„Welche Sprache war das?“, wollte Nath wissen. Sakura grinste. „Koreanisch“, antwortete sie. „Wie viele kannst du?“, fragte Nath weiter. Sakura sah ihn abschätzend an. „Von Deutsch mal abgesehen, kann ich Englisch und Französisch recht gut. Etwas Spanisch und ein paar Bröckchen Koreanisch und Latein sind auch drin. Eins meiner Hobbys halt, ich bring mir momentan Spanisch selber bei“

Ingo lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, indem er sich aufrichtete. „Wenn es euch nichts aus macht, würde ich jetzt gerne mit euch einen Schritt weiter gehen. Werdet euch kurz bewusst, warum ihr hier seid. Was ihr verarbeiten wollt und wie viel ihr davon mit den hier versammelten besprechen wollt“ Akiko schluckte. Klang super.
„Alle die ihr hier seid, habt ihr etwas gemeinsam. Alle habt ihr etwas schlimmes erlebt und wollt es verarbeiten“
Er ließ die Worte sacken. Sah jeden einzeln an und hob dann wieder zu sprechen an. „Hat einer von euch etwas dagegen, mit den hier anwesenden zu sprechen?“, fragte er und Sakura sah alle einzeln an. „Woher weiß ich, dass das hier besprochenen nicht auf Facebook landet?“, fragte sie und lächelte, als sie die Gesichtsausdrücke der anderen sah.
„Hand hoch wer Facebook hat“, meinte Leyla und alle Hände bleiben unten. „Dann sag ich ganz spontan, lasst uns einen Schwur ablegen“ Sie stand auf und strecke eine Hand in die Mitte. „Alles was wir hier besprechen, bleibt unter uns“
Sakura stand auf und legte ihre Hand auf Leylas. Akiko stellte sich dazu und legte ihre Hand auf Sakuras. Alvin und Nath taten es ihnen gleich. Ingo legte seine Hand ganz oben auf. „Ich schwöre es“, sagte Ingo. „Ich schwöre es“, wiederholten die 5.
Grinsend setzten sie sich wieder.

Akiko bemerkte, dass alle hier in diesem Raum irgendwie… anders waren, nicht wie die Kichererbsen, Labertaschen, Machos und Arschl****r aus ihrer Schule. Auch wenn sie nicht die ›Normalos‹ waren. Sie hatten wie sie nicht mal Facebook.
Sakura fing ihren Blick. »Ich glaube, ich spreche sie nach der Runde hier mal an«, dachte sie sich.

„So“ Ingo lehnte sich vor. „Da wir mit Akiko angefangen haben, beginnen wir jetzt mit Sakura“, sagte er lächelnd und Sakura grinste. „Es reichen ein zwei Wörter als Stichpunkt“
Sakura holte nickten tief Luft. „Psychosomatik“, sagte sie und alle sahen sie verwirrt an. Sie grinste. „Schlechte Kindheit und Mobbing“ Akiko verzog das Gesicht.
»Sie sieht nicht aus wie jemand den man mobbt, aber wer tut das schon…? Ich seh für die bestimmt auch nicht wie ein typisches Mobbingopfer aus«

Sakura sah Alvin an. Er knetete seine Finger, dann seufzte er und sprach es aus. „Als ich 5 war hat sich meine Mam sich vor unseren Augen umgebracht“, erzählte er dem Boden und schloss dann kurz, wahrscheinlich sich beherrschend, die Augen.
Sakura legte ihre Hand auf seinen Arm und drückte ihn kurz. Er sah sie dankend an. „Ja, ja“, sagte er mit brechender Stimme und schniefte. „Das muss weh tun“, sagte Nath kopfschüttelnd und Alvin nickte nur stumm.

