Aus der Notwendigkeit entsteht gelegentlich dieser vordergründige Halt, den man landläufig als „Moral“ zu bezeichnen beliebt. Aus ihr wiederum beziehen (nicht ganz zu Unrecht) erschreckend einfache Geister – um nicht „Gespenster“ zu sagen – die ganze Kraft ihres Tuns, ohne das so etwas wie ein funktionierendes Sozialwesen nicht aufrechtzuerhalten wäre. Denn völlig „unmoralische“ Menschen, mit ausreichendem Verstand als Grundlage für eine gesunde Selbstdisziplin, kommen nicht häufig genug vor, um das Vorhandensein einer anerkannten Gesamtmoral als überflüssig bezeichnen zu können.

Deshalb geht schließlich aus der anerkannten Gesamtmoral eine Entwicklung hervor, die man, solange sie noch stattfindet „Fortschritt“ nennen darf. Das ist ein Vorgang, der für gewöhnlich den Schutz dieser erprobten Gesamtmoral genießt. Dies könnte man auch als „fruchtbare Wechselwirkung“ bezeichnen. Da jedoch jede Moral eine gewisse Eigendynamik besitzt, kann man immer wieder beobachten, daß, oder wie, diese spezielle Eigendynamik, innerhalb moralischer, bzw. hochmoralischer Systeme aus dem Ruder läuft. Derartige Phänomene können, nein, müssen geradezu, in der Überhöhung ihrer virtuellen Werte, entweder in eitle Dekadenz, Kriegsgelüste, oder in die Selbstzerstörung ausarten.

Was davon am gefährlichsten ist, konnte bislang noch nicht einwandfrei festgestellt werden. Am dümmsten aber ist sicher die freiwillige Selbstzerstörung. Natürlich darf bei einer Urteilsfindung die kriminelle Energie, der, für eine dieser malignen Störungen, innerhalb eines bislang „funktionierenden“ Moralbetriebs, nicht außer Acht gelassen werden, denn oftmals sind das die Regierenden, die noch dümmer sind als ihr Volk. Manchmal sind sie aber auch perverser, als der eingefleischteste Moralist (merke: die Übersteigerung einer Moral ist Perversion), oder womöglich boshafter als des Teufels Großmutter persönlich – besonders wenn sie auch noch danach aussehen.

Den Ausschlag jedoch gibt schließlich die (Ein)Bildung der moralisch richtungsweisenden scheinintellektuellen Führungsschicht. Nicht selten gelingt es ihr nämlich, bisher gepflegtes Brauchtum derart sinnlos zu verzerren, daß der, als Schutzschicht für den allgemeinen Fortschritt und das Wohlbefinden aller, als Panzer wegfällt. Beispiele dafür beobachten wir bereits gleichnishaft im Universum, wenn z.B. zwei völlig unterschiedliche Galaxien aufeinander prallen. Die Drehung der einen zerstört die Drehung der anderen. Die Gravitationsverhältnisse geraten außer Kontrolle und es kommt zu Kollisionen, die sowohl Fixsterne als auch Planeten zerstören. Manche werden nun sagen: „Daraus kann etwas wunderbar Neues entstehen!“

Das ist ein Behauptung, der unbedingt stattgegeben werden muss! Die darauf richtig zu erfolgende Frage lautet jedoch: „Wann?“ Wenn also eine halbwegs attraktive (beachte: die Gravitation) Gesamtsituation, sich als förderlich etabliert und demgemäß lange genug funktioniert hatte, wie wünschenswert ist es dann, ihr den Aufprall eines anderen Gravitationshaufens zu verordnen? Im kosmischen Sinne sicher sehr – wenn man die paar Wenigen außer Acht lässt, die als neutral und vernünftig denkende Betrachter, in einem der beiden Systeme gelebt haben – und dort vielleicht noch weiter leben wollten. Und – wie lange wird es wohl dauern, bis, in dem neuen, vergrößerten Haufen wieder geordnete Bahnen sichtbar werden, die ein sinnvolles (lebenswertes) Leben ermöglichen? Mehrere Milliarden Jahre?


© Alf Glocker


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