.M. 2011

Götz Aly sucht in seinem Buch im 19. & 20. Jahrhundert nach Ursachen für die verbrecherische Politik der Nationalsozialisten- insbesondere gegen die Juden.
Mit der Emanzipation der Juden in der Herrschaftszeit Napoleons und anschließend durch die deutschen Fürsten beginnt ein Jahrhundert des ökonomischen, wissenschaftlichen und kaufmännischen Erfolges für diese Menschen. Aly sieht im jahrhundertelangem Training dieser Gruppe im logischen Sprechen und im kaufmännischen Denken, also im analytischen Durchdenken und Gestalten geistiger und kaufmännischer Möglichkeiten, begleitet durch familiäre Wettbewerbe
und Unterstützungen, gute Voraussetzungen für berufliche Erfolge einer Familie.
Das nichtjüdische kleine und große Bürgertum konnte durch seine Bildung, Erfahrung , Fleiß und Geschicklichkeit im dynamischen Industrialismus , im Großen und Ganzen, Schritt halten und seine gesellschaftlichen Positionen behaupten, wie die Industrie- und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts andeutet (z.B. Borsig, Siemens, Bosch, Frege und Planck).
Die entlassenen Leibeigenen und Kleinbauern in den Dörfern, die Arbeiter in den rasch wachsenden Städten, blieben, auch wegen ihres Bildungsverhalten in ihren Lebensgegebenheiten ,in der statistischen Betrachtung, im ökonomischen Erfolg hinter ihren jüdischen Mitmenschen zurück.
Wenn Unruhen wegen Armut und demokratischen Forderungen aufbrachen, wie 1848 in Berlin, so waren sie zumindest auch von antisemitischen Pöbeleien begleitet ("Hep, Hep, Hep").
Im Bewusstsein der Menschen wirkte der jahrhundertealte christliche Antijudaismus ,gerade auf dem Lande, als antisemitische Prägung und zugleich nahmen im 19. Jahrhundert die Menschen den wachsenden ökonomischen Erfolg jüdischer Mitmenschen wahr. Die Juden
hatten, statistisch betrachtet, im 19, Jahrhundert Erfolge als Handwerker, Händler, Kaufleute und Bankiers- und sie waren freie und gleichberechtigte Bürger.
Zum einen wurden die Klassenunterschiede in Wahlkämpfen durch marxistische Rhetorik erklärt und stärkten möglicherweise den Machtzuwachs der SPD, zum anderen gab es bereits damals eine öffentliche, antisemitische Rhetorik (Hofprediger Stöcker am Berliner Dom) - vermutlich um den Machtzuwachs der SPD, von adliger Seite aus, zu behindern.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts trafen verschiedene Strömungen aufeinander, die das antisemitische Schreiben und Reden verstärkten:
Zum einen stieg die Zahl der jüdischen Zuwanderer und Durchwanderer,
zum anderen gab es in der dynamischen Wirtschaftsentwicklung Aktien- und Bankenzusammenbrüche und es gab den wachsenden Erfolg der SPD.
Wegen dieser Entwicklungen und gegen die beteiligten jüdischen Menschen setzte nun antisemitische Propaganda ein um diese Moderne zu bremsen und um sich als Autor oder Politiker zu profilieren (z.B. Chamberlain). Dazu wurden als neue Theorien der
Sozialdarwinismus und mit ihm im Geleit eine ebenfalls unwissenschaftliche Rassentheorie benutzt, nicht etwa eine Artentheorie, wie es sich nach Darwin gehört hätte.
Dann kam das Unglück des 1.Weltkrieges mit 17 Millionen Toten insgesamt
und drei gestürzten, jahrhundertealten Kaiserreichen und vielen arbeitslosen Offizieren und Beamten.
Viele autoritär erzogene Menschen, z.B. Monarchisten, Offiziere und Beamte wurden nun für Sündenbocktheorien empfänglich und sie suchten nach Wegen zurück zur autoritär gesicherten Existenzen.
Die antisemitische Rhetorik gegen die ökonomisch erfolgreichen jüdischen Mitmenschen lag bereit und vergrößerte sich nach 1918 mit Anteilen der antibolschewistischen Rhetorik. Die Bolschewiken,mit einem etwas überproportionalem Anteil jüdischer Revolutionäre , führten in Russland gerade einen politischen und sozialen Ausrottungskrieg gegen Demokraten, Anarchisten, Kirchen, Synagogen, Moschen, Bürgertum und Adel.
Die Kombination von Verlust- und Bedrohungsängsten mit der Weltwirtschaftskrise von 1928/ 30 - einer Schuldenkrise- gab plötzlich einer antisemitischen, antibolschewistischen Partei, mit dem Verhältniswahlrecht sehr viele Parlamentssitze. Diese Partei (NSDAP) versprach die Abschaffung der Republik, der Menschenrechte, die Vernichtung der Juden und des Vertrages von Versailles.
Diese Wahlversprechungen wurden gehalten.

p.s.
Die ökonomische Krise war 1933 am Abflauen, die sehr hohen Reparationszahlungen hätten vielleicht weiter reduziert werden können, die Perspektiven für die deutsche Exportindustrien sahen gut aus, die Republik hätte gerettet werden können, wenn sich mehr Wähler, Mächtige und
Siegermächte für sie eingesetzt hätten.





84



Psychokrieg in Berlin,
scheint allmählich zu schwinden.
Stöhnt noch wer?

Stolze, knurrende Hunde
belauschen ihr Schlachtfeld.




Götz Aly: Im Tunnel.
Das kurze Leben der Marion Samuel 1931-1943. F.a.M. 2004, 3. Aufl. 2005


Götz Aly beschreibt in diesem Buch seine Suche nach Lebensdaten eines in der Zeit nationalsozialistischer Herrschaft ermordeten Mädchens.
Mit dem Namen dieses Kindes wurde ein Preis benannt, mit dem das Ehepaar Ingrid & Walter Seinsch an die etwa eine Million jüdischer Kinder erinnern will, die damals ermordet wurden.
Der Verfasser stellt in klaren, kurzen Sätzen den Lebenslauf des Kindes Marion und seiner Familie vor.
Der Leser lernt den Zerfall einer Kaufmannsfamilie aus der Neumark kennen, die durch immer weitergehende Ausplünderungen, Fluchten und Verschickungen entweder zur Auswanderung oder in die Ermordung getrieben wurde.
Wir verfolgen den Leidensweg der Familienmitglieder vom wohlgelungenen bürgerlichen Leben im Steinhaus am Marktplatz entweder hin zu den wartenden SS-Leuten an den Erschießungsgräben in einem Wald bei Minsk oder an den Erstickungsbehältnissen in Auschwitz.
Nur einem Ehepaar aus der großen Familie gelang mit ihrem Kind die Ausreise in die Vereinigten Staaten.
Zwei Überlebende der Familie brachte der Autor miteinander in Kontakt.


















1972: 1. Befehl bei den Staatssicherheitsleuten zur Zersetzung von Widersachern.
Veranstaltung beim Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.

Erschöpfte Frauen
sprachen über Zersetzungen
von Charakteren.

Eingefüsterte Mißerfolge
sollte Gewaltmenschen schützen.


Mir fehlte die Kraft nachzufragen,
meine Kraft war per offenem inneren Monolog
abgeschöpft.

Erschöpfte Graurücken hörten Pläne
ihrer Zerstörung an.

Gorbatschow nahm
STASI-Leute in den Dienst.
Was tun die heute?

Empfehlen sie flüsternd Sex
mir halb im Unterbewussten?

Markt
Stände am Kanal,
bunter Strauß von Sprachen,
Gesichtern ,Farben.

Schwarz, langsam fließt Wasser.
Leute musizieren.




84







Laser ist ein Instrument. 2008
Atembeklemmung:
Scheinwerfer sausen näher,
atme mühsam tief.
Dessen Leben haben wir zerstört!

Unterworfene Menschen halfen zu herrschen,
im besetzten Land.
Ärzte, Dozenten,
Psychologen, Therapeuten,
Generalmajor! Und Heimbewohner!
Hunderttausend Mann
eben so viele informelle Mitarbeiter:
ein starkes rotes Heer.
"Früher gefördert“,
jetzt wird " das Schwein halt verfolgt."
Offiziers-Logik.


Nord-Osten der Stadt:
ein Meer von Plattenbauten
im Herz: der STASI-Knast.

Verstört von Todes nahen Ängsten:
ihr Gesicht,
ihre innere Sprache.

Nische: ein orwellscher Fluchtort,
vertrautes Geflüster,
im Vorschuss gewährt.

Nischenblödheit:
gewährt mir von dieser Lust
noch ein wenig mehr.



