(Eine Faschingsgeschichte)

Vor langer, langer Zeit da lebten einmal sieben kleine Geister in einem alten, verfallenen Schloss in einem großen, verwunschenen Wald. Niemals traute sich irgendein Mensch in diese öde und verlassene Gegend und die sieben kleinen Geister langweilten sich ganz schrecklich.

„Wisst ihr was?“, sagte der größte und mutigste eines Tages zu ihnen. „Wir sollten diese Gegend verlassen und zu Tante Mimi in die Stadt ziehen. Dort gibt es sicher ganz viele leerstehende Häuser und wir werden viel mehr Spaß haben als hier.“ Die anderen waren schnell zu überreden. Denn die letzten hundert Jahre waren wirklich zu langweilig gewesen. Und so packten die sieben kleinen Geister ihre Siebensachen und zogen los.

Einer nach dem anderen flog in der folgenden Nacht aus dem Fenster des höchsten Schlossturmes heraus, bereit der alten vertrauten Heimat für immer den Rücken zu kehren.
Sieben Tage und sieben Nächte flogen sie so ganz heimlich still und leise hoch über den Wolken erst aus dem Wald heraus, dann über das große Meer hinüber, dann über Länder, Felder, Flüsse und Seen bis sie endlich in der siebten Nacht ganz erschöpft und ausgelungert die große Stadt erreichten, und ihre Tante Mimi mit ihrer gesamten Sippschaft in einem großen, abbruchreifen Haus fanden, in dem sie schon seit vielen hundert Jahren ihr Unwesen trieb.

War das ein Trubel und eine Freude, als sie alle einander wiedersahen. Die kleinsten der sieben Geister hatte Tante Mimi noch nie gesehen und so war sie ganz entzückt, ihre kleinen Neffen vollzählig um sich zu haben und sie bereitete ihnen gleich in der ersten Nacht ein großes Freudenfest, zu dem alle Geister und Murkelmonster der Stadt eingeladen wurden und das Fest dauerte drei Tage und drei Nächte.

Die Menschen der Stadt feierten gerade Fasching und so fielen die vielen gutgelaunten Geister und Murkelmonster mit ihrer Musik, ihren Gesängen und Späßereien nicht weiter auf und alle hatten ihren Spaß bis in den frühen Morgen. Als jedoch auch Rosenmontag und Faschingsdienstag vorbei waren, kam der Aschermittwoch und für die Bewohner der Stadt gab es ein böses, böses Erwachen.

Räuber hatten die mehrtägliche Feierstimmung genutzt, um wertvolle historische Schätze aus dem Museum und der kleinen Kirche zu rauben. Noch gleich am späten Morgen rief der Bürgermeister auf dem Marktplatz eine Vollversammlung ein. Alle, alle waren sie gekommen und standen traurig und mit hängenden Schultern im Kreise herum. „Wir müssen unsere Schätze und unsere Goldtaler wieder bekommen“, sagte der Bürgermeister, „denn sie sind das Wahrzeichen unserer Stadt. Sonst können wir bald unsere Koffer packen und müssen von dannen ziehen.“ Als die sieben kleinen Geister das hörten, bekamen sie einen gewaltigen Schreck. Sie hatten doch erst diese lange mühselige Reise auf sich genommen, um Tante Mimi wiederzusehen und um endlich mal richtig Spaß zu haben und jetzt sollten sie bald schon wieder allein da stehen? Denn wenn die Menschen einfach wegzögen, würde auch Tante Mimi mit ihrer Sippschaft nicht mehr hier bleiben wollen, und die gähnende Langeweile würde erneut beginnen.

„Wisst ihr was?“, fing diesmal der kleinste und keckste von ihnen an, „wir alle sollten die Ärmel hochkrempeln und versuchen, die Räuber zu fangen.“ Die anderen stimmten sofort zu. Na klar, wenn es den sieben kleinen Geistern gelingen könnte, die geraubten Museumsschätze und Goldtaler wieder zurückzubringen, dann würden die Menschen auch in ihrer Stadt wohnen bleiben. Gesagt, getan.

Auch Tante Mimi und ihre Sippschaft waren leicht zu überzeugen und gleich in der folgenden Nacht flogen Geister-Spähtrupps los, um herauszufinden, wer die Räuber gewesen und wo sie hingegangen waren. Denn sie waren ja die Einzigen, die die Stadt in den letzten drei Tagen verlassen hatten, und so waren ihre Spuren leicht zu finden. Die Murkelmonster waren wahre Meister im Spurenlesen und es stellte sich heraus, dass es eine gute Idee von Tante Mimi gewesen war, dass sie diese auch noch zu ihrer großen Feier eingeladen hatte.

Schnell stellte sich heraus, dass die Räuber in der nächsten, benachbarten Stadt wohnten und die Schätze geklaut hatten, um sie mit einem großen Segelschiff weit übers Meer ins Ausland zu bringen. Das musste unbedingt verhindert werden! Und die sieben kleinen Geister wussten auch schon wie.

In der nächsten Nacht zogen alle sieben kleinen Geister mal wieder heimlich still und leise los und flogen in Windeseile in die nächste Stadt. Tante Mimi und ihre Bande unterstützten sie. Die Murkelmonster rannten schnell zu Fuß los und schafften es sogar noch, als erste dort zu sein. Die Räuber aber waren in einem großen Wirtshaus bei Musik und Wein und ließen es sich gut gehen. Noch in der selben Nacht sollte ihr Segelschiff in See stechen, um all die geraubten Schätze ganz schnell außer Reichweite zu schaffen. Aber die sieben kleinen Geister waren schneller. Sei überfielen das Wirtshaus und spukten und heulten und trampelten wie die Wilden herum. Sie zerschmissen alle Fensterscheiben, rissen alle Kronleuchter von der Decke, heulten und buhten und zeterten dabei und machten den Räuber eine solche Angst damit, dass diese alle ganz entsetzt und mit zu Berge stehenden Haaren bald wie die kleinen Kinder weinten und freiwillig alle Schätze und Goldtaler wieder herausrückten. „Hier nehmt alles wieder zurück“, stammelten sie. „Wir wollen gar nichts haben“, und stolpernd und polternd stürmten sie zur Wirtshaustür hinaus. Alle gleichzeitig und sie stießen dabei auch noch mit den Köpfen aneinander.

Die Geister und Murkelmonster freuten sich ganz ungemein und hielten sich lange ihre Bäuchlein vor Lachen, so lustig hatte das ausgesehen. Dann tranken sie noch alle ein Glas Wein zusammen und machten sich ganz stolz und glücklich auf den Heimweg. Die Murkelmonster hatten mehrere kleine Bollerwagen besorgt, legten die geraubten Schätze hinein und gemeinsam zogen sie die schweren Karren nach Hause in ihre Stadt zurück.

Was war das für eine Freude als sie am nächsten Morgen wieder in ihre Stadt zurückkehrten. Der erste Hahn hatte schon gekräht und obwohl die Sonne gerade aufging, ließen es sich die sieben kleinen Geister und auch die Murkelmonster nicht nehmen, dem Bürgermeister und dem Pfarrer die Hände zu schütteln, um stolz die nach Hause gebrachten, heimischen Schätze an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Die Menschen der großen Stadt aber waren so stolz und glücklich, dass sie wieder ein Fest feierten. Und dieses Fest dauerte wieder drei Tage lang. Aber diesmal feierten sie alle zusammen: die Menschen, die sieben kleinen Geister mit ihrer Tante Mimi und deren Sippschaft und die Murkelmonster.

Als das Fest vorbei war, wurden die sieben kleinen Geister zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt. Jeder von ihnen bekam eine große, goldene Medaille und eine Urkunde überreicht, die ihnen und all ihren Verwandten und auch noch den Murkelmonstern lebenslanges Wohnrecht in der Stadt zusicherte. Das war wirklich eine ganz besondere Auszeichnung, denn so etwas hatte es in der ganzen Geschichte der Stadt noch nie gegeben. Tante Mimi war mächtig stolz auf ihre Neffen. Und auch alle Bürger der Stadt wussten, was sie den sieben kleinen Geistern zu verdanken hatten.

Noch viele, viele Jahre vergingen und aus den Kindern der Stadt wurden langsam Erwachsene und später Greise. Aber die sieben kleinen Geister blieben für immer in dem großen, abbruchreifen Haus von Tante Mimi am Rande der Stadt. Und nie wieder wagte es ein böser Räuber noch einmal auch nur einen Fuß in „ihre“ Stadt zu setzen. Und das Museum und die kleine Kirche wurden verschönert und weiter ausgebaut, und die kleinen Geister spukten froh herum – jedes Jahr ein bisschen mehr - und wenn sie nicht gestorben sind, dann spuken sie noch heute.


Diese Kindergeschichte ist auch in dem ebook

"Die Osterinsel und andere Geschichten ..."

enthalten. Erhältlich bei

http://www.neobooks.com/werk/19677-die-osterinsel-und-andere-geschichten.html


© bei der Autorin


3 Lesern gefällt dieser Text.





Beschreibung des Autors zu "Sieben kleine Geister"

Kindergeschichte zur Faschingszeit

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Sieben kleine Geister"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Sieben kleine Geister"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.