Mit einer frischen Ladung Müsli in meinem Mund, nehme ich den Anruf entgegen:„Hallo?“, dann bemühe ich mich den Klumpen hinunterzuschlucken.
An der anderen Seite der Leitung antwortet eine mir allzu vertraute Stimme: „Wie oft muss ich dir das noch sagen, Emma? Man spricht nicht mit vollem Mund,“ es ist meine Tante Natalie.
Sofort bereit mich zu verteildigen werfe ich zurück: „Es ist nicht meine Schuld, wenn du um 9: Uhr anrufst. Zu einer solchen Zeit frühstücken normale Leute, solltest du auch mal versuchen.“
Von meiner letzten Bemerkung völlig kalt gelassen antwortet sie: „Wenn du mit deinen Witzen fertig bist, komm doch bitte in mein Büro. Ich brauche deine Hilfe“, mit diesen Worten beendet sie unser Telefonat.
Da ich meine Tante jetzt schon mein Leben lang kenne, weiß ich dass es sich wirklich um ein Notfall handeln muss, wenn sie mich zu sich in ihr Büro bittet. Wobei Bitten eine Untertreibung ist. Es kommt einem Befehl viel näher.
Seufzend lege ich meine Müslischüssel beiseite, ich werde sie wohl später mit dem restlichen Geschirr abwaschen müssen und gehe in mein Zimmer, um mich fertig zu machen.