Sozialismus!
nur mit Staatssicherheitsdiensten
vollständig.
Harz-4 gestrauchelt,
von Ängsten umgetrieben
durch China's gewerkschaftsfreien Fleiß
irren die Wähler
den schönsten Versprechen nach:
auf's Geld der Nachbarn.
Erwarten ihr Heil
durch Führer
die in der sowjetischen Besatzungszone dienten.

Den politischen
Arm bespielten Doktoren,
der Laser brachte Angst.
Spezialisten
aus Stasi-U-Haften
und Psychiatrien
hetzten Demokraten
mit Laser-Ultraschellen
in bezäunte Nischen.
In denen schwiegen sie im Kopf,
rauchten Kette,
hofften auf geringere Schmerzen,
still,
im Focus begabter Satelliten.


"Ist unser Handwerk"
dachte ein STASI-Offizier:
nannte Menschen "Dreckschwein".





Gereizte Amöbe:
sie reagierte, lebte.
So auch unsere Körper:
Worte trafen Augen, Ohren.
wurden zu neuronalen Strömen,
an ihren Orten im Hirn,
erinnerungsreich.
schon angedacht,
bewegten diese Reize meine Sprachmuskeln,
so sprachen und hörten wir uns-
in uns.

oh, feiner Schwung der Stimmbänder,
sie schwangen eine Lautfolge an,
die wir unser Wort nannten.

wir lernten das Lautgeben
und freuten uns später
über Verständigungen.

Worte im Speicher:
solche: "wir haben erreicht, dass die Alte ihren Kopf in den Gasofen steckt!"
Über die Mutter einer Menschenrechtlerin aus Jena.
In der Sprache mit stets frischer Glut,
der von Psychopathen.

Wirkten die in Jena?
Gab es diese Linien schon in den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts?
die noch jenseits der STASI mordeten?
Sexistische Psychopathen konnten nur über weibliche Geschlechtsorgane denken, hörte ich.
Selbständige Denker, Fühlende verstörte man durch die beliebig zahlreichen Laserverbindungen mit dem inneren Sprechen von sexistischen Psychopathen oder Sadisten.
Aus solchen bewusst und unbewusst erfahrenen Belastungen flohen Viele in das Alkoholtrinken.
In den Angetrunkenen ließ das geschlechtbeschreibende oder gewalttätige Geflüster nach, ebbte ab. Viele von denen verdarben, starben alkoholkrank im Prenzlauer Berg vor und nach der Revolution im ehemaligen Westberlin bis in die Zeit der neuen Völkerwanderung.
Eifrige Stasianhänger wollten Widersprechende isolieren.
Sie zerstörten soziale Beziehungen.


Der kalte Krieg in Europa war der dritte Weltkrieg.
Der Vierte ist der gegen den muslimischen Terror.
Der fünfte?



85




Anna aus Moskau

Ihr Leichnam trieb im Mühlengraben,
in einer Schleusenkammer.
Sie verließ die Wohnung
am 21.3.08, die lag am Lietzensee,
in Charlottenburg.


Am 11.April
fand man sie,
weit östlich,
die Spree zieht nach Westen.

Das KGB jagte sie,
meldete die Zeitung,
meinten die Freunde.

Welche Technik trieb sie in das Wasser?
dauernde pornographische Worte?
unterschwelliges suizidales Geflüster,
dass sie für Ihr Denken hielt?
Gewaltphantasien
der üblichen Psychiatriepatienten?


Welche per Laser-Ultraschall-Technik
mittels KOSMOS-Satelliten,
heißt es,
die Menschen becirzen?

Wollte das KGB mit dieser
Toten
ihren Mann,
den Hochschullehrer
zum Schweigen bringen?
er lehrte über Macht und Freiheit,
an der Humboldtuniversität.

Tote Anna aus Moskau,
Malerin,
Freundin von Menschrechtlern,
tot im Mühlengraben der
trüben, lahmen Spree.




Hunsrück

Besonnte Hänge,
Haselnuss, Buche, Eiche,
lehmiger Waldweg.

Ferner Gegenhang:
Maifelder: grüne Linien.
Kühles Waldinnere.

In die Nerven
von Wanderern schallten
Geschlechtsregungen.

Zu Scham und Scheu
wurden die Wanderer
aufgeregt.

Berliner STASI-
Untersuchungsführer, IM's
führten Psychokrieg:

Zwischen dem Oderbruch
und Mittelrhein- mit Lasertechnik.
Das neue Deutschland?

Haiku-Linde
Forum, Windrosen
geborgen, eidechsenwach,
Mondlicht begleitet.


Schweinsrevier, waldtief
Licht durchdrungen am Tage,
bedrohlich Nachts.


Schüttelkrämpfe und Lähmungen
lebten in unserer Körpersprache.

Verführungen
löschten Erinnerungen an beflüsterte Jahre,
als wir versuchten zu leben.


Du lebtest zuvor an der Nahemündung,
ich in Berlin, manchmal wurden wir aufgeregt
durch eine Sprache,
die wir für unsere Gedanken hielten:
Handlungsanweisungen, inneres sprachliches Gerüst.
Unsere Mitmenschen schienen im kalten Krieg
unfähig Worte wie : "Laser", "sprachetragener"
zu denken oder gar auszusprechen.
Jedoch verstanden sie gut zu schweigen
über diesbezügliches Wissen.
Ich kannte den Laser nicht,
so kaltblütig wirken in mir.
Weiße Morgen leuchteten
über dem Grün der Mittsommerzeit.
Eine zerrüttete Sprache
war morgens
in meinem Körper zu hören,
ob aus Maschinen,
Menschen oder von mir
wusste ich nicht.
Von den Kontrollverlusten
speicherte mein Körper
Sprachmuster.



Aus der Vergangenheit
zogen wir her : mit Lasten, Freuden.

Hier in Berlin.

Folter schleppten wir mit,
Psychofolter per Lasertechnik, Satelitengestützt
prügelte auf uns Freie ein.

Warum? Wer wollte Knechte machen?
Zerbrochene? Sklaven, Abhängige?


Trümmerstadt, damals in meiner Kindheit
und stalinistische Plakate
mit frohen, starken Menschen
und mit den beschwiegenen Verhaftungen
der sowjetischen Geheimpolizei.
Heute
fürchte ich mich
vor einer russischen Einflussnahme
auf europäische, rechtsstaatlichen Verfahren;
bei denen Psychen heimlich zersetzt werden.







Verhaftungen gab es auch in der Nazikriegszeit.
Mit Lastwagen fuhr mein beamteter Vater von Haus zu Haus,
jüdische Familien wurden auf die Pritsche getrieben,
ein Junge guckte hinunter zu meiner Mutter,
sie habe den Blick nie vergessen.








86









Die Psyche , also mein Nervensystem und die anderen Zellen, ich
wünschten klare, gute Beziehungen zu meinen Mitmenschen.

Jedoch, im Techno-Rhytmus wurden mir Zersetzungsergebnisse
um die Ohren geschlagen,
Onaniegeschichten, zum Beispiel.
„Daran hängen wie ihn auf“, dachte Einer nach der Revolution.
Am frühen Morgen hörte ich ehemalige Schulfreunde so,
als sorgten sie sich um mich.
Enttäuschte Gutachter hörte ich wieder,
jedoch dann nicht die,
die man mit dem Tod bedrohte, wenn sie meine Texte lasen.
„So machen wir es wieder“, hörte ich schon über diesen Text.

Stimmen sollen meine Stimmungen machen.

Großväter, Vater gingen durch Kriege, Morde.
Ich hab diesen Technokram um die Ohren,
der mit Worten mein Leben verstimmt.



Anfang August

Mehr Dunkel wuchs in die Nächte.
Die Landschaften der Körper beleuchtete auch das geringere Licht.
Speicher, Assoziationen, Übungen stimmten das innere Leben.
Hier kennen die Leute Gesten gewalttätiger Machthaber.
Einer hieß Erich Mielke, geboren im Wedding.
Mit Gezeter, Liebesanwürfen trat er ab, zum Sterben,
mit Flüstern über Liquidationen.

Manche Beobachter meinten, mielksche Einflußzonen seien nach seinem Tod weiter wirksam gewesen.
Als Gerede, dass zu todesnahen Erfahrungen wachsen konnte.

Am Abend, um 22 Uhr 50 sendete der MDR ein Lebensbild des Dichters Rainer Kunze.

Einflusszonen, Lasergeflüster, Rainer Kunze - entfiel mir ein wichtiger Punkt?
Im TV-Programm fahren gerade Autorennen und ein Herr redet dazu.

Wer in dieser Einflusszonen geboren wurde,
verstand ich jemanden, einen Mielke-Offizier aus Jena,
gehöre dazu, bleibe dabei.
Eine Art der Machtentfaltung, dachte ich mir,
der post-thermonuklearen Gewalten,
wirkte auf unsere Psyche,
diese neuronalen Netze,
mit Laserkommunikation,
als lebenslange Gestaltung
unserer inneren Landschaften.

