Abendliche Waldeinsamkeit

Ich entfliehe dem Großstadtgetümmel, und begebe mich weitab in die Natur. Nach einer Stunde Autofahrt habe ich mein Ziel erreicht. In der Ferne grüßt mich schon mein geliebter Hochwald.
Ich muss erst einen langen Fußmarsch machen, vorbei an reifen Ährenfedern und an bunten Wiesen, um den Hochwald zu erreichen. Im Wald angekommen, liegt mein Lieblingsplatz im Schatten der mächtigen Fichten, von der Sonne nicht erreichbar. Es ist eine kleine Anhöhe von der man über eine Lichtung schauend, die nahen Felder und Wiesen sieht.
Das Sonnenlicht dringt nur gebündelt durch das Dunkel der Fichten.
Ich setze mich auf den Waldboden, umringt von zerstreut wachsenden Preiselbeeren mit ihren roten Früchten. Ein würziger Duft von frischem Harz liegt in der Luft.
Das grüne Meer von Wiesen und Feldern wird vom Wind sanft gewiegt. Zwei braunweiß gepunktete Falter flattern, abwechselnd sich liebkosend, über den moosbedeckten Waldweg. Weithin schallt das Hämmern eines Spechtes.
Im trockenen Gras ist das vielstimmige Zirpen der Grillen zu hören.
Auf der Waldlichtung stehen zwischen Baumstümpfen, in Horsten verteilt, viele, rote
Fingerhüte. Ihre Blütenstände zeigten alle nach Westen. Einige Heckenrosen haben sich am Waldrand verirrt, und von dort zeigen sie zartrosa Blüten. Aus ihrer Nähe ist der krähende Ruf „gö-gock“ eines Fasenhahnes zu hören. Plötzlich, ganz unerwartet, eine feierliche Stille. Herrlich diese Stille, es ist als halte die Natur mit all ihren Tieren und Pflanzen die Abendandacht. Die untergehende Sonne verabschiedet sich. Ihre letzten, warmen Strahlen tasten sich fächerartig über die Landschaft, bis hin zum Wald. Ganz leise und melancholisch ist der Klang der Kirchenglocke vom weit entfernten Dorf zu hören. Schwebend nimmt die Kühle alles in ihren Besitz. Es dunkelt, es dunkelt, und die Stille gesellt sich dazu. Langsam erscheint ein gelblich ,fahles Licht am Himmelszelt. Der Mond schiebt behutsam die hellgrauen Wolken zur Seite. Das Mondlicht durchdringt die Baumwipfel der Fichten. Freistehende Fichten werfen gespensterhafte Schatten auf die Waldlichtung. Im Hochwald wechseln sich ständig Licht und Schatten ab. Es knistert mal hier, mal da im dichten Unterholz.
Auf einmal die typischen Rufe eines Waldkauzes „ kuitt, kuitt,.“
Die Nacht hat wieder alles in dunkles Gewand gehüllt.
Mit der Taschenlampe leuchtend und leicht fröstelnd, aber überglücklich, begebe ich mich auf den Heimweg. Die Rufe des Waldkauzes begleiteten mich auf diesem. Sie werden aber mit der Zeit immer, immer leiser, um dann ganz zu verstummen.
Zu Hause angekommen, im Bett, lass ich das Erlebte, noch einmal Revue passieren.
Es war ein schöner, eindrucksvoller Tag!


© Jürgen


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Kommentare zu "Abendliche Waldeinsamkeit"

Re: Abendliche Waldeinsamkeit

Autor: noé   Datum: 18.10.2014 22:55 Uhr

Kommentar: Danke, dass Du mich mitgenommen hast. Ich habe das sehr genossen.
noé
(Bei: "...Die Rufe des Waldkauzes begleiteten mich auf diesem. ..." würde ich die letzten beiden Wörter streichen.)

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