Ich liege im Gras, meine Augen geschlossen. Ich höre den Wind durch das Gras gleiten. Ich höre die Vögel singen. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, wärmt mich. Meine Brust hebt und sekt sich gleichmäßig. Auf ihr der Kopf meiner Frau. Ich brauche die Augen nicht öffnen um zu wissen das sie es ist. Ich rieche ihren Duft, ihre zarte Hand liegt ruhig auf meinem Bauch. Ich streichel ihr kaum spürbar über die Schulter, merke wie ihre Haare mein Gesicht kitzeln. Ich kann spüren wie sie lächelt, und merke fast gar nicht wie auch ich unwillkürlich beginne zu grinsen. "Wir müssen los Hase.", flüstert mir die schönste Stimme der Welt zu. Ich öffne die Augen.

Dunkelheit. Stille. Ich bin allein. Bin ich blind? Panik schnürt meine Brust zu. Ich höre meinen eigenen herzschlag, spüre wie mein Puls zu rasen beginnt. "Hallo?"flüstere ich kaum hörbar. Meine Frage wird von der Dunkelheit verschluckt, straft mich mit schweigen. "Hallo." hallt eine leise Stimme durch die Dunkelheit zurück. Sie klingt sanft, nicht bedrohlich, doch die unendliche Trauer in ihr lässt mich zusammenzucken. "Wer bist du?" frage ich. Ich merke wie meine Stimme zittert. "Das musst du selber herrausfinden." Diese Stimme, wie ein Stich ins Herz. " Bist du der Tod?"frage ich und setze mich langsam auf.Ein leises, fast kindliches kichern dringt durch die Dunkelheit. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit antwortet die Stimme. "Nein. Wärst du gerne tod?" Ich schüttel energisch den Kopf. "Wo ist meine Frau?" Mein Körper hat aufgehört mir zu gehorchen. Die Stille erdrückt mich. "Sie ist weg und wird nicht wiederkommen." Mein Kopf explodiert. "Nein." hauche ich kaum hörbar. Immer und immer wieder. "Du lügst. Gib sie wieder zurück, lass mich wieder zu ihr!" Meine Stimme wird kräftiger. "Lass mich sofort hier raus! Lass mich zu ihr! Gib sie wieder zurück!" Es ist keine Bitte, es ist eine Forderung. Noch immer zitternd zwinge ich mich aufzustehen. "Nein! Sie ist weg, und sie wird nie wiederkommen!"ertönt es plötzlich ohrenbetäubend auf mich zu. Der Ton der Stimme hat sich geändert. Er ist scharf geworden, lässt keinen Wiederstand zu. Die Wucht der Stimme reißt mich um, lässt mich hart auf den Boden aufschlagen. "Nein.", wimmere ich nun mehr zu mir selbst. Meine Brust droht aufzureißen, Tränen schießen mir in die Augen. "Ich kann sie nicht verlieren.", schluchze ich. Tränen rennen mir über das Gesicht, fallen bedeutungslos zu Boden. tränen die niemals trocknen werden. Ich atme unkontroliert, versuche die Tränen wegzuwischen. Doch sie werden sofort durch neue ersetzt. Meine Stirn brennt, ich vergrade meinen Kopf in den Händen. Spüre wie sich meine Fingernägel in mein nasses Gesicht graben. Ich verliere den Boden unter den Füßen. Alles dreht sich. Ich schreie. Ich schreie so laut das meine Lunge kurz vor dem platzen steht. Schreie auch dann noch weiter, als kein Ton mehr aus meinem aufgerissenen Mund kommt. Ich will nur noch sterben. Nein. Ich springe auf. Schwanke zwei Schritte zurück ehe ich mich fangen kann. Fülle meine Lunge mit so viel Luft wie nur möglich. "Warum?" schreie ich bis mir schwindelig wird. "Du kennst die Antwort!" peitscht es mir entgegen. Ich wanke, aber ich falle nicht. Fühle meinen festen Stand. "Sei endlich ruhig!" brülle ich ins nichts und merke wie meine Worte wie ein Gewehrschuss durch die Dunkelheit knallen. Wieder dieses kichern. Es soll einfach aufhören. zorn steigt in mir auf. Unendliche, gerechte Wut. Ich balle die Hände zu Fäusten. "Ich habe gesagt du sollst ruhig sein!" Ich renne los. Mein Herz pocht. Ich renne, schlage voller Zorn ins nichts. Stürze, schlage hart auf den Boden. Ich spüre einen stechenden Schmerz in meinem Kopf. Blut läuft meine Stirn hinab. Doch das ist nichts im Vergleich zu den Schmerzen in meiner Brust. Ich springe wieder auf, laufend und um mich schlagend gegen meinen unsichtbaren Gegner. Ich stürze wieder, spüre ein Knacken in meinem Handgelenk. Wuchte mich mit einer Hand wieder hoch. Taumel durch die Leere. Einen Tag. Eine Woche. Wer weiß mdas schon? Ich schleppe mich immer weiter vorwärts, mit aller kraft. Langsam ziehe ich einen Fuß vor den anderen. Die Stimme hat mich längst verlassen. Es gibt keine Zeit an diesem Ort. Kein Tag und Nacht, kein hell und dunkel. Eins meiner Beine gibt nach.Ich versuche wieder aufzustehen. Sacke zurück auf die Knie. lege meine Hände auf meine Oberschenkel, mein kopf singt mir in die Brust. Ich schließe die Augen. Müdigkeit übermannt mich. "Sie ist weg." flüstere ich leise. "Ja. Es tut mir so leid." Die Stimme. Sie ist wieder sanft und traurig, und ich höre die ehrlichkeit in ihren Worten. Ich weiß das niemand da ist. Und doch fühle ich eine Hand ruhig auf meiner Schulter. " Wer bist du?" flüstere ich tonlos. " Du weißt wer ich bin." antwortet sie mir ruhig. "Bist du das Ende? Ich will hier raus." Kein flehen in meiner Stimme. "Du hast es fast geschafft. Steh auf." Mut liegt in der Stimme. Ich merke wie mir unter die Arme gegriffen wird, ich hochgezogen werde. Ich öffne die Augen. Und ganz in der Ferne, kaum sichtbar ein Lichtpunkt. Er flackert, aber er ist da. Ich wage einen Schritt. Es schmerzt. Noch einer. Noch einer. Ich merke das mich nur noch ein Arm Stützt. Noch einer. Noch einer. Ich gehe wieder alleine. Ich bleibe stehen. "Bist du der Anfang?"

"Ja mein Freund. Ich bin der Anfang. Auch wenn ich immer wieder vergessen werde, so werde ich immer da sein in der dunkelsten Stunde. Ich hoffe wir sehen uns nie wieder mein Freund." Ich lächle. Eine letzte Träne rollt mir über die Wange. "Ich auch." Und mit neuem Mut mache ich den ersten Schritt ins Licht.


© Tobias Köhler


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Kommentare zu "Wer bist du?"

Re: Wer bist du?

Autor: Verdichter   Datum: 07.12.2017 18:51 Uhr

Kommentar: Lieber Tobias, irgendwie muss ich beim Lesen etwas ins Auge bekommen haben...puh...

Re: Wer bist du?

Autor: Broken   Datum: 07.12.2017 18:55 Uhr

Kommentar: Danke. Ganz ehrlivh. Der Text bewegt mivh sehr und beschreibt genau das was ich wirklich fühle. Es freut mich das es anscheinend auch so rüberkommt.

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