Es war einmal: die Evolution! Damals, als es noch keinen Kommunismus in den Herzen der übereinfachen Komplikationsmenschen gab, herrschte in Wald und Flur das harte, aber einleuchtende Gesetz der natürlichen Auswahl aus dem Vorhandenen, um immer neue Arten zu erzeugen. Das Prinzip kann man geradezu „olympisch“ nennen, denn seine Schlagworte waren „Weiter“, „Schneller“ und „Höher“. Dazu kamen mit der Zeit auch „Stärker“, „Schöner“ und vor allem „Schlauer“ und schließlich, ganz am Ende das Ammenmärchen.

Geistig fitte Betrachter gingen damals, als die ersten Prinzipien noch galten, soweit, diese Vorgaben „gut“ zu nennen, denn sie ermöglichten nicht nur Elefanten praktisch keine Raubtiere mehr fürchten müssen und Giraffen von den obersten Zweigen fressen zu können, sondern schließlich auch dem letzten Spross dieser Evolution, dem Menschen, Raumfahrt und Wissenschaften aller Art. Die Fähigkeit der Natur sich immer wieder in verschiedene Spezies aufsplittern zu können, ließ Zivilisationen wachsen und interessante Techniken entstehen.

Ab diesem Zeitpunkt war es plötzlich nicht mehr wichtig wie viele Kinder man hatte, sondern wie gut man sie zu versorgen wusste – dafür nahm die „Liebe“ plötzlich die romantischsten Formen an, die man sich vorstellen konnte. In „Frauenlob“ und „Minnegesang“ übten sich die ersten großen Märchenerzähler solange bis quasi ein niedliches Bild vom weiteren Überleben entstand. Keiner der Märchen erzählenden Menschen wollte dieses Zerrbild der Wirklichkeit mehr missen! Das Erleben der Art die es erfunden hatte wähnte sich schamlos im Glück.

Doch die Märchenerzähler der sanften Weise gaben sich damit noch lange nicht zufrieden! Bald interpretierten sie in die Schöpfung ihre eigene Putzigkeit hinein, interpretierten alle – dadurch schon fast nicht mehr wirklich vorliegenden Fakten – als harmlos und ungefährlich...und sie machten sich auf den Weg in eine Zukunft die, so, wie sie nun von den Erfindern der harmlosen Romantik gedacht gewesen war, praktisch gar nicht stattfinden konnte. Aber zuerst stellten sie sich selbst ein Bein nach dem anderen. Der Bock wurde zum Gärtner berufen...

Großzügig vergasen sie, Generation für Generation, immer mehr, daß sie sich einst gegen die wilde Übermacht fremder und grausamer Individuen verteidigen mussten, bevor sie es sich leisten konnten einen seltsamen Schulbetrieb auf die Beine zu stellen, durch den die Meinung „Beim Menschen hört die Evolution auf“ verbreitet werden musste. Das hatte irgendwer (=eine geheimnisvolle Macht) so bestimmt und es galt, bei Strafe der persönlichen Auslöschung, als verboten „ungebildet“, im Sinne von nicht evolutionsverneinend, zu sein.

Die waschechten Evolutionsleugner machten sich diesen Umstand natürlich sofort zunutze, indem sie die Fortpflanzungsschwäche der hochentwickelten Art ausnutzten: Sie verfielen auf einen alten Trick, der in der früheren globalen Wildnis sehr oft und gerne, vor allem bei komischen Vögeln Anwendung fand: Die Altvögel beginnen einen idiotisch anmutenden Rettungstanz, wenn sie sehen, daß sich ein überlegener Feind ihrem Nest nähert – sie stellen sich flügellahm und bringen damit den stärkeren Gegner dazu, irritiert von ihrem Gelege abzulassen.

Dieses Verhalten hat sich beim beim Menschen zum „Drücken auf die Tränendrüsen“ vervollkommnet! Zuerst setzt man selber eine Unzahl Kinder in die Welt, die keiner mehr ernähren kann, und behauptet das sei aus „Liebe“, aus „Altersvorsorge“, oder aus „religiösen Gründen“ geschehen. Dann benutzt man den Traum von Romantik der anderen als Vehikel um sich selbst als gleichwertig, ja sogar als „moralisch überlegen“ hinzustellen, damit die Welt vor allem ihre Belange – die Gesetze der Evolution völlig außer Acht lassend – berücksichtigt.

