Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK









Der Fall T-Bird (Teil 4)




Als ich in mein Hotel kam, war es mittlerweile kurz nach halb zwei. Auf dem Weg zu meinem eigenen kam ich auch an Marks Zimmer vorbei. Die Tür stand seltsamerweise etwas offen, was mich automatisch dazu verleitete, hineinzublicken.



Zu meiner Überraschung stand ein kräftig gebauter Mann in einem ziemlich zerknitterten Anzug mit dem Rücken beim Fenster und sah sich um. Als er mich erblickte, starrten mich seine feindseligen Augen böse an.



Er muss wohl einer von Blankings zurückgelassenen Beamten sein, dachte ich zuerst. Es könnte sich aber auch um den Hausdetektiven Treaves handeln, fiel mir alternativ ein.



„Was wollen Sie hier?“ wollte der Mann von mir wissen. Seine Stimme klang tief und abweisend.



„Ich bin Mr. Random. Mein Zimmer liegt gleich nebenan. Sie müssen Treaves, der Hausdetektiv sein. – Richtig? Oder irre ich mich vielleicht?“



Er wurde etwas entgegenkommender und nickte.



„Sie haben richtig getippt. Ich bin Treaves, der Hausdetektiv. Freut mich Sie kennen zu lernen, Mr. Random.“



Wir gaben uns die Hände.



Treaves musste dafür gesorgt haben, dass das Zimmer aufgeräumt worden ist. Wenigstens hatte man die Federn zusammengekehrt, wenngleich noch ein paar herumlagen. Die Schubladen waren geschlossen, die Matratzen und Kissen sorgfältig ausgewechselt worden.



Marks Besitz hatte man in einer Ecke des Hotelzimmers aufgehäuft. Zwei aufgeschlitzte Koffer, ein leichter Mantel, ein Hut und ein Tennisschläger in einem Rahmen. Der kümmerliche, traurige Rest eines Mannes, der so gut ausgesehen hatte und voller Humor gewesen war.



„Sind Sie damit durch?“ fragte ich Treaves.



Der nickte nur wieder.



„Ich werde die Sachen seiner Frau schicken müssen. Kann das jemand aus dem Hotel für mich besorgen?“



„Einer unserer Hausdienerandroiden wird es tun. Ich werde das in die Wege leiten,“ sagte er.



Dann lud ich ihn ein. Er war ja schließlich ein Berufskollege von mir.



„Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben, kommen Sie mit in mein Zimmer. Ich habe da noch einen sehr guten Whisky, der sich etwas vernachlässigt fühlt.“



Treaves Gesicht hellte plötzlich sich auf.



„Ein paar Minuten habe ich schon Zeit“, sagte er schon viel freundlicher.



Wir gingen auf mein Zimmer. Der Hausdetektiv nahm auf einem der Sessel platz und machte es sich gemütlich. Ich holte zwei Gläser aus dem Schrank und goss in beiden etwa drei Finger hoch Whisky hinein und reichte das erste volle Glas meinem Gast.



Dann schaute ich Treaves Gesicht an und studierte es, während er an dem Whisky schnüffelte. Seine Gesichtszüge waren rund, ein wenig fett aber arglos. Er trug einen kleinen Schnurrbart und seine Augen sahen etwas mürrisch aus. Es konnte offenbar nicht viel Spaß machen, in einem Hotel wie diesem den Hausdetektiven zu spielen.



„Wissen Sie schon, wer Ihren Partner ermordet hat?“ fragte Treaves mich neugierig, nachdem er einen tiefen Schluck Whisky aus dem Glas genommen hatte.



„Nein. Aber sollte der Inspektor in dieser Sache schon etwas wissen, wird er es mir bestimmt nicht unter die Nase binden. – Haben Sie das Mädchen gesehen, das mit Shannon zusammen war, als sie weggingen?“



„Ja, habe ich.“ Treaves zündete sich eine Zigarette an. „Hier in Terrania Bay City arbeitet die Polizei nur mit den Detektiven der ganz großen Hotels zusammen. So was wie mich ignoriert man. Soll mir auch egal sein. Wenn dieser feine Pinkel Blanking mit mir gesprochen hätte, ich hätte ihm einiges erzählen können. Hat er aber nicht. Na gut, sein Pech! Er musste ja unbedingt mit diesem Fettsack Ron Bristol reden. Was will der schon wissen, dieser seidene Krawattenträger?“



„Und was hätten Sie dem Inspektor denn sagen können?“ fragte ich und trat näher an Treaves heran, um ihn aus der Reserve zu locken.