Berlin, 3.8.2008




Bahnfahrt



Vogelbeerenrot,
Goldregengelb,
sonnenbeschienen.
dunkles Grün.

Lichtgetragenes Geflüster,
geschlechtliches, anregendes,
überraschend, zum Innersten gehörig.

Stoppelfelder gelb,
Acker braun.
Stoppelteppiche und Chauseen unter Blättern.

Lasersprache greift
Menschen an: schimpft,
künstliche Intelligenz
bespricht bebilderte Eindrücke
mit pornographischen Fantasien:
Väter und Mütter schrecken
von ihren Kindern fort,
die eben noch kuschelten:
im Gottesdienst im Berliner Dom,
in der Hunsrücker Weinstube.

Menschelndes Reden
soll Wärme vermitteln den aufgerissenen Seelen.
Das Vertrauen, sagte ein Stasi-Offizier,
war eine wichtige Waffe.


Gelbe Blumen am Gleis,
trockenes Gras.
Die Festigkeit des Grases,
es bewegt sich
noch nach Tritten.


Gärten

Wasserdämpfe dicht , da oben,
aus England, vom Atlantik.
Hier unten spähte eine Krähe über Gärten.
Ich atmete.
Trommelte
eine sexistische Wortreihe
einem alten Paar auf die Köpfe ?
Lasergetragen, wandelten sich die Lichtwellen schlagschnell
in Ultraschall und durchdrangen die Gehörknöchelchen
der alten Menschen.
Elektrische Impulse reizten ihr Nervensystem,
Neuronale Netzwerke erkannten Muster,
schufen Scham:
Der Atem stockte,
Moleküle flossen in das Blut,
die Stimmung kippte um,
das Denken suchte nach Auswegen.

Grummelnd gingen die Alten, schneller, unter ihre Gartenfarben.





Für Margit (aus dem Nahegarten )

Sprachschatten war ich,
Sprache gliederte mein leben.

Körpersprache,
wörtliche
Gemeinschaftssprache!

Sprache führte Gefühle an.
ein Lehrer sprach zu mir,
Feinde herrschten mich an,
verführten mich,
ich hörte Sprache.

meine Sprache wuchs
aus Sprachlosigkeit und Gefühlen:
der Gestensprache des älteren Bruders.

Sprache prägte neuronale Netze.
diese Netze werden nur mühsam gesund,
waren sie doch geformt aus
warmen KGB- Verführungen.

Wir lebten in Sprachhüllen.
Ich nahm nach der Revolution
meine wahr,
in mir.








87








Im Schlaf noch
sah ich ein Bild.
Ein Laserstrahl wurde geschaltet zur Abgebildeten
und ich sprach,
unter anderem:

Nach den Enthüllungen
im Jahre 1956
über die Verbrechen im Gulag
begann man,
geheimnisstuerisch,
die freien Geister
mit Worten zu schlagen,
getragen vom Licht,
schon
im Schlaf.


70. Jahrestag
November 2008 am Nachmittag,
im Hof der Synagoge sprachen Schüler
einen Text zur Vertreibung
einer jüdischen Familie -
1938.
An einer Bank am Wasserturm
zeigten sie
bei Trommelschlägen
ein Sitzverbot
für jüdische Mitmenschen.
Es dunkelte.
An der Ecke Kollwitzstrasse riefen junge Leute Schimpfworte,
lasen sie.
Weiter nördlich trugen die Schüler einer 12. Klasse Schilder um die Hälse
mit dem Text der Nürnberger Gesetze.
Die Köpfe hielten sie gesengt.
Ein Judengang führt zum Friedhof.
Es war Novemberabend geworden.
Ein Mann spielte auf dem Akkordeon.
Hunderte blickten in beleuchtete Wohnungen.
Laub raschelte im Judengang an den Schuhen.
Die Veranstalter erinnerten an Gräber und deren Namen:
Liebermann, der nicht soviel fressen , wie er kotzen wollte.
Gefallene des ersten Weltkrieges, weitere bürgerliche Leuchten.
Saxophonmusik klang vor dem ehemaligem Auerbachschen Waisenhaus an der Schönhauser Allee
und dann zog der große Strom von Gottesdienstbesuchern aus den Domen heran.

Stasi nicht vor Ort und Nazi nicht mehr,
nur Lasergequatsche, wie von Irren, hörte ich.
„Lass das die Jungen machen!“, dachte ein General
zum Obersten aus der Desinformationsabteilung.



"Die ist heute fällig!"
wegen eines Grußes im Treppenhaus,
vermutlich.
dachte ein Krieger, Typus Stasi.
Schlug er Beschallungen vor ?

Der Frau,
ihres Hirnes
mit den Aufmerksamkeitsneuronen.

Waren Störungen der Psyche,
sozialer Wirksamkeit,
sein Arbeitsziel ?

Aufmerksamkeit:
Ein neuronaler Brennpunkt,
kreisende Erregungen
halten eine Vorstellung gegenwärtig.

Einrede stört diesen Fokus.
lichtes Schwätzen
zerstreut menschliche Aufmerksamkeit.





88





Für Ulrike Poppe



Aufmerksam
lauschte ich einem Wort,
einem Satz, einem Menschen.

Aufgerissene innere Sprache
(mittels Laserabtastung der Sprachmuskeln),
verstörerisches Einschwätzen, Angst vor Beschämungen,
lösten meine Aufmerksamkeit,
erhöhten den Blutdruck.

Vielleicht gestalteten Beschallungen
das verstörte Verhalten
einer jungen Nachbarin?

Aber eine schlanke Frau,
mit pulsendem Stirnhirn,
richtet sich auf
und beharrt im Gespräch.

Auch kranke Seelen
machen Politik:Jäger,
Demokratenschreck.




Weißt du noch unseren Mut?
und wie wir alles entdecken wollten,
dass uns genügt?

Doch täuschen, täuschten uns, dich, mich,
lichte Verführer, Mutmacher, Anstifter,
Besserwisser,

Psychopathen,
Frauenmörder, ja,
Kinderschänder
mit ihren kalten Sprachen
imLlicht.




Meine Vorstellungen, Wahrnehmungen,
begleiteten vielleicht
fremde Wertungen:

Verblödende Sprüche zu erotischen Wahrnehmungen,
zu politischen,
lebenspraktischen,
die mein Leben führten.

Die Stasi hielt sich möglicherweise Vollmenschen,
Staatskünstler, Prachtkerle, etwa.

Andere behinderte sie sicherlich,
allmählich stärker,
mittels in die Wahrnehmung eingeschobener Sprache,
bis zum verstümmelten Leben ,
auch im Pastorenhaus.

Viele Demokraten lebten am Rande ihres
Nervenzusammenbruches,
gerade hielten sie
ihre Leiden noch aus -
eine weitere Belastung
würden ihr Körper nicht ertragen,
also nicht ihre Psychen,
fühlten sie.





Schöne Frau mit Mutter in Mainz:
"Zucker für die Mutter".

Das wachsende Gespräch
verdarb
Gewaltgefasel
aus Licht und Schall.



Berlin

Merkwürdige Tote liegen in Berlin:
Brecht, der, reichlich belohnt, in die sowjetische Besatzungszone zog,
Dutschke, der, erzogen in Templin und an der FU-Berlin viele Vietnam forderte,
Meinhoff, die , auch lichtumweht, sich unter Schweinen wähnte,
Marcuse, der eigenen Erfahrungen nicht traute
und
Jürgen Fuchs, der seine Zeit beschrieb.

Meine armen, fast zur Sprachlosigkeit geprügelten Eltern,
starben '85 und '91 verhöhnt, alleine
oder in Schmerzen,
mit Licht und Schall geknebelt, oder besetzt.



Kloster Zinna

An einem romanischen Kapitell
zeigte der Priester
im Kloster Zinna

mir und dem Freund Ernst Ulbrich,
der zu Kultur-Fahrten einlud,
1991
eine gemeißelte Fledermaus,
die unter einem Kreuz sich duckt.

“Das Kreuz besiegt den Ultraschall",
sagte er dazu.



Mit Licht und Schall
und Kosmossatelliten
flüstert ein KGB-Hauptmann, G.,
aus Charlottenburg,
dem Apotheker in Bacharach eine Aids- Diagnose zu -
meinetwegen,
ich kaufte ein Mittel
für meine Zehennägel.

Zugleich erreichte der zersetzende Gedanke
Gäste eines Kaffees und Christen des ländlichen Ortes.

Die Belogenen schüttelte
die Vorstellung an ein gemeinsames Mahl,
bildete ich mir ein.






“Wenn das Verdrängte hochkommt, zerbrechen die",

dachte gimmig ein Mann
über Anzuwerbende.
Er verdiente sein Geld mit nicht bewussten Erfahrungen-.
aufmerksam,
lauschte er täglich seinen Patienten,
zukünftigen Therapeutinnin,
geleitete deren verdrängtes in erfahrenes Wissen.

