In einem alten Landhaus in England lebte einst eine alte verbitterte Frau.
Ihr Name war Mrs. Blackstone, aber jeder im Dorf nannte sie nur ,,die alte Hexe´´. Wenn man von ,,der alten Hexe´´ sprach, wusste jeder wer gemeint war.
Mrs. Blackstone wurde aber nicht ohne Grund ,,die alte Hexe´´ genannt.
Ihr Gatte war schon vor vielen Jahren verstorben und seitdem war sie noch verbitterter als zuvor, denn selbst als ihr Mann noch am Leben war, war sie mit Vorsicht zu genießen. Sie hasste die Dorfkinder und genau aus diesem Grund, waren alle Leute so schlecht auf sie zu sprechen. Mrs. Blackstone ließ sich nur selten blicken, aber vor allem dann, wenn Kinder auf der Straße vor ihrem Haus auftauchten, kam sie aus ihrem Haus und verscheuchte die Kinder.
Die Dorfkinder hatten Angst vor ihr und suchten sofort das Weite, wenn sie sie sahen. Die Eltern erzählten ihren Kindern aber auch allerhand Geschichten über die alte Mrs. Blackstone. Eigentlich war es den Kindern verboten, auch nur in die Nähe von Mrs. Blackstones Haus zu gehen, doch genau dieses Verbot trieb die Kinder dazu, es doch zu tun und die Alte ein bisschen zu ärgern.
Die Kinder liebten es ganz frech um ihr Haus herumzutanzen und machten sich obendrein über sie lustig, wenn sie dann herauskam und sie mit ihrer krummen Körperhaltung verfolgte. An einem schönen Sommertag saß Mrs. Blackstone in ihrem Sessel und strickte, als sie plötzlich ein Kindergelächter hinter ihrem Haus vernahm. Sie fühlte sich in ihrer Ruhe gestört und verließ sofort das Haus, um die Kinder zu verjagen. Hinter dem Haus war niemand zu sehen, aber sie war sich sicher, dass das Gelächter von hier kam. Sie wollte gerade wieder umkehren, da hörte sie erneut das Lachen von Kindern. ,,Kommt heraus, ich weiß wo ihr seit´´, sagte Mrs. Blackstone wütend und ging durch die Pforte zwischen der niedrigen Mauer die ihr Haus umgab zum Apfelbaum, von dem das Gelächter kam. ,,Ihr könnt euch nicht verstecken´´, sagte Mrs. Blackstone und schaute hoch in die Baumkrone. ,,Spielen Sie mit uns Mrs. Blackstone´´, sagten alle Kinderstimmen gleichzeitig. ,,Kommt heraus´´, sagte diese.
,,Trauen Sie sich Mrs. Blackstone´´, sagten die Stimmen wieder.
Mrs. Blackstone wurde sehr ungeduldig und forderte die Kinder erneut auf, ihr Versteck zu verlassen. ,,Erinnern Sie sich an ihre Kindheit´´, sagten die Kinderstimmen aus der Baumkrone. Mrs. Blackstone wollte gerade wieder was sagen, hielt aber für einen Moment Inne, denn irgendwie kamen ihr die Stimmen bekannt vor und es waren nicht die der Dorfkinder. Plötzlich erinnerte sie sich an ihre Kindheit, an die sie sich nie zurückerinnert hatte, obwohl sie schön gewesen war. ,,Maggie, Anne, Sara, Thomas, Simon´´, sagte Mrs. Blackstone mit ganz veränderter Stimme. Die Kinder, es waren fünf an der Zahl, kamen aus der Baumkrone heruntergeklettert. ,,Komm Agatha, spiel mit uns´´, sagten die Kinder zu Mrs. Blackstone. Maggie, Anne, Sara, Thomas und Simon waren alles Freunde aus Mrs. Blackstones Kindheit, die mittlerweile schon viele Jahre tot waren. Die Begegnung mit ihnen, warf Mrs. Blackstone zurück in ihre Kindheit. Sie verwandelte sich gänzlich in ihre kleine Mädchengestalt und dann zogen sie los und spielten wie in früheren Zeiten. Mrs. Blackstone wohnte schon als kleines Mädchen in diesem Dorf und machte zu ihrer Zeit auch viel Blödsinn mit den anderen Dorfkindern. Sie kamen zum Haus vom ,,alten Griesgram´´, so nannten sie Mr. Wood, der genauso war, wie Mrs. Blackstone in ihrer alten Gestalt, denn auch er konnte die Dorfkinder nicht leiden. Mrs. Blackstone oder in ihrer kindlichen Gestalt nenne ich sie besser beim Vornamen Agatha und die anderen Kinder kletterten auf seinen Apfelbaum und pflückten sich ein Paar Äpfel. Das sah Mr. Wood gar nicht gerne und kam sofort aus seinem Haus gestürmt, um die Kinder zu verjagen. Sie sprangen sofort vom Baum und machten sich mit ihrer Beute vom Acker, als sie ihn sahen.
