Trari, trara, passiert es dir auch, dass du am Morgen
früh erwachst auf deinem Lager und ohne ein Mückschen
Bewegung ruhig daliegst im seidenweichen Meer von
Stille und Frieden. Und dass der erste Laut im er-
wachenden Morgenäther jene zage, liebliche Stimme ist,
die unser Herz so wunderbar erfreut: die eines Vögeleins
das in seiner Unschuld nicht ahnt, welch paradiesisches
Entzücken es im Raum verbreitet. Und dann vier, fünf
weitere gefiederte Lieblinge des Herrn entführen
vollends deine noch vom Leib gelöste Seele in den Zustand
glückseligen Schwebens. In solchen Minuten erreicht
unsere Menschlichkeit Höhen der Vollendung, des reinen,
sonnengleichen Seins weit über den Alltagsnebeln, dass
wir wie von hundertfachen Kräften des Erkennens genährt
ausrufen möchten: Oh, Du über alles erhabenes, göttliches
Wesen, in dem wir leben und sind, welche Fülle hast Du
uns gegeben; welche Möglichkeiten des Glaubens, des
Erduldens, der Freude, Verzweiflung, Ohnmacht und
der unbeirrbar leuchtenden Liebe: empfange Du in dem
Augenblick, solang wir dazu fähig sind, den kindlichen,
zärtlichen Dank dafür, dass wir leben. Lass doch an uns,
wir bitten Dich inständig, das von der ganzen Schöpfung
Ersehnte geschehen, dass wir in ständigem Wachsen
aufsteigen zum Sein und Ruhen in Dir, zur ewigen Schau
Deiner Herrlichkeit; denn sie allein kann der Sehnsucht
unserer Herzen genügen.


© Ludwig Weibel


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