An der langen Fensterscheibe ist weiter oben ein waagerechter Strich eingeritzt. Als hätte jemand ein Glasschneider angesetzt, und es sich dann anders überlegt. Hinter der kalten Scheibe ist es grau. Der Himmel dort, ist grau. Der Boden fühlt sich, wie gelegentlich, hart unter meinem Rücken an. Ich bin ein Stein. Mein Kopf schwer wie eine Bleikugel. Die Stadt in dem Traum, da war ich schon mal. Ich habe eine Straße wiedererkannt. Mir widerstrebt es, aufzustehen und in die Realität gehen. Wozu der Wecker.
Zum Ende hin, bin ich da langgelaufen und stand vor einem Eisengitter Bahnhof und erinnere mich. In einem anderen Traum bin ich in diesem Bahnhof angekommen, den ich sehe und dieselbe Straße entlang zurück, woandershin gegangen, und sehe die Straße. Ein Ortswechsel in der Schnelligkeit wie man sich auf dem Absatz umdreht. Nur ist mir noch nicht bewusst, das es ein Traum war.
Wie kann es sein eine komplett fiktive Umgebung dort wiederzuerkennen, im Unterbewusstsein? Sie mit Details zu sehen. Die Handlung war an einem neuen Ort in der Stadt, und führte dann wieder dahin.
Weiße hohe Häuser, glatte Balkone wie weiße Kästen daran. Auf der hellgrauen Straße viele Eingangstreppen mit mehreren Stufen, daneben stehen Mülleimer voll mit zerknittertem Druckerpapier, Rollgaragentore, manche offen, manche geschlossen, alles in weiß. Der Ton von meinem Handy flocht sich ein, er beeinflusste das Geschehen. Youtube quasselte vor sich hin, besetzte Figuren, neben alten. Eine Diskussion, eine Rede, sie wiederholte sich etwas, wie eine Schallplatte mit Kratzern. Demnach konnte ich das hören im Schlaf. Was sagt das über eine Traumtheorie.
Der Wecker nervt wieder. Die Wand ist zu weiß, sodass bunte Flecken davor tanzen in Farbe und Form wie Blutergüsse jedes Entwicklungsstadiums.
Die Metallstangen der Deckenlampe haben leicht spitze abgeschrägte Enden. Ich stelle mir die Lampe sofort in verrostet, und blutbeschmiert vor. So wie man sie an einem verlassenen Ort vorfinden würde. Jemand kehrt den Flur, vielleicht, denn es raschelt, als ob der versehentlich in Zeitung onaniert. Draußen im Bereich zwischen Fenster und Rahmen geht ein Normalo über den Bürgersteig, der eine weiße Mütze und eine blaue Steppjacke trägt. Aber das Gesicht fällt mir nicht mehr ein, Sekunden danach. Nicht einmal, ob da eine Brille war. Es ergibt kein Sinn, das die Straßenlaterne tagsüber leuchtet, auch wenn nur schwach orange.
Die Sonne scheint schräg durch die Wolken und erschafft ein unrealistisches Zwielicht. Der Sonnenstand passt nicht zur Tageszeit. Das zweite Mal habe ich den Eindruck, das sich das verschiebt. Die Flugzeuge sieht man nachts gut. Und das erstaunlich groß und detailliert. Womöglich wäre es toll für ein paar Minuten überdimensional groß zu sein, um Flughafen damit zu spielen, der um die Ecke ist, oder geradeaus, ein Stück weit.
Es erscheint mir nichts verwerfliches daran, nicht teilzunehmen, mir Licht in die Augen stechen zu lassen und Geräusche in die Ohren drücken, grellbunte Bilder, ein Durcheinander in einer massigen Vielfalt. Niemand kann all diese Sinne verarbeiten, wenn es auch nicht bewusst wahrgenommen wird. Das hinterlässt Abdrücke.
Ich schreibe, aber der Perfektionismus treibt es wohl hoch, das eine Seite Tage dauert. Die Welt der Avatare ist leer. Die Küche ist halb vollgestellt mit Kram von der Farbe, Rollen und Pinsel, ein Tisch und doch leer. Der Boden, welcher tatsächlich leer ist.
Aber die Menschen draußen sind nur da wie ein Film, bloße Optik. Es könnte auch nur bunter Rauch sein, oder Hologramme, selbst bei Bäumen. Macht Materie Realität dann aus? Vieles ist da, und doch nicht greifbar. Was ich suche, ist nicht hier.
Manchmal kommt die schwarze Tiefe zurück. Es ist so dicht und satt, das es einen verschluckt. Gedanklich vor einem Kamin auf dem Boden sitzend. In den schwachen Feuerschein starren. Der Saal ist dunkel. Diese Burg hätte ich gern wirklich. Mit der irrealen programmierten Umgebung dazu.
So wie oft schiebt sich das Bild von hellem Sand, kaum Palmen, einer kleinen Insel davor. Ein schmerzhafter Holzsteg, ein warmer Sonnenuntergang. Eine weiße Jacht, die nur im Kreis fährt, und eine intensive spannungsvolle Ruhe. Ich kann nicht anders, als an sie zu denken.


© D.M.


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