Leicht verloren stehe ich hier. Mein Blick wandert rastlos umher, suchend, beinahe schon panisch, hoffe ich noch ein kleines Stück der deutschen Sprache zu finden. Doch von überall kommen sie auf mich zu, Anglizismen. Panisch versuche ich ihnen zu entkommen. Call a bike, park and ride und service point sind hierbei nur die verachtenswerten Highlights ,der zum Scheitern verurteilten Flucht. Immer weiter geht diese nun und findet ihr glanzvollen Höhepunkt in der schutzbietenden Obhut eines Zeitungsverlages. Voller Hoffnung werfe ich einen Blick in eines der Exemplare und kippe um. Auch hier waren meine alten Freunde…
Die deutsche Sprache befindet sich auf dem Rückzug, denn von überallher erscheinen neue Wörter. Erkennbar ist dies vor allem an der multilingualen Deutschen Bahn. Die Fahrkarte ist das Ticket, die betriebseigene Autovermietung wird mit park und ride beworben und die Spitze des Eisberges bildet der Inter-City-Express. Wir sollten uns bewusst machen, dass wir nie sagen würden wir gingen zum „Park und Fahr“ um ein Auto zu mieten oder nehmen den „Zwischen-Stadt-Zug“. Nein, wir würden doch eher sagen wir gingen zur Autovermietung und nähmen den Schnellzug um von A nach B zu kommen. Aber vielleicht ist dies der neue Trend? Ein Must-Have?
Dem Verschwinden der deutschen Sprache soll entgegen getreten werden, dafür setzt sich nicht nur der Verein deutscher Sprache ein, sondern auch die Christdemokraten1, aus reiner Eigeninitiative. Doch liegt hier die Frage vor, warum soll auch der Gesetzestext deutscher werden. Versteht die CDU ihre eigenen Formulierungen nicht? Natürlich soll nicht gleich der ganze englische Einfluss verteufelt werden. Ich finde es erachtenswert nützliche Anglizismen bestehen zu lassen. Doch wer braucht Wörter, die er in keiner Sprache verwenden würde. Oder brauchen sie den oben genannten Inter-City-Express? Ich sehe es klar und deutlich, denn wer braucht nun mal Wörter, die keinen eigentlichen Sinn haben und für die es im deutsch schon passende Begrifflichkeiten gibt.
Seien Sie doch mal ehrlich, kennen sie ein Geschäft welches nicht mit Nice-Price lockt oder mit sale? Versuchen Sie doch einmal durch unsere Straßen zu gehen und nur in Geschäften ohne Denglisch einzukaufen. Ein Ding der schieren Unmöglichkeit.
Keine Sorge, mit Denglisch kann man viel Spaß haben, auch wenn aufgrund seiner Benutzung so mancher Germanist, Linguist oder der einfache und gemeine Deutschlehrer die Köpfe gegen den Tisch schlagen möchte. Gegen wiederkehrende Langeweile überlegen sie sich einfach was die Engländer zur Verdeutschung ihrer Sprache sagen würden. Machen wir doch aus der alten Tradition der Aufbahrung des Leichnahmes ein Massenivent. Oder sind die Spiele der Nationalelf schon gestorben und werden nur noch einmal gezeigt? Doch warum nennen sie sich dann live?
Aber nicht nur der Deutsche hat so manches Mal Probleme mit der Neuerung des Sprachgebrauches. Topaktuell ist die Integration der Flüchtlinge, sollen sie doch Deutsch lernen in einer Umgebung die voll mit Englisch ist. Wie die Karikatur des Vereins deutscher Sprache zeigt, werden diese mit dem Konsumenglisch praktisch integriert.3
Vielleicht ist die Jugendsprache, oder gemeinhin der Jugendslang, ein Aufbäumen gegen diese Verschandelung der deutschen Sprache. Ist doch das allseits beliebte Wort „ Ey“ schon im Fünfzehnten Jahrhundert verwendet worden. Eine Auflehnung von jenen die mit der „verenglischten“ Welt klar kommen müssen und sich doch nur die deutsche Sprache wünschen.
Aber wer hat uns dies angetan? Wer trägt Schuld, dass Sie und ich einen Mischmasch aus Sprachen sprechen? Viele behaupten es sei „ the American dream of life“ gewesen, zu dieser Idee kommt auch der Autor von „ Aber die Mässitsch ist doch klar“.
Allerdings werden sich die ältesten Generationen aus dem achtzehnten Jahrhundert noch erinnern, dass das Französisch einmal noch stärker war. Wer wollte, wenn nicht wir, die Freiheit der französischen Revolution schmecken, sie leben und sie sprechen. Woher sonst kommen unsere gebräuchlichen Wörter wie Rouge oder Essay? Einen Vorteil hatte man damals aber, bald kam die Rechtschreibreform, die Recht und Ordnung in das misshandelte Deutsch brachte. Doch wie der klassische Deutsche stellt er sich gegen jede Abweichung vom Beständigen. So war es schließlich auch bei allen anderen Reformen. Nur gegen die langsame und schleppende Einfuhr englischer Wörter sträuben wir uns nicht.
Sind wir denn nicht sonst auch gegen die Globalisierung? Gegen das vermeintlich Schlechte? Man könnte glatt meinen wir sind gegen alles, nur nicht gegen das Auslöschen unserer gemeinsamen Sprache.
Die Flucht in vermeintlich sichere Gebiete der deutschen Sprache, die eigentlich dieser vorbehalten sind, ist völlig nutzlos und bringt nichts. Man sehe sich die aktuelle Tageszeitung an, egal ob FAZ, Stuttgarter Zeitung oder Hohenloher Tageblatt überall sind sie. Wie kleine Parasiten hefteten sie sich an das Sprachzentrum unserer Hirne und wurden vom einen zum andern verbreitet. Niemand kann diese Epidemie aufhalten. Niemand sie stoppen. Für Aufklärung ist es zu spät und das Denglisch zu weit fortgeschritten. Doch was soll man machen?
Vielleicht hängt es ja wirklich mit der Verwestlichung der Welt zusammen. Aber wie sollen wir uns dieses Phänomen erklären? Wie es loswerden? Zu viele Fragen und zu wenige Antworten. Doch ist der Anglizismus nicht schon mit uns groß geworden? Lebten auf der britischen Insel nicht Angel und die Sachsen zusammen. Also gibt es die Vermischung der Sprachen schon lange. Damals nahmen die dort ansässigen Sachsen die vorherrschende Sprache an und fügten sich. Doch so richtig beliebt waren sie nicht. Ob dies vielleicht am Denglisch gelegen hatte? So genau weiß dies niemand mehr. Sicher ist nur, dass es seit Urzeiten die Vermengung und die Auslöschung von Sprachen gab. Zugleich gibt es aber auch die Entstehung von neuen Sprachen. Allerdings kann eine alte Sprache auch wieder entdeckt werden, wie beispielsweise das Altägyptisch durch den Stein von Rosetta. Ist es also Vorherbestimmung, dass die deutsche Sprache untergeht?
Nein. Viele besinnen sich und vielleicht hilft, bei dieser Besinnung, der Deutschunterricht weiter. Dort werden alte Klassiker von deutschen Schriftstellern geschätzt und genaustens analysiert. Dabei kann man sich sicher sein, dass der Gehalt an Anglizismen sehr gering ist. Oder hätte Büchner, Camille sagen lassen „Darling“ anstatt „…, lieb Kind.“ (S.43, Z.5)? wohl kaum. Allerdings ist ihr zu bedenken, dass die alten Klassiker, nicht mehr dem Sinnbild der deutschen Sprache entsprechen. Gerade bei „Dantons Tod“ sieht man diese Tatsache. Heute redet man nicht mehr mit vielen Anspielungen auf Mythologie. In der Moderne übernimmt die englische Sprache, die alten Vergleiche. Auch die moderne Literatur beherbergt viele Anglizismen.
Die Lösung, meine Damen und Herren, liegt bei Ihnen. Wir alle können unseren Beitrag zur Erhaltung der deutschen Sprache leisten, in dem wir uns gegen bestehende Trends hinwegsetzten. Unterlassen Sie doch beispielsweise die Übertragung von gängigen englischen Chatabkürzungen und deren Eindeutschung. In „Der Kampf gegen Anglizismen- Das wär doch gelollt“ wird dies verdeutlicht. Dort wird aus Lol (Laughing out loud), das Verb „lollen“. Der Autor kommt natürlich gleich auf das deutsche Wort „lallen“, mir persönlich kommt eher das Wort „lullen“ in den Sinn. Also Vorsicht, Missverständnisse sind hierbei vorprogrammiert.

