VERLASSEN

Wohin gehe ich jetzt? Immer weiter, voran voran! Ich muss ihn doch wiederfinden, meinen Herrn, den Rudelführer unseres Zweierrudels!

Immer weiter, aber es gibt keine Spur, warum nur?
Neben mir das gleichmäßige Brummen der Automotoren, so viele sind es, doch nie ist das richtige Geräusch dabei. Da vielleicht? Ja, ja das klingt wie unsere „alte Mühle“! So hat Herrchen sie immer genannt! Vorbeigerast! Nicht so schnell Mensch, ich kann doch nicht so... „Wuff, wuff, wuff!“ Aus. Wieder nichts.

Immer weiter... Die Pfoten tun weh auf dem Pflaster. Ach egal! Herrchen sucht mich doch auch verzweifelt, ganz sicher! Wir haben doch nur Stöckchen gespielt, auf dem Parkplatz. Ganz weit hat er geworfen, Mensch, mein Herrchen hat was drauf, das sag’ ich euch! Ich bin gerast wie verrückt, meine Schlappohren sind vielleicht geflogen! Aber ich hab’s gefunden, wie immer! Mit stolzgeschwellter Brust bin ich zurück. Und da war das Auto weg. Versteh’ ich nicht, kann doch gar nicht sein! Kann ich mich denn auf meine fünf Sinne nicht mehr verlassen, oder was ist los?

Aber da vorne da steht doch..., Ohren hochgestellt und nichts wie hin!

Komisch, sieht genau so aus wie unsere „alte Mühle“, riecht aber ganz anders.

„Na, Kleener, komm’ doch ma her!“

Hinter dem Auto, auf einem Stein sitzt einer, nicht meiner natürlich, aber immerhin einer, und kaut ein Brot. Erst mal wittern... Riecht gut und die Stimme klingt freundlich.

Sehr anständig, gibt mir was ab, dafür darf er auch mal streicheln. „Siehst ja aus wie mein Alter Harras, du, das gibt’s doch gar nicht!“ Das tut gut, Mensch, bin ich kaputt! Der streichelt immer weiter. Hat meiner schon lange nicht so ausgiebig gemacht.

„Haben se dich ausgesetzt was? Also, wenn de willst, ich mein, wenn du keenem mehr gehörst..., weißte, eigentlich wollt’ ich nie mehr ein’n haben, seit se mir den Harras überfahr’n haben, aber wenn wer jetzt sozusagen beede übergeblieben sind..., na, ma’ sehen! Erst mal müssen wer natürlich die Schrottmühle hier inne Werkstatt schaffen. Aber dann..., na überleg’s dir!

Da war das Wort! Mühle, hat er gesagt, Mühle tatsächlich, ich schwör’s! So ein Glück. Der kennt Herrchen, der bringt mich heim, endlich, endlich heim!


© Manuela Jäkel


1 Lesern gefällt dieser Text.



Beschreibung des Autors zu "Verlassen"

wenn diese Geschichte nur einen Tierhalter dazu bringt, sein Tier nicht auszusetzen, hat sich das Schreiben schon gelohnt!

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Verlassen"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Verlassen"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.