Nächtens zerrte er,
Verdrängtes in Demokraten hoch,
schlug es ihnen und ihren Frauen um die Ohren,
bis denen Hören und Sehen verging.
Genoss es- mit blitzendem Ring.
Hilfe kam den Bedrängten , in der Regel, von einer russischen,
geheimen Gesellschaft.

Niemand darf dieses Leben aufdecken,
die sollen besser brechen oder tot sein.
Also fährt er ihnen in die zivilen Spiele,
verkündet flötend Beischlafwünsche
wenn ferne weg, Kaffeehausbesitzer und Gast
z.B. sich unterhalten.

Lässt junge Familien im Kaffee starr werden,
nach inzestuösen Beischlafforderungen,
schafft grosse Augen, strenge Mienen
und hohen Blutdruck: mir-
bringt Todesgefahr.






89






Für Anna Politkowskaja und die Anderen



Liberale starben in Moskau,
Tschetschenien an Geschossen,
sprachen sie vernehmlich von Freiheit und Recht
für jeden Bürger Russlands.


sie sprachen frei,
gerichtet an Mächtige
in Armee und Staat.

Sind Sprecherinnin der Aufklärung unerträglich?
Leben Verbrecher nur angenehm
wenn sie Aufklärer tot wissen?





Gambach


"Wir machen aus der Strasse eine Sonderzone"
empfahl ein Stasimensch.
Angst und Desinformation für die Anwohner-
bis sie wie gewünscht sich verhalten,
vermutlich.
Erst verfolgen, dann führen
von Menschen
mit Licht,
allein erlitten.





Manche Happen,
warnte Heiner Müller, 1990, im Fernsehen,
können auch zu groß sein.
Sollen Demokraten
sich Tschertschinskiknechten, -mägden,
die die wunderbare Laser-Ultraschallttechnik nutzen,
anpassen, absprechen
auf Dauer-
wie Menschen, damals, in den Besatzungzonen
von Magdeburg bis Wladiwostok,
Schanghai ?
Das hoffen Kommunisten, das streben sie an,
wird ihnen aber vermutlich nur in Einzelfällen gelingen.
Die Lasertechnik ist kein kommunistisches Alleinstellungsmerkmal, wie Herr Wolf nach der Revolution im Moskauer Fernsehen erläuterte.











90












Für Peter aus Schlesien

Im Garten
mauerte ein Handwerker
ein Mauerstück,
damit füllte er eine Lücke
zwischen Haus und Felsen,
durch die der Regen abfloss
und allmählich den Garten mit sich riss.
Auf die Mauer stellte ich drei Stahlkörbe
mit Bruchsteinen.
Mauer und Körbe halten die Kieselsteine auf,
die ich an den Hang schüttete.



Zu wohnen in der sowjetischen Besatzungszone war ab August 1961, wie ein Leben im Käfig, fand ich.
Auch das Leben in Westberlin war augenscheinlich vergittert.
Die Ostberliner hatten Auslauf in das ummauerte Land,
lebten jedoch mit mächtigen Erbarmungslosen,
die sich, bis zu ihrer teilweisen Entmachtung und dem Abzug der russischen Truppen, um ihre Allmacht sorgten.

(Nazis verloren dann ihre Allmacht, nachdem amerikanische Panzer durch ihre Orte
gerollt waren. Uniformen und Orden wurden vergraben.
Gefangenen atmeten auf und machten sich auf ihre Wege. In den besetzten Ländern begann man sich zu rächen.)

Westler konnten durch Kontrollgatter, gepanzerte,
Ausfahrten in das freiere Westland unternehmen.
Gitter, Sperren, Kontrollen und Mauern prägten mich.
Mein Untertanengeist blühte,
Gitter und Kontrollen verbitterten mich nicht mehr,
Traurig war ich gestimmt und nachgiebig.
Ich fühlte mich allmählich leerer werden.
Ich ging jeden Monat über die Grenze, fast die ganze Zeit- vielleicht um dem ummauerten Westberlin zu entlaufen -
zu Besuch zu Freunden, die mich müde empfingen und verschrecken wollten, sie kannten vermutlich die üblichen, heimlichen Kontrollen.

Ich fing mir dabei so etwas wie einen inneren Lautsprecher ein,
der mich pornographisch, sadistisch beschallte.
Ich hielt das Gehörte für meine Fantasie und mein Gesicht verschwoll.

Ich unterhielt mich in Westberlin, unterhielt und arbeiten
in Museen, Konzerten, Schulen und Bibliotheken.
in Buchhandlungen,
mit Ausfahrten und besuchen im Mauerland,
um meiner erworbenen Leere auszuweichen.

Die Stasi-Leute, im Auftrag der Russen, die es
vermutlich irgendwann den Amis geklaut hatten, nutzten
ein Laser-Ultraschallsystem um mein Verhalten
eher zu bestrafen als zu belohnen,
weiß der Teufel wofür.

Seit 1975, dem Erscheinungsjahr des Archipel Gulag, entwickelte ich mühsam eine antileninistische, bürgerrechtliche Meinung,
unter dem Eindruck des bürgerlichen Prager Widerstandes.
Die Angst vor Berufsverboten rüttelten mich auch,
wegen eines Wahlaufrufes für die SEW in diesem Jahr. Mein Zorn über damalige chilenische Zustände ließ mich auf eine persönliche SEW-Wahlwerbung (eines heutigen MPI-Direktors) eingehen.
Pornographisches Geflüster in meine Wahrnehmungen,
sadistische Einwürfe,
innere Begleitung mit lustvoll wahrgenommener, grenzüberschreitender fremder Sprache
ergaben über Jahre, Jahrzehnte eine Schwächung meiner eigenen inneren Sprache, mit der ich mich ja selbst kontrollieren soll , darum hat Gott sie geschaffen,
die Natur sie entwickelt.


Zu meiner äußeren Käfighaltung
trat eine innere Verödung
meiner inneren Sprache -
es gibt heute sieben Milliarden mal inneres Sprechen,
wie die wohl klingen und wovon hängt der Klang ab?-
Statt eigener Gefühle, Gedanken und Pläne -
hörte ich immer öfter Staatssicherheitspornographie-
ohne das ich Unwissender
dies bewusst bemerkt hätte.
Ich las auch Pornographie und trank öfter Wein.

So taumelte ich,
aufrecht gehalten von der Sprache mancher Dichter und den Bildern von Malern.






91






Wirksamkeit von Worten:
die schaffen im Kopf,
der merkt sich die,
erinnert sich ihrer Umstände.
spielt die erfahrenen Gefühle dazu,
Körperhaltungen.

Worte wirken
als wörtliche Gedanken
nahezu unhörbar :
machen dumm, dumpf, klug,
Angst oder Mut.


Das Hirn ist für Nachrichten empfänglich,
ihm ist der Körper zu gedrahtet.

Reize machten mein Leben.
ich ließ mich führen von
Leuten in den Städten.





Wortbildungen können aufmerksam geschehen,
vermutlich in Sprachspeicherbereichen auf den Seitenlappen,
Wortbildungsgebieten im Schläfenhirn,
festgehalten ,erst einmal, für 1 bis 2 Sekunden im Kurzzeitgedächtnis,
mit dem Aufmerksamkeitsbereich im Stirnhirn.

Die gewöhnlich auf einen Reiz hin entstehenden Worte in mir,
werden u.U. im Vorderhirn aufmerksam geprüft,
irgendwie zur genauen Namensnennung,
verwirft das Stirnhirn sie nicht, dienen die entstandenen Worte wohl möglich der Selbstführung.
Dabei wird das Wort, im Brennpunkt der Aufmerksamkeit,
zum Handwerkzeug des menschlichen Willens.

Automatisches Denken gilt normalerweise als gut gelerntes, bewährtes Denken,
auf wohlbekannte Reize,
zum Beispiel die Bedienung eines Gerätes um recht zu schreiben.


Überzeugendes inneres Sprechen ist für mich eine eigene Leistung.
Manch Einer betrachtet auch das gedankliche Ausmalen einer Wahrnehmung als lustvolles,
freiwilliges Verhalten, vielleicht als ein sinnliches Geschenk aus einer eigenen, überraschenden Sprachquelle, die allein durch ihr Dasein ihre Inhalte rechtfertigt.
Dann durchlaufen übertriebene oder erotische Worte und Bilder, sadistische, egomanische,
wirklichkeitsferne die Selbstkontrolle, als wären sie schon automatisch und bewährt.

Solches durch schlüpfende, ausmalende Denken begleitet nach meinen Erfahrungen gewollte Zersetzungsvorgänge: Menschen hören solche malerischen Worte
per Ultraschall und so und halten sie für ihre eigene Sprache.