Die Märchenerzähler haben Hochsaison! Geschickte Verführer tarnen und täuschen primitive Vorherrschaftsansprüche in hilflose Gesten um, die Mitleid heischend, die völlige Gleichheit aller Sorten und Evolutionsergebnisse postulieren, damit, ab sofort eine „heilsame“ Rückwärtsentwicklung einsetze und die „Olympia-Sieger“ der natürlichen Auswahl ihre Quittung für Erfindergeist und hohe Geschicklichkeit bekämen. Immer neue Methoden beweisen also, daß es tatsächlich noch einen raffinierten Wettlauf unter den Lebewesen auf der Erde gibt.

Er heißt „Lügen wie gedruckt“, „In die Irre führen“, die Tüchtigen als Gangster bezeichnen und somit alle mühsam errungenen Werte der Menschheit verteufeln. Frühere Überlebensprinzipien kehren zurück, schöngeredet von verblendeten Kleingeistern, denen Märchenerzähler eingeredet haben sie wüchsen geistig, im Hass auf alle die etwas geleistet haben.So kann, darf und soll die „Liebe“ wieder zu dem werden was sie ursprünglich einmal war: die reine Treibbefriedigung! Und die Sache mit den „Menschenrechten“ kann angepasst werden: diesmal an die Mehrheit!

Das macht all jenen Spaß, die glauben die Evolution sei an ihrem Ende angelangt. Ein noch „Höher, Weiter, Schneller“ und „Klüger“ als es bereits gibt kann nicht entstehen. Da der heutige Mensch, aber leider nicht bis in alle Ewigkeit auf dem Planeten Erde verbleiben kann, wenn er nicht rückstandslos vergehen will, ist er, wie oft behauptet, eben nicht die höchst erreichbare Schöpfungsvariante. Wer das glaubt sollte Ernst Jandl lesen, der unter anderem durch seinen Ausspruch „Werch ein Illtum!“ bekannt geworden ist.

Doch Märchen müssen nicht immer Märchen bleiben. Sie sind auch als Waffen einsetzbar! An der richtigen Stelle können sie auch als Mordinstrumente morbide Wunder bewirken. Sie beruhigen das Gewissen der Gewissenhaften, sie stellen die Einfachheit ursprünglicher Verfahrensweisen wieder her und sie geben grausamen Kindern Argumente, warum man gutgläubige Frösche an die Wand stellen, äh werfen muss, nachdem goldene Kugeln ins Wasser gefallen sind und dämliche Prinzessinnen sich echte Kerle zum Spielen wünschen. Gute Nacht Großmutter Wolf!

Das Märchen als Waffe

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Das Märchen als Waffe"

Re: Das Märchen als Waffe

Autor: Sonja Soller   Datum: 30.04.2022 15:45 Uhr

Kommentar: Wenn Märchen wahr werden, dann Gute Nacht!!!!

Herzliche Grüße aus dem märchenhaften Norden, Sonja

Re: Das Märchen als Waffe

Autor: Alf Glocker   Datum: 30.04.2022 17:45 Uhr

Kommentar: Ich bedanke mich für den märchenhaften Kommentar...

LieGrü
Alf

Re: Das Märchen als Waffe

Autor: Hartmut Holger Kraske   Datum: 30.04.2022 17:59 Uhr

Kommentar: Brilliant! Evolution, einfach erklärt! Aber wieso eigentlich stammen Vögel von Dinosauriern ab, wenn die doch ausgestorben sind? Wieso hat beim Menschen die Evolution einfach ne Vollbremsung eingelegt? Gibt's vielleicht höher entwickelte Wesen als den Menschen und mir ist das nur entgangen? (weil ich halt auch nur ein Mensch bin und Menschen auch nicht mit Ameisen reden. Wieso eigentlich nicht?)

Kurzum; Die Story hat mir einen Knoten ins Hirn gehext. So sollen Geschichten sein! Bravo!

Grüße
Hartmut

Re: Das Märchen als Waffe

Autor: Alf Glocker   Datum: 30.04.2022 18:04 Uhr

Kommentar: Danke dir erstmal lieber Hartmut!

Eine Bemerkung sei mir noch gestattet: Die Evolution beim Menschen läuft auf vollen Touren, wird jedoch vehement abgestritten...

Und noch was - ich denke es gibt im Universum Wesen, die viel höher entwickelt sind als wir...wir würden es nicht einmal bemerken wenn sie uns besuchen kämen...außer sie wollten das.

LG Alf

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