Die Abenteuer des Glückspfennigs


Es war ein wunderschöner Maientag. Die Bäume blühten, die Sonne schien und die
Bienen summten.
Der Müller Malte saß zufrieden auf dem Kutschbock seines Pferdewagens. Er knallte mit seiner Peitsche und pfiff dabei ein Lied. Die Pferde zogen stampfend und schnaubend den schweren Wagen.
Der Müller wollte zum Bauern Mühsam um dort einige Säcke Korn zu kaufen.
Dort angekommen, stand der Bauer gerade auf seinem Hof und fütterte die Gänse.
Der Müller trug sein Anliegen vor, sie waren sich sofort einig. Malte öffnete seine
Geldbörse und er bezahlte den Bauern.
Bei dieser Gelegenheit sprang der Glückspfennig aus der Geldbörse des Müllers.
Beide Männer bemerkten den Ausreißer nicht, denn sie waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft.
Der Glückspfennig fiel auf das harte Hofpflaster. Er rappelte sich auf und rannte so schnell er konnte davon. Die Straße auf der er lief, hatte große Schlaglöcher. Sie war außerdem sehr holprig und man hatte große Mühe auf ihr zu gehen. Der Glückpfennig hatte Angst davor in ein Schlagloch zu fallen. So kam er nur mühsam und langsam voran. Nach Stunden kam ihm ein großes Ungeheuer entgegen. Der Pfennig bekam einen gewaltigen Schreck und er blieb wie angewurzelt auf der Straße stehen. Der Pfennig fragte das Ungeheuer: „ Wer oder was bist du.“ Das Ungeheuer antwortete: „ Ich bin ein Pferd.“ Darauf fragte der Pfennig: „ Was ist denn ein Pferd?“ Das Pferd antwortete: „ Ein Pferd ist ein Tier auf dem man reiten kann, und es kann auch Wagen ziehen.“ Der Glückspfennig wollte noch wissen, für wen das Pferd die Wagen zieht. Das Pferd war mittlerweile über die viele Fragerei des Pfennigs verärgert. Es sprach: „ Deine viele Fragerei geht mir auf die Nerven, und wenn du nicht gleich damit aufhörst, zertrete ich dich mit meinen Hufen.“ Dem Pfennig war es auf einmal nicht geheuer, und er rannte davon.
Es wurde Abend und es begann zu dämmern.
An der Straße stand zufällig ein großer Klettenbusch. Der Glückspfennig schlüpfte unter diesen, und baute sich ein Bett aus Klettenblättern. Nach kurzer Zeit schlief er zufrieden und glücklich ein.
Als der gute Mond seine Runde machte, sah er den Pfennig auf dem Klettenbett liegen. Er wollte auf keinen Fall den Pfennig wecken, deshalb versteckte er sich hinter einer dicken, weißen Wolke. Am Morgen wachte der Glückspfennig wohl
gelaunt auf. Er sprang von seinem Klettenbett herunter und machte gleich einige Kniebeugen. Danach trank er einen großen Schluck Tau von einem Klettenblatt.
Dann begann er erneut seine Wanderung.
Der Pfennig war schon eine ganze Weile unterwegs, als plötzlich etwas Buntes auf die Straße flatterte. Der Pfennig bekam einen Schreck und er blieb ängstlich stehen.
Das bunte Etwas kam auf ihn zu. Er ging rückwärts und fiel dabei auf seinen Popo.
Der Pfennig rappelte sich auf und fragte: „ Was bist du für ein Ungestüm?“, das Ungetüm antwortete: „Ich bin ein Goldfasan.“ Da sprach der Pfennig: „ Bist du ein Vogel?“ „ Richtig“ sprach der Fasan und spreizte seine Federn.
Der Glückspfennig meinte: „ Wenn du so schön bunt bist, musst du ja viele Freunde haben.“ „ Nein“ sagte der Goldfasan traurig „ die Menschen wollen mich verspeisen, und sie wollen auch meine bunten Federn.“
„Das ist aber sehr, sehr traurig“ sagte der Pfennig, und einige Tränen kullerten über sein blankes Gesicht. Sie unterhielten sich noch etwas und dann ging jeder seiner Wege.
Dem Pfennig wurde die Straße zu lang. Um sich die Zeit zu vertreiben, sang der Pfennig mehrere Wanderlieder. Er hüpfte auch von Zeit zu Zeit, um schneller voranzukommen. Als eine Wegwartenstaude kam hielt er an, und er setzte sich unter diese. Da er matt und müde war, schlief er sofort ein.
Ein lautes Grunzen weckte ihn aus seinem Schlaf. Vor ihm. auf der Straße wälzte sich ein großer, rosafarbiger Klumpen voran.
Als der rosafarbige Klumpen näher kam, erkannte der Pfennig ganz plötzlich, dass es sich bei dem Klumpen um ein Schwein handelte, und ihm war bange Angst.
