Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 246. Schritt

Wer oder was für wen oder warum eine Zumutung ist, das ist eine der elementaren Lebensfragen, die sich jeder schon einmal gestellt haben dürfte. Oft, wenn auch nicht grundsätzlich, treten sie in direktem Zusammenhang, oder auch in der Peripherie eines Themas auf, das uns alle intensiv dauerbeschäftigt: dem Sex.

Leider, wie auch zum Glück, gibt es gerade auf diesem Gebiet eine Unzahl von Auswahlkriterien, die uns in unglaubliche Verlegenheiten bringen können, sobald wir vergessen rigoros damit umzugehen. Denn einerseits ist hier ein Höchstmaß an Sensibilität gefordert und andererseits ein lockeres Über-alles-Hinweggehen, nur um der erfolgreichen Triebbefriedigung Genüge tun zu können.

Mutter Natur hat es nämlich genau so eingerichtet, daß viele, mehr oder weniger absichtlich, leichtfertig über ihren Schatten springen, um später dann feststellen zu müssen, daß sie sich auf unverantwortliche Weise geirrt haben. Da stellt der ästhetisch ambitionierte Mann bisweilen zögerlich fest, wie wenig das attraktive Äußere seiner mühevoll erworbenen Partnerin, ihrem Inneren entspricht, oder die, auf Zeichen des Erfolges beim Mann, getrimmte Frau, daß dessen behaupteter Rang nichts mit Talenten zu tun hat.

Ebenso kann es aber auch passieren, daß sich ein Gentleman von dem wenig ansprechenden Aussehen einer infrage kommenden Lady, dahingehend täuschen ließ, daß sie, aufgrund ihrer respektablen Abscheulichkeit, zum Ausgleich Verstand haben müsse. Einer feinen Lady hingegen kann es jederzeit passieren, einem Gentleman ihr Herz geschenkt zu haben, der zwar talentiert, aber keineswegs erfolgreich ist. Für Irrtümer ist eben immer genug Raum zur freien Entfaltung gegeben.

Dem Schicksal gelingt es daher mühelos, stets die von ihm gewollte Mischung zu erreichen, die ein gesundes Chaos für die Überraschungen benötigt, die uns so ein Leben bieten möchte. Ein eventuelles, spätes Erwachen spielt dabei keine erhebliche Rolle mehr – Hauptsache, die Weichen sind gestellt, die Härten ermöglicht und die Unausweichlichkeit unerwarteter Ereignisse gewährleistet!

Das Ende vom Lied ist die Quintessenz, daß man uns schlichtweg alles zumuten kann, darf und soll, wenn nicht gar muss! Dies dürfte eine der größten irdischen Weisheiten sein, die man sich nur denken kann. Auch Politik und Geistlichkeit haben das längst erkannt, weshalb sie, seit Ewigkeiten, in der uns, genau entsprechenden Richtung tätig sind, damit wir es gut haben und auch sie Guthaben ansammeln können.

Betrachten wir, voller närrischer Heiterkeit, welche Früchte das treibt: alles wird durcheinander gewürfelt! Dumm kommt zu dreist, Nett gerät an Sadistisch, Primitiv biedert sich Feinsinnig an und Wild trifft auf kulturell Hochstehend. Denn nur so kann er entstehen, der heilsame Sumpf, der immer wieder Wanderer auf allen möglichen Grenzgängen verschluckt, um sie als Zombies wieder auferstehen zu lassen.

Allein darin liegt das Heil und die Glückseligkeit – zumindest, wenn wir uns die Sache human zu erklären versuchen. Immerhin sind wir, als „denkende“ Wesen auf Erklärungen angewiesen, die scheingar schlüssig sind. Erfindungen zur Rettung unserer armen Seelen sind dringend erwünscht! Diese und vor allem ein paar sinnlose Allgemeinplätze, als Ausreden, damit das zusammen gemurkste Gesamtbild stimmig erscheint!

© Alf Glocker

© Alf Glocker

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Angélique Duvier

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