„Ich bekam mit, dass Blanking von Bristol eine Beschreibung der jungen Frau haben wollte. Das hat mir wieder einmal gezeigt, was für ein Polizist er ist. Dieser Bristol sah nicht mehr von ihr als ihre eng anliegenden Kleider. Da ich unbemerkt in der Nähe war, habe ich sie ausgiebig beobachten können. Mir fielen sofort ihre dunklen Haare auf, die entweder gefärbt oder aber auch eine Perücke gewesen sein könnten.“



„Weshalb sind Sie so sicher?“



„Ein Hausdetektiv gebraucht halt seine Augen. Sie trug außerdem kurze Ärmel und die Härchen auf ihren Armen waren blond. Ihre Haut war von der Sonne gleichmäßig gebräunt. Sie sah einfach fabelhaft aus.“



Ich war von Treaves Schilderungen nicht sonderlich beeindruckt. Die Härchen auf den Armen konnten von der Sonne gebleicht worden sein und Kopfhaare kann man färben. Aber ich ließ ihn weiter erzählen und sagte nichts. Ich wollte ihn nicht verärgern.



„Wissen Sie, Mr. Random, ich bin darin geschult worden, auf Kleinigkeiten und Gewohnheiten zu achten. Damit verraten sich die Leute, und sie hatte so eine“, fuhr Treaves fort. „Die Schönheit hielt sich knapp fünf Minuten in der Hotelhalle auf, bevor sie auf Bristol zuging, der sie bis dahin gar nicht beachtet hatte und offenbar mit anderen Dingen beschäftigt war. Und was tat sie? Sie ging weder hin und her, noch setzte sie sich hin. Sie stand einfach nur so da und spielte auf ihrem Oberschenkel Klavier.“



Er hievte sich aus dem Sessel, um es mir vorzumachen.



„Schauen Sie her, so machte sie das.“



Er schlug auf seinem Oberschenkel eine imaginäre Tonleiter an.



„Sehen Sie? Das tat sie die ganze Zeit, und ich sage Ihnen, dass das eine tief sitzende Gewohnheit ist, die man unbewusst tut.“



Ich trank einen Schluck Whisky und dachte über diese Information nach.



„Der Polizei würde es schwer fallen, ein Mädchen zu finden, das diese Gewohnheit hat oder was meinen Sie, Treaves?“



Der Hausdetektiv schlürfte am Whisky herum und schaute mich aus engen Augenschlitzen an.



„Natürlich müsste man zuerst einen Verdacht haben. Aber wenn man glaubte, man hätte sie, und man wäre nicht ganz sicher, dann wäre das der letzte Beweis.“



Ich tat ihm den Gefallen und nickte.



„Mag sein, dass Sie recht haben, Treaves. Aber wofür halten Sie das Mädchen, nach all dem, was Sie von ihr gesehen haben?“



„Hm…, schwer zu sagen. Vielleicht ist sie eine Schauspielerin, ein Modell oder auch eine Sängerin. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie sehr selbstbewusst auftrat.“



„Und das werden Sie dem Inspektor auch alles erzählen…, oder?“



Treaves drückte jetzt seine Zigarette aus, schüttelte heftig den Kopf und wischte sich über die verschwitze Stirn.



„Ach was. Ich bin nur ein kleiner Fisch, Mr. Random. Inspektor Blanking würde mich nicht einmal anhören wollen, selbst dann nicht, wenn ich persönlich zu ihm ins Büro gehen würde. Er hat keine Zeit für Typen wie mich, die in einem Mittelklassenhotel wie diesem hier als Hausdetektiv ihr Geld verdienen müssen. Ich hasse diesen Kerl für seine verdammte Hochnäsigkeit.“



Irgendwie tat mir Treaves plötzlich leid.