Dabei kann sich, über Jahre, ihr Verhalten neue Gewohnheiten annehmen - entsprechend den aufgenommenen Worten.
Vernünftiges und an die gewohnte Wirklichkeit angepasstes Verhalten und dazu passende emotionale Zugaben, also bewährte Handlungsanweisungen, können durch wiederholte lustvolle und krankhafte Ausmalungen von Sachverhalten wirklichkeitsfern werden.

Dagegen hilft die versuchte aufmerksame Wahrnehmung des gesamten inneren Sprechens - sowohl des kontrollierten als auch des automatischen und des dazu gehörigen Fühlens.













92


Die Frauenmörder


Die Frau sah sich als Einzige misshandelt,
wegen ihrer zerstörten Existenz,
einst arbeitete sie im Vorbereitungsdienst zur Studienrätin,
nun lebte sie mit voll gestrichener Arbeitslosenunterstützung
in einer verschmutzten Wohnung im Hinterhaus, halb gelähmt,
abhängig von guten Worten und Kaffee, Tabak und Sekt.

Ein Kollektiv der Staatssicherheit drohte schon 1990:
"Wir nehmen die Frau als Geisel",
"werfen sie dir als Lappen vor die Füße"
Heute, Januar 2009, betrachtet die Frau sich als allein gestelltes, einzigartiges Opfer.

Manchmal wähnt sie sich der Kampfgruppe
zugehörig und denkt und spricht grausam.
Sie wähnt sich dann, nach allerlei Versprechungen,
in Sicherheit vor der Staatssicherheit.
Trotzdem ist auch ihr Körper verfallen, die Sucht wuchs auf und ihr Körper verfiel
und ihre freiheitliche Lebenssicht.

Es wirkten, wirken jedoch 100 000 Stasimenschen,
eben so viele informelle Mitarbeiter,
dazu Mitläufer, Mitgenommene,
von denen jeder vielleicht 10 Mitmenschen die Welt bereitete, in den Jahren,
dann gäbe es schon 2 000 000 Leben,
in denen Einzelne als allein gestellte Opfer sich wähnen.

Hätten sich die STASI-KGB-Mitmenschen
aber je 100 Menschen irgendwie gegriffen,
lebten wir mit 10 000 000 Misshandelten, Angeschlossenen,
Halbgelähmten , Substanzabhängigen .


Die Schulfreundin

Ein-zwei mal im Jahr trafen wir uns,
ich wartete 1-2 Stunden im Kaffee,
sie zuckte zur Erklärung mit den Achseln
und wir erzählten uns.

Nach der Revolution von 89/90,
war sie erschrocken,
"warum haben die sich nicht gewehrt?"
fragte sie sich.
Ich wusste auch keine Antwort.

Aber "wir" sagte sie
werden etwas tun.
„Wer ist wir“ fragte ich sie.
Sie sah mich an, schwieg.

Das System habe halt gesiegt,
sagte sie .
"Es gibt kein System!" rief ich;


Danach erlebte ich sie ,vor allem,
wie einen Menschen, der meine Eltern, Frau
und Schulfreunde,
während ihrer Zersetzung über Jahrzehnte
begleitete, in Vertrauen wog, wiegt.



Wir

Wir" machte mich.
"Wir" besorgten Vereinzelungen, erflüsterte Ersatzbefriedigungen
(mit Laser und Ultraschall, satellitengestützt, glaube ich)
und unterstützte
wirre Erfahrungen und fehlerhaftes Verhalten.
Abschließend konnte „wir“ über mich behaupten:
„ Dessen Leben haben wir zerstört!“

Einflüsterungen zum Muttermord hörte ich,

dieser Flüsterer empfahl sich meiner Mutter schnarrend,
als Offizier vom BND,
genannt ward er von Seinesgleichen,
mit lächelnder Stimme, „ Vollstrecker“,
("in mir ist alles zerstört")
hätte ein Offizierspatent in Moskau.


Auf meine geschiedene Frau wies ,
in Gedanken,
erregt ein Psychologe "die Frau! die Frau!".
Neujahre später, schallte "Wir" per Ultraschall:
"Wir haben doch die Frau."

Wie römische Kaiser würde ein Prozent
der Menschheit fürderhin leben, schrieb Einer aus London,
wir Anderen müssten in einer Charles Dickens- Welt
uns durchschlagen.

2009, Oberheimbach bei Bingen am Rhein



Für Ulrike Poppe

Evangelische Akademie

Der see wogte grau -aus dem Dunst-
an eine Betonmauer.
Oben, im Haus, tagte eine evangelische Akademie.

Die Teilnehmer erörterten
die länder- und milieuspezifischen Erinnerungen
an den letzten Aufbruch zur Freiheit in Mitteleuropa.

Es gäbe eine Diktataturnarrative,
eine der Anpassung, des Durchwurstelns,
und eine Erzählung des Fortschrittes
berichtete ein Hochschullehrer aus Potsdam.

Er fühle sich berufen geschichtliche Tatsachen darzustellen
und nicht als Geschichtspädagoge zu wirken.

Ich fand, die verschiedenen Narrative wirkten auch im Tagungsraum.
die Diktaturpraktiker, z.B., boten Vergewaltigungen an,
per Laser, Ultraschall,
Beschämte schwiegen fortan.

Die Studentin von der Krim
berichtete vom Gesetz des Stärkeren,
das seit dem Ende der SU
das Alltagsleben bestimme, die Menschen mürbe.
Mannigfache Menschen können lernen, reisen seitdem.

Memorial
berichtete vom Zerfall der zivilen Gesellschaft
seit den tschetschenischen Kriegen, mit ihren Morden.

Eine Dozentin aus Paris,
sprach von der Befreiung der Sprache
im Jahre 1989, dies Jahr sei ihr Schicksalsjahr geworden.

Der Dekan der theologischen Fakultät
an der Karls-Universität,
er arbeitete lange als Fensterputzer,
großer, schlanker Mann,
zu schwach fühlte ich mich ihn anzusprechen,
berichtete von der Wiedergewinnung bürgerlicher Umgangsformen.

unten rannte der graue See gegen braunes Schilf.

2009


Für Friedrich Schorlemmer

Scham macht Menschen schweigen.
Eine Entblössung tönt im Körper,
wird zur Waffe.

Hinten droht das A B C
erprobter Geräte.

Psy-Waffen zerreissen Menschen,
flüstern: trink Kaffee,
rauche, iss rotes Fleisch!
Dumpfe greifen zu:
sie fühlen in sich Not, Armut.
Sind von Mitmenschen,
deren Anregungen, Lüsten abgeschnitten-
durch Angst, Scham und Ekel,
Erschöpfungen.
Zersetzte leben mit den Resten ihrer Netze,
verhöhnt mit lichten, zarten Worten, Schimpf.
Gefühle, Gedanken,
inneres und soziales Sprechen
werden zerrissen.
Wo Sprache klingt,
an den Stimmlippen,
im Vorderhirn, in den Schläfenlappen,
kann sie ersetzt werden,
durch Einsprüche
aus Licht und Schall, luftgestützt.
Auch Taten sind so führbar,
in uns selbst.


Man belohnt Nachgebende mit restlichem Zusammenhalt.
Freiheit wird ihnen nicht wieder eingebaut,
man gab dafür Angst.
Dies ist ihr Zeichen.
Klare Sprache überrascht,
aufklärerische,
selbststolzes Denken,
auch im Laser-Ultraschall-Netz.
Dort sind oft Menschen verbunden,
seien sie nun Demokraten, zerrissene Mitarbeiter,
Zerschundene.
Die Mitarbeiter am anderen Ende des Lichtstrahls
sind auch Menschen,
Unbekannte.
Geworbene reißen in ihrer Not an Neuen.


An den mittelalterlichen Domen
sah ich Fratzen von Zwergen, unter Säulen.
Abseitiges übernehmen
in diesem Jahrhundert
Kranke, die im Laser-Ultraschallnetz
Enge und Masslosigkeit ausdrücken.



93



Das Abschiednehmen der Leute im Tränenpalast in der Nacht,
die Niedergeschlagenheit der Menschen und die notständigen Straßen
waren emotionale Erfahrungen,
die mir halfen, meine erworbene, weil eingeflüsterte Hilflosigkeit im inneren dürren Käfig eine Zeit lang zu ertragen.


Die Herrscher nutzten
ein Laser-Ultraschallsystem um das innere Sprechen
von Bürgern
zu bestrafen ,
mit pornographischem Geflüster in die Wahrnehmungen,
sadistischen Einwürfen,
innerer Begleitung mit irgendwie lustvoller,weil Grenzen verletzender psychopathischer Sprache. Dies ergab
eine Schwächung der eigenen inneren Sprache, der damit ausgeübten psychischen Selbstbestimmung. Diese Schwächung ermöglichte eine allmähliche Auflösung des psychischen Selbst.


