Wie der Regen im Sommer und die Sonne im Winter. Wie klares, kühles Wasser im Sand. Wie kraftvolles Feuer in Eis. So fühlt es sich an. So unglaublich gut und erfrischend. Erleichternd und einfach glücklich. So fühlt es sich an, das erzählte man sich.
Doch viele Worte mehr fallen mir zu der anderen Seite ein. Zu Hass, zu Neid, zu Kälte, Kälte, die kein Feuer und kein Licht und nichts zu bezwingen vermag.
Zur Hitze, zum Durst in der unendlichen Weite ohne Wasser. Zu dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit und der Einsamkeit.
Zu allem was Dunkel ist, und alles was Dunkel ist, ist alles was in mir ist.
Und nach allem, was ich getan hatte, war ich mir dessen sehr sicher. Ich war mein eigener Gefangener. Und während ich in der Dunkelheit wandelte, passierten im Licht die Dinge, von denen ich nicht erzählen kann. Denn das ist nicht meine Geschichte, es war sie niemals.
Und doch, bin ich dadurch zu dem geworden, was ich jetzt bin. Kalt, leer, zerbrochen. Meine Augen wirken tot, meine Seele ist tot. Das zumindest glaube ich.
Aber das war nicht immer so. Ich entsinne mich einer Zeit, vor vielen Jahren, in der die Welt, wie sie jetzt ist, anders war. Und somit auch ich.
Es war kalt, ja. Aber die Kälte war nicht für immer. Es war immer ein Feuer in der Nähe. Und wenn keines in der Nähe war, so flammte in mir ein inneres Feuer. Es wärmte mich von innen, es gab mir Hoffnung und Frieden. Und Glück, vor allem Glück. Ja, ich war glücklich. Aber das Gefühl des Glücks ist jetzt Vergangenheit und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, so lange ist es her.
Damals nannte man mich Ignipotens, Beherrscher des Feuers. Aber der Name streifte Lügen, denn das Feuer habe ich nie beherrscht. Das Feuer beherrschte vielmehr mich, es war mein Segen, meine Gabe, es war mein Fluch, mein Verderben.
Als Kind sahen die Menschen mich als ihren Beschützer. Wenn die Nacht kam, die Dunkelheit, schien ich von innen zu leuchten. Durch meine Augen tanzte das Licht und es stand nie still. Sie küssten mir die Stirn, nannten mich den „Erwählten“, den „ Heiland“. Einzig meine Mutter wusste, was ich wirklich war, doch gesagt hat sie es mir nie. Sie war eine stille Beobachterin, sie wartete und wartete. Auch war sie die einzige, die mich niemals küsste und ebenso die einzige, die mich bei meinem wahren Namen nannte.
Das Feuer, mein Feuer, war der Anfang meines Seins und sehr schnell auch das Ende. Und so hell wie ich zuerst strahlte, so dunkel wurde ich danach. Schwärze umfasste mich, Schwärze und Schatten, die ich liebte.
Und mit dem Schatten verschwand das Licht und alle Erinnerung daran. Ich vergaß wie sich die Wärme auf meiner Haut anfühlte.
Seit dem einem Tag, an dem mein Leben sich veränderte, versuche ich zu verstehen warum das alles passieren musste. Warum ich anders war und wieso. Ich ging fort. Lange Zeit irrte ich durch die Wildnis, durch Berge und Klüfte, durch riesige Wälder bis an die Große Wüste. Hier gab es keinen Schatten mehr in dem ich mich verstecken könnte. Ich war seit langem wieder der Sonne ausgesetzt. Und sie stach mir entsetzlich in den Augen, die Wärme schien zu Hitze zu werden und meine Haut zu verbrennen. Ich schrie. Der Schmerz war schlimm. Und was noch schlimmer war, ich konnte ihn nicht verstehen. Gleichzeitig mit dem Schmerz kam die Sehnsucht. Sehnsucht nach dem, was mich vor Schmerzen zum Schreien brachte. Ich drehte um und verschwand wieder im Schatten der Bergriesen. Und ich war allein hier. Keiner konnte mir helfen oder meinen Schmerz lindern. Keiner konnte mich in die Arme schließen um mir zu sagen, dass es noch Hoffnung gibt. Keiner hörte meine Schreie. Ich war allein. Allein an eine kalte glatte Steinkante gelehnt, allein auf dem Boden, am Ende meiner Existenz. Ohne Hoffnung auf irgendwas oder irgendwen. Ich hatte meinen Glauben an mich selber verloren. Und vielleicht sah ich in der Abneigung der Sonne gegen mich eine Art von Strafe dafür, dass ich bisher zu sehr von ihr behütet worden war. Als Junge von 12 Jahren wie hätte ich es verstehen soll, wie hätte ich ahnen können was all das bedeutete. Als Kind war mein Glauben an die Welt zerstört.
Eine Träne rann über meine Wange, lief über mein Gesicht und verschwand in der dürren Erde unter meinen Körper. Ich wischte sie nicht fort, sah jediglich zu wie der Boden sie verschluckte und nach kurzer Zeit war sie verschwunden. Ich wünschte mir so sehr, sie könnte eine Pflanze zum Leben erwecken, aber ich wusste, dass eine einzige Träne nicht ausreichen konnte. Ich wusste es so sicher, so sicher. Und dennoch würde ich später an diesen Ort zurückkehren. Ich schwor es mir. Ich würde zurückkehren und genau hier; ich berührte mit meinen Händen den trockenen Sand, genau hier würde ich ihm Leben einhauchen. Meine blauen Augen blickten gen Himmel, ich sah wie die Sonne hinter den Bergen verschwand und verabschiedete mich im Stillen von ihr.