„Haben Sie irgendeine Ahnung, wie die Person, die Mr. Shannons Zimmer durchwühlte, da hinein gekommen ist?“



„Ich vermute mal, dass sie irgendwie an Shannons Schlüssel gekommen sein muss. Mr. Shannon vergaß ihn abzugeben. Die Person, die ihn umgebracht hat, fand den Schlüssel, kam sofort hierher, schlich die Treppe rauf und durchwühlte das Zimmer ihres Partners. Das verlangt Nerven, aber das Risiko war nicht allzu groß. Unser Personal besteht überwiegend aus Androiden, weil die im Unterhalt billiger sind und keinen Lohn beanspruchen. In der Anschaffung kosten sie zwar einiges, machen sich aber wegen ihrer äußerst langen, wartungsfreien Lebensdauer schnell bezahlt. Viele Gäste mögen diese Androiden leider nicht, die deshalb darauf programmiert wurden, so schnell wie möglich nach erledigter Arbeit in ihren Bereitstellungsraum zurückzukehren, bis sie einen neuen Auftrag erhalten. Deshalb ist es im Hotel manchmal sehr ruhig. Trotzdem muss es die unbekannte Person irgendwie geschafft haben, unbemerkt am Empfang vorbeizukommen. Sie hat nicht den Aufzug benutzt, sondern die mit Tritt gedämpften Teppichen überzogene Treppe gleich daneben. Am Vormittag ist außerdem so gut wie niemand hier oben. Die meisten Gäste sind entweder unten am Strand oder vergnügen sich in der Stadt. Sie wollen alle etwas erleben und liegen nicht auf ihren Zimmern herum.“



Ich leerte mein Glas und wischte mir mit dem Taschentuch übers verschwitzte Gesicht. Die Temperatur im Zimmer lag bei fast fünfunddreißig Grad.



Auch Treaves schwitzte. Dann gab er mir ganz unerwartet einen Tip.



„Wissen Sie, der Inspektor ist nicht so übel. Auch wenn ich ihn manchmal zum Teufel wünschen möchte. Er ist trotzdem ein anständiger Polizist. Aber dieser Captain Fletcher ist eine ganz schlimme Sorte für sich. Wenn’s etwa gibt, was ihm verhasster ist als ein Hoteldetektiv, dann ist es ein Schnüffler. Und ganz besonders hasst er jene, die von außerhalb nach Terrania Bay City gekommen sind, um hier ihre Nachforschungen anzustellen. Wenn er nur die blasseste Ahnung davon hat, dass Sie Ihre Nase in sein Revier stecken, bekommen Sie mit Sicherheit Ärger…, sehr großen sogar.“



Ich goss etwas Whisky nach und legte meine Stirn in Falten.



„Welche Art von Ärger meinen Sie?“



„Da war mal ein Privatdetektiv. Er kam hier hin, um einem Selbstmord nachzugehen. Die Witwe war davon überzeugt, man hätte ihren Mann ermordet. Sie beauftragte also diesen Mann, um Nachforschungen anzustellen. Dieser Fletcher bekam Wind davon und warnte ihn, aber der Kerl versuchte es trotzdem. Eines schönen Tages steuerte er sein schickes Schwebefahrzeug auf einer einsamen Nebenstraße in Richtung Landesinnere, wo er Ermittlungen anstellen wollte, als er plötzlich von einem Polizeigleiter absichtlich gerammt wurde und gegen eine Straßenbeleuchtung knallte. Sein schönes Gleitercabriolet wurde dabei arg demoliert, und er selbst kam mit einem Armbruch ins Krankenhaus. Nach seiner Genesung wurde ihm der Prozess wegen Trunkenheit am Steuer gemacht. Obwohl er schwor, die Polizeibeamten hätten absichtlich eine halbe Flasche Whisky über ihn ausgeschüttet, wurde er verurteilt, erhielt eine ziemlich hohe Geldstrafe und seine Fahrlizenz wurde ihm für drei Monate entzogen. Was das für einen Privatdetektiven bedeutet, der von heute auf morgen ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, muss ich jemanden wie Sie, der selbst in dieser Branche arbeitet, wohl nicht ausführlich erklären.“



„Das klingt aber gar nicht freundlich. Trotzdem, danke für den Tipp, Treaves. Ich werde ihm aus den Weg gehen, diesem – wie heißt der noch mal? – ach ja, Captain Fletcher.“



Der Hausdetektiv leerte mit sichtlichem Bedauern sein Glas und stellte es auf den Tisch zurück.



