Es regnet. Ich , Lena sitze da, mitten auf der Straße, die Beine eng an mich gezogen und weine. Die Gedanken, die immer wieder hoch kommen sind schmerzhaft. Gedanken an ihn. Ich will nicht mehr an ihn denken. Ich bin schon mindestens hundert Kilometer von zuhause entfernt und meine Albträume verfolgen mich immer noch. Salzige Tränen rollen meine Wangen hinunter, aber ich wische sie nicht weg. Ich schaue geradeaus zu der Brücke, auf der ich schon zehnmal stand und mich nicht traute zu springen. Schon zwei Stunden geht das so. Ich weine, versuche zu springen, traue mich nicht, weine, versuche zu springen... Irgendetwas hält mich auf. Etwas, was noch erledigt werden muss. Ich komme nicht darauf was. Ich stehe langsam auf und der Regen nimmt zu. Er prasselt immer lauter auf die Straße. Soll ich es wieder versuchen? Nein, ich muss herausfinden, was mich hier hält. Meine Kleider kleben an mir und ich friere. Der Entschluss nicht mehr zu springen, lässt mich spüren, was mein Körper gerade durchmacht. Ich suche die Straße mit den Augen ab um einen Platz zu finden an dem ich mich verstecken kann, doch finde nichts. Ich laufe los, um irgendetwas zu finden. Da kommt ein Auto. Ist es die Polizei, die mich sucht? Nein. Es ist ein dunkelblauer Golf. Ich laufe langsam weiter. Als das Auto neben mir ist bremst es. Die Türe geht auf und ein etwa neunzehn-jähriges Mädchen lächelt mir entgegen. „Kann ich dich irgendwohin mitnehmen?“, fragt sie freundlich. Sie hat braune Augen und schwarze Haare, die ihr auf die Schultern fallen. „Ich habe kein zuhause“, meine Stimme hört sich so an, als hätte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesprochen. „Du kannst bei mir wohnen“, sie lächelt immer noch. Ist das eine Falle? Zögernd steige ich in das Auto. Das Mädchen fährt los. „Wo wohnst du?“, frage ich. „Nicht weit von hier in einer WG“, wieder das Lächeln. Obwohl ich das Mädchen überhaupt nicht kenne, fühle ich mich in ihrer Nähe auf Anhieb wohl. Das Auto hält. Ich sehe durch den Regenschleier ein kleineres Haus mit gelb gestrichener Hauswand. „Wie heißt du? Ich heiße Anki.“, das Mädchen kramt aus einer Handtasche, die auf dem Rücksitz liegt einen Regenschirