Was sich wirklich in einer Uhr befindet das wissen die Wenigsten, denn es ist, philosophisch betrachtet, sehr viel: Millionen, Milliarden, Billiarden, Fantasielliarden, unzählige Impulse…denn eine richtige Uhr besteht aus der Zeit und die Zeit ist bevölkert!

Diese Uhrbevölkerung verfügt über das absolute Wissen, denn sie kann die Zeit rückwärts lesen und die Ultima Ratio der letzten Tage mit sämtlichen Gegenwarten vergleichen. Deshalb hören wir auch, sobald wir unsere Ohren an eine Uhr legen – egal an welche – das leise Kichern der Zeitgeister, die uns beobachten wo wir auch sind.

Die Uhr der Zeit läuft überall ab – um uns und in uns und wir laufen durch sie ab, oder wir laufen in ihr ab…wir sind die Geister der Zeit, aber wir hören unser Kichern nicht, solange wir uns als Impulse durch den Abschnitt der Zeit bewegen, in dem unsere Bewegungen vorgesehen sind.

Wir beschreiben ihren Ablauf. Das ist aber nur bildlich zu verstehen und nicht dem Sinn der Worte entsprechend. Denn wir können ihren Ablauf erst dann richtig beschreiben wenn wir ihn hinter uns haben. Besser formuliert würde es heißen: wir stellen ihn dar.

Solange wir ihn aber darstellen, beschreiben wir ihn, im Rahmen unserer Rollen, falsch, da wir ja das Ticken der (inneren) Uhren nicht hören. Wir fühlen es nur intuitiv! Aber, während wir die Uhrenmechanik darstellen, drehen wir uns mit den Zeigern im Kreis…

Alle, die zu Bewohnern der Uhr, zu den Betreibern ihrer Kräfte – ihrer Batterie – zählen, haben den Überblick. Sie wissen wohin die Unruh tanzt, in welchen Takten der Fortgang seine Zeichen schlägt: das Donnergrollen der Epochen, die über Leichen gehen.

Auch sie gehören zum Uhrenganzen. Sie sind ein Teil dieser Wirklichkeit, die wahrgenommen wird, wenn man eine Uhr von außen betrachtet. Ihr Aussehen lässt jedoch in den seltensten Fällen logische Rückschlüsse auf ihr kompliziertes Innenleben zu.

Das Innenleben der Zeit ist leider (zum Glück?), im Ganzen gesehen, nicht wahrnehmbar! Uns stehen immer nur winzige Abschnitte zu einer Verfügung, mit denen wir intellektuell nicht viel anfangen können, da wir keine Kenntnis von den größeren Zusammenhängen erreichen.

Die besitzt nur die Uhrbevölkerung, die, verteilt auf sämtliche Zonen, in den Jahrmillionen einen Überblick auf das Rauschen der Gesamtheit aller Eindrücke herstellen kann und weiß was passiert ist…wenn auch vermutlich nicht jeder Einzelne von ihnen überreißt warum.

Seien wir uns dessen bewusst, im Angesicht einer alten oder völlig neuen Uhr, wie mystisch ihr Auftreten ist, als die geniale Verkleidung eines Zustandes, der uns ständig umgibt…zumindest diejenigen, die eine Uhr brauchen, um ihre Zeit zu er-messen.

Die Uhrbevölkerung

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Die Uhrbevölkerung"

Re: Die Uhrbevölkerung

Autor: Sandro N   Datum: 08.09.2017 9:44 Uhr

Kommentar: Faszinierender Essay.
Hat mich Uhr-plötzlich in seinen Bann gezogen. Bin mit Freude in deine Fantasiewelt eingetaucht.
Das Bild am Schluss fand ich großartig und inspirierend.
Gruß, Sandro

Re: Die Uhrbevölkerung

Autor: Alf Glocker   Datum: 08.09.2017 13:35 Uhr

Kommentar: Vielen Dank Sandro!

Gruß
Alf

Re: Die Uhrbevölkerung

Autor: possum   Datum: 09.09.2017 1:25 Uhr

Kommentar: Beides ... Kunstvolle Augenweide ... glG!

Re: Die Uhrbevölkerung

Autor: Alf Glocker   Datum: 09.09.2017 13:18 Uhr

Kommentar: Dank Dir, liebe Possum!

LG Alf

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