Das ist das Ende. Leb wohl Licht. Leb wohl Wärme. Leb wohl Frohsinn, leb wohl Glück. Oh, möget ihr alle mich vermissen, so wie ich es tun werde. Oh, Feuer, Feuer, Feuer… Verschone mich…


















Kapitel 1

Er war gekommen, gekommen um mich zu sehen. Er war da, so nah. Doch in meinem Kopf war nichts als Leere, nur eine klanglose Melodie, die stets weiterspielte ohne jemals Musik genannt zu werden dürfte.
„Asrahel“
Ich hob den Kopf beim Klang meines Namens.
„Asrahel, die Zeit ist reif. Folge mir.“
Ich erhob mich vom Boden, klopfte noch einmal den Staub von meinen zerschlissenen dunklen Klamotten, strich mir das lange Haar aus dem Gesicht und folgte mit gebeugtem Kopf. Mein einst so helles Haar war jetzt dunkel, meine blauen Augen schwarz. Meine ganze Erscheinung schien düster. Menschen schauten mich nicht an, hatten Angst vor meinen schwarzen Augen. Sie tuschelten, ich hörte es oft, und es erinnerte mich an alte, fast vergessene Zeiten. Doch diesmal war es etwas Anderes, was sie sagten. Etwas Dunkles würde kommen. Ein schwarzes Omen.
Das schwarze Omen, das war ich.
Er empfang mich in einem Zelt, dem größten was ich je erblickt hatte. Blau und rot, grün und gelb, die schiere Farbenpracht schien mich von außen zu erdrücken. Vorsichtig hob ich den Kopf. Er musterte mich von einem Stuhl aus dunklem Holz mit zwei fein geschnitzten Löwenköpfen an jedem Ende einer Lehne.
Seine Stimme war tief als er nach einer gefühlten Ewigkeit das Wort erhob.
„Lasst uns allein, Treiber.“
Er verschwand kommentarlos durch den Eingang und ließ nichts als einen Windzug zurück.
„Setzt euch, Ignipotens“
Ich starrte ihn an, stumm, sprachlos. Wusste nicht was ich tun, wie ich reagieren sollte. Ignipotens. Doch er wendete den Blick nicht ab, als er in meine Augen sah. Die seinen waren klar, grün schimmernd und reflektierten die Farben des Zeltes.
„Das bin ich nicht, nicht mehr.“, sagte ich schließlich. Es war die Wahrheit. Ignipotens war damals an der Großen Wüste mit all meinen Hoffnungen und all meinem Lachen gestorben. Und seitdem hatte ich niemals wieder jemanden mich so nennen hören.
„Oh doch, du bist immer noch der Gleiche wie damals. Ich sehe es“
Ich machte zwei Schritte rückwärts, wie aus Angst vor diesem weißbärtigen Mann. „Ihr irrt“
Ich schüttelte den Kopf. Nein, nein. Es war fort, fort für immer.
„Und doch bist du nicht Asrahel“ Ich zog mich weiter zurück. Nein, nein, nein.
„Weder der eine noch der Andere. Wer seid ihr dann?“ Ein kleines Lachen zeichnete sich in seinem Gesicht ab. „Kommt zu mir und hört euch meinen Vorschlag an. Ich werde euch nicht wehtun.“
„Nicht davor fürchte ich mich. Ich bin Schmerzen gewohnt“ Ich fixierte ihn. Der Schmerz war mein Leben. Aber ich dachte nicht, dass er es verstehen würde.
„Oh, diese Art des Schmerzes meinte ich nicht.“ Das Lächeln wurde breiter.
Dann drehte ich mich und flüchtete aus dem bunten Zelt, verschwand im Schatten und rannte lautlos davon. Ich drehte mich nicht um, sah nicht nach hinten. Keuchend sank ich an einer Steinmauer zusammen, kniff meine Augen zu, krallte meine Hände in den Sand. Nein, nein. Nie, niemals. Vor 5 Jahren hatte man mich am Rande meiner psychischen und physischen Kräfte gefunden und in dieses Kriegslager verschleppt. Man hatte mich gedrillt, gedemütigt, bis zum Äußersten getrieben, immer und immer wieder. Dennoch, dieser Name war schmerzhafter als alles vorherige, denn er riss Wunden auf, die ich hoffte für immer verschlossen zu haben. Das Feuer schien erneut in mir aufzulodern, ich erdrückte es mit aller Kraft die ich noch aufzubringen vermochte.
Und wieder fand ich mich an einer Steinmauer auf dem Bodden wieder, wieder wusste ich nicht was ich als nächstes tun konnte, oder was ich tun müsste.
Wer bin ich? Was will ich?
Ich war ratlos und ohne Antwort. Ich war ein Sklavenkrieger irgendwo im Nirgendwo, der immer mal wieder kleine Rebellionen von Dorfbewohnern mit wütender, teilnahmsloser Gewalt niederschlug. Ich war einer des Alten Volkes, der Veti, die in der Spätzeit von den übers Meer kommenden Renati, den Neugeborenen, hinter die große Wüste verdrängt wurden. Aber das ist schon viele Jahrhunderte her. Was ich wusste war, dass ich nie wirklich ein Teil dieser Geschichte war und es vielleicht auch nie werden würde. Im Licht spielten die Menschen um Herrschaft und Macht. Und ich wartete im Schatten, beobachtete sie. Ich war allein und einsam, ich hatte nie den Drang nach sozialem Kontakt verspürt. Als heller Herrscher über die Veti geboren, jetzt ein Sklavenkrieger der Renati.