Zur äußeren Käfighaltung
trat eine psychopathische Verwüstung der inneren Sprache
hinzu und damit der sozialen Aktivitäten
ohne das ich sie
bewusst hätte meiner Kontrolle unterwerfen wollen.
Ich hielt mein inneres Geschehen für einen naturgegebenen Vorgang,
auf dessen gute Fügung ich vertraute.
Ich lebte im Zwielicht mit den Gespinsten.

so taumelte ich,
aufrecht erhalten von der Sprache mancher Dichter und von Bildern.



Gibt es ein Knallen
mit Worten?

Worte behaupten
homosexuelle Begehren,
notwendige Selbstbefriedigungen,
bewundern Brüste,
Geschlechtsteile jeglichen Alters.









Sonnenlicht beschien
magere Birkenspitzen,
Eichenäste schimmerten
von weitem rosa und grau.

Die flache Sonne
leuchtete weit in einen Wald:
kräftige, lebende Stämme,
ein trockener, gefallener Baum.

In einer Weinstube am Abend
flog eine lichte Kommunikation,
die Wirtin verstörte man,
irgendwie hörbar,
mit geilen Worten .

Mir bot man an, mit Licht, mein Herz
herauszureißen.
„Aztekensitten,
Psychopathenträume!“,
dachte ich.
Worte aus dem Gulag,
im Hirn, im Licht
und im Schall.



„Zahn um Zahn“
zu strafen
fordert die heilige Schrift.
Mäßig
will sie uns- im Zorn.

Feine Wellen schwammen zum Ufer.
Wasser zog, wie stets, nach Holland, zur See.

Ist das Sprechen über Menschen
im Laser-Ultraschallnetz langweilig?

Die Künste , sagte jemand, dürfen alles,
nur nicht langweilen.

Dicke Weiden,
grauer, grüner Stamm,
gelbe Blätter,
schmal, an Ruten.

Anne Frank rief :
"Alle sind tot!".



Jemand wollte „mit mir Schlitten fahren“
kann der Name sein für,
kann heißen:
mich auf das Eis zu legen,
sich drauf zusetzen
und dann
zu rutschen.


Diese alte Männerstimme,
gewohnt
auf Leuten
zu schlittern,
hörte ich einmal.


Rutschen ,
mit einem alten Mann
auf dem Rücken.

Wenn ein solcher Kerl
droht
auf mir sich fortzubewegen,
will er damit sagen,
er gedenke
mich zu stören,
Gedanken zu erfinden,
Gestank,
Geschlechtsteile bloßzulegen,
im Licht, im Schall?




94





Stasi bildete einen Kreis,
nach der Revolution,
geführt von den Freunden,
um SED und PDS.

PDS wuchs
indem ihre Konkurenten leise
eingeschüchtert, geschlagen wurden.
Auf dem Dorf half auch ein Verbrechen
und Männer und Frauen der alten Eliten
schmunzelten allwissend.

Professionelles zerschreddern
psychischer Strukturen
geschieht nicht aus Verbohrtheit,
sondern ist nur ein Wille zur Macht
im neuen Deutschland.

Einflusssphären im Land bewahren,
neue Gegenpositionen verhindern-
so könnte ein Schlachtplan gelautet haben.

Stasi und Freunde
nutzten ein techno-soziales-psychisches Maschinchen
aus Licht, Schall und Intelligenz.
Sie bauen einen Teufelskreis aus Worten,
so sagte die Dichterin in Stockholm.







Ich guckte vom Bahnhof auf den silbrigen Fluss,
In der Bibliothek durch ein Fenster auf den Hof
mit gelb blühenden Sträuchern.

Sah und schwieg.

Hörte manchmal, kaum in Gedankenstärke:
"spring!", oder "schiess!", oder "völlig kaput machen!".

Im Lesesaal nahm ich sexistische Sprüche wahr-
ihre Wirkkraft in mir,
aufgezerrt- mir nicht gehörig
und an meiner Kraft zehrende
Verdrängungen hinterher.


Beim Lesen einer Arbeit
redete ein Hauptabteilungs Aufklärer-
kaum hörbar-
schuf mir so Empfindungen,
über meine Geldsorgen-
riss mich aus dem „Flow“.

Meine Aufmerksamkeit verschmolz
mit dem Text,
aufgescheucht dann
hin zu HVA-Zersetzungs-Stichworten.
Ich glaube, so haben die mich seit Kinderjahren behindert.
Erzeugten- lichtschnell, mit gedankenlautem Schall-
Ablenkungen: Zaumzeug der Gewalt.


„Wie wollt ihr den zerstören?“

„Mit Alkohol!“
Flüsterten ihm zu:
„Sekt!“
„Wein!“

In seiner Gesellschaft
sagten wir
Namen für Geschlechtsteile.
Die Gesellin zitterten vor Scham.
Sie wussen nicht-
wer und was diese Namen sagt.

„Scham isoliert den,
Alkohol löscht sein Gedächtnis.
Wir- und Programme-
arbeiten daran.”
.




95









Dich schlagen wir tot.
Wir wollen nur den Holz.
Wir müssen die gegeneinanderhetzen.
Wir sind archaisch.
Deine Frau ist unsere Geisel.
Wir machen aus ihr einen Lappen
und schmeißen sie dir vor die Füsse
Die Alte ist fertig.

Du hast dich zu weit vorgewagt!
Ihr wisst, wer das ist?
Wie konnte das denn passieren?
Solche Leute sollte man gar nicht aufwecken!
Dann zerbrecht ihn eben!

Ich mache das wieder gut.

Du wirst hier gebraucht,
sei schön tapfer.

Lass das die Jungen machen.
Der onaniert am Fester.
Der ist scharf auf Kinder.
Den schnappen wir uns morgen wieder.

Die machen das volle Programm.
Die hat eine V...
Das Mädchen hat ein V...tchen
Die hat ihre Tage.

Gibt es das noch?





Rosensträuße blühten bei'm Altar,

standen auf einem Tisch.
Das Kirchlein stand dabei.
Ein blau-weiße Himmel war aufgegangen.
das Luftkreuz Frankfurt zeichnete
weiße Linien.
Die dreihundertköpfige Gemeinde
sang vom Toben der Feinde.
Stasi-KGB-Mitmenschen dachten dazu
Namen für weibliche Geschlechtsteile.
Ein Kind aus Oberheimbach wurde getauft,
seine Geschwister liefen im Gras,
das älteste Kind, Paula,
half bei der Feier.
Musik verklang, Lieder lobten das Fest.

Der Pfarrer bot Brot und Wein an.
Leute aus nah und fern redeten miteinander,
San-Franzisko, Bad Kreuznach.
Die Stasileute rochen nun, in Gedanken, Geschlechtsteile
und bekannten sich, ebenso, zur Selbstbefriedigung.

Drüben lag Hessen im Licht.
Hier verstummten Menschen.
Pfarrer redeten miteinander,
die Leute aus den Dörfern sammelten sich.
Die KGB-Leute bewerten im Kopf die Größe von
Brüsten.

Der Mais stand trocken,
Roggen, Hafer und Kirschen
wuchsen gut,
Lieder und STASI-Worte wirkten.



Gelbten schon Blätter
im Haselnussstrauch,
stachen Dahlien so rot,
lächelten verlegen junge Frauen,
und ein Psychopath hat getobt:

In meiner Phantasie
vom Floh und seinem Stich,
vom milchigen Fleck am Hosenschlitz,
vom Alkohol und Drogenstrich.

Meinte zu hören
einen Schall
hinein in meinen Blick,
ein Satellit lenkte
mein Geschick.

Lebte der Kranke düster,
in einem Heim,
irgendwo im vereinten Berlin?

Mir wurde das Leben
zersetzt insgeheim:
Mein Verstand, soziales Netz
und Kontostand
an Planwänden klebten.



Lautbildungen


Der Mörder von Oslo
schrieb tausendfünfhundert Seiten voll,
sein Tun zu begründen.
Ich hörte Unterstützer des Holocaust,
zwei-,dreimal.


Der Mauerbau erreichte mich nicht.
2 Monate lebte ich gerade in Wilmersdorf.
sah die Farben den Westens,
die Mauer passte mir zum Osten- grau-schwarz-blutrot.


Im September war Schule, nach Berta von Suttner getauft,
im Oktober kam ein Schülerin an,
sie hatte mit Studenten Abwasserkanäle durchtaucht,
ihr Vater holte so Frau und Töchter aus Bernau nach.


Ein anderer, Gerhard, war von der Mauer getrieben,
seine Freundin kam aus Chemnitz, damals scheinbar für immer Karl-Marx-Stadt,
lebte zuerst im Friedenauer Heim.