40 Minuten später betrete ich mit noch nassen Haaren Natalies Büro. Sie bedeutet mir mit einer Handbewegung mich auf den freien Stuhl vor ihr fallen zu lassen und nach ihren hochgezogenen Augenbrauen nach zu urteilen, billigt sie mein heutiges Outfit nicht.
Da es ihre Schuld ist, dass ich nun mal aussehe wie ich aussehe, interessiert mich ihre Meinung einen feuchten Dreck.
Außerdem finde ich nicht dass ich wirklich schlecht aussehe in meinen hautengen Abercrombie & Fitch Jeans mit einem dazu passenden blauem Flanellhemd und meinen Füßen, die ihn einfachen blauen Flip Flops stecken. Das einzige was ich bereue, ist dass ich mir nicht mehr Zeit genommen habe für meine Haare- ich kann jetzt schon spüren wie sie sich in eine wilde unzähmbare Mähne verwandeln.
Als Natalie schließlich das Telefon zur Seite legt, massiert sie sich frustriert ihre Schläfen, ich: „Schwieriges Telefonat?“
Natalie: „Ich brauche deine Hilfe und wenn ich sage Hilfe dann meine ich Hilfe.“
Ich nehme meine Haare und binde stecke sie zu einem Knoten hoch und antworte: „Deshalb bin ich hier. Schieß los, wie kann ich dir von Nutzen sein?“
Überzeugt, dass sie mir gleich einen Zettel zustecken wird mit Besorgungen, die ich bis heute Abend für sie zu erledigen habe, trifft mich ihre Antwort: „Ich will, dass du heiratest“, völlig unerwartet und es dauert eine Weile bis ihre Antwort zu meinem Gehirn gelangt, dann fange ich schallend an zu lachen und sage: „Guter Witz, du hast mich voll erwischt. Einen Moment lang dachte ich sogar, dass du es ernst meinst...“ Als ich ihren ernsten Gesichtsausdruck bemerke stöhne ich auf und plötzlich ist mir gar nicht mehr zum Lachen zu Mute: „Bitte sag mir, dass du das nicht ernst meinst.“
Natalie spielt mit einem Bleistift herum und antwortet: „Glaub mir, dich dazu überreden zu heiraten, ist das letzte wonach mir gerade zu Mute ist:“
Ich: „Gut, da das nun geklärt ist, wie wäre es mit Mittagessen? Ich habe Appetit auf Nachos. Hast du Interesse?“
Natalie: „Auch wen n ich dazu Lust hätte, kann ich mir keine leisten.“
Ich: „Macht dich nicht lächerlich Natalie, dir gehört einer der Berühmtesten Verkupplungsagenturen ganz Kaliforniens“ und das stimmt. Auch wenn ich nicht ihre Arbeit ernst zu nehmen- da ich nicht wirklich an Liebe und Beziehungen glaube- weiß ich doch wie viel meiner Tante ihre Firma bedeutet und wie viel Energie sie reingesteckt hat, um dort zu sein, wo sie heute ist.“
Natalie fährt sich frustriert durch ihr langes, rotes Haar und fangt zu erklären an, ihr Ton nüchtern, aber mit einer Spur Traurigkeit: „Nicht mehr. Ich wollte dir nichts von meinen Problemen verraten, da ich dich nicht unnötig beunruhigen wollte, ich dachte.... ich dachte, dass ich alles regeln könnte. Stellt sich heraus, dass ich damit falsch gelegen bin. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich am Ende.“
Entsetzt streiche ich ihr tröstend über ihren Arm und frage: „Wie konnte das passieren?“
Natalie: „Ich habe immer mehr Kunden an meinen Konkurrentinnen verloren in den letzten Monaten und ich schätze eine Katastrophe führte zur nächsten.“
Ich: „Ich bin sicher wir finden gemeinsam eine Lösung“, doch sie schüttelt nur den Kopf und antwortet: „Ich habe alles schon versucht. Der einzige, der meine Firma retten könnte, bist du Em.“
Verwirrt frage ich: „Wie soll meine Bereiterklärung zu heiraten dir helfen deine Firma zu retten?“, frage ich verwirrt.
Natalie richtet sich wieder zu ihrer vollen Größe auf und antwortet: „Es wäre ja nicht irgendein Psychokiller mit dem ich dich verheiraten will, es geht um: William Parker.“
Der Name sagt mir nichts, aber so sie Natalie seinen Namen betont hat, vermute ich dass es sich bei ihm nicht um einen regulären Kunden handeln könnte, ich zucke die Achseln und antworte unbeeindruckt: „Noch nie, was von ihm gehört.“
Natalie: „Hätte ich nicht anders erwartet. Hör zu alles, was du gerade von ihm wissen musst, ist dass er gut aussehend ist, ein Millionär und bereit ist eine Menge Geld zu zahlen, wenn ich für ihn die richtige Frau finde, die sich bereit erklärt ein Jahr lang die brave, liebende Ehefrau zu spielen.“
Ich lache auf und frage: „Und da bin ich die erste, die dir eingefallen ist? Du musst wirklich verzweifelt sein!“
Natalie seufzt frustriert auf und fragt: „Bist du bereit dich mit ihm heute Abend zu treffen, oder nicht?“
Fassungslos hüpfe ich vom Stuhl auf, sodass er zurückkracht und ich frage: „Du hast ihm schon zugesagt?“
Natalie blickt auf ihre perfekt manikürten Nägel und sagt nicht die kleinste Reue zeigend: „Natürlich habe ich das. Er ist nicht jemand dem du einen Korb verteilst, wenn jemand in meiner Situation wäre.“
Aufgebracht frage ich: „Warum heiratest du ihn dann nicht einfach?“
Natalie: „Ich habe Peter und bin glücklich mit ihm... Außerdem hat er gewisse Vorstellungen, wie seine Frau aussehen soll,“ Gott ich kannte diesen Will noch nicht, aber je mehr ich von ihm erfahre desto unsympathischer wird er mir.
Kein Wunder, dass er noch nicht geheiratet hat, bei seinen Ansprüchen wäre ich auch schreiend weggelaufen. Wahrscheinlich ist er ein totaler Kontrollfreak, gerade das hätte mir noch gefehlt. Ich brauche meinen Freiraum. Nimmt man mir diesen, fühle ich mich als würde ich jeden Augenblick ersticken. Nicht grundlos bin ich in keine Beziehung.
Ich: „Du hast gesagt, dass dir diese Hochzeit deine Firma retten würde. Wie viel ist er bereit zu zahlen?“
Natalie: „5 Millionen Dollar.“
5 Millionen Dollar????? Das ist viel Geld, er muss wirklich reich sein, wenn er bereit ist so viel auszugeben für eine Frau, die ihn ich aller Öffentlichkeit vergöttert.
Natalie, die inzwischen am verzweifeln ist, sagt: „Erinnere dich daran was ich alles für dich gemacht habe, als du von zu Hause abgehaut und hierhergezogen bist.“
Ich verdrehe die Augen und denke: Wenn ich gewusst hätte, dass sie mich damit jahrelang erpressen würde, hätte ich mir eine andere Verwandte ausgesucht zu der ich geflüchtet wäre, aber es musste ja Los Angeles sein. Die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Zwar hasste ich es es mir zugestehen, aber Natalie hatte einen Punkt. Wäre sie nicht gewesen, wäre ich wahrscheinlich auf der Gosse gelandet.
Also teilte ich ihr schnell meine Antwort mit, bevor ich es mir nochmals anders überlegen könnte, denn das würde ich bestimmt.
Ich: „Also gut. Ich werde dir helfen.“
Natalie hüpft vor Freude auf und will mich stürmisch umarmen meine nächsten Worte halten sie davon ab: „Unter meinen Bedingungen.“
Argwöhnisch zieht sie eine Augenbraue in die Höhe und fragt: „Die wären.“
Ich: „Ich will 500.000 $ für meine Kooperation und zweitens: Ich will, dass du nie wieder die alten Geschichten herausholst von jetzt an ist Schluss mit den Gefallens Einforderungen, abgemacht?“, ich halte ihr meine Hand hin in die sie bereitwillig einschlägt.
Natalie verkündet strahlend: „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen könnte“, sie geht zu ihrem Schreibtisch und holt ihre Tasche und sagt: „Und jetzt los, wir haben noch viel zu tun und nur wenig Zeit, um dich für William herauszuputzen.“
Ich: „Du machst Witze, oder?“
Natalie schüttelt den Kopf und sagt: „Du bist wunderschön, aber so wie du angezogen bist, glaubt niemand, dass William sich für dich ernsthaft interessieren geschweige denn lieben könnte, Emma.“
Ich antworte bockig: „Was die anderen denken, interessiert mich herzlich wenig.“
Natalie bleibt aber hartnäckig und sagt: „Du wirst einen sehr reichen und einflussreichen Mann heiraten, es wird Zeit, dass du dich auch so benimmst. Angefangen mit deiner Kleidung, deiner Art dich zu bewegen und dich auszudrücken.“
Wenn ich später zurückblicken würde, würde ich mich genau für diesen Augenblick entscheiden an dem ich es bereue mich dazu beschlossen zu haben meiner Tante aus der Patsche zu helfen.


© Andyperle


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Beschreibung des Autors zu "Die Abmachung Part 1"

Das Leben hat immer eine Überraschung parat.

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