Nico saß auf der Straße, die Beine gekreuzt. Er hatte eine alte Stoffdecke über den Beinen liegen, sie war löchrig. Rechts neben ihm lehnten eine Plastiktüte und ein alter Eimer an einem Pfosten. Es war alles was er hatte. Ein Pappbecher stand vor ihm, leer. Eine alte Wollmütze bedeckte seinen Kopf. Wenn er ausatmete, tanzten weiße Wölkchen vor seinem Mund. Auf den kahlen Bäumen in der Mitte der Straße lag eine dünne weiße Schicht. Der Boden war kalt, seine Nase von der winterlichen Luft rot. Auf der Straße vor ihm tanzten Fußgänger vorüber. Er hörte ihr Lachen und ihre Worte, wie sie von den Gebäuden links und rechts der Straße abprallten und dumpf ihren Weg zu ihm fanden. Bunte Plastiktüten glitten eilig an ihm vorbei, voll gestopft. Hektik lag in der Luft. Die Laute der Menschen fügten sich zusammen zu einer leisen Melodie im Hintergrund. Abwesend starrte er vor sich hin, fixierte das bunte Treiben. Es verschwamm zu einem stetigen Strom verschiedener Farben, rückte in die Ferne und vergaß ihn. Jemand setzte sich neben ihn auf den Boden. Nico sah auf. Der junge Mann kreuzte seine Beine, sah ihn an. Nico fixierte ihn, misstrauisch. Der Mann öffnete den Mund und sprach. Er fragte, ob er Nicos Eimer benutzen durfte. Nico zuckte die Achseln, starrte den Mann an. Er nahm den weißen Plastikeimer, klemmte ihn sich zwischen die Beine. Nico verschränkte die Arme vor der Brust. Der Mann begann mit den Händen auf die Unterseite des Eimers zu schlagen. Gleichmäßig, rhythmisch. Nico starrte ihn aus grauen Augen an. Der Mann trommelte weiter, störte sich nicht an den Blicken der Fußgänger. Lächelnd hörte er auf. Fixierte Nico, der den Blick nicht von ihm genommen hatte. Der Mann nahm den schwarzen Hut von seinem Kopf. Er legte ihn mit der geschlossenen Seite nach unten auf die Straße. Nico starrte auf den Hut. Er hörte, wie der Mann weiter auf den Plastikeimer trommelte. Der Wind trug das Geräusch über die Fußgänger hinweg. Ein Geldstück klimperte, fiel mit einem dumpfen Geräusch in den Filzhut. Nico hob den Blick, sah ein kleines Mädchen. Es trug ein rosa Kleid. Er drehte den Kopf zu dem Mann mit dem Eimer. Er schlug rechts, links, auf das weiße Plastik. Auf der anderen Seite nahm jemand neben Nico platz. Ein Mann mit Bart und Brille. Er hielt eine Gitarre in den Händen, begann zu den Trommelklängen zu spielen. Gitarre und Trommel vermischten sich. Der Gitarrist begann zu der Melodie zu singen. Nico musterte ihn. Eine Frau mit braunem Haar ließ sich neben dem Gitarrist auf die Straße fallen. Sie sang mit. Nico sah in ihre braunen Augen. Vor ihm klimperten Münzen. Menschen standen da, in einem Halbkreis um sie herum, lauschten der Musik. Nico fuhr sich mit der Zunge über die blauen Lippen. Ein Mann trat vor, aus seiner Hand fielen Geldstücke in den schwarzen Hut. Die Zuschauer nickten mit den Köpfen zur Musik, wippten mit den Füßen. Nico saß wie versteinert da. Eine Frau trat vor, warf Kleingeld in den Hut. Es klimperte, als mehr Münzen darin landeten. Dann riss die Musik ab. Gitarre, Trommel und Gesang verstummten. Menschen traten vor, warfen Geld in den Hut, lächelten und gingen, langsamer jetzt. Sie schienen nicht mehr in Eile. Die Männer und die Frau standen vom Boden auf. Nico bekam seinen Eimer wieder. Der Trommelspieler nahm seinen Hut, legte ihn Nico auf die Beine. Er lächelte, die anderen beiden auch. Arm in Arm gingen sie, mischten sich unter die anderen Menschen. Nico starrte auf den Hut und die Münzen. Er hatte etwas sagen wollen, aber er wusste nicht was. Er legte seine kalten Hände an den Hut, sah wie in Trance auf das Geld. Er formte seine Lippen zu einem lautlosen Danke. Menschen zogen an ihm vorbei. Es schien ein bisschen wärmer geworden zu sein.


© GirlLulu


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Beschreibung des Autors zu "Die Welt ein Stück besser machen"

Inspiriert hat mich ein Video von be japy ev., einem Verein der Hilfsbedürftigen hilft und Anfang Juli gegründet wurde. Es geht dabei nicht um Kommerz oder zwangsläufig um Geld, sondern hauptsächlich darum, ein Zeichen zu setzten und den Menschen zu zeigen, wie leicht es ist anderen zu helfen.

http://bejapy.wordpress.com/uber-uns/




Kommentare zu "Die Welt ein Stück besser machen"

Re: Die Welt ein Stück besser machen

Autor: noé   Datum: 29.07.2014 22:29 Uhr

Kommentar: Sehr eindrucksvoll...
noé

Re: Die Welt ein Stück besser machen

Autor: GirlLulu   Datum: 30.07.2014 9:16 Uhr

Kommentar: Danke :)

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