Liebe Studierende und Freunde des Längs-, Quer- und Diagonaldenkens,

so wie letztes Mal möchte ich auch in dem heutigen Vortrag meine Gedanken zum Thema der Göttlichen Allmacht in eine kleine Geschichte kleiden. Oder nennen Sie es eine Parabel; in jedem Fall soll es Sie zu weiterführenden Gedanken anregen, was schließlich der eigentliche Zweck eines Studiums an einer Universität ist, beziehungsweise sein sollte.

Hier nun die Geschichte: An einem schönen Sommertag, als die Wellen der Ozeane wie seit Jahrmillionen an ihre Ufer rollten, als die Vögel sangen, die Bienen summten und die Menschen an allen Orten der Erde ihrer Arbeit oder ihrem Vergnügen nach­gingen, kreuzte ein großer Planet, der plötzlich in unserem Sonnensystem auftauchte, die Bahn der Erde und verwan­delte sie in Staub und Feuer. Bei dem Zusammenprall er­losch alles Leben bis hinab zur kleinsten Mikrobe, endgül­tig und unumkehrbar.

Am Tage danach stand einer der bei diesem Weltuntergang gestorbenen Menschen, ein weiser Mann, vor dem Thron des Allmächtigen und stellte ihm die Frage: „Gott sage, warum hast du die Erde und mit ihr alle Menschen zer­stört?“

Darauf lehnte sich Gott bequem in seinem vergoldeten Sessel zurück und erwiderte: „Mein Sohn, die Antwort ist einfach, aber sie erfordert, dass ich dir die Vorgeschichte meiner Entscheidung erzähle“, und Gott begann:

„Lange vor der Zerstörung eurer Erde stand ein bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückter Mann vor meinem Thron – übrigens an der selben Stelle wie du jetzt. Er hatte Jahre vor seinem Tod einen Menschen kaltblütig ermordet und kurz darauf, ganz unabhängig davon, einem anderen Menschen selbstlos das Leben gerettet. Jetzt stand ich als oberster Richter vor der Frage: sollte ich ihn wegen des Mordes in die Hölle schicken oder wegen seiner helden­haften Rettungstat ins Paradies einlassen.

Für euch Menschen wäre die Entscheidung einfach gewe­sen. Denn die Umstände waren derart, dass viele nur Kenntnis von dem Mord hatten, die hätten sich an meiner Stelle natürlich für die Höllenstrafe entschieden, andere wiederum wussten nur von der mutigen Lebensrettung, die hätten ihm mit Sicherheit den Aufenthalt im Paradies zu­gesprochen.

Mir aber, dem Allwissenden, war als einzigem sowohl sein Verbrechen als auch seine Heldentat bekannt. Lange dach­te ich darüber nach, was ich tun sollte. Dann entschied ich mich dafür, diesen verirrten Planeten, den ich zufällig zur Hand hatte, auf die Erde zu schleudern und sie auf diese Weise zu vernichten“.

Da wiederholte der kluge Mann, welcher vor Gottes Thron stand und diesen Worten aufmerksam gelauscht hatte, sei­ne ursprüngliche Frage: „Gott ich verstehe noch immer nicht, warum hast du die Erde und mit ihr alle Menschen zerstört? Deine Ausführungen konnten mir diese Frage nicht beantworten. Verzeih mir die Bemerkung, aber sie klangen in meinen Ohren sogar ein wenig zynisch“.

Gott erwiderte: „Es ist doch so einfach, mein Sohn! Meine Unfähigkeit, im Fall des Mörders und gleichzeitigen Le­bensretters eine gerechte Entscheidung zu finden, hätte meine Allmacht in Frage gestellt. Die Zerstörung der ei­gentlich recht unwichtigen Erde jedoch nicht. Denn die Bevölkerung eines Planeten ist für mich nicht wichtiger als ein einzelnes Lebewesen. Zudem war es auf diesem Wege möglich, auch die Menschen auszuschalten, die im übrigen nicht nur mich erfunden haben sondern auch den Mythos meiner angeblich alles umfassenden Macht.

So habe ich mich zugleich vom Makel meiner Entschei­dungsunfähigkeit als auch von meinen Schöpfern befreit. Das, siehst du, das ist wahre Allmacht“.

–––

Ich möchte nicht vergessen, zum Schluss noch auf eine Kleinigkeit hinzuweisen, die Gott in seinen Ausführungen nicht erwähnt hatte; auf dem Planeten nämlich, mit dem er die Erde ato­misiert hatte, hatten ebenfalls intelligente Geschöpfe gelebt. Diese wa­ren aber – im Gegensatz zu den Bewohnern der Erde – lie­bevoll, anständig und selbstlos gewesen. Eine Bevölke­rung, die endlich den Weg zu einem vollkomme­nen, friedfertigen Zusammenleben gefunden hatte, und deren Tod Gott eben mal als Kollateralschaden in Kauf genommen hatte.

