Fälschlicherweise nimmt der Durchschnittsbürger an, von Geburt an legitim zu sein. Das ist jedoch falsch! Der Legitimationsprozess, den ein Mensch zu durchlaufen hat, ist sowohl strikt als auch geheim und letztlich ist das Endprodukt daraus, die Legitimationierung ein unschätzbares Geschenk, das man weder umsonst bekommt, das man zwar kaufen kann, das aber zuguterletzt, doch als eine ungeheure Zwangsvergünstigung angesehen werden muss.

Wer oder was ist eigentlich „legitim“? Jemand, der ungehindert Verbrechen begeht, aber nicht erwischt wird, weil er a). zu schlau, oder b). zu angepasst ist? Oder sollte er c): zu intelligent für die anderen sein und aus diesem Grund alles tun dürfen was er will? Am Ende ist es einer, der d). überhaupt nicht auffällt und deshalb alle Kontrollen übersteht? Ich war und bin nichts davon! Ich bin in Wirklichkeit gar nicht vorhanden, denn wenn ich es wäre,
dann würde man mich verachten!

Daß ich eine Persona non grata bin weiß ich schon. Das hat mich mein Leben lang verfolgt – und es ist auch nicht ganz einfach, diese Aufgabe pflichtgemäß zu erfüllen. Aber mir gelang das stets ohne weiteres. Mein Talent dafür ist unbeschreiblich gut, denn ich stehe grundsätzlich dafür ein, daß geltendes Recht außer Kraft gesetzt wird! Dafür kann man nicht legitimiert werden.

So war ich z.B. absolut lernunwillig – immer schon. Die einfachen Dinge des Lebens, die man braucht um mitspielen zu dürfen, gingen mir direkt am A... vorbei. Das wiederum verschaffte mir mit Leichtigkeit das Ansehens eines Vogelfreien – eines unnötig Freien also, der einen riesengroßen Vogel hat. Man lachte mich nicht nur aus, man gab mir unmissverständlich zu verstehen, daß ich, so wie ich war, unerwünscht war, bin, sein werde... Die Geschenke blieben also aus.

Zunächst einmal bekam ich als Kind kein Taschengeld. Und zwar egal, ob ich dafür arbeitete oder nicht, denn mit Geld konnte ich einfach nicht umgehen. Dann wurde mir verboten mich mit Mädchen zu treffen, denn mir war alles zuzutrauen – vermutlich hätte ich sie reihenweise geschwängert, denn ich konnte mit Mädchen einfach nicht umgehen...ebenso wenig wie mit mir selbst. Dafür hatte ich keine Legitimation.

Später bekam ich kein Geld in der Arbeitsstelle, denn ich hatte die falsche gewählt (den elterlichen Betrieb), denn ich war unfähig mir selbst eine Arbeitsstelle auszusuchen, in der ich dann vielleicht Geld für meine Arbeit bekommen hätte. Als ich jedoch eine eine Arbeitsstelle bekam, wo man mir versprach, ich würde nun ab sofort für geleistete Dienste entlohnt werden,
da überlegten es sich die Vorgesetzten, mich doch lieber um mein Gehalt zu betrügen, als mir eines auszuzahlen.

Dies geschah deshalb, weil ich nicht wirklich beurteilen konnte, wofür ein erwachsener Mensch überhaupt bezahlt werden kann – und weil ich keine Verantwortung für andere Menschen trug: Kinder usw. Ich blieb was ich immer war: eine Persona non grata. Den Prozess der Legitimationierung überstand ich nie! Später, sehr viel später, als es schon längst ZU SPÄT für mich war, begriff ich erst, zu welchen Bedingungen ein Person arbeiten muss, um legitimiert zu erscheinen...

Mir liefen plötzlich Meisterganoven (mit Zertifikat) über den Weg, staatlich geprüfte Umweltzerstörer, diplomierte Quällaborleiter, hochprivilegierte Mordgesellen, sowie respektabel dekorierte Meister in dieser Disziplin, und nicht zuletzt Ausredenerfinder in den besseren Kreisen der Gesellschaft. Endlich begriff was mir fehlte: der Witz! Meine Weltsicht hatte ich mir offenbar immer viel zu ernst gestaltet, so, daß nach außen hin der Eindruck entstehen MUSSTE, ich hätte von nichts eine Ahnung. In Wirklichkeit aber war dem tatsächlich so. Ich war viel zu naiv – ich glaubte an ein menschenwürdiges Sein. Das war illegitim!

Wer „ich“ bin, von dem ich mir hier zu erzählen anmaßte? Das weiß ich doch nicht! Ich habe mich mir aus den Fingern gesogen, jemand erfunden, den es entweder gar nicht geben kann, oder jemanden, der, wenn es ihn gäbe, schon längst jämmerlich ums Leben gekommen wäre. Ich machte meiner Fantasiegestalt ein illegitimes Legitimationierungsgeschenk. Diese Sagengestalt, von der ich sprach, ist ja um einiges viel zu abstrakt, um jemals existiert haben zu können... Und gerade dasss war wohl der Reiz für mich!

Komische Wirklichkeiten (Das Legitimationierungsgeschenk)

© Alf Glocker


© Alf Glocker


4 Lesern gefällt dieser Text.








Kommentare zu "Komische Wirklichkeiten (Das Legitimationierungsgeschenk)"

Re: Komische Wirklichkeiten (Das Legitimationierungsgeschenk)

Autor: axel c. englert   Datum: 10.08.2016 9:46 Uhr

Kommentar: Legitim ist immer gut!
(Wenn es auch nix nützen tut ...)

LG Axel

Re: Komische Wirklichkeiten (Das Legitimationierungsgeschenk)

Autor: Alf Glocker   Datum: 11.08.2016 8:10 Uhr

Kommentar: tatsächlich nützt uns garnix was -
wir finden daran großen Spaß!

LG Alf

Kommentar schreiben zu "Komische Wirklichkeiten (Das Legitimationierungsgeschenk)"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.