Nach den unerfreulichen Erlebnissen auf der Insel Krk bot sich im Spätsommer des gleichen Jahres noch einmal die Gelegenheit einer kleinen Auszeit für Eva und mich.Ein mehrtägiger Trip in Form einer Alpen-Tour mit dem Motorrad ins schöne Nachbarland Frankreich stand auf dem Programm.
Da das letztendlich schwer ramponierte und nicht mehr brauchbare Nylonzelt aus dem Kroatienurlaub den Weg Richtung Mülltonne angetreten hatte,war ich auf der Suche nach kurzfristigem aber auch tauglichem Ersatz.
Der Zufall wollte es,dass just in diesen Tagen meine Schwester Silke und mein Schwager Dieter von einem mehrwöchigen Zweiradurlaub aus Norwegen zurück kamen.Sie boten mir spontan an,ihre kleine 2- Personen-Baumwoll(!)-Schlafstube mitzunehmen,welche sich auf dem mitunter recht nassen Nordtrip wohl allerbestens bewährt habe.
Vorgeschädigt durch viele teils auch sehr unschöne Erinnerungen an vergangene Bodenseebaumwollzeltereignisse ,wollte ich ganz auf Nummer sicher gehen.Folgender,kurz und bündiger,Dialog entspann sich nachfolgend zwischen zwei Schwagern.
Schwager 2 (meine Wenigkeit):"Das Teil ist wirklich dicht?"
Schwager 1 (Dieter):"Natürlich"
Schwager 2 :"Ohne Spaß?"
Schwager 1 :"Ohne"
Ich hätte damals wohl besser auf die Stimme des kleinen Mannes in meinem Ohr hören sollen,die mir beständig zuflüsterte,dass ich lieber die Finger von dem hochgelobten Zelt lassen solle.Der studentische Sparfuchs in mir war aber stärker(ein Neues war zu teuer)und so kam es wie es kommen musste.
Der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit geschuldet brachen Eva und ich im Morgengrauen des ersten Urlaubstages auf .Wir düsten über die für Zweiräder monotone deutsche Autobahn und später dann über französische Routes Nationales in Richtung gelobtes Kurvenland,den Alpen.
Das Wetter war traumhaft schön und meine Grüblerei ob der getroffenen Entscheidung bezüglich der Aussagen von Dieter,löste sich mehr und mehr in Luft auf.
Meine Gelassenheit hielt auch da noch an ,als sich am fernen Horizont ein näher ziehendes Gewitter ankündigte.Denn auf meinem Gepäckträger sicher verzurrt schlummerte ja ein total zuverlässiges Zelt.
Am Ende eines motorradtechnischen Traumnachmittages in der Kurvenwelt der Alpen,bogen wir just in dem Moment in den von uns schon des Öfteren besuchten Campingplatz in der Gorges du Tarn ein,als die ersten zaghaften Regentropfen vom Himmel fielen.
Großes Hallo als wir sahen ,dass zufällig auch Rolf und Traudl (s.Krk) diesen Platz angefahren hatten.Da Donnergrollen ankündigte ,dass es bald ungemütlich werden würde ,verabredeten wir uns auf ein paar Hopfenkaltschalen am Fluß sobald es wieder trocken sein würde.
Innerhalb von einer Viertelstunde war das Zelt aufgebaut,das Gepäck verstaut und das Moped diesmal sicher stehend auf dem Seitenständer geparkt.Zwei kühle Blonde aus der Campingbar waren schnell besorgt und wollten sodann im Trockenen genossen werden.
Nur Minuten später befand sich das Gewitter schon wieder gefühlt direkt über uns(ich dachte da schon direkt über mir!).Nach dem ersten Schluck Gerstensaft,der doch immer noch der Beste ist,ließ ich positiv gestimmt meinen Blick durch das kleine "Zeltrund"schweifen.
Beim ersten Mal noch staunend,an eine optische Täuschung glaubend,beim zweiten Mal aber schon mit Gewissheit,nahm ich in einer Ecke etwas wahr ,was mir in Sekundenbruchteilen den kalten Schweiß auf die Stirn trieb.
Ein paar kleine aber gemeine Wassertropfen suchten sich ihren Weg ins Zeltinnere und vereinigten sich langsam aber stetig zu einem beständig dahinfließenden Rinnsal.
In Panik rissen Eva und ich unsere Handtücher aus den Motorradkoffern und versuchten damit das Schlimmste zu verhindern.Knappe fünf Minuten später gab es so gut wie keine trockene Stelle mehr im auf der ganzen Linie versagenden Schwagerdomizil.
