MÄRZ – aus meinem anarchischen Notizbuch

© Ulinik

Sonntag, 3.3.24 - am Nachmittag

Gelb begann der Morgen, als ich um 10 Uhr aus dem Küchenfenster zum braun-verwaisten Gemüsebeet meiner Nachbarin hinausschaute. Gelb flatternd und noch viel früher als an jenem Tag vor nunmehr 12 Jahren, als mein Vater am 15. des Monats März mir mit einem gelb winkenden Zitronenfalter Zeichen gab, die ich erst viel später als ENGELPERLE zu deuten verstand.

Ich liebe diese besonderen Momente inneren Einsseins, diese Brücken zwischen Dies- und Jenseits, die uns auf magische Weise anzeigen, dass es im Himmel keine Trennung gibt.

Neun Tage früher im Jahr als damals begegnete mir heute dieses geliebte Zeichen, dieses nur für mich persönlich gedachte Symbol einer liebevollen und ewigen Verbindung zwischen meinem Vater und mir.

Jetzt - an diesem frühen Märznachmittag - sitze ich zum ersten Mal in diesem Jahr auf der Terrasse in der Sonne und lasse mir von unserem größten Lebensspender die Haut streicheln. Das wärmende Licht trifft mich netzartig verschattet vom Astwerk des mitten im Garten thronenden Kirschbaums.

Ein Rotkehlchen schmachtet mit seinem dicht perlenden Liebeslied seine Artgenossen an. Wie hüpfende Wassertropfen erfrischen die zarten Töne auch mein Gemüt.

Auf der nahen Durchgangsstraße brummt der gemütliche Sonntagsverkehr. Mitten im Strom der Ausflügler gibt hin und wieder ein Motorradfahrer am Ortsausgang seiner Maschine die Sporen und überlässt sich dem sonnengenährten Rausch der Geschwindigkeit.

Frühling lässt sein lichtes Blau ...

nicht nur flattern durch die Lüfte, sondern treiben aus den Trauben der kleinen aus dem Boden spitzenden Hyazinthen.

Eine Taube fliegt mit lautem Flügelklatschen vom First des Nachbarhauses hoch in die Luft, bis sie sich am höchsten Punkt entspannt in einen großen Bogen herabfallen lässt, an dessen Ende sie erneut ihre Flugmuskeln betätigen muss, um wieder Höhe zu gewinnen.

Rundherum fiept und zwitschert es. Ein paar Krähen untermalen den fröhlichen Gesang mit krächzenden Lauten, die dem feinen Klangteppich einen groben Unterstramin bieten.

Jeder meiner vielen Frühlingsanfänge ist wieder neu. Und je öfter ich sie erlebe, desto intensiver werden sie.

Wie viele werden es wohl noch sein?


© Ulinik


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Beschreibung des Autors zu "MÄRZ – aus meinem anarchischen Notizbuch"

Gedankengänge wie dieser begleiten mich oft, wenn ich draußen auf der Terrasse sitze. Dann hole ich mir mein "Anarchisches Notizbuch" und schreibe sie auf.

Den Begriff "Anarchisches Notizbuch" übernahm ich von Hanns-Joseph Ortheil aus dem Buch "Kreatives Schreiben - Schreiben dicht am Leben" (Duden-Reihe).




Kommentare zu "MÄRZ – aus meinem anarchischen Notizbuch"

Re: MÄRZ – aus meinem anarchischen Notizbuch

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 08.03.2024 15:15 Uhr

Kommentar: Hallo Ulinik,
einfach beobachten und genießen. Wunderbar.

Dein "anarchisches Notizbuch" hat übrigens einen Ur-Ur-Ur-Vater mit den Sudelbüchern des G.Chr. Lichtenberg ( 1742 -1799).
Frau Google weiß da mehr.
LG
Wolfgang

Re: MÄRZ – aus meinem anarchischen Notizbuch

Autor: Ulinik   Datum: 09.03.2024 8:28 Uhr

Kommentar: Danke Wolfgang, toller Tipp!

Ja, genau so! Man hat ja so vieles, was einem mal so durch den Kopf wandert und wenn man es nicht verlieren möchte, kommt es ins anarchische Notizbuch. Meines ist bereits das vierte dieser Art und ich überlege, das nächste "Sudelbuch" zu nennen. Knackig und markant! In meinen Sudelbüchern finden sich anarchische Gedanken zu allem, was es gibt, Träume, ungeschriebene Briefe, Erlebnisse, Synchronizitäten (die ich SINN-KRONEN nenne), Zitate aus den vielen Büchern, die ich lese. Wobei die eigentlich ein gesondertes Buch füllen. Das ließe sich hier auch mal aufgreifen. Dieses Buch enthält das, was ich als "Literaturschnipsel" bezeichne. Kleine Auseinandersetzungen mit Textstellen aus großartigen Büchern.

Wie gesagt, danke für den wertvollen Tipp!
LG Ulrike

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