Satelliten flogen, Kriegsflugzeuge ,Schallkegel knallten.
Ein Lehrer, Wehner: "Ich bedaure euch",
ihn erreichte ein Herztod, ziemlich bald.
Ein anderer, Münzel, forderte „Selbstzucht“,
ein Infarkt endete sein Leben.
Ein weiterer lobte das Leben als Liebessuche.
Ich hörte hin,übermütig, aufgedreht.

Hans betrauerte schweigend, erfahrungsreich, den erschossenen Bruder.
Wir lebten 4 Jahre in Klassenrunden
aus Chemnitz, Röntgenthal, Berlin und Brandenburg,
ich noch ohne gewusste Wunden.

Jahrzehnte flossen mit Studien und Verstörungen hin,
Dienste eroberten, verstörten Familien, Seelen,
mein Wissen vom inneren Sprechen war glei Null,
Laser hielt ich für'n Mittel um Warzen zu verheeren.

Zuwenig hab ich gesucht, zu viel wurde geschwiegen,
Freundschaftsbande , Familien flogen auseinander,
beeinflusste die STASI mit ihren Leuten auch fast alle meine Riegen,
abgeschöpft lebte ich, vom Flüstern leicht beeinflussbar.


Schließlich bewarb mich die STASI zum vierten mal,
und gab mir als Vorschuss 'nen Tipp zum Lasergemors.
Ich lernte zu staunen noch einmal.





96




Marsch von Tausenden
durch das Brandenburger Tor:
sie lächelten, riefen.

Einer hob breit seine Arme.
Grüßte genau diesen Augenblick.

Ein alter Mann bebte,
Jahre später in der S-Bahn,
am Bahnhof Schöneweide.
Ihm drohte der Laser irgendwie.

Er zitterte vor Angst.
Haben, fragte Einer im Brandenburger
Laserklang,
die Amis uns ganz vergessen?


Einheit

Stasi gewann regionale alltägliche Drohschaft,
Psychopathen redeten auf Pfarrer ein.

Regierte man demokratisch im Reichstag,
urteilte vor Gericht?
Herrschte Stasi-KGB mit alltags, inwärts,
selten benannt als Gruppe Lichtstrahl.

Gorbatschow nahm Stasi in das KGB auf,
Kosmossatelliten flogen.

SPD und CDU hielten die Macht
in NATO fest.



Die Partei ist noch da

Die Tageszeitung "junge Welt" gegründet 1947 in Ost-Berlin,
veröffentlichte am 13. August 2011 auf ihrer Titelseite ein Foto
mit Mitgliedern einer Betriebskampfgruppe der DDR, die mit schussbereiten Maschinenpistolen vor dem Brandenburger Tor stehen,
und schreibt dazu u.a.: " Wir sagen einfach mal Danke... für 28 Jahre
Hohenschönhausen ohne Hubertus Knabe". In Hohenschönhausen
befand sich während dieser 28 Jahre die Untersuchungshaftanstalt
des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, und Hubertus Knabe ist der Leiter der Gedenkstätte, die nach dem Fall der Mauer in diesem
Gefängnis errichtet wurde. Dieser Dank ist das Ungeheuerlichste, das ich
nach 1989 in einer deutschen Zeitung gelesen habe. Zu direktem Rufmord
ist es nicht mehr weit.

1990 sagte in Ost-Berlin der Geheimdienstoberstleutnant a.D. Willi Rom
in einem Welt-Interview mit Jürgen Serke:" Die Partei, die ist noch da.
Die KPD hat unter viel schwierigeren Umständen gekämpft.
Sie hat nie aufgegeben. Sie gibt vielleicht ihren Namen auf, heißt SED
oder PDS, aber sie gibt nie ihr Ziel auf. Warten Sie ab. Das was hier in der DDR passiert ist noch lange nicht fertig... Die darauf hoffen, daß der
Kommunismus am Ende ist, hoffen vergebens."
Die Partei heißt jetzt " Die Linke".

Reiner Kunze






Jena, nationalsozialistischer Untergrund

Wer wuchs heran im sanften Saaletal geboren um 1975?
Zehn, Zwanzig Jahre nach den Bürgerrechtlern?
Welche Gewalten formten die Drei?
Welche Worte? Woher kamen die?
Zuchthaussprache? Gulagsprache? SA-Sprache?
Zogen aus, schossen redlichen Männern in den Kopf.
Zehn Männern.

Einst hörte ich: " Die sprechen nicht mit uns, aber mit den Ausländern"!
"Wenn wir die Ausländer verjagen - müssen sie mit uns reden."

Haben die Deutschen zu wenig miteinander gesprochen?

Von wem wurden die jungen Männer aus Partei nahen Familien
zu Jung-Nazis umgestimmt?
Von Stasiagitatoren
die wie Nazis dachten, auch in Internetforen?
Sollten sie, nach der Wende, Einflusssphären wahren,
also die antikommunistische Opposition
junger Männer führen-
und antiautoritäre, linke Rebellen
aus Dörfern und Städtchen vertreiben ?
In den Westen,
In die großen Städte?
Ist doch ejal wohin, hauptsach die sin wech!
Junge, kluge Frauen folgten den Vertriebenen.
Doch der PDS-Ministerpräsident wurde auch in „national gesäuberten Gebieten“ gewählt!


Stasienkel
in schwarzen Blöcken grölten,
riefen nach dem Führerstaat,
drohten Juden, Fremden.

Kaum war die PDS neulich an der Macht,
schafften sie die informellen Mitarbeiter ab.
Zuerst prügelte die NPD dann
am 1. Mai in Weimar
den Bürgermeister von der Tribüne.


Nazigruppen wurden für viele Junge aus der Platte ein vertrauter Aufenthalt.
Die Organisationen einer demokratischen Kultur, wie Falken,
junge Union waren früh ins Schweigen verjagt worden.
Von der Sowjetherrschaft geprägten Hirnanatomien mit Gefühlen und Gedanken, die vielen missbrauchten Körper ersehnten Stasiüberheblichkeit und -Ergebung als vertrautes Verhalten. Sie suchten auch Rache für Stasi-Muttis nachrevolutionäre Depressionen und Aushilfstätigkeiten. Nazi- Verhalten konnte diese Bedürfnisse zeitweise befriedigen.
Mitmenschliche Aufmerksamkeit für jedweden Nächsten lernten sie dort nicht.


Die 3 jenensischen Mörder
nutzten Techniken
der roten Zellen, die sie vermutlich nicht kannten:
Nicht auffallen,
morden auf Urlaubsfahrten,
unter sich bleiben.
Die Frau bediente die Nachbarschaft.









97














Oberheimbach

Eilte ein erpresster Amtsrat a.D. herbei
um seinen Auftrag zu erfüllen,
mit eifrigem Ernst,
und Rumpelstilzchen's Gedanken ?


Beim Singen von Volksliedern
im Weinlokal in Niederheimbach
schalten sich KGB-Jünger
in's Gespräch
mit pornographischen Anmerkungen:

Ein Sänger berichtete vom schwarzen Haar
seiner alten Mutter,
noch im hohen Alter.
Dem Gulag-Mann fällt die Frage ein-
ob sie auch „unten“ schwarz gewesen sei.

Vorher nannten sie wieder die Gossen-Namen
weiblicher Geschlechtsteile.

Die Jünger waren Auszubildende oft,
Berufsanfänger,
die sich, achselzuckend,
gedachten Anforderungen stellten.
Manchmal stöhnten sie:
„Ich kann das nicht!“





Jemand dachte, Russland suche die Vorherrschaft
über Europa mittels der Selektion politischer Eliten,
militärischer Vormacht und dem Schüren von Angst
und Schamlosigkeit in Jedem.

Gingen durch solche Schule auch
die Mörder von Jena?
Haben sie ihre Menschenverachtung
mit der Lagersprache gelernt?
Verrückte man sie?

Fast alle Lieder
kenne ich aus der Kinderzeit.
einige,
erinnern mich an die Gesänge meiner Mutter.

Jugendbewegung klang auf,
Soldatenlieder

Draußen zog im Dunkeln der Fluss.
Große Schiffe glitten vorbei,
ähnlich schlafwandelnde Riesen.

Halbmond leuchtete
in den Taldunst.
Mondlicht und Schatten
begleiteten mich.


Wenn ich auf KGB-Flüche
nicht mehr antworte
haben sie mich zerbrochen.

Lasergetragene Sprache
flüsterte schon seit vielen Jahren
auf eine Kranke ein.
Diese Sprache kann zum Willens-Führer werden.

Die minütliche Angst vor Scham,
damit bist du zu unterwerfen.
Allgegenwärtige Kontrolle des Denkens,
der du nicht entrinnst,
Gehör, Stimmlippen und Sprachchips
benutzt von Sadisten,
oder Verführern noch-
so bist du zu brechen-
es geht die Gesundheit
dahin.