Sein Vetter, in der zweiten Generation der Glückspfennige, hatte ihn vor diesen Tieren gewarnt. Er hatte dem Glückspfennig erzählt, dass Schweine mit Vorliebe Glückspfennige fressen, aber auch Groschen und Markstücke. Für die Pfennige seien die Schweine die gefährlichsten Tiere der Welt.
Der Titel Glücksschwein ist für alle Schweine etwas Besonderes. Den Titel bekommen nur Schweine, die in ihrem Magen Glückspfennige oder andere Geldstücke haben.
Diese Tiere werden nämlich nach dem Schlachten vom Bauern viel liebevoller und
vorsichtiger behandelt. Er besitzt ja dann ein Glücksschwein.
Das Schwein wollte den Pfennig fressen, doch dieser rannte so schnell er konnte davon. Der Pfennig rannte von der Straße auf ein abgeerntetes Kartoffelfeld, das Schwein natürlich hinterher. Das Schwein hatte den Glückspfennig fast erreicht, doch plötzlich hielt es im Rennen inne.
Was war denn das für ein herrlicher Geruch? Das Schwein blickte umher und sah drei Wiesenchampignons stehen. Das Schwein dachte, die Pilze werde ich erstmal fressen, den Pfennig erreiche ich immer noch.
Der Pfennig rannte so schnell, das er sich überschlug. Er zog beiden Beinchen an, und kullerte auf dem abschüssigen Feld hinab. Auf einer Feldblumenwiese kam er zum stehen. Der Pfennig zitterte am ganzen Körper vor Angst. Nachdem er sich beruhigt hatte, suchte er eine Glockenblume und setzte sich darunter. Der feine Duft der Glockenblume betörte ihn und er schlief ein.
Das Schwein hatte die Pilze gefressen und suchte den Pfennig. Es suchte und suchte, aber es konnte den Pfennig nicht finden. Ärger stieg im Schwein empor, und es begann mit großem Eifer das Feld umzuwühlen. Aber vergebens, es konnte den Pfennig nicht finden. Es war schon dunkel, und das Schwein wühlte noch im Feld, wie lange, das konnte man nie erfahren.
Es war ein schöner, warmer Herbsttag, und der Bauer Butze wollte noch einmal seine Blumenwiese mähen. Er spannte seine beiden Oldenburger an die Haumaschine, und los ging es.
Der Glückspfennig schlief so fest, dass er die Pferde und die Maschine, die über ihn hinweg fuhren gar nicht merkte. Er schlummerte weiter unter dem frisch gemähten
Gras. Etliche Tage vergingen, und das gemähte Grün war schon fast zu Heu geworden.
Die ganze Familie Butze wendete zum letzten Mal das Heu. Die beiden Kinder des Bauern waren auch im Einsatz. Jeder der beiden Kinder hatte eine Holzharke mit der sie das Heu wendeten.
Die Sonne meinte es sehr gut, und die Familie Butze machte eine wohlverdiente Pause. Schweißgebadet saßen sie am Feldrand und tranken schwarzen Kaffee und Selterwasser.
Hans griff plötzlich in das Heu und hob den Glückspfennig auf. Der Pfennig in seiner Hand rieb sich seine Augen und er nieste kräftig. Hans schien das alles nicht zu merken. Hans rieb den Pfennig mit seinem Taschentuch blitzblank. Der Glückspfennig wehrte sich, jedoch bemerkte es der Junge nicht.
Er schenkte Susi, seiner kleinen Schwester den Pfennig, denn er hatte sie nämlich sehr lieb.
Sie freute sich sehr über das Geschenk. Ihren Freundinnen erzählte sie, wie der Pfennig aussieht, und was sie für einen coolen Bruder hat.
Susi legte den Pfennig in ihrem Bett unter ihr Kopfkissen.
Sie hatte von ihrer Oma gehört, dass das Glück bringen soll.
Nachts wenn es dunkel war und Susi fest schlief, krabbelte der Pfennig unter dem Kopfkissen hervor. Er wanderte durch Susis Kinderzimmer und schaute sich ihre
Spielsachen an. Der Pfennig stieg in den Traktor, zog den braunen Bären an sein Ohr, rollte mit dem Holzpferd durch das Zimmer und zog die Spieluhr auf.
Susi merkte von all den Streichen des Pfennigs nichts. Sie wunderte sich nur, dass die Spielsachen durcheinander waren.
Sie sagte es ihrer Mama, die lachte nur und meinte: „Das wird bestimmt Minka,
die Katze gewesen sein.“
Dem Glückspfennig gefiel es bei Susi sehr, so dass er bei ihr geblieben ist.
Heute ist Susi schon Mutti und hat selbst zwei Kinder,
Den Pfennig hat sie immer noch, er ist ihr Talisman!


© Jürgen


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