Die Sonne schien aufzugehen, ich hörte das Stimmengewirr der Mädchen, die Wasser holten und die knallenden Laute der Treiber. Ich musste ebenfalls mit dem Training beginnen.
Mühsam rappelte ich mich auf, verbannte Ignipotens und alles was damit zu tun hatte, aus meinem Kopf und begab mich zu dem Übungsplatz im Zentrum des Kriegslagers. Die Anderen standen schon, in Reih und Glied, mit brauner Lederbekleidung und Helm und einem Langschwert aus blitzenden Stahl in den Händen. Keiner sah mich an, als ich mich ruhig und demütig zu ihnen in die Reihe stellte.
„Du!“ Die Peitsche des Treibers knallte. Ich starrte geradeaus, darauf bedacht mich keinen Zentimeter zu bewegen. Der Schmerz kam plötzlich und ließ mich zusammenzucken. An meinem rechten Arm und über der Brust platzte meine Haut auf und Blut trat aus. Ich verzog das Gesicht nicht, das tat ich nie. Stark wie die Felsen jenseits der Wüste. Stark, stark, stark.
„Nehmt euch ein Beispiel an diesem hier.“, schnarrte die Stimme über den Platz, laut genug um auch den letzten Mann zu erreichen. „Schmerz ist gut. Er macht euch hart.“ Der Treiber mit seinem geschorenen Schädel und den buschigen Brauen kam auf einen Jungen zu, welcher einige Reihen vor mir stand. Er war wirklich jung, wahrscheinlich keine 13. Er starrte starr geradeaus, doch erkannte ich ein leichtes Zittern. Der Treiber schlug zu, der Junge schrie. Ich zuckte mit keinem Muskel. Einen erneuten Schlag, diesmal stöhnte der Junge jediglich. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt. Ein Schrei bedeutete einen Schlag. Ein Schlag nach dem anderen, bis zum Schweigen, oder bis zum Tod. Aber das war jetzt mein Leben. Es war mein Leben seit fünf Jahren schon. Ich war einer der Besten. Ich zuckte nicht, schrie nicht, zögerte nicht. War grausam und gnadenlos, demütig und gehorsam. Doch heute war das erste Mal etwas in mir gebrochen, einer meiner inneren Wälle war gesplittert, in dem Moment, als der alte Mann in seinem bunten Zelt-. Ich kniff die Augen zusammen. Verbannte das auflodernde Feuer, verschrankte es und verschloss es soweit es mir möglich war.
Zwischen den Soldaten gab es einige wenige, die mit den alten Gaben gesegnet waren. Ein jeder von ihnen stammte von den Veti, dem alten, ursprünglichen Volk von dem auch ich stammte. Doch keiner hatte das, was ich hatte. Nie war es bei irgendwem so stark und so unbeherrschbar gewesen. Schon als die Renati über das Meer kamen, und dann als sie die Veti beinahe ausgelöscht hatten und hinter die Wüste getrieben, waren die alten Gaben immer seltener geworden. Szokio konnte mithilfe seiner Gedanken harte Materie verformen, aber auch das nur bei sehr, sehr kleinen Mengen.
Wohin, in welchem Maße und welcher Art, schien willkürlich. Doch eins hatten alle gemeinsam. Sie besaßen keine Macht, sondern vielmehr eine Art siebten Sinn, ein tieferes Verständnis. Diese Gaben waren in Wirklichkeit sogut wie nichts.
Einzig ich, ich war anders. Nur wusste ich nicht warum. Also blieb ich in diesem Soldatenlager, ließ keine Emotionen zu und versuchte einen Sinn meiner Existenz zu finden. 5 Jahre lang. Bis heute.
Nach Ende der Übungen wurden wir wie immer zu unseren Unterkünften geschleust. Es waren riesige Zelte, dunkel und dreckig und voller Ungeziefer. Ich verhielt mich wie stets und ging in die hinterste Ecke, die sie „Asrahels Ecke“ nannten. Meine Ecke, meine Dunkelheit, meine Einsamkeit. Ich sprach mit niemanden und keiner wagte das Wort an mich zu wenden. Ich hatte kein Eigentum. Einige hier besaßen zwar kleine persönliche Gegenstände, die sie gefunden und behalten hatten. Einen Stein von der Küste oder ein Haar einer ehemals Geliebten. Doch für mich gab es auf dieser Welt nichts mehr. Selbst das Gesicht meiner Mutter schien vor meinen Augen verblasst. Ich konnte mich nicht mehr an sie erinnern. Sie gehörte nicht zu mir, nicht zu dem Sklavenkrieger, der ich jetzt war.
Ich schlief kurz und erwachte beim ersten Sonnenstrahl, kleidete mich an und ging still wie eine Maus an den anderen vorüber. Als ich durch den Eingang treten wollte, stellte sich mir ein Treiber in den Weg.
„Du wirst erwartet, Unwürdiger“ Ich starrte ihn an und folgte ohne Widerspruch. Ich ahnte es unterschwellig und es bestätigte sich als wir uns dem bunten Zelt näherten. Nein. Ich blieb stehen. Nein, nicht wieder. Der Treiber bemerkte meine Gegenwehr und zog schnell wie eine Schlange seine Peitsche und riss mich von den Füßen, sodass ich mit dem Gesicht im Dreck landete. Drei weitere Schläge folgten unmittelbar und hinterließen rote Striemen auf meinen Rücken. So gut es ging rappelte ich mich auf und ignorierten den Schmerz, der sich in meinen Rücken biss. Ich taumelte vorwärts und der Treiber bedachte mich mit einem abfälligen Schnauben. Er schlug die Plane des Zeltes zurück und stieß mich hinein. Ich landete auf Händen und Knien, schon wieder im Staub. Ich spürte nichts, nicht den leisesten Schmerz. Ich blickte auf, versteckte meine Verwunderung hinter meinen schwarzen Augen. Eine Hand streckte sich mir entgegen.
„Ihr dürft euch erheben.“ Die funkelnden Augen sahen mich an, sahen fast durch mich hindurch. Ich starrte zurück uns stand behände auf, ignorierte die Hand die sich mir entgegenstreckte. Der Mann blickte nun den Treiber hinter mir an und sagte: „Richtet eurem ehrbarem Meister meinen Dank aus und sagt ihm wir wären nun einig.“
Der Treiber nickte kurz und verschwand.
Der Mann wandte sich jetzt wieder mir zu. „Wie geht es eurem Rücken?“
Ich sah ihn nur ausdruckslos an. Er lächelte. „Ich habe den Schmerz von dir genommen.“
„Ihr seid einer der Veti.“, stellte ich fest. Er hatte eine Gabe. Eine ziemlich Mächtige dazu.
„Nein.“ Er durchquerte das Zelt. Seine Bewegungen waren für sein Alter ungewöhnlich elegant. Seine Kleidung war wie auch sein Zelt ziemlich bunt. Wieder lachte er. „Ich bin einer der Freien, Asrahel.“ Der Freien. Ein Volk welches sich selbst keiner Völkergruppe zuordnete und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Frieden wiederherzustellen. Man hatte von ihnen gehört, doch niemand schien sich für die wenigen Freien in diesen Landen groß zu interessieren. Sie waren keine Bedrohung für die Niederschlagung der Rebellionen der vorstoßenden Veti.
„Was wollt ihr von mir?“
„Hmm. Eine berechtigte Frage. Erst einmal will ich, dass du mit mir kommst“. Ich stutzte. Was?
„Ich bin ein Sklave. Ich kann keine solche Entscheidung treffen, Herr“
„Das ist mir durchaus bewusst. Und deshalb habe ich dich gegen ein gefühltes Vermögen eingetauscht.“ Er hatte mich gekauft. In meinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Doch eine Frage schien sich durch das Gewirr immer wieder an die Oberfläche zu kämpfen. „Wieso?“
Der Mann, mein neuer Herr, setzte sich auf seinen imposanten Stuhl. „Nun, das wirst du früh genug erfahren. Für dich reicht es zu wissen, das du mir nach Hause folgen wirst. Noch heute.“
„Nach Hause, Herr?“ Er nickte. „Zu den Freien. Nach Soclakios, in den Norden.“
Mein weniges Wissen über unser Land verriet mir nur eins. Es war weit. Sehr weit.
„Wir werden reiten. Begleitet werden wir nur von Cappanemdu, einem…Freund.“ Ich nickte.
Was sollte ich nun tun? So viele Dinge stürmten auf mich ein, so viele Fragen. Wie hatte ich mich zu verhalten? Wer war dieser Mann und was wollte er von mir?



Wir brachen im völligen Dunkel auf, unangekündigt und ohne Aufsehen. Es fühlte sicht nicht wie ein Aufbruch an, sondern vielmehr wie eine Flucht. Ja, ich flüchtete. Nur wovor flüchtete ich? Selbst die Nacht war warm und ich hatte nichts, was ich hätte mitnehmen können. Ich ließ mein Lager so zurück, wie es gewesen war. Ließ die dunkle Ecke zurück, die Einsamkeit inmitten von Menschen und mein gesamtes bisheriges Leben. Mein Herr stand vor mir und blickte ins Dunkel. Dann tauchten kurz vor uns zwei Männer mit drei gesattelten Pferden auf. Einer war klein und schmächtig, der andere groß und furchteinflößend, mit einem langen Degen und einer gefährlich aussehenden Axt auf dem Rücken. Seine Haut war dunkel und durch die Ohren hatte er dünne Holzstäbchen gebohrt, die in den verschiedensten Farben leuchteten. Dieser Mann neigte den Kopf, als er meinen Herren erblickte und legte eine Hand auf seine Stirn. „Cappanemdu bringt euch Pferde.“ Damit übergab er einen hochgewachsenen Schimmel an den Herren und reichte mir die Zügel eines etwas kleineren Rappen. Wie passend, schoss es mir durch den Kopf. Ein schwarzes Pferd für ein schwarzes Wesen. „Steig auf.“, befahl der Herr ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ich richtete meine schwarzen Augen auf ihn. „Ich kann nicht.“ Ich war ein Sklave. Pferde hatte ich bisher, wenn überhaupt, nur von Weitem gesehen. Geschweige denn auf einem gesessen. „Ich kann nicht reiten.“ Jetzt richtete auch der Herr seine erstaunlichen Augen auf mich. „Du wirst es lernen. Steig auf.“ Ich stieg auf. Gehorsam war ein Schild, meine Emotionslosigkeit das Holz, aus dem es gemacht war. Geschmeidig landete ich im Sattel. Das Pferd fühlte sich gut unter mir an, irgendwie… mächtig. Ich krallte eine Hand in die Mähne und nahm mit der anderen die Zügel auf. Ich hörte, wie Cappanemdu hinter mir aufstieg und der kleine Junge im Dunkel verschwand. Der Herr saß erhaben auf seinem Schimmel, ein heller Schemen im Dunkel. Wir nahmen den staubigen Pfad und ritten langsam aus dem Lager. Es waren kaum Menschen zu sehen. Nur ein paar wenige Treiber standen vor den Unterkünften und bedachten unsere kleine Gruppe mit einem nichtssagendem Blick. Ich überließ es meinem Pferd, den Weg zu finden und gab mich ganz dem beruhigendem Geschaukel hin, um mich zu fassen und einige meiner Schutzwälle neu zu errichten. Ich brauchte diese Ruhe, ohne sie war ich verloren. Die Konzentration, die ich aufbringen musste, um das innere Feuer klein zu halten, war enorm. Ich wusste nicht, ob ich erfreut war, aus dem Sklavenlager zu entkommen. Sicher, ich war anscheinend dem körperlichen Schmerz entflohen, aber ich befürchtete, dass ich nicht nur als „Sklave“ verkauft wurde. Ich erinnerte mich gut an die Nacht, als man mich in sein Zelt führte. Ich erinnerte mich zu gut. Wohin konnte ich jetzt laufen, wohin konnte ich gehen? Mitten in der Wüste? Kurz überkam mich der Gedanke einfach davon zu reiten und wieder mein eigener Herr zu werden, aber ich verwarf ihn. Erstens hatte ich weder die notwendigen reiterischen Fähigkeiten für eine Verfolgungsjagd, noch genug Proviant, oder viel wichtiger: Wasser bei mir. Zweitens wusste ich nicht wohin ich reiten sollte. Für mich gab es in dieser Welt nichts und ich sah mich auch nicht als einen Teil von ihr. Ich war nur ein bedeutungsloser, schwarzer Fleck. Ich war ein Nichts, alles was mich ausmachte war Schmerz. Schmerz und Dunkelheit. Und gleichzeitig brauchte ich diesen Schmerz und diese Dunkelheit. Sie waren meine Schutzwälle gegen das ungnädige Feuer in mir. Nach einiger Zeit begannen meine Schenkelinnenseiten zu brennen. Ich biss die Zähne zusammen und ignorierte es. Dieses Brennen war nichts im Gegenzug zu dem, was ich gewohnt war. Die Dämmerung zeichnete sich am Horizont ab, als der Herr sein Pferd anhielt und verkündete, eine Rast einzulegen.
Erschöpft glitt ich aus dem Sattel und hielt mein Pferd am Zügel. Was jetzt? Ich beschloss einfach stehen zu bleiben, bis der Herr mir Anweisung gab. Aber es war nicht ich, der angewiesen wurde. „Cappanemdu, nimm die Pferde und pflock sie an. Achte darauf, dass sie getränkt und gefüttert werden, wir brauchen sie morgen.“ Cappanemdu kam auf mich zu und entriss mir die Zügel. Ich zog mich an den kleinen Felsvorsprung zurück, um der Dämmerung zu entgehen. Die Sonne war grässlich. Sie war heiß. Sie stachelte das Feuer in mir nur mehr und mehr an. Also ging ich ihr so gut es eben ging aus dem Weg. Der Herr kam auf mich zu und setzte sich mit dem Rücken an die Felswand. „Setz dich Asrahel. Ich möchte ein wenig mit dir reden.“ Ich tat was er sagte und kauerte mich neben ihn. Er lächelte mich an. Es war komisch. Ein ehrliches, freundliches Lächeln bekam ich nicht oft zu Gesicht. „Ich sagte, ich hätte dich gekauft.“ Ich blickte zu Boden. „Das tatet ihr, Herr.“ „Nun, das habe ich auch.“ Ich runzelte die Stirn. Worauf wollte er hinaus? „Asrahel. Hör mir zu. Ich werde dich nonserviren. Deinen Sklavenstatus aufheben. Dich befreien, wenn du so willst.“ Befreien? Ich schloss die Augen. Warum? Warum sollte er das tun? „Aber Asrahel. Ich möchte auch etwas von dir. Ich bitte dich, dass du mir folgst, mit mir sprichst, meine Regeln befolgst.“
„Und warum befreit ihr mich dann?“
„Hmm. Das ist gut.“ Er lächelte schon wieder. „Damit, wenn die Zeit gekommen ist, du die Entscheidung selbst treffen kannst.“
„Welche Entscheidung?“
„Ob du gehst oder bleibst.“ Jetzt lachte ich. Nur war mein Lachen hart, freudlos und ironisch. Nichts im Gegensatz zu seinem echten Lächeln. „Ihr befreit mich, sagt mir dann, ich solle euch gehorchen, damit ich „Wenn die Zeit reif ist“ selbst entscheiden kann, wann ich gehen will?“
“Asrahel…“ Sein Blick wechselte von freudig zu gequält. „Du verstehst mich nicht. Ich sagte, ich bitte dich.“