Den nächsten Streich spielten sie der Bäckerin, die ihren Laden in der Mitte des Dorfes hatte. Ganz unschuldig kamen sie in den Laden und wollten Brötchen kaufen, während Agatha an der Tür stehen blieb und das Schild von ,,offen´´ auf ,,geschlossen´´ drehte. Die Bäckerin bekam das überhaupt nicht mit, da sie damit beschäftigt war, die Kinder zu bedienen und wunderte sich, dass sie den Rest des Tages überhaupt keine Kundschaft mehr hatte. Die Leute blieben nur vor dem Bäckerladen stehen, schauten auf das Schild, auf dem ,,geschlossen´´ stand und zogen dann weiter. Das nächste Streichopfer war die Lehrerin von Agatha und ihren Freunden, die fast jeden Tag im Gemischtwarenladen einkaufte. Wenn sie dann am Tresen stand und sich mit dem Gemischtwarenhändler unterhielt, kamen die Kinder dazu und unterhielten sich mit. Aber das war natürlich nur ein Ablenkungsmanöver, damit eins der Kinder unauffällig Eier in die Tasche der Lehrerin packen konnte. Als die Lehrerin dann ihren Einkauf in die Tasche auf die Eier packte, die dann zerbrachen, waren die Kinder natürlich schon längst wieder verschwunden und spielten jemand anderem einen Streich. Sie taten in ihrer Freizeit wirklich nichts anderes und es war ein großer Spaß für sie. Am meisten Freude hatten sie daran, die Hühner beim Bauern zu verschrecken, die dann durcheinander liefen, dass die Federn flogen. Und ihr werdet es nicht glauben, dass die Bauernkinder das sogar mitmachten, obwohl sie wussten, dass es was hinter die Löffel geben würde, wenn ihr Vater das mitbekäme. Dieser wundervolle Tag der Streiche verging leider so schnell und als die Sonne unterging befanden sie sich wieder beim Apfelbaum, wo der Tag begonnen hatte. Anne legte Agatha ihre Hand auf die Schulter und sagte:,, Du hast heute nochmal gesehen, wie wir früher waren. Denke mal darüber nach und vielleicht wirst du den Dorfkindern eine Chance geben. Sehe sie als unsere Nachfolger.´´ Als Anne fertig gesprochen hatte, winkten sie Agatha alle zu und kletterten wieder den Apfelbaum hinauf.
Als sie in der Baumkrone verschwunden waren, stand in der Abendsonne wieder die alte Mrs. Blackstone, doch sie sah verändert aus. Im Licht erschien kein mürrisches Gesicht mehr, sondern ein freundliches und lächelndes Gesicht und selbst die Augen waren nicht mehr tief Grau, sondern erstrahlten fast jugendlich.
Aus dem lächelnden Gesicht wurde binnen weniger Sekunden ein lautes und fröhliches Gelächter. Mrs. Blackstone lief die Dorfstraße entlang und holte mit ihrem Lachen alle Dorfbewohner von ihren Abendbrottischen. Alle waren sehr verwundert und fragten sich natürlich, was in die alte Mrs. Blackstone gefahren sei. Ihre Fröhlichkeit war so ansteckend, dass bald das ganze Dorf lachte und glücklich war. Am nächsten Tag lud sie das ganze Dorf zum Tee ein und auch die Kinder durften in Zukunft immer auf ihre Apfelbäume klettern und auch in ihrem Garten spielen. Mrs. Blackstone war unermüdlich und spielte sogar mit den Kindern zusammen verstecken oder fangen. Und wenn die Kinder mal Streiche spielten und sich irgendjemand beschwerte, dann sagte sie nur:,, Ach lassen Sie die Kinder nur, waren wir nicht alle so in unserer Kindheit ?´´


© Cedric McShane


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Beschreibung des Autors zu "Die Kinder aus dem Apfelbaum"

Mrs.Blackstone ist eine alte verbitterte Frau. Sie kann die Dorfkinder nicht leiden und sie hasst es, wenn sie sich in der Nähe ihres Hauses aufhalten.
An einem schönen Sommertag erscheinen plötzlich Kinder hinter ihrem Haus und nehmen sie mit zurück in ihre Kindheit. Für einen Tag.

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