Aber das – denke ich – wäre ein Thema für einen anderen Tag, an dem die Frage erörtert werden müsste, ob Gott ein gutartiges oder ein bösartiges Wesen ist. Und ob er überhaupt Sinn für Humor hat. Die Evolution, sein bevorzugtes Gestaltungsinstrument, erscheint ja eher humorlos. Vermutlich hat Gott seinen Sinn für Humor in dem Augenblick verloren, in dem er gesehen hat, was aus seiner Blaupause „homo sapiens“ geworden ist.

Ich danke Ihnen jedenfalls für Ihre Aufmerksamkeit.




© Peter Heinrichs


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Beschreibung des Autors zu "Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)"

Der 6. Vortrag des berühmt-berüchtigten Professors Anatol Schwurbelzwirn

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Kommentare zu "Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)"

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: Marcus   Datum: 07.04.2020 17:40 Uhr

Kommentar: Warum nutzt Du diese Plattform für Deine Gotteslästerung?

Warum muss man alles bewerten in Gut und Böse?

Wer definiert das Gute oder Böse?

Ist der Löwe der das süße Antilopenkalb brutal jagd und frisst bösartig? Sind Heuschrecken, die ganze Landstriche kahl fressen und für Hungersnöte anderer Spezien sorgen können, bösartig?

Von Welchem Gott sprichst Du?

Im Christentum kommt derjenige im Himmel der den Herrn lobpreist und seine Sünden bereut, unabhängig davon was er im menschlichen Normativ auch Gutes getan hat.

Du beleidigst hier viele Menschen und nutzt die gegenwärtige sensible Stimmung um eine Debatte über den Sinn oder Grund des Glaubens herbeizuführen.

Völlig nutzlose Geschichte!
Und da Du sie als Anregung verstanden sehen willst auch schändlich.

MZ

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: mychrissie   Datum: 07.04.2020 19:37 Uhr

Kommentar: Diese Beiträge des verdrehten "Professors Schwurbelzwirn" sind eher für Menschen bestimmt, die Humor haben. Menschen wurden nicht beleidigt und ein allmächtiges Wesen kann man ohnehin nicht beleidigen, das haben sogar die aufgeklärteren Politiker begriffen und den Paragraphen der "Gotteslästerung" gestrichen.

Wenn das noch nicht bis in die ganz rückständigen Gehirne in Hintertupfing vorgedrungen ist, dann kann ich das auch nicht ändern. Sorry!

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: possum   Datum: 08.04.2020 1:10 Uhr

Kommentar: Ich finde dein Werk nicht als Lästerung es darf doch jeder seine Gedanken schreiben,
es ist doch dem Leser seine Aufgabe wie er nun dies verwenden möchte, für sich selbst

sei lieb gegrüßt!

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: mychrissie   Datum: 08.04.2020 8:52 Uhr

Kommentar: Du hast völlig recht, liebe possum,

es ist schon erstaunlich, dass der liebe Gott seinen ergebensten "followern" offensichtlich am wenigsten Toleranz, Verständnis und Empathie zugeteilt hat.

Vieleicht hat er ja genug Humor, über sich selbst lachen zu können, aber nicht so viel Humor, auf Dauer deren verbissene Humorlosigkeit zu ertragen.

Zumal er sich vermutlich auch noch über Milliarden anderer Populationen im Universum zu kümmern hat, die ihm ihre Zuneigung möglicherweise auf weit intelligentere, fantasiereichere, und über die Jahrmillionen hin auch unterhaltsamere Art zeigen.

Viele Grüße vom "ungläubigen" Peter. :-)

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: mychrissie   Datum: 19.07.2020 17:21 Uhr

Kommentar: Hallo Marcus,

ich habe doch nicht Dich beleidigt, sondern mich lediglich über eine angeblich "höhere" Instanz lustig gemacht, an deren Existenz Du glaubst, ich aber nicht.

Aus diesen Gründen wurde logischerweise ja auch der Tatbestand der "Gotteslästerung" aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Man kann doch etwas Allmächtiges nicht beleidigen.

Wie kann man sich nur mit seinen egozentrischen Wünschen, Träumen, Gebeten und seinem Verlangen nach einem transzendentalen Kick so identifizieren, dass man sich als Mensch in Frage gestellt fühlt, wenn es mal um den Typen mit Bart und Sandalen geht, der schon seit zwei Jahrtausenden die Gehirne der Menschen vernebelt und konsequent das Durchlaufen der Aufklärung hinausgezögert hat?!

Gruß Peter

Re: Über die Allmacht Gottes und wie er diese den Menschen demonstrieren will (Episode 6)

Autor: mychrissie   Datum: 07.10.2023 13:56 Uhr

Kommentar: Diese Geschichte passt übrigens zu ALLEN monotheistischen Religionen. Die Blutspur, die diese in der Weltgeschichte hinterlassen haben, rechtfertigte heute eigentlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

Aber davon kann man sich offensichtlich durch die Verbreitung abstruser Narrative freikaufen.

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