Es war einmal etwas ganz Großes! Das war so groß, daß man es am Tag kaum sehen konnte, weil es in der Nacht – im Traum – ebenfalls unsichtbar, nach viel mehr aussah, als es in Wirklichkeit war! Nur hinter der vorgehaltenen Hand durfte man seinen Namen sagen, denn es war bei Höchststrafe verboten es zu besingen, wenn der Morgen noch nicht graute, oder der Abend noch nicht hereingebrochen war. So wurde es, unbeabsichtigt, vom Gerücht zum Mythos und vom Mythos zum Staatsfreund Nr. 1. Es handelte sich hierbei um den Mückofanten, das unheimlichste Geheuer das es, seit der Erfindung der Menschheit gab!

Dieses Monstrum vergrößerte seinen Einfluss auf die Gesellschaft täglich! Es drang ins Lehrreich (das ist ein Freistaat im Lande Ungbild) ebenso ein wie in die Kitilop… Unter Kitilop muss man sich, ebenso wie bei der Ungbild, eine bestimmte Lebensart vorstellen die hauptsächlich in der Mittelwelt praktiziert wird, wo die dümmsten aller Klugen und die klügsten aller Dummen, unter der Fuchtel des Zwerges Murx stehen, der sich zum Perfektionisten in Sachen Verdrehungen ausbilden und gleich danach an die Regierung vettern ließ. Ausgesucht hatte ihn der Großmogul von Primatistan – was allerdings auch wieder keiner wissen durfte.

Überall stapfte also der Mückofant herum um sich überall einzumischen. Wenn einer eine Ausrede für Wünschdirwas brauchte, dann nahm er heimlich einen Mückofanten zu Hilfe damit er den von ihm ausgegangenen Schwachsinn unlogisch erklären konnte. Denn Unlogik war zur modernen Maßeinheit für alles geworden. Man konnte also Fehler machen wie und wo man nur wollte. Der Mückofant würde dann alles wieder ins unrechte Licht rücken, damit es stets morgens um Sieben auf der Welt war, wo – wie wir ja wissen – noch alles in Ordnung ist. Allerdings durften wiederum nicht sämtliche Mücken zu Elefanten aufgeblasen werden!

Das gebot schon der Anstand, der in Ungbild natürlich „Dnastna“ hieß. Durch Dnastna wurde der Anstand nämlich ausschließlich in Wahnvorstellungen, also in Negnullestrovnahw geduldet und Negnullestrovnahw durften nur solche Bürger haben, die sich allgemeinverdrehend zu äußern wussten. Eine „verschwindend geringe Minderheit“ (die Mehrheit des Volkes, also die breite Masse, die noch nicht so gut in Sachen Verdrehungen war) wurde beschuldigt, sich ihre Mückofanten böswillig gebastelt und nicht zur Verdeutlichung von Missständen weit hergeholt zu haben. Auf die Hilfe des Mückofanten konnte eben nicht jeder blind vertrauen.

Nur die Tauben auf dem Dach eines Hauses mit Blindenscheiben, die sich zusätzlich noch gegenseitig versprochen hatten zu schweigen, sobald sie eines vor dem Gesetz erlaubten Mückofanten ansichtig werden sollten, konnten sehen wo und wann er zugeschlagen hatte. Das zerbrochene Porzellan durfte dann allerding wiederum nur die Minderheit aufsammeln, die – leidtragend – keine Mückofanten für ihre Zwecke einsetzen durfte. Und so blieben auch sie stumm, wenn im Lehrreich des Zwerges Murx (der übrigens kein Nachfahre des Riesen Marx ist) das Parlament hauptsächlich alles verdreht darstellte.

