Vor zwei Wochen habe ich mich vor meiner Familie geoutet, aber irgendwie habe ich das Gefühl, sie haben es gar nicht mitbekommen.

Aber mal von vorne. Schon seit einigen Jahren habe ich mich irgendwie anders gefühlt. Mein Aussehen hat angefangen mich zu stören, als ich in die Pubertät kam. Mein Körper veränderte sich so stark und ich konnte nichts dagegen tun. Damit klar kam ich aber auch nicht. Mir wuchsen plötzlich Brüste und ich bekam Kurven. Und ich hasste es.

Ich versuchte mich meinem Körper anzupassen, trug körperbetonte Kleidung und fing an mich zu schminken. Das funktionierte eine Weile, aber ich fühlte mich noch immer nicht sonderlich wohl damit. Dann bat ich meine Mutter um einen neuen Haarschnitt und fing an mich etwas lässiger zu kleiden. Wir gingen zum Frisör und ich wollte gern einen Undercut und die Haare oben recht kurz. Meine Mutter sah das anders. Das wäre doch zu jungenhaft, wie wäre es denn mit einem kurzen Bob.
Wir einigten uns auf den Bob und einen Sidecut. Immerhin etwas.

Zu jungenhaft. Ich musste schmunzeln. Das hätte mir gefallen. Ich fing an weite Shirts zu tragen und bequemere Hosen. Nur meine stetig wachsenden Brüste machten mir einen Strich durch die Rechnung. Ich trug mittlerweile Größe 75F und konnte selbst mit den weitesten Shirts nichts mehr verbergen. Auch das hasste ich. Mir war mittlerweile klar geworden, dass ich im falschen Körper geboren war. Lange hatte ich gedacht, das wär eben so ein Pubertäts Ding, aber es war keine Phase, das ging nicht vorbei und es wurde nicht besser.

Ich outete mich als erstes vor meiner besten Freundin. Sie sah mich an und lachte. Mir stiegen Tränen in die Augen, aber dann sagte sie nur, dass sie das doch schon lange gewusst hätte. Sie fragte nach meinem Namen und meinen Pronomen und nahm mich dann fest in den Arm.

Und nun sollte es meine Familie erfahren. Ich druckste rum, aber dann rückte ich mit der Sprache raus.
"Trans-was?"
"Ach dieser neumodische Kram, damit kann ich eh nix anfangen."
"Also heißt du jetzt anders? Wir konnten uns unsere Namen auch nicht aussuchen. Und ist das nicht ein Jungenname?"

Dann sprang meine Mutter auf und holte das Essen aus der Küche und damit war das Gespräch beendet. Ich bemühte mich auch nicht weiter da dran zu bleiben. Zu groß war die Enttäuschung über diese Reaktion.


© Menschenblind


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Kommentare zu "Das bin nicht ich"

Re: Das bin nicht ich

Autor: Michael Dierl   Datum: 13.02.2023 21:02 Uhr

Kommentar: Naja, wenn die Homone durcheinander kommen dann kann sowas schon mal passieren und ist auch kein Beinbruch! Ich schätze mal dieses Gefühl bleibt solange bis Dich ein Junge als Frau super findet und Du dann Dein Dasein als dieses eher aktzeptierst denn die ganze Zeit über war man ja keine echte Frau mit den Atributen einer derjenigen, sprich Brüsten etc. Als Junge hat man da etwas einfacher denke ich denn man bleibt so wie man ist bis auf den doch lästigen Bartwuchs auf den ich auch gerne verzichtet hätte aber es nervt doch jeden Tag diese verfluchten Stoppeln abzuschreddern und an manchen Stellen sind sie so hartnäckig dass man sich dann auch noch schneidet. Und wenn man meint ein elektrorasierer macht das besser dann ist das eine Illusion. Der Bart ist dann noch viel schneller da als mit dem Messer geschnitten. UND es zerreibt Dir jeden Pulloverkragen, zerreibt Dir jeden Hemndkragen, juckt wenn man sich nicht gleich wieder rasiert und die Stellen die man sich schneidet bluten laaaaaaaaaaaaaange nach wenn man kein Alaunstein zu Händen hat der die Wunde schnell schließt. So kann dann ein Lippenschnitt dazu führen dass man kaum in's Brötchen beißen kann weil AUUUUUUHHHHWAAAHHH es tut sackrisch weh! Ja, im Gesicht sind die Nerven besonders empfänglich für Schmerzen. Und wenn man sich wegen des Schnittes am Vortag nicht gleich wieder am nächsten Tag rasieren möchte dann maul der Chef und meint ob man einen Pennertatus anstrebe. So, gesehen hat es doch die Damenwelt doch recht milde was das angeht. Ich würde gerne tauschen - aber nur in der Zeit des Bartwuchses :-)

lg Michael

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