Also, ob Deutsch oder Englisch oder einfach Denglisch, es gibt kein Entkommen. Das habe ich auf meiner Flucht festgestellt. Aber auch ich habe Rettung gefunden. Gleichgesinnte sind dem Ruf der Sprache gefolgt und gefunden haben wir uns jetzt auch. Unser Beschluss ist so einfach wie simpel: Wir bauen ein Kloster und leben in Klausur. Wir sind der Orden der ohne Anglizismen oder wie wir in unserer Umgebung heißen „ Living without“. Das ist also das spektakuläre Ende meiner panischen Flucht. Umgeben von Ice Tea und Chips friste ich nun mein Leben in einer schönen gummierten Zelle.


© von S.H.


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Beschreibung des Autors zu "Deutsch ist Deutsch ist Englisch?!"

Unter zu Hilfe nahme folgernder Quellen, entstand dieser Erstling:

1) http://www.sueddeutsche.de/kultur/der-kampf-gegen-anglizismen-das-waer-doch-gelollt-1.804743
2) http://www.sueddeutsche.de/kultur/2.220/ueber-das-ende-der-sprache-wir-haben-fertig-1.160942
3) http://www.vds-ev.de/ag-denglisch-thema
4) http://www.zeit.de/2007/33/Aber_die_Maessitsch_ist_doch

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