Gewichtiges Argument

Es war im Dezember 1986. Ich hatte von meinem Betrieb für acht Tage einen FDGB-Urlaubsplatz bekommen. Diesen wollte keiner haben, da er nur 15 km von unserem Wohnort entfernt, in Oberhof, war. Das Besondere daran war,
dass das Hotel „Panorama“ ein Interhotel war. Also in einer gehobenen Klasse.
Zurück geben wollte man diesen Platz nicht, sonst hätten dies im nächste Jahr kine Kürzung an Ferienplätzen, zur Folge gehabt. Man überzeugte mich, diesen Urlaubsplatz zu nehmen.
So fuhren meine Frau, unser sechsjähriger Sohn, und ich, mit dem Bus in den Winterurlaub nach Oberhof.
Im Hotel angekommen, es war noch früh am Tag, meldeten wir uns an der Rezeption. Eine freundliche Dame begrüßte uns herzlich.
Unseren Kleinen fragte sie, ob er sich aufs Schlittenfahren freue, was er natürlich bestätigte. Da wir zeitig angereist waren, hatten wir die freie Zimmerauswahl. Aber die Dame fragte nicht uns, sondern unseren Jungen. Sie meinte, es gäbe ein Zimmer im der ersten Etage, aber auch eines in der achten. Und im gleichen Atemzug gab sie meinen Sohn zu verstehen, dass es ja einen Fahrstuhl gebe. Mit dem Wort Fahrstuhl war natürlich die Sache geklärt. Ab sofort wohnten wir in der achten Etage.
Das Hotel war voll belegt, sodass viele Gäste mit dem Fahrstuhl fahren wollten, besonders zur Frühstückszeit.
Unser Sohn hatte eine Sache schnell mitbekommen. Wenn der Lift überlastet war, ruckte er kurz an, dann erklang ein Signalton. Dieser besagte, dass Gäste aussteigen müssen, weil der Fahrstuhl überlaststet war.
An einem Morgen wurde es wieder einmal eng. Wir stiegen ein, und der Fahrstuhl bewegte sich nach unten. In einer der unteren Etagen blieb er stehen, da noch andere Gäste zusteigen wollten.
Unser vorwitziger Sohn sah die Zusteigenden, und sagte vorlaut: „Ihr dürft nicht rein, ihr seid zu schwer.“ Die Angesprochenen gaben aber nichts darauf. Sie traten in den Fahrstuhl. Die Türen schlossen sich. Der Aufzug ruckte an, und das erwähnte Signal erklang, und die Fahrstuhltür öffnete sich wieder.
Mein Sohn sagte zu den Leuten: „Ich habe euch doch gesagt, ihr seid zu schwer.“ Es kam zu einem Gelächter der Gäste, die sich im Fahrstuhl befanden. Die Angesprochenen jedoch stiegen beleidigt aus.
Für unseren Kleinen hatte die ganze Sache aber auch Vorteile, er bekam immer mal etwas Süßes zugesteckt.
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© DG-Dieter Geißler - Alle Rechte beim Autor


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Kindermund

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Kommentare zu "Gewichtiges Argument"

Re: Gewichtiges Argument

Autor: Verdichter   Datum: 28.07.2018 11:22 Uhr

Kommentar: Danke, dass du uns an dieser netten Geschichte teilhaben lässt!

Gruß, Verdichter

Re: Gewichtiges Argument

Autor: Dieter Geißler   Datum: 28.07.2018 11:48 Uhr

Kommentar: Danke für euere Nachrichten. Bin jetzt einmal dabei, für meine Großen (38/34), Anekdoden von den Kindern und von uns, zur Erinnerung aufzuschreiben.
Man hat ja in den Jahren soviel erlebt. Es werden sicher noch einige kommen.

LG Dieter

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