Ich stand auf. Er erhob sich ebenfalls. Mit einem letzten Blick auf mich ging er. Ich setzte mich wieder und sah auf den Sand. Dann stand ich erneut auf. Ich konnte nicht länger sitzen, nicht hier in der Wüste, an einem Felsen. Dieser Ort war nicht gut für mich. Ich lief ein Stück die Felswand entlang, musste jedoch resigniert feststellen, dass es hier auch nichts weiter gab. Ich blickte zurück. Er war einfach gegangen, als ich mich erhoben hatte, ohne ein weiteres Wort. Das erste Mal in meinem Leben begegnete mir ein Mensch, der für mich nur rätselhaft war. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Was tat ich hier? Ich sollte besser zurückgehen und mich dem stellen, was auch immer als nächstes kommen würde. Ich war immer weggelaufen, hatte mich jedes Mal versteckt. Aber hier konnte ich mich nicht verstecken. Ich war der Gnadenlosigkeit der strahlenden Sonne ausgesetzt, der ewigen Weite ohne Rückzugsmöglichkeit. Meine Hand strich über den heißen Stein. Erschrocken zog ich sie zurück. Selbst das toteste Material war lebendiger, wärmer als ich. Denn Leben hieß Wärme und alles was kalt war, gehörte dem Tod. War ich also verdammt? Verdammt dazu niemals frei zu sein? Immer dem einen zu dienen, nämlich dem Tod? Ja, davon war ich überzeugt, auch wenn ich es nie jemanden gesagt hatte. Wie sehr hatten sie sich in meiner Bestimmung getäuscht, damals, in meinem ersten Leben. Ich wandte mich ab und lenkte meine Füße in Richtung der Pferde. Sie standen unter einer Nische im kühlen Schatten und fraßen das wenige Gras, das sich seinen Weg durch die staubige Oberfläche gekämpft hatte. Mein Schwarzer hob sofort den Kopf, als er mein Näherkommen bemerkte. Ich trat schweigend zu ihm. Es war ein schönes Tier, durch und durch,. Ich verstand nicht viel von Pferden, aber den Unterschied zwischen den Ackergäulen aus meiner Kindheit und diesen Pferden konnte selbst ich erkennen. Unter dem seidigen Fell, fühlte man die kräftigen Muskeln, der Kopf war stolz erhoben. So majestätisch. „Asrahel.“ Der Dunkelhäutige baute sich hinter mir auf. „Ihr sollt ruhen jetzt. Meister befiehlt.“ Ich erwiderte den Blick und bemerkte das nervöse Zucken seiner Muskeln sofort. Er hatte Angst vor mir. Schnell wandte er den Blick ab und griff zu seinem langen Degen. Was sollte das? Ich hatte keine Waffen und er war fast zweimal so groß wie ich. „Sagt dem Herren, ich bitte darum hier zu nächtigen“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Meister sagt, ihr sollt bei uns bleiben. Sein gefährlich hier, wilde Tiere kommen aus Sand.“ Ich willigte ein und folgte ihm zurück zu dem behelfsmäßigen Lager. „Asrahel“ Er begrüßte mich, indem er eine Hand an die Stirn legte. Ich neigte den Kopf, wie ich es gelernt hatte, um meine Unterwürfigkeit zu signalisieren. „Du hast sicherlich Hunger. Ich habe dir etwas zur Seite gelegt“ Dankbar nahm ich den Kanten Brot, ließ mich auf dem Boden sinken und knabberte daran. „Wir werden die Wüste morgen verlassen und westlich von ihr weiterziehen, durch die Grenzgebiete. Dieses Land ist unbarmherzig und unsere Vorräte begrenzt.“, erläuterte er. Erleichtert nickte ich. Das war schon mal gut. Ich schlief wie gewohnt wenig und wachte in der Abenddämmerung wieder auf. Aber auch der Herr war schon erwacht. Nur von Cappanemdu war keine Spur zu sehen. Diese Nacht war kühler als die letzte und ich entspannte mich sichtlich in meiner geliebten Dunkelheit. Cappanemdu ritt weiter hinten, ich in der Mitte und der Herr bildete die Spitze mit seinem prächtigem Sattel und den vielen bunten Schnüren, die daran befestigt waren. Kurz kam mir der Gedanke, was wohl mit dem bunten Zelt, dem schönen Stuhl und all den Dingen passiert war, die in dem Kriegslager sein Eigen waren. Aber im Grunde war es mir egal.
Und das war auch gut so, Emotionen waren zu gefährlich. Wenn man etwas gernhatte, konnte es allzu leicht von einem genommen werden. Und das wollte ich nie wieder erleben.
Wir verließen die glühenden Sande bei Tagesanbruch des nächsten Tages. Ich war erleichtert als der erste Schatten eines kleinen Baumes über mich fiel. Es war immer noch extrem heiß, doch ich war nicht mehr dem Endlosen, dem feurigen auf mich gerichteten Blick ausgesetzt. Das erste Dorf, welches wir passierten war an einem stillen, grünen See errichtet, mit kleinen, flachen Hütten aus Stroh und Lehm. Zwei Brunnen waren auf dem staubigen Platz gebaut und einige wenige Frauen schlurften über den brennenden Boden um Wasser zu holen. Ihre Kleidung war schäbig. Braune Leinen, weite Tücher, welche ohne irgendeinen erdenklichen Plan um den Körper gewickelt wurden.