„Bei mir ist es nur totales Mobbing. Besonders übers Internet, deswegen hab ich kein Facebook, Twitter und Co. nicht mehr“, sagte Nath. „Mobbing? Dich?“, fragte Sakura erstaunt. Nath seufzte. „Jap“, sagte er nur und Sakura nickte verständnisvoll. „Ging mir auch so. Das tut weh, obwohl man es nicht an sich heran lassen will“, meinte sie und Nath schluckte schwer.
Akiko sah einen Schmerz in Sakuras Augen, der ihr bekannt vor kam. „Das sie einen wie eine giftige Plage behandeln, ätzt an. Und die, denen man anfangs vertraut, sind ganz plötzlich nicht mehr deine Freunde. Deine Geheimnisse sind ja sowas von sicher…“, sprach sie ihre Gedanken aus und Nath schloss die Augen. Leyla nahm seine Hand. „Jetzt bist du hier und wir helfen dir“, sagte sie. „Und das ist kein dummer Spruch“, bekräftigte Sakura. Akiko lächelte sie an.
„Ist nur echt schwer jemandem zu trauen, wenn man vorher niemandem vertrauen konnte“, gestand Nath und Sakura nickte. „Deswegen bin ich noch singel“, scherzte sie und alle lachten.

„Lelya?“, führte Ingo weiter. Leyla atmete laut aus. „Drogen“, sagte sie und schluckte. „Meine Mam ist Drogenabhänging. Ich lebe bei meiner Tante und die sieht mich nur als keine Bitch von einer drogenabhängigen Hure“ Sakura verzog das Gesicht. „Aua“, kommentierte sie voll mit Gefühl. „Sprich Misshandlung und Verachtung?“, fragte Nath. Leylas Blick beantwortete seine Frage.
„Mit 16 bin ich bei meinem Freund eingezogen“, sagte sie und sah Akiko an. Sie spürte wieder die Unsicherheit in sich. „Mobbing“, brachte sie heraus. Es schnürte ihren Hals zu.

„Akiko?“, fragte Ingo und sie drehte langsam den Kopf. „Mobbing aufgrund…“ Sie schloss die Augen und sah wieder das Feuer vor sich. Plötzlich spürte sie wieder die Hitze auf der Haut und sie berührte ihre Stulpen.

Panik kam wieder in ihr auf. Ein Krachen. Sie zuckte zusammen. Ein Schrei… „Mam? Mam? MAM!“ Schmerz stach ihr ins Herz. „MAM!“

Akiko stand auf. Dabei fiel der Stuhl um. Sie legte ihren Kopf an die Wand und versuchte ihre Erinnerung zu verdrängen. Ihre Hände zitterten.

Kaori kam ihr entgegen gerannt. „AKI!“ Sie umfasste sie fest. Saeko fing ihren Blick. „Wo ist Mam?“

„…Das alles vergeht und tut nicht mehr weh
Ist bald schon vergangen, geschmolzen wie Schnee!…“, summte sie und versuchte sich Eriks Stimme ins Gedächtnis zu rufen.
„Akiko?“, fragte Ingo voll Sorge. „Ich kenn das Lied“, sagte Sakura. Eine Hand legte sich auf Akikos Schulter.
„Nichts ist für immer und ewig
Die Angst nicht und die Wunden
Sind für immer und ewig gemacht “, sang Leyla und Akiko drehte den Kopf. Sakura stand neben ihr. In ihren Augen lag eine Tiefe die Akiko erschauern ließ.
„Nichts ist für immer und ewig
Die Schatten werden weichen
Und die Sonne steigt auf aus der Nacht!“, sang Leyla weiter. „Nichts ist für immer von Subway to Sally“ Akiko nickte. „Ich versuch immer mit Musik meine Gefühle zu ordnen“, erklärte sie. Sakura grinste. „Dann nimm dir Erik zu Herzen“, sagte sie und räusperte sich. „Du bist nicht allein!“, sang sie und Leyla wiederholte grinsend. „Du bist nicht allein!“ Akiko grinste. „Es ist nicht zu spät! [Es ist nicht zu spät!]
Du bist nur ein Teil dieser Welt, die sich dreht !“ Sie atmete tief durch. „Nichts ist für immer und ewig... “, sang Leyla. „Nichts ist für immer und ewig...“, sangen die drei Mädchen zusammen.

„Gehts wieder?“, fragte Sakura behutsam. Akiko nickte. „Dann setzt dich und versuch uns zu sagen was los ist“, meinte Ingo. Akiko wurde wieder unsicher. Sie lehnte sich an die Wand. „Ich…“, begann sie. Sakura nahm ihre Hand. „Ich blieb lieber hier stehen“, meinte sie zaghaft.
Fieberhaft versuchte sie in Worte zu fassen, warum sie solche Zusammenbrüche hatte. „Atme tief durch“, ermutigte Sakura sie. Akiko holte tief Luft. „Meine Mam war das wichtigste in der Welt für mich“, begann sie und sah das alle ahnten was ungefähr folgte.
Alvin schluckte und hielt ihren Blick fest.

„Wir gehen immer segeln“, meckerte Saeko. „Lasst uns doch auf einen Hof und reiten lernen!“, schlug Kaori vor. „Ja, als ob ich reiten lernen will!“, brummte Saeko. „Dann nehmen wir eine Ferienwohnung und machen einen Stadtausflug. In Köln oder Hannover!“, schlug Akiko vor. „Das is cool!“, rief Saeko.

„Wir hatten Ferien…“ Tränen schossen Akiko in die Augen. „Ich… Die Ferienwohnung war toll. Wir haben ein Lagerfeuer gemacht. Im Garten…“ Sie sah Ihren Bruder vor sich wie er als Indianer verkleidet um das Feuer hüpfte. „Das Feuer war aus! Wir haben DREI Eimer darüber geschüttet damit es AUS ist…“ Sie zitterte und drückte Sakuras Hand.

„Kaori?“ Akiko hustete und schob sich zur Tür. Im Nebenraum war totales Chaos. Die Decke war herab gestürzt und hatte das Sofa begraben. Feuer war überall. Dann sah Akiko die Hand die unter einem der Balken aus dem Haufen hervorragte. Um das Handgelenk lag das Armband, dass Akiko ihrer Mutter geschenkt hatte.
„Mam?“, hauchte Akiko und stürzte zu ihr. „Stopp! Das ist gefährlich!“, rief jemand hinter ihr. „MAM! Nein!“ Akiko griff nach dem Armband. Es war glühend heiß, doch sie löste es vom Arm ihrer Mutter und hielt es fest.
Zwei starke Arme zogen sie aus dem Raum. Sie wehrte sich nicht.

„Sie war in ihrem Raum eingeschlossen… Sie hämmerte gegen die Tür… Dann ist der Boden durch gebrochen und hat sie im Feuer begraben…“ Akiko zog die Stulpen von ihren Händen.
Sakura holte scharf Luft. In Akikos linker Handfläche war eine Brandwunde, die das Muster des Armbands ihrer Mutter ergab. ›Aki‹ stand spiegelverkehrt auf den Abdrücken der Plättchen. Akiko drehte den Arm. „Ich hab ihr das Armband abgenommen, bevor ich zum Krankenwagen getragen worden bin“, sagte sie mit plötzlicher Gleichgültigkeit. „Mein ganzer linker Arm ist verbrannt“
Sakura strich über die Narben an ihrem Arm. „Oh man…“, sagte sie und Akiko seufzte.


© Emi Takara


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Beschreibung des Autors zu "2. Feuersturm"

Das war das erste Kapitel von Akikos Geschichte. Einen Namen für das "Buch" - wenn es eins wird, mal sehen - hab ich noch nicht. Vielleicht hat ja jemand Vorschläge?
Im großen und Genzen soll es um Akiko und Sakura gehen, die zusammen ihre "Schiksalsschläge" überwinden.
Das nächste Kapitel schreibe ich aus Sakuras Sicht. Es geht natürlich nach der Gruppenrunde weiter

Ich hoffe es gefällt

LG
Emi Takara




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