„Das sollten Sie tun. Ich muss jetzt aber wieder an die Arbeit, Mr. Random. Um diese Zeit soll ich eigentlich schon unten in der Halle sein und aufpassen, dass sich keiner der alten Herren ein Flittchen auf sein Zimmer schmuggelt. Der Hoteldirektor ist davon überzeugt, dass es von diesen geilen Altböcken eines Tages trotzdem einer schafft. So lange ich aber hier arbeite, wird das bestimmt nicht passieren. – Danke für den Drink. Falls Sie mal Hilfe benötigen, ich werde ihnen zur Verfügen stehen und tun, was ich kann.“



„Ich werde daran denken“, sagte ich zu Treaves.



Gerade, als er das Zimmer verlassen wollte, drehte er sich um und fragte mich beiläufig: „Haben Sie schon mal den Namen Lee Breedy gehört oder sagt der Name Ihnen irgendwas?“



„Nein, wieso?“ fragte ich ihn mit gespielter Überraschung.



Treaves lehnte sich jetzt an den Türrahmen.



„Dachte ich mir. Er ist der wichtigste Mann in Terrania Bay City.



Ich konnte meine innere Aufregung nur schwer unterdrücken. Den Namen Lee Breedy hatte Stella auf Marks Schreibunterlage gefunden.



„Wie wichtig ist er denn?“ fragte ich Treaves so ruhig wie möglich.



„Wollen Sie das wirklich wissen? Es wird Sie umhauen! Lee Breedy besitzt runde Hundert Milliarden Planetendollar. Das ist ein gigantisches Vermögen. Ihm gehört unter anderem die intergalaktische Star-Flotte. Sie fliegt mehr als zweitausend Planeten in der Milchstraße an. Er besitzt die Cyborg Corporation und ist Eigentümer der drei auflagenstärksten Zeitungen im Planetensystem. Er stellt Elektrozubehör für die Antigravitationsgleiter her. Er hält große Anteile an Kasinos, Anteile im Filmgeschäft der IQ-Enterprise Pictures und betreibt unzählige Hotels und Nachtlokale auf fast allen von Menschen besiedelten Planeten. Man muss mindestens ein sechsstelliges Einkommen haben und vielleicht sogar einen Ahnennachweis liefern, ehe man da reinkommt. Jetzt verstehen Sie, wie wichtig er ist. Vielleicht ist sein Vermögen noch größer, und möglicherweise besitzt er auch noch verschiedenes andere Dinge, von denen die Leute nichts wissen, aber es genügt wohl, um eine allgemeine Vorstellung von diesem Mann zu bekommen, der sogar nicht einmal vor Mord zurückschrecken soll, wie ich gehört habe. Vielleicht sind das aber alles nur Gerüchte, um den alten Breedy schlecht zu machen. Der hat genug Feinde – überall.“



„Lebt er hier in Terrania Bay City?“



„Ja und Nein. Er hat aber ein riesiges Anwesen draußen an der Neptun Bay auf einer großen Landzunge. Etwa fünf Meilen entfernt an der Küste. Ein Grundstück von über 30 Morgen oder mehr, mit einem Schloss ähnlichen Gebäude mit rund fünfundsechzig Zimmern, einem Schwimmbassin, das Platz für einen Flugzeugträger hat, zwölf Tennisplätze, einem eigenen Privatzoo mit Löwen, Tigern und Eisbären, hundertvierzig Mann Personal, die alle über ihre eigenen Füße fallen, um ihn bedienen zu können, und einem eigenen Jachthafen, der für seine zahlreichen Großjachten gerade groß genug ist.“



„Ist er verheiratet?“



„Ja.“ Treaves rümpfte die Nase.



„Erinnern Sie sich an Elisabeth Brand, die berühmte Filmschauspielerin? Das ist seine Frau.“



Ich dachte nach.