Der Regen hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet und unsere kleine Behausung komplett unser Wasser gesetzt.Ich war mit den Nerven am Ende.Wenn mir in diesem unsäglichen Moment Schwager 1 unter die feuchten Finger geraten wäre,hätte es vermutlich ein Familiendrama unbekannten Ausmaßes gegeben.
Unsere Retter in der Not waren Rolf und Traudl,die uns in ihr natürlich dichtes und somit trockenes Zelt aufnahmen.Übrigens dasselbe Modell wie das ,welches bei mir in die Tonne wanderte!
Nach ausführlichem Lästern meiner beiden Freunde ob meiner Phobie,wie sie es gemeinerweise nannten,kochten wir zusammen noch Spaghetti mit Tomatensauce.Und nach ein paar Frustbierchen sah die Campingwelt schon wieder recht rosig aus.
Die Nacht blieben wir dann wohl behütet im engen aber trockenen Vorraum des Zeltes unserer beiden Retter.
Beim Einschlafen beschlich mich wieder einmal der Gedanke,dass das alles einfach kein Zufall sein konnte,der schreckliche "Wasser-Virus" hatte auch diesmal gnadenlos zugeschlagen,das war mir in diesem Moment klar.
Arme Eva dachte ich noch und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Am folgenden warmen und wolkenlosen Tag trockneten wir ,unter den ungläubig staunenden Augen unserer Mitcamper,denen natürlich nichts passiert war,in gewohnter Manier unsere Sachen.
Meine Gedanken an diesem Tag drehten sich nur um zwei Fragen.
Erstens:wie verfasse ich eine bitterböse Postkarte für Dieter und zweitens:wie kommen wir ohne den überstürzten Kauf eines neuen Zeltes trocken durch die noch verbliebenen Tage.
Das Thema Postkarte war schnell abgehakt,ich war diabolisch kreativ wie lange nicht mehr.Gerne hätte ich in das entsetzte Gesicht vom Zeltbesitzer geblickt ,während er meine vermutlich harmlose Urlaubsbotschaft liest.
Aus Ermangelung einer besseren Idee besannen wir uns beim Dichtigkeitsproblem auf die naheliegenste Lösung und kauften uns eine große durchsichtige Plastikfolie in einem dieser Hyper- Marchés ,welche wir dann die restlichen Abende über das kleine Luder stülpten.Letztendlich konnte die Tauglichkeit nicht getestet werden,es hat die verbliebenen Tage einfach nicht mehr regnen wollen.
Dank dieses Einsehens seitens des Wettergottes und den wunderbaren Kurvensträßchen der Alpen hatte sich mein Zorn auf Schwager 1 dann auch bald komplett gelegt.
Nun war es aber an der Zeit professionell an die Sache heranzugehen .Mein Pech und das fiese Grinsen meiner Cliquen-Freunde,meine "Phobie "war immer wieder das Thema bei gemeinsamen Abenden,sollten engültig ein Ende haben.
Eine neue Ära meiner Campingkarriere sollte beginnen und dafür musste jetzt halt doch tiefer in die zumeist klamme Studententasche gegriffen werden.
Gelegen kam mir daher nach der häuslichen Ankunft die Nachricht von Dieter ,dass es mit dem ersehnten,lukrativen Ferienjob geklappt hatte.Ohne Vitamin B ging damals wenig,wenn man solch einen Toptreffer beim Unternehmen mit dem Stern,wo auch er selbst beschäftigt war,landen wollte.
Er hatte sich wohl bei seinem Arbeitgeber in meiner Abwesenheit schwer für mich ins Zeug gelegt,damit ich diesen bekomme.Ahnte er da vielleicht schon instinktiv ,was ihn bei meiner Rückkehr erwarten könnte?Dank der Freude über den Job hatte ich meine Rachegedanken aber sowieso schnell vergessen.
Die Postkarte kam übrigens ,fast normal in diesen Zeiten,erst ca.eine Woche nach Urlaubsende bei ihm an.Wir haben später noch oft über deren Inhalt ,den er wider Erwarten richtig gut fand ,gelacht.
Nun war der Sommer vorbei und die Planung von "Operation Markenzelt",meine ,wie ich da noch dachte,geniale Idee für trockenere Campingzeiten,konnte beginnen.


© Troubadix


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Beschreibung des Autors zu "Der letzte Versuch (CG 5)"

Teil der Campinggeschichten(CG) des Autors

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