Einen Rat will ich dir sagen:
Seelenbrecher sind sehr krank,
sie wurden selbst zerbrochen,
sind ohne menschenrechtlichen Verstand.

Manche arbeiteten als Ärzte
in der städtischen Psychiatrie,
andre waren Offiziere der Staatssicherheit,
dienten im Knast der Sowjet-Besatzungszeit.

Schule

Hüte deinen eigenen Willen,
halt deine Gefühle nicht für frei,
kannst du dich lenken,
durch die Welt so weit?




Wir sind archaisch !

Manche lebten nicht
mit dem alten Testament,
das Lesen hätte ihre Folgschaft zersetzt.
Ihre Ethik mag eine Millionen Jahre alt sein,
von vor der Nutzung des Feuers.




98




“Die Alte haben wir im Griff"
tönte einmal ein STASI-Bulle in Berlin.
Welche Sachverhalte beschrieb er damit?
Folgte die Frau deren Sprüchen,
und handelte sie absichtlich ohne eigenen Willen?
Oder hielt sie deren Wortbildungen für ihre eigenen, inneren?
Spürte sie einen Infraschalldruck
und erinnerte sich dann an Kummer,
erinnerte sie dieser Schall
an Mißerfolge seit dreißig Jahren?
Folgte sie darum ihren Einsprechern willig?


Oder band eine Sucht
die Frau an ihre Peiniger?
Versprachen die, sie nicht blosszustellen,
für Stoff zu sorgen:
irgendein Idiot fände sich schon?
Weckten ihren Durst
mit einem Laserimpuls
am entsprechenden Ort im Hirn?
“Macht, das sie sich besäuft!



Holz brannte im Ofen.
Quartetmusik klang aus dem Radio.

Ein Dozent hatte vom außerkörperlichen Bewußtsein gesprochen.

Einige Mitglieder der Wandergruppe hatten mich heute nicht angesehen,

vielleicht erhofften sie sich eine Mäßigung

nächtlicher Gesprächsbelästigungen mittels Licht und Schall.

Sich nicht anzusehen hieß früher vielleicht, sich nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen,
zu können.

Mit gewalttätiger Sprache, drohender Erschöpfung

wurden Menschen zu einem gewünschtem Verhalten angehalten.

Veränderte, unerklärlich für Außenstehende,

wohlmöglich Laser-Schallkommunikation das Verhalten von Menschen ?

Meine Faustregel: Es geht dabei hier, in unserer Gegend der Welt, um die Schwächung
des verhaltenführenden Willens widerständiger Menschen gegenüber Stasi- und KGB-Ansprüchen urzeitlicher Art.
In anderen Gegenden mögen andere Betroffene leiden und andere Verursacher
wirksam sein.



M.
Suchte M. Linderung vor bedrohlichen Erfahrungen
mit Tabakrauchen und Sekttrinken?
Schwach wurden ihr Herz und ihre Nerven.
Verlor sie einst die Herrschaft
über ihr willenformendes inneres Sprechen
an einen Sprach- Laser?
Dachte der nun bei Bedarf auch für sie?
Als ich so litt, rauchte und trank ich viel,
Wein und Virginiatabak.




Ingelheim

Über den gelb-grünlichen Rapsfeldern
blühten Kirschbäume.
Weiss über frühem Gelb.
Zwei Tiger lebten über Ingelheim,
mit ihren Menschen.
Richteten die Ohren auf, guckten.
Nebenan hoppelten schwarz-weiße Kaninchen.





Am Telefon

Das Telefon klingelt.
M. rief achtmal an, sprach auf den Anrufbeantworter
wenn ich nicht abhob.
Wir hatten schon sechs mal miteinander gesprochen.
Ihre Kraft reichte nicht aus, die Worte mit Kraft zu Ende zu sprechen,
ihr Klang nahm ab, mitten im Wort.

Sie benötigt 300 Euro , im Monat.
Die kann ich ihr nicht geben.
Ruin ist eines der üblichen Zersetzungsziele der Stasi.
Diese Kerle regen sie an, solche Forderungen zu stellen, nehme ich an.

M. verlor ihre Harz-4 Zahlungen, weil Stasileute sie so verängstigten,
dass sie ihre Wohnung verliess. . Sie floh damals vor Gestank oder Morddrohungen.
Ein Harz-Vier-Kontrolleur klingelte siebzehnmal vergeblich,
gelangte einmal mit List in die Wohnung und wähnte sie unbewohnt-
und sperrte alle Zahlungen.
Margit gewann einen Prozeß gegen das Amt und ihr Anwalt verlor dann die notwendige Kraft für weitere.

Damals war sie schon krank.
Nun verlor sie ihre Krankenkasse,
nächtigte bei einem Freund,
rauchte viel, trank Sekt,
die nötigsten Medikamente fehlten,
zweimal fiel sie in ein Koma.

Das Sozialamt erklärte sich, wie üblich, für nicht zuständig,
da floh sie aus dem Amt.
Ihr fehlte Kraft, wie beim Sprechen.


Sie müsste sich ummelden und einen neuen Harz-4 Antrag stellen,
dachte ich mir. Ihr Freund prozessiert gegen den Rausschmiss aus der Wohnung
durch den Eigentümer.

Krankenkasse zahl ich.






99



Für im Kopf hörbare Worte
ist die Kopfträgerin zuständig!
Sie beurteilt sie,
gibt ihnen Gewicht und handelt danach
oder verwirft Worte als Unsinn.
Die Worte mögen ihrem Gedächtnis entspringen,
oder Satelliten,
der kopftragende Mensch ist verantwortlich-
vor sich und seinen Mitmenschen!
Das Genom prägt uns
und unsere Umwelt.

Wenn künstliche Intelligenz,
von Satelliten aus,
fast jede meiner, unserer Wahrnehmungen
bösartig, also zersetzend
mit Wortbildungen begleiten kann,
ist unser gewohntes Wachstum,
die Reifung
klüger zu werden, zu altern, sterben zu lernen
in Gefahr,
bösartigen Witzen,
alzheimerschen Stammeln,
mordlustigem Gequatsche
zum Opfer zu fallen.

Auch die Juden unter Hitlers Macht
starben sinnlos,
unflätig getötet,
von gehorsamen Menschen.
Diese Toten leben mit uns mit.


Jene künstliche Intelligenz da oben,
auch die kränkt Menschen,
stört, zerstört ihre Vernunft.
Sie kann die Irrtümer
von Menschen beherrschen,
mit Licht und Schall vermutlich,
und deren Verhalten, Gesundheit.

Die Camorra will nicht,
dass man darüber spricht,
wie sie zu den Menschen ist.
Sie besteht auf Schweigen,
läßt arbeiten, tötet.


Der Ort wurde auf eine eiszeitliche Terrasse gebaut.
In den Gärten blühen jetzt Blumen.
Rosen scheinen lachsfarben, weiß, rot,
duften je.
Pfingstrosen riechen üppig,
besetzten die Luft.
Fingerhut wächst blau, gelb,
weckt Furcht.
Besucher schlendern umher:
Neugierige, Kenner.

Draußen werden Coktails verkauft,
Suppen, Kaffee und Kuchen.
Die vielen Kuchen,
Linzer Torte, Kremkuchen
und Obstgebäck, Suppen
werden auf dem Tisch zum duftenden Bild.

Viele Köpfe ziert ein Laserstrahl.
Er weist aufwärts, unsichtbar, zum Himmel.


Gestern flogen wir beinahe über Bord,
der Fahrer lenkte den Trecker rasch,
so knallten wir zurück.
Mit meinem Bärwurz
meinte ich zu fliegen.
Wir Rentner
machten einen Ausflug
und ich war erinnert
an meine Schulzeit.







100





Gemeinschaftliche Begegnungen werden gestört:

sexistische Sprüche rauben die Ruhe beim Reden:

Homosexualität, Sexismus, Angebote, Kinder zu schänden

halten Computer, künstliche Intelligenz

und düster brabbelnde Stasi-Bullen diesbezüglich im Angebot.

Auch manche menschelnde Stimme,

im Lasernetz ,

lässt mich an ein Petersiliesträußchen denken,

im Maul einer gebratenen Sau.

Die operativen Kombinationen

im Sozialen Netz,

die die Opfer schocken ,

stellen blitzgescheite Computer her,

denke ich.





Die Kranke stöhnt, ächzt.
Mit ihrer Kraft will sie planen,
kurz bläst ihr Atem.

Sieben Bedenken hindern sie,
noch nennt sie sich Burg Klopp.
Bedenken, Ängste
hindern die Fahrt in's Krankenhaus.

Wer soviel erlitt
kann dem nahen Gedanken
nicht trauen, sie denkt nochmal.

Nochmal auch flüstern
Mörder, just in time, Bedenken
in ihr müdes Hirn.

Sekt, Tabak empfehlen sie stets
der schwach Atmenden.


© hartmut holz


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