Er strebte vorbei an der Bäckermeisterei Schuster und am Schuhhaus Beck, an der Kunst-Schmiede von Manfred Metzger, wie auch an der Villa des Herrn Abgeordneten Ede Ehrlich und seiner II. Ehefrau Elisabeth, genannt die „Queen“, einer geborenen Grund, die jetzt den Doppelnamen Grund-Ehrlich führte.

In seiner einfachen Sicht der Dinge, die ihm bald noch sehr nützlich sein würde, erkannte Prinz Frosch die ulkigen Namen-Verwechslungsspiele selbstredend nicht, aber er wurde sehr fröhlich im Herzen, denn das, ihm begegnende Umfeld schien ihn, warum auch immer, in seinem Vorhaben Vorfahr zu werden, sehr zu bestärken. Er hätte am liebsten die ganze Welt umarmt.
Doch vorher galt es noch die höchste intellektuelle Leistung seines Manneslebens zu erbringen, die er so, wie sie heute erforderlich war, nie wieder würde nachvollziehen können.

Er wusste zwar nicht, worauf er sich berufen sollte, denn das einzige, beeindruckend Männliche an ihm war leider nur sein schwerer Unterkiefer, aber das fiel ihm selbst ja nicht weiter auf. So besann er sich auf die einfachen Dinge des Lebens und, nachdem er zu Quasseltraut vorgelassen worden war, fing er unbeschwert zu erzählen an.

„Etwas von mir will in dich!“. Nein!! Das sagte er natürlich nicht! Ein „zartes“ Gemüt, wie das der Prinzessin, wäre darüber sicher in Tränen erschrocken. Er sagte: „Wir sind füreinander geschaffen!“
Die Prinzessin wusste aber nicht recht warum – war sie doch für eben jenen geschaffen, der sich ihrer Hoheit als würdig erwies. Ein schwerer Unterkiefer war zwar ein Argument, aber kein Frei-Brief. Eine große Fresse allein würde ihr nicht genügen!

„Sieh dir nur einmal meine riesigen Hände an“ argumentierte Frosch, „damit kann ich dich gut beschützen, wenn du das willst“. Zum ersten Mal lächelte die Prinzessin. Ja, bei diesem Mann konnte frau sich zuhause fühlen. Er würde ihr und ihren Kindern (wie) ein liebender Vater sein, sie verehren und auf den Händen tragen, die groß genug dafür waren – und zusammen mit ihm, würde sie, auf seinen, ebenfalls sehr großen Füßen leben. Ihr Hirn würde schon für beide reichen, mutmaßte sie, in aller Bescheidenheit. Das sagte sie ihm aber nicht, sondern wartete, was er ihr für eine Frage stellen würde.

„Sage mir, was du bist, wenn ich einsam und vertrottelt, nur den Macho vor mich hin synchronisiere?“ Die Prinzessin antwortete ohne zu überlegen, nach ihrem ganz persönlichen, besten Wissen und Gewissen: „Ich bin der Mittelpunkt der Welt!“ Da fiel der Prinz auf die Knie! Vorsichtshalber hatte Quasseltraut auch schon die, für die Zeremonie nötigen Holzscheite bereit gelegt, denn es war ganz wichtig für das weitere Geschehen, daß Prinz Frosch erst einmal unsanft landete.

Die Prinzessin sicherte sich dadurch zweierlei: den garantierten Irrtum, sowie die baldigst zu erwartende Entstehung robusten Nachwuchses – mit dem die Welt etwas würde anfangen können – in einem traditionell geführten Hause. Das war zwar ihr zweiter Irrtum, aber der machte sie bereits eine deutliche Spur schwächer. Sie begann zu wanken! Der Prinz bemerkte diese Schwäche sofort, denn die innere Stimme der, uns allen innewohnenden Naturkraft, flüstere ihm eine List nach der anderen ein, und so legte er seinen schwachen Arm mit den starken Händen um die Schulter der Prinzessin, um sie zu küssen.

Nach einigen umständlichen Verrenkungen gelang dies denn auch leidlich. Und sie übten es solange, bis ihnen nichts Besseres einfiel, als sich und das Kamasutra zu wälzen – vor und zurück.
Und das gab schließlich den Ausschlag: beide bekamen auf der Stelle eine dermaßen auffällig-identische Akne, daß es weithin und breither hieß: da muss das Schicksal zugeschlagen haben! Schon läuteten die Kirchenglocken, die Marktschreier verkündeten, anlässlich der bevorstehenden Hochzeit ihre neuen, gestiegenen, Preise und der Chor der Pfarr-Gemeinde sang inbrünstig das Lied: „Tanz mit der Dorl, tanz mit der Dorl, bis nach Schweinau, mit der Dorl!“

Überall, landauf und landab, wurden daraufhin unschuldige Frösche, auf den bloßen Verdacht hin, an die Wand geworfen, Prinzen mit grünschimmernden Ohren geküsst und das ganze weibliche Volk übte sich im Fangen! Denn keine wollte ihn verpassen, den glückverheißenden Brautstrauß, sobald er geworfen wurde, nach dem Verebben des Reisregens, von den Stufen der Kathedrale zum heiligen Sankt Nimmerlein. Der weitere Verlauf der lieben Geschichte ist allerorts hinlänglich bekannt.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Eine liebe Geschichte / Teil 2"

Re: Eine liebe Geschichte / Teil 2

Autor: noé   Datum: 05.05.2014 1:10 Uhr

Kommentar: Würde das, lieber Craz Bro, jetzt also bedeuten, dass es von dieser hinreißend erzählten Geschichte keine weitere, noch hinreißendere Fortsetzung geben wird?
Oder hast Du vielleicht noch hinreißendere Geschichten in petto? Bitte sehr?
Big Sis

Re: Eine liebe Geschichte / Teil 2

Autor: Alf Glocker   Datum: 05.05.2014 7:08 Uhr

Kommentar: Harharr. Das ist das Ende dieser Geschichte, aber vielleicht bekome ich, wenn ich nicht brav bin, noch weiter Geschcihten eingeflüstert...?

CraBro

Re: Eine liebe Geschichte / Teil 2

Autor: noé   Datum: 05.05.2014 7:28 Uhr

Kommentar: Nach dem Motto: "Lieb' Schwesterlein, magst ruhig sein..."?
Big Sis

Re: Eine liebe Geschichte / Teil 2

Autor: Alf Glocker   Datum: 05.05.2014 19:04 Uhr

Kommentar: Genau so...
CraBro

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