An einer Ecke entdeckte ich ein junges Mädchen mit einem grauen Schleier. Sie starrte uns stumpf an, vor allem mich. Doch als sie meinem Blick begegnete, schaute sie weg und verschwand in einer der Hütten hinter ihr. Eine weitere, ältere Frau hackte mit einer Harke den trockenen Boden, eine zweite zerrte mickrige Rüben heraus. Erstaunlicherweise war nirgends ein Mann, oder auch nur ein Junge zu sehen. Wo waren die Bewohner dieses Dorfes?
„Dies sind die Übriggebliebenen der Renati. Die heiligen Frauen, welche die Aufgabe hatten, die Krieger zu segnen und ihr Schicksal in der Schlacht zu prophezeien. Sie hatten ein angenehmes Leben, doch der Krieg zog weiter gen Süden, über die Wüste und für diese hier blieb nichts außer der Erde über welche wir reiten.“, erklärte der Herr mit ruhiger Stimme.
Ich schwieg. Das Schicksal dieser Frauen war mir gleich und ich interessierte mich nicht für den Krieg.
„Was taten Frau vor Befreiungskrieg?“, fragte Cappanemdu.
Der Herr runzelte die Stirn. „Sie dienten Männern in Städten oder Dörfern“
„Wie dienen?“ Cappanemdu zügelte sein Pferd.
„Sie waren die heiligen Frauen reicher Männer. Lebten an ihrer Seite, beteten für sie, suchten nach Seelenheil, prophezeiten.“ Der Herr wandte sein Gesicht dem Weg zu. „Doch jetzt sind diese Männer tot und ihr Glauben verbietet ihnen, sich einen anderen Herren zu suchen.“
Ich schnaubte verächtlich. „Dann sind sie töricht. Es gibt keinen Gott, keinem außer der ewigen Dunkelheit des Todes. Und der Tod wird sie holen, egal welche Versprechungen sie ihm machen.“
Der Herr und Cappanemdu sahen mich traurig an. Ich ignorierte ihre Blicke.
„Diese Verurteilung ist unrecht. Sie dienen keinem Gott. Sie dienen der Hoffnung, der Hoffnung die hinter jedem Glauben steckt und ihn stark macht. Hoffnung ist diejenige Macht, an die wir uns wenden, wenn wir versuchen aus der Dunkelheit des Todes zu entfliehen. Wenn wir diese Macht verlieren, dann verlieren wir ebenso unser Leben.“
Ich sah ihn misstrauisch an. „Hoffnung ist nur eine Illusion. Wenn man sich daran klammert, so klammert man sich an ein Phantom, welches niemandem Leben zu geben vermag.“
„Und doch erscheint es süßer, den Kuss des Phantoms zu erwarten, als denjenigen der dunklen Wahrheit.“ Ich spornte mein Pferd an. „Die Wahrheit ist dunkel. Doch Licht blendet.“ Dann galoppierte ich fort, aus dem Dorf heraus und in den lichten Wald. Nach kurzer Distanz sprang ich, rollte mich ab und sah meinem Rappen zu, wie er umkehrte und davon sprengte. Meinen Blick hob ich dem Himmel entgegen. Erstaunt fühlte ich eine Träne über meine Wange rollen. Wütend rammte ich meine Faust in den Boden. Nein, nein, nein. Bleib stark. Ich schloss die Augen und ließ mich erneut in das Dunkel in meinem Inneren versinken, verschränkte alles hinter meinen Mauern. Verbannte die Wut, verbannte die Trauer, verbannte vor allem das Licht. Wie lange musste ich noch so leben? Wie lange konnte ich noch so verweilen, wie lange würde es dauern bis ich einfach zu Schatten zerfallen, oder in gleißendem Licht verbrennen würde?
Wolken zogen auf und die Sonne verschwand als ob sie mir ein Zeichen geben wollte. Ich erhob mich. Mitten im Wald, zwischen Bäumen und Vögeln. Es war erschreckend wie viel Leben hier war. Es schien als würde der Wald selbst atmen und pulsieren. Vorsichtig berührte ich ein helles Blatt. Wie wundersam war diese Welt und wie viel stärker als ich, wie viel mächtiger als ein jeder von uns. All dies erinnerte mich an einen kühlen Sommertag in den Bergen, Bäume überall, ein kleiner plätschernder See und meine Mutter die mir zum Abschied die Stirn küsste. Meine Mutter mit wehendem Haar und lachendem Gesicht, ihre Stimme so weich… Ihre Augen… Nein. Ich drehte mich ruckartig um und begann zu laufen. Egal wohin, nur weg von hier. Weg von der Erinnerung, weg von den Emotionen, fort von dem was einmal war und was nie wieder sein wird. Weit musste ich nicht gehen, als ich durch das dichte Gesträuch den Herren und Cappanemdu heranreiten sah. Cappanemdu führte meinen Rappen am Zügel, der Herr lachte. „Wir fanden dein Pferd. Du willst sicherlich nicht laufen wollen, nicht wahr?“ Ich nickte und nahm Cappanemdu mein Pferd ab. Als ich aufgestiegen war wurde kein Wort mehr gewechselt und ich war froh darum.

Die Männer die uns am nächsten Tag entgegen kamen sahen bedrohlich aus. Cappanemdu zog seine Axt unter seinem Umhang und beobachtete die vier dunkel gekleideten Gestalten, wie sie sich mit Schwertern in der Hand näherten. Ich sah den Herren an. Er war alt. Konnte er kämpfen? Oder war Cappanemdu der einzige der eine Waffe trug?
