Wilde Gesänge ertönen aus der Savanne: die Löwen paaren sich! Wilde Gesänge ertönen aus dem Mikrokosmos: die Bakterien teilen sich! Wilde Gesänge ertönen aus der Quantenwelt: sie erschaffen die Liebe! Und ich singe mit, in diesem Chaoschor, als wäre ich der Folklore des Universums verpflichtet, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, als kennte ich nicht so langsam, worum es hier auf keinen Fall geht!

Der Lärm ist nicht auszuhalten – ich flüstere ihn tot, bringe mich selbst zum Schweigen und ich verkehre mich in mein Gegenteil: einen gläubigen Menschen! 1000 Altäre will ich bauen, zum Ruhme des Schweigens in der Geisterzone und weitere 1000 zum Ruhme des Nichtschweigens, wenn es um Dinge geht, die es auf mich abgesehen haben. Ein Ohr habe ich für die Wahrheit immer offen, weil es taub ist.

Nur manchmal lässt es verdächtige Geräusche in den Gehörgang meiner Seele, denn ich weiß ja, daß ich verloren wäre, wenn ich an allem Anteil nehmen könnte das der Wahrheit entspricht. Aber die Wahrheit ist universell und sie möchte erfahren werden – und deshalb erlebe ich bisweilen den Durchbruch der Stimmen in mein ärmliches, irdisches Domizil. Dann lausche ich vorsichtig: worum handelt es sich?

Es handelt sich um Dinge die niemand wissen möchte, denn niemand foltert…und wenn, dann weit weg. Niemand spinnt…und wenn, dann weit weg. Niemand ist Teilnehmer an einer Epidemie…und wenn, dann weit weg. Nirgendwo explodieren ganze Galaxien…und wenn, dann so weit weg, daß wir es nicht einmal sehen können – fast so weit wie das Schwarze Loch, dessen Sog alle Körper erfasst…lebend oder tot!

Aber ich lege mein Veto ein! Denn I have a dream! Ich möchte, daß meine 2, 4, 8, 16, 32, nein, meine 100 Millionen Kinder, unbehelligt durch die Straßen der Welt laufen können und sie dort in Ruhe gelassen werden. Aber was sag ich?! Ich möchte, daß alle Kinder dieser Welt, direkt oder indirekt, von mir abstammen und es überhaupt keine anderen Kinder als meine mehr gibt. Dann ist die Welt für mich in Ordnung!

Was anderes kommt überhaupt nicht in die Tüte, von Marktkauf, von Lidl, Lottl, oder irgendeinem Hersteller von Überlebensmitteln. Denn ich habe einen göttlichen Auftrag! Es ist der zu „lieben“! Ich liebe alles was anders aussieht als ich – und dadurch, daß ich es liebe kann ich es verändern. Ich verschmelze damit und programmiere es um. Dideldumm! Wer das nicht gut findet ist intolerant! Wer das gut nicht findet ist ein…

Dafür habe ich doch extra meine Gene verstärken lassen. In mehreren 10 000 Jahren haben sie sich gut und kräftig entwickelt…wer sich mit mir einlässt, der hat kaum eine Chance von sich auch noch etwas mit- zu vererben. Ich bin dominanter als der Teufel in der Hölle. Und das ist das hier ja auch – die Hölle! Wie sonst könnte passieren was passiert?! Und wie sonst könnte sich auch nur irgendjemand damit abfinden?!

Die Zukunft wird aussehen wie ich, wie einer, der über Berge von Abraum geht – wobei natürlich alles, was gewagt hat, nicht wie ich auszusehen, ebenfalls zum Abraum gehört. Das ist meine Philosophie! Ich weiß zwar nicht, ob das überhaupt eine Philosophie ist, aber es ist zumindest eine Grundeinstellung. Was wiederum beweist, daß man nicht unbedingt eine Philosophie braucht um erfolgreich zu sein. Haha!

Ich sage euch mein Glück voraus. Nehmt es an und ihr könnt alles werden: nachgiebig, angepasst, unterwürfig und frei…in meinem Sinne! Wehrt euch nicht länger, es ist sinnlos! Wenn alles einen natürlichen Verlauf nimmt und keiner für den Artenschutz sorgt, dann verschwindet ihr ganz automatisch von der Erdoberfläche. Ob das nun eine höhere oder überhaupt „Gerechtigkeit“ ist, kann ich nicht sagen, aber ich weiß:

daß wilde Gesänge aus der Savanne ertönen, daß sich die Löwen dort paaren, bei wilden Gesängen des Ungeziefers aus dem Mikrobenreich. Und, daß uns die Quantenwelt zeigt, wie „Liebe“ erzeugt wird. Singt alle mit mir, in diesem Chaoschor – wir sind der Folklore des Universums verpflichtet, denn wir haben nicht mehr alle Tassen im Schrank und wir wissen instinktiv genau, worum es hier auf keinen Fall geht, um Sinn!


© Alf Glocker


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