Ob sie heilig ist oder nicht, ist bis heute noch nicht zweifelsfrei geklärt worden. Und wie viel sie wert ist auch nicht – darüber streiten sich die Ungeister! Denn die Einfalt ist vielfältig! Aber wie viel? Daß wir sie brauchen steht uns auf der Stirne geschrieben, sonst könnten wir wohl nicht überleben?...zumindest viele unter uns, vor allem solche, die mit ungewohnten Sachverhalten nichts anfangen können. Sie brauchen einen verfänglichen Halt!

Den größte Verfänglichkeit findet das Gemüt in der Einfalt. Das muss nicht weiter beschrieben werden, das ist unbeschreiblich. Wessen Gemüt aber beschreibt sich wie von selbst? Das des Einfältigen! Es ist brauchbar und dämlich, aber daraus entsteht keine Diskrepanz zwischen der Einsicht und der Vielfältigkeit der Einfalt, die einerseits in ihrer Eigenschaft als Möglichkeit des Erduldens zum Tragen kommt, und sich andererseits psychisch unter den gegebenen Anforderungen verirren kann.

Man kann das Eine oder das Andere sein, einfältig oder duldsam – die Eigenschaften bedingen einander viel zu oft. Und meist geschieht das ohne jeden Einspruch...wie es uns eben gefällt. Und das Gefallen entspringt der Beschränkung innerhalb der Grenzen des sogenannten „Machbaren“. Dies gilt besonders, oder nein, ausschließlich für Einfältige. Wir sind schließlich mehrheitlich triebgesteuerte Herdentiere! Auch leben wir beinahe noch im Urwald. Zumindest was das Kleinhirn anbetrifft. Darin steht alles - wie im Wald - zu einem zweifelhaften Besten. Der Wald jedoch wird, wie wir wissen, wie wir wissen sollten, nach und nach abgeholzt!

Er schlägt sich quasi selbst ab...zuerst in den Kronen, dann an den Wurzeln und schließlich steht die Welt in uns kahl und kalt vor einem einfältigen Spiegelbild – gefaltet aus den Zeichen des Nichts! Und das ist gut so? Aber sicher! Wir müssen ja helfen...all den Einfältigen, in der Vielfalt dessen, das sich nicht kennt und nicht weiß, warum es nicht gut, sondern ausschließlich böse sein darf. Das ist so, weil sich die Einfalt restlos verfallen ist. Das macht sie unheilig, obwohl sie sich anders zu bezeichnen pflegt. Aber so entsteht Glück! Und in dieser Anhäufung von Glück wird das Glück zur Gewalt!

Nehmen wir etwas Derartiges ernst? Glauben wir an ein Vielleicht, im Hinblick auf das Gute? Nein, wir hetzen uns aus dem Urwald in uns durch den Dschungel der Stadt, wo jeder dann sein ganz persönliches Schein-Urteil fällen will. Es lautet: „Fallt mir doch bitte zum Opfer!“ Die Opfer sprechen sich gegenseitig an, wie ein Urwaldgeschöpf zu den anderen Urwaldgeschöpfen spricht, bevor es die heiligen Bäume fällt – jegliche Verwandtschaft eisern ignorierend. Es gibt keinen Bruder Baum! „Was fällt dir ein“, müssten die Bäume jetzt sagen, oder die anderen Urgeschöpfe, aber sie sagen: „Wir fordern das Blut!“.

Darin aalen sich die einfältigen Charaktere derer, die glatt sind, die keine Brüder haben, außer ihren Mitverschwörern in der Armut des Geistes. Und durch die Düsternis dieser Vielfalt fallen alle allen zum Opfer, denn Opfer sind allseits begehrt. Also spricht der Herr Schlagmichtot den fundamentalen Satz, den man zu verinnerlichen hat: „Ich begehre dich als Opfer und du begehrst irgendwen als Opfer“. Das ist ein verfluchtes Geheimnis, das auszusprechen unter den Brüdern der Einfalt verpönt ist. Man nennt es: „Das Schweigen im Walde“.

Seid gnädig: fallt über euch her, in der Einfalt eurer schmutzigen Seelen! Denn das ist euch sicher: viel von allem Einfältigen, viel von allem Unwissen und von aller Gefühllosigkeit – viel vom Nichts! Das ist ein Gang, der Eingang in die Ewigkeit...vielfältiger geht’s nicht! Doch wir halten uns an den Kindermund. „Biddu umfalt?“ sagt das kleine Es, wenn es jemanden stürzen sah, weil es ungestraft einfältig sein darf.

Das ist so nett wie ein Softdrink, der auf angenehme Weise ganz leicht betäubt und uns sicher macht: alles wird gut! Was soll es denn sonst werden? Im Paradies dürfen keine Bäume mehr gefällt werden. Alle sind Brüder. Bruder Baum, Bruder Depp, Bruder Lurch. Niemand geht jemandem ans Leder, keiner verkauft das Blut der anderen und bedrohlich ist sowieso nichts. Nur die Einfalt steht heilig herum und glotzt - aber das haben wir noch lange nicht erreicht.

Im Augenblick sammeln wir sie in großen Mengen, die Einfalt, nebst ihren vielfältigen Falten, denn wir sind schillernde Falter, solche, die Sorgen falten, wir sind Denker, welche Stirnfalten zu Aushängeschildern aufbieten, damit sie stellvertretend für uns vorgeben können, es sei etwas dahinter vorgegangen, hinter der Stirn – mehr als nur ein einfältiges Schalten und Falten, sondern die Vielfalt unbrauchbarer Strukturen, die nichts anderes besagen, als „Wer in den Wald hineinruft, der schallt auch genau so heraus“... „einfältige Bande!“.

Die Einfalt

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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