Abschied vs. Neubeginn

Nur noch sechs Tage und Ich sitze wieder im Flieger.
Wirklich nur noch sechs Tage .
Die Zeit rennt jetzt, komisch vor ein paar Monaten da stand sie noch Still.
Und jetzt heißt es jeden Tag ein Abschiedsessen, ein Abschiedscocktail.

Letzten Sommer bin ich nach über acht jahren wieder zu meinen Eltern gezogen.
Zurück ins kleine Kaff, ins Kinderzimmer, dass eher einer Abstellkammer gleicht.
Mein Papa hat mir sogar ein Regal für meine Bücher ins halb zerfallene Ehebett meiner Urgroßeltern gestellt. Eine komische aber zweckmäßige Konstruktion.

Ja, meine Bücher, Filme, Fotoalben und ein paar Klamotten das ist jetzt all mein materieller Besitz.
Der letze Abend in meiner Wohnung, wir tanzten durch die leeren Räume.
Packten die letzten Sachen in Kartons, tranken dabei Cocktails aus Plastikbechern, dafür aber ohne Eis.
Irgendwie unser Umzugsritual.

Mein Kühlschrank war wie der Rest der Möbel verschenkt worden.
"There is a light that never goes out" mitgröhlend hüften wir durch meine Bude.
Schliefen in Schlafsäcken auf hartem Boden.
Diese Nacht gehörte nur uns meine Schöne.
Ich weiß du vermisst mich jetzt schon, dass merke ich bei jeder Begegnung.
Und es tut mir Leid.
Aber du weißt die Beste Freundin kann man nicht ersetzen, und wir werden uns nie aus den Augen verlieren, auch wenn uns bald Ozeane trennen.

Es ist komisch wieder im Elternhaus zu wohnen, führte doch gerade die Distanz zu unserem sehr guten Verhältniss.
Aber ich fühle mich unter eurem Dach wohl, wir verstehen uns sehr gut.
Und so endecke ich viele Plätze meiner Kindheit ganz neu.
Die Abgeschiedenheit nervt mich zwar genauso wie damals, aber die Natur hier ist einmahlig.
Ich jogge durch große Waldgebiete, an Stauseen und am Kanal, der sich durch Wiesen und Felder schlengelt.
Mein Sportlerherz ist ganz entzückt, meine Kondition auch.
Einmalig,vertraute Orte mit ganz anderen Augen zu sehen, mit ganz anderen Sinnen zu erleben.

Vieles verändert sich, mein Bruder wird bald zum ersten mal Vater, der Bauch seiner Freundin ist mittlerweile Kugelrund.
Meine Mum macht Witze dass ihr " Punker jetzt Spießig wird".
Aber sie freut sich Oma zu werden.
Ich werde meine Nichte erstmal nur auf Fotos sehen.
Mein Bruder ist so besorgt und sanft geworden, zu Weinachten schenkte er mir ein Buch zum Überleben in der Wildniss, als würde ich die Zivilisation komplett verlassen wollen.

Seit über einem Monat arbeite ich nun nicht mehr als Krankenschwester.
Den ganzen Papierscheiss zum Auswandern hab ich erledigt, jetzt lebe ich nur so in den Tag hinein.Lange Wachbleiben, lange Schlafen.
Früher habe ich so was nicht gemocht, aber jetzt braucht das mein Körper wohl einfach.
Manchmal ist die einzige Körperliche Betätigung die ich habe Sport und etwas Hausarbeit. Abends geh ich dann was trinken oder ins Kino genieße die Gesellschaft meiner Freunde.

Es tut irgendwie gut nicht mehr funktionieren zu müssen, ich weiß in Australien muss ich mir schnell einen Job besorgen. Ich habe zwar eine gute Rücklage an Erspartem aber ich will auch viel Reisen und Sehen.
Vieleicht nach einem Jahr noch nach Asien oder erstmal kurz zurück nach Deutschland.

Egal wie ich mich entscheide, und auch wenn mein ganzer Besitz jetzt in einen Koffer passt habe ich ganze viele Leute die mich wieder auffangen wenn ich zurückehre.
Das ist Beruhigend.

Ein Neubeginn, der war nötig und ich glaube manchmal muss man sein Leben komplett umkrempeln, alles rausschmeissen und neu Starten.
Egal ob weit weg oder hier, es ist alles Neu.


© mermaidgrrrl


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