„Herr“, begann ich. „Gebt mir ein Schwert. Zu dritt sind unsere Chancen größer“
„Ich beabsichtige nicht gegen diese Renati zu kämpfen, Asrahel.“
Ich runzelte die Stirn und richtete meinen Blick wieder auf die sich Nähernden. Sie waren jedenfalls fest entschlossen, uns zu überfallen. Wir hielten und warteten. Ihre Stimmen wehten herüber, ihr Gelächter. „Männer tranken schlecht Getränk. Sie verwirrt.“ Cappanemdu hatte Recht. Sie schienen betrunken. „Ich töten alle vier. Sie nicht Bedrohung für mich.“
Ein kurzer Blick in das grimmige Gesicht des Dunklen reichte mir um mir dessen gewiss zu sein.
„ Cappanemdu.“ Der Herr bahnte sich seinen Weg nach vorne. „Nicht sie.“ Nicht sie? Was sollte das bedeuten? Aber Cappanemdu neigte den Kopf und entspannte seinen Griff.
Die Männer parierten wenige Meter vor uns mit lautem Gejohle durch. Einer zog ein Schwert, die zwei anderen hielten Äxte in den schwieligen Händen. Der erste war anscheinend ihr Anführer, den er erhob das Wort. „Ihr habt euch weit von eurem Zuhause entfernt, reicher Mann“
Cappanemdu fixierte sie, verfolgte jede Bewegung mit den Augen. Der Herr lächelte. „Edle Herren. Wir wünschen unsere Reise unbeschadet fortzusetzen. Wenn man so freundlich wäre, uns passieren zu lassen…“
„Passieren lassen?“ Der kleinste der drei spuckte aus. Und lachte dann ein kehliges Lachen. Doch ein Blick des Anführers brachte ihn zum Schweigen.
„Wohldenn- wir lassen euch passieren. Was zahlt ihr?“
Der Herr lachte laut auf. „Ich zahle nicht für meine Freiheit. Meine Freiheit ist mein, schon lange. Ich brauche sie nicht zu kaufen.“
Die Blicke der Männer verfinsterten sich. Die zwei hinteren tauschten einen Blick der Unsicherheit. Und keiner der drei sah mich an. Ich war wie ein Schatten. Schatten waren keine präsente Bedrohung. Sie kamen langsam und schleichend. Während Cappanemdus Anblick weitaus furchteinflößender war.
Ich war weder beunruhigt, noch aufgeregt, noch ängstlich. Egal was passierte, es würde einfach geschehen und ich würde keinen mentalen Anteil daran haben, so war es immer. Selbst der Tod war für mich nichts, denn ich war bereits tot. Meine schwarzen Augen blickten durch ihn hindurch.
Dann ging alles sehr schnell. Ein heller Stich in meinen Augen, ein grausamer, brennender Schmerz in meinem Kopf und meinem gesamten Körper. Und alle meine Gedanken waren fort. Ich war nicht mehr Asrahel, nicht der Sklavenkrieger. Ich war nicht nichts. Ich war das Feuer. Meine Muskeln wurden von ihm durchströmt und alles was ich sah war Feuer und Blut. Feuer, Feuer, nur noch Feuer. Dann wieder Blut, Schreie, Feuer. Schmerz, Angst, Feuer. Feuer, Feuer, Feuer. Ich war es. Ich war Ignipotens.































Kapitel 2

Ein stumpfer, dunkler Ton dröhnte in meinen Ohren nach und verschwand wieder. Mein Denken war wie goldener Honig aus einer anderen Zeit. Zähflüssig und versüßt. Ich konnte nichts halten, hatte keine Kontrolle über den Fluss von Bildern in meinem Kopf. Ich sah eine Frau, mit langem Haar. Sie sah mich vorwurfsvoll an, mit diesen bekannten Augen. Ich wollte zu ihr, doch sie verschwand in einem Nebel aus Honigduft. Dann eine Menschenmenge, ein alter Greis, er zeichnete mir eine Flamme auf die Stirn, direkt zwischen meine Augen. „Dies ist die Stelle deiner Energie, dein Chi wird hier gebündelt, oh mein Heiland“ Im selben Augenblick wechselten die Blicke der Menschen von bewundernd zu ängstlich anklagend und ich war wieder im Soldatenlager. An meinen Händen war getrocknetes Blut. Als ich aufblickte lag vor mir ein Schlachtfeld und ich war der einzige der noch aufrecht stand. Von weit weg sah ich die Frau wieder, die Frau mit diesen unglaublich gütigen Augen. Sie lief auf mich zu, doch als ich sie berührte, entflammte sie. Ihre Schreie waren laut und gequält und ich schrie mit ihr. Schrie nur ein Wort: Mama.
Licht.
Dann wieder Schatten.
Hell und dunkel wechselten aneinander ab in einem endlosen Kampf die Oberhand zu bekommen.
Dann wieder der Ton, doch diesmal klarer.
„Erwachet. Es ist an der Zeit. Jetzt.“
Ich schlug die Augen auf. „Herr.“
„Asrahel.“ Seine grünen Augen leuchteten durch die Schatten in mir durch.
„Wir müssen fort.“
Ich nickte und versuchte mich aufzusetzen. Erstaunt keinerlei Schmerzen zu spüren warf ich einen Blick auf den Herren. Er lächelte.




Fortsetzung in Arbeit


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