Christmas Story
Es waren einmal ein kleiner Junge und ein kleines Mädchen. Die beiden waren Zwillinge und mochten sich nicht sehr gern. Sie unterschieden sich in wirklich allem, nur eines hatten sie gemeinsam, sie hassten Weihnachten. Diese doofen Lieder und die öde Singerei, all so etwas mochten sie nicht. Einzig die Geschenke fanden sie toll.
So kam es, dass sie am 23. Dezember in der Nacht auf Weihnachten, nicht artig in ihren Betten lagen und sich Heiligabend herbei wünschten, sondern zum Keller schlichen. Denn hinter der Kellertür lagen die Geschenke, die sie am nächsten Tag bekommen sollten. Sie sahen gierig durch das Schlüsselloch und versuchten zu erraten, was sich wohl unter dem Geschenkpapier befand, während sie sich gegenseitig zur Seite schubsten. Nun wurde begutachtet, ob die Geschenke auch, groß, eindrucksvoll und vor allem teuer genug waren. Damit sie später stolz vor ihren Klassenkameraden präsentieren könnten. Rücksichtslos schubsten sie einander weg, traten und kratzten sich gegenseitig, um durch das Schlüsselloch schauen zu können. Sie steigerten sich in einen richtigen Kampf und auf einmal erschien ein grelles Licht. Geblendet von dem weißen Schein ließen sie voneinander ab. Verwundert sahen sie sich um.
Dort, wo gerade noch die Kellertür gewesen war, sahen sie nun eine schneebedeckte Landschaft. Sie entdeckten eingeschneite Tannen und zugefrorene Seen. Wo waren sie hier bloß? „Sieht es draußen etwa so aus?“, fragte der Junge, der den Kampf vor der Tür mit einem mal vergessen hatte. „Ich weiß es nicht“, antwortete das Mädchen, „Ich habe nicht darauf geachtet, ob sich draußen was verändert hat.“, gestand es fast traurig. „Sieh nur!“, rief der Junge und deutete auf eine Hütte zwischen den Tannen. Neugierig rannten die Kinder zur Hütte und öffneten die schwere Tür. Erwartungsvoll traten sie in die wohlig warme Stube ein. Auf den ersten Blick sahen sie die Zettel, die im gesamten Raum aufgehängt waren. „Das sind ja Wunschzettel!“, erkannte das Mädchen. „Stimmt.“, sagte der Junge, der einen Zettel abgenommen hatte, „Hör mal! Hier steht: Ich wünsche mir, dass wieder eine Arbeit hat. So ein doofer Wunsch! Wieso kann sich das denn nicht die Mama wünschen?“ Nun überlegte das Mädchen laut: „Andererseits, wenn die Mama keine Arbeit hat, hat sie bestimmt auch kein Geld und dann hat das Kind auch keine Geschenke. Das Kind hat bestimmt keine Freunde.“ „Und“, stellte der Junge fest, „dann ist es sicherlich immer traurig und geht nicht gerne in die Schule. So, ohne Freunde.“ Betroffen nickte das Mädchen. Plötzlich loderte das Feuer im Kamin am Ende des Zimmers auf. Erschrocken drehten sie sich zum Feuer. In der Flamme sahen sie nun ein Mädchen mit ihrer Mutter am Esstisch sitzen. Ohne das Mädchen zu kennen erkannten sie, dass es das Mädchen war, das den Wunsch geschrieben hatte. Doch sie sah nicht traurig, sondern im Gegenteil, überglücklich aus. Sie unterhielt sich lachend mit ihrer Mutter. An der Wand hingen verschiedene Fotos. Sie sahen das Mädchen mit ihrer Mutter. Auf dem Bild stand „Best Mom“. Daneben hing ein Bild, auf dem Das Kind und ein anderes Mädchen zu sehen waren. Auf diesem stand „Best Friends“.
Das Licht der Flamme erlosch und die Geschwister sahen sich verwundert an: „Hast du das auch gesehen? Das Mädchen hat eine beste Freundin. Obwohl sie kein Geld und keine tollen Sachen hat. Seltsam, oder“ Ebenso verblüfft nickte der Junge. Doch er wandte sich schon wieder ab, um weitere Wünsche zu lesen. Unbeirrt sprach das Mädchen zu ihm: „Meinst du wir könnten das auch? Glücklich sein, ohne das alles? Ohne Geschenke und coole Sachen? Meinst du wir könnten Freunde haben? So richtig echte, wie das Mädchen? Denn meine Freundinnen mögen mich doch nur, weil ich ihnen zeige, was ich alles habe und weil ich deswegen beliebt bin. Ist es wohl schön Freunde zu haben, die einen immer mögen? Mit Geld und ohne?“ Nun schaute der Junge sie interessiert an: „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber überleg mal, irgendetwas müssen diese Leute doch haben. Etwas anderes, als Geld, Geschenke und Beliebtheit. Etwas, was wir nicht haben.“ Das Mädchen schien hochkonzentriert zu sein, denn nun antwortete es:“ Ja. Da gibt es etwas, was wir nicht haben. Aber ich dachte nicht, dass es so wertvoll ist. Was wir haben ist Liebe. Wir geben niemanden das Gefühl, das wir ihn liebhaben. Und bekommen tun wir Liebe nur von unseren Eltern.“ Der Junge blickte sie mit großen Augen an: „Liebe, ja, das wird es sein.“ Beide Kinder sahen sich an und in ihren Köpfen arbeitete es. Liebe. Ein Leben mit Liebe. Gedanken schossen ihnen durch die Köpfe. Bis sie schließlich aufeinander zutraten: „Entschuldigung“ Das Wort war nicht ausgesprochen, da lagen sie zu Hause vor der Kellertür. Die Geschenke am Weihnachtsabend waren ihnen fast gleichgültig. Denn dieses Jahr hatten sie etwas viel wertvolleres geschenkt bekommen. Wissen. Wissen darüber, was das einzig wichtige ist. Liebe.


© starlightfairy


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Beschreibung des Autors zu "Christmas Story (of love)"

Eine Geschichte über die Entdeckung der Liebe, zweier Kinder, die Weihnachten etwas ganz besonderes erleben.




Kommentare zu "Christmas Story (of love)"

Re: Christmas Story (of love)

Autor: starlightfairy   Datum: 22.12.2014 11:53 Uhr

Kommentar: Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten! <3

Re: Christmas Story (of love)

Autor: Mazarin   Datum: 22.12.2014 18:22 Uhr

Kommentar: Würden doch nur mehr Menschen solche märchenhaften Erfahrungen machen und der Liebe ihren wirklich hohen Wert zugestehen.
Stimmig zur Vorweihnachtszeit, sehr schön geschrieben!

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