„Ich erinnerte mich dunkel, sie einmal in einem Film gesehen zu haben. Aber lange hat sie im Filmgeschäft nicht durchgehalten, bis sie irgendwann in der Versenkung verschwunden war. Wenn ich sie nicht mit einer anderen aus der Filmwelt verwechsle, dann stand sie in dem Ruf, nicht nur unbezähmbar, sondern auch unerträglich zu seien.“



Mehr fiel mir dazu nicht ein.



Der Hausdetektiv nickte mehrmals hintereinander mit dem Kopf.



„Genau das ist sie. Sie interessieren sich für Mr. Breedy und seine Familie?“ fragte mich Treaves plötzlich.



„Eigentlich im Moment nicht besonders“, antwortete ich ihm. „Sein Name fiel mal irgendwo. Irgend jemand nannte ihn. Ich wollte eigentlich nur wissen, wer er ist.“



Treaves blickte mich mit forschendem Gesichtausdruck an. Seine Augen sahen förmlich wie Fragezeichen aus. Dann nickte er nachdenklich, öffnete die Tür und ging.



Ich kramte nach meiner Schachtel Zigaretten, fand sie schließlich in der rechten Hosentasche, fingerte eine heraus, zündete sie an und legte mich ausgestreckt aufs Bett.



Ich musste wieder an Mark denken. Hatte er nicht gesagt, dass in dem Auftrag viel Geld stecke? Wenn sein Auftraggeber etwa dieser Lee Breedy gewesen war, würde das sicherlich stimmen. Aber warum sollte so ein steinreicher Mann wie dieser vielfache Multimilliardär Breedy einen völlig unbekannten Agenten namens Mark Shannon aus New York engagieren? Mit seinem immensen Reichtum im Hintergrund konnte er sich locker weitaus bekanntere und bessere Agenturen leisten, als ausgerechnet unsere.



Ich strich mir mit meinen Fingern durchs feuchte Haar und dachte darüber nach, wie ich an Mr. Breedy herankommen könnte.



Ein reicher Mann wie er musste von Sekretärinnen, Rausschmeißern, Bodyguards und schleimigen Jasagern nur so umgeben sein, deren einzige Aufgabe darin bestand, Leute wie mich von ihm fernzuhalten. Es würde bestimmt nicht leicht sein, ihn zu fragen, ob er meinen Partner Mark engagiert hatte und warum.



Ich trank einen Schluck Whisky. Langsam kam ich in Stimmung. Dann griff ich nach dem Telefonhörer und nahm ihn auf.



„Eine freundliche Mädchenstimme aus der Telefonzentrale des Hotels fragte mich danach, was sie für mich tun könne.



„Verbinden Sie mich bitte mit ihrem Hausdetektiven“, sagte ich zu ihr.



Es gab eine kleine Pause, dann war Treaves am Apparat.



„Ich muss ein Telefongespräch führen“, sagte ich. „Wie sauber ist eure Zentrale?“



Er verstand sofort, was ich meinte.



„Kein Grund zur Sorge. Vor ein paar Minuten war noch ein Beamter der Mordkommission aus Inspektor Blankings Team da. Jetzt ist er weg.“



Ich bedankte mich beim Hausdetektiven und ließ mich dann wieder mit der Zentrale verbinden. Das Mädchen war wieder dran.



„Verbinden Sie mich bitte mit Lee Breedys Büro“, sagte ich knapp.



Sie bat mich zu warten, und nach einer kleinen Pause meldete sich am anderen Ende der Leitung eine männliche Stimme.



„Sie sind mit dem Büro von Mr. Lee Breedy verbunden.“



„Ich hätte gern Mr. Breedy gesprochen.“



„Bitte nennen Sie mir Ihren Namen, Sir.“



„Meine Name ist Lester Random.“



„Bitte bleiben Sie am Apparat! Ich verbinde Sie mit Mr. Breedys Sekretär.“



Ich wartete geduldig.