Das machte den Mückofanten schließlich zur Seele des Lehrreichs, das damit in die Annalen der Geschichte als das schönste Beispiel für ein Idioticum Nosferatu eingehen sollte. Noch niemals vorher und niemals nachher war es einem Volk gelungen sich dermaßen zu veranstalten, daß es von außenstehenden Bio-Mechanismen gar nicht mehr als „identisch“, sondern im Wesentlichen als eben als das Land der Erde erkannt wurde, welches ohne ihre Mückofanten nicht mehr zu Recht kam. Und jeder ging hin um mitzuhelfen! Mückofant um Mückofant wurde aufgeblasen – einer größer als der andere…

Da kam beispielsweise einer daher und behauptete etwas gesehen zu haben, das sooo groß gewesen sei, daß man es am Tag nicht mehr sehen konnte, weil es in der Nacht – im Traum – ebenfalls unsichtbar, nach viel mehr aussah als es in Wirklichkeit war. Viele gingen sogar soweit das Wort „Wirklichkeit“ einfach wegzulassen…was Mückofanten geradezu zu heiligen Erscheinungen machte. „In Mückofants Namen“ wurde einer der gebräuchlichsten Sprüche, wenn es darum ging einen Vorgang abzusegnen. Prozesse vor Gericht endeten grundsätzlich nur noch mit dem Satz „Im Namen des Mückofanten“.

Dann ereignete sich eine Art Armageddon! Auf einmal, nein auf unzählige Male erlebten die Bürger des Lehrreichs wie Wahnvorstellungen (Negnulletsrovnhaw) zum alleinseligmachenden Instrument in allen geheiligten Bereichen des Lebens werden können: Überall wurden Plakate aufgestellt, auf denen zu lesen war. „Lasst uns irr und fröhlich sein!“ Und aus den Lautsprechern der Propaganda-Fahrzeuge die plötzlich überall auf den Straßen und Plätzen auftauchten erscholl das Verdrehungslied „Geheuer, Geheuer, du machst uns brav und scheuer, nimm uns doch bitte den Verstand, der Mückofant hat’s in der Hand!“

Daraufhin wurde der Tag zur Nacht erklärt, Schwarz in Weiß umbenannt, rechts zu links, oben zu unten, groß zu klein, Frau zu Mann und beide zu weniger als Überhaupt, usw. Ganz neu errichte Mauern wuchsen aus dem Boden, aber sie trennten niemanden voneinander, denn sie waren auch mit fast keinem Stacheldraht verziert hatten fast keine Selbstschussanlagen und sie wurden vor allem nicht durch Unsicherheitsleute bewacht, die kaum mit Gewehren bewaffnet, darauf zu achten hatten, daß nur ja keiner einen Mückofanten einfing um ihn öffentlich auszustellen. Niemand und man betonte ausdrücklich würde einen Mückofanten heiraten, oder sonst wie leben und ehren, bis daß der Dings uns bumst, ohne groß Krach zu machen. Punkt.

Das Mückofanten-Phänomen

© Alf Glocker


© Alf Glocker


5 Lesern gefällt dieser Text.




Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Das Mückofanten-Phänomen"

Re: Das Mückofanten-Phänomen

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 29.01.2022 11:42 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
Daumen hoch für Text und Bild.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Das Mückofanten-Phänomen

Autor: Sonja Soller   Datum: 29.01.2022 11:57 Uhr

Kommentar: Wieder sehr verwirrend für mich, lieber Alf, den Punkt, den habe ich verstanden!!!

Verwirrte Grüße aus dem Norden, Sonja

Re: Das Mückofanten-Phänomen

Autor: Angélique Duvier   Datum: 29.01.2022 13:01 Uhr

Kommentar: Sehr stark geschrieben, wie nicht anders von Dir zu erwarten, lieber Alf!

L.G.

Angélique

Re: Das Mückofanten-Phänomen

Autor: Alf Glocker   Datum: 29.01.2022 15:51 Uhr

Kommentar: Vielen herzlichen Dank liebe Freunde!

LieGrü
Alf

Kommentar schreiben zu "Das Mückofanten-Phänomen"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.