Sie ist so sanft. Erst bewundere ich sie, dann möchte ich sie immer wieder sehen, könnte ihr endlos zuhören, zuschauen. Ich verliebe mich in sie, werde eifersüchtig auf jeden, dem sie den sanften Blick ihrer Augen schenkt.
Überirdisch kommt sie mir vor, wie weder klinikbedingte Hektik noch patientenangstausgelöste Panik den ruhigliebevollen Ausdruck ihres Gesichts verzerren können. Sie strahlt einfach die anscheinend unerschütterliche Zuversicht ihres Herzens aus, gelegentlich von einem Lächeln begleitet. Gegen die Sanftheit ihrer Augen bleibt alles Böse absurd.
Mein Herz überschlägt sich, als mir zum ersten mal in ein persönliches Gespräch mit ihr gelingt. Gottseidank sie liebt Musik. Wir verabreden uns, zum Chopin-Abend im Alten Bahnhof – ein Geheimtipp für Musikfreunde. Wir treffen uns jetzt öfter, mal zum Spaziergang, mal zum Tee im Allegro...
...und in meiner Werkstatthinterhofdachterrassenwohnung, so nahe bei der City und doch entrückt, fern von all dem Zeug das ich nicht mag. Sie bewundert die Hibiskusblüten, schnuppert am Oleander.
Zug um Zug tauschen wir unsere Geschichte aus. Es sind – jeweils – Frauengeschichten. Familienkram, Männerfrust, Sehnsuchtsbekenntnisse.
Vorsichtig lernen unsere Hände sich kennen, dürfen Fingerkuppen über Arme streichen, Handflächen Haar berühren. Wir sitzen nebeneinander, unsere Knie und Oberschenkel kommen manchmal in Kontakt. Und ich ziehe ihren Duft tief durch die Nase ein, unbemerkt bin ich ihr dabei so nahe, erregt ein wenig, aber auch beruhigt, immer sicherer, dass ich sie liebe.
Vertrauter von Mal zu Mal unserer gemeinsamen Zeiten dürfen sich unsere schüchternen Körper ein wenig mehr aneinanderspüren, schenken wir einander weiche Küsse, gleiten Hände genießend über textilbedeckte Flächen.
Wie besorgt sind wir doch mit unserer Furcht vor Zurückweisung, dass zerstört werden könnte was so zart gewoben wurde.
Bis nach einem langen Sommerabend sie bei mir zu übernachten beschließt und wir endlich im Bett aneinaderkriechen, einander umschlingen wie um uns in der anderen zu verbergen, unsere Haut drücken und reiben lassen damit sie sich der anderen versichern darf, unseren Lippen jede Entdeckung erlauben und unsere Zungen an der Süße der Geliebten satt werden.
Sie ist nicht mehr sanft, meine Geliebte. Ausgelassen, leidenschaftlich, heiß, begehrend, fordernd, ausgehungert, so sehr, dass ich ihren Mund fürchte und liebe zugleich, ihn stillen muss bevor er mich einverleibt.
Gefühlsduseleien
Ein Tag brachte Enttäuschungen.
Gescheiterte Versuche,
warfen kalten Schnee auf die Gedanken.
Träume sprangen aus den Wolken,
sie brachen sich beinahe das Genick,
doch sie [ ... ]
Wir sind beauftragt gar nichts zu erreichen.
Wir leben nur, damit halt Leben ist –
Wir kriechen feige, lassen uns erweichen
und sehen zu, daß man so schnell [ ... ]