Es knackte ein paar Mal, dann meldete sich eine knappe Stimme, scharf genug, um damit Brot zu schneiden: „ Hier Hammersmith. Wer spricht?“



„Hier Lester Random. Ich möchte Mr. Breedy persönlich sprechen.“



„Augenblick bitte.“



Ich lauschte angestrengt in den Hörer und konnte sein schweres Atmen förmlich wahrnehmen und hören, wie er offensichtlich in einem Buch blätterte, vermutlich in einem Adressbuch. Der Kerl schien vorsichtig zu sein. Er wurde nicht grob, bevor er nicht genau wusste, mit wem er sprach.



„Mr. Random?“ fragte er jetzt schon viel aggressiver. „Was wünschen Sie denn von Mr. Breedy?“



„Das wird Ihnen Mr. Breedy sagen, falls er will, dass Sie es erfahren. Verbinden Sie mich jetzt mit ihm und vergeuden Sie meine Zeit nicht weiter.“



Ich legte einen drohenden Unterton in meine Stimme, ließ sie absichtlich etwas hart klingen. Es half zwar nicht viel, aber es dämpfte ihn etwas.



„Sir, es ist nicht möglich, dass Sie mit Mr. Breedy sprechen“, antwortete er schon etwas zurückhaltender. „Wenn Sie mir wenigstens eine Andeutung machen können, worum es sich handelt, kann ich es ihm mitteilen, und vielleicht ruft er Sie zurück.“



Ich merkte, dass ich in einer Sackgasse steckte. Wenn ich zu grob wurde, würde er erkennen, dass ich ihn düpieren wollte, darum spielte ich meine letzte und nicht zu starke Karte.



„Sagen Sie Mr. Breedy, ich sei Teilhaber der Random & Shannon Ermittlungsagentur in New York.“



„Wirklich?“ Die Stimme klang etwas überrascht und weniger sicher als vorher.



„Also gut, Mr. Random, ich werde mit ihm sprechen, und wir rufen Sie zurück. Geben Sie mir bitte Ihre Nummer.“



Ich gab ihm die Nummer des Hotels und hängte ein. Dann drückte ich meine Zigarette aus, trank den Whisky in meinem Glas und schloss die Augen. Der Rückruf würde bestimmt auf sich warten lassen, dachte ich und schlief wenige Minuten später ein.



Ganz plötzlich wurde ich von dem scharfen alles durchdringenden Ton des Zimmertelefons geweckt. Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich fast vom Bett rollte. Ich sah auf die Uhr und griff nach dem flachen Hörer. Mein Schlaf hatte nicht lange gedauert, etwa zwanzig Minuten oder etwas mehr.



„Mr. Random?“



Ich erkannte Hammersmiths Stimme.



„Ja, am Hörer.“



„Hier Hammersmith. Ich rufe wie versprochen zurück und möchte Ihnen nur mitteilen, dass Mr. Breedy Sie heute um drei Uhr Nachmittag erwartet.“



„Um drei Uhr?“



„Ja, Mr. Random. Bitte seien Sie pünktlich. Mr. Breedy hat noch eine Menge anderer Termine für den heutigen Nachmittag und kann Ihnen daher nur wenige Minuten widmen.“



„Das wird mir genügen“, sagte ich, bedankte mich und legte auf.



Ich blieb auf dem Bett liegen, starrte an die Decke und wartete etwas. Dann schwang ich meine Beine auf den Boden. Mr. Breedy musste Marks Auftraggeber gewesen sein. Es gab sonst keinen anderen Grund, dass sich ein Mann in seiner Stellung die Mühe machte, mich zu empfangen.





Flüchtig sah ich auf meine Uhr. Etwas mehr als eine halbe Stunde blieb mir noch, um zu seinem Anwesen zu kommen. Ich beeilte mich, öffnete den Kleiderschrank, wo ich die Sachen aus meinem Koffer verstaut hatte und suchte mir den besten Anzug aus. Keine zehn Minuten später saß ich in meinem Cabrio-Gleiter und war auf dem Weg zu Breedys Wohnsitz.



***







Fortsetzung folgt irgendwann!
Teil 4


© (c)Heiwahoe


0 Lesern gefällt dieser Text.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Der Fall T-Bird (Teil 4)"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Der Fall T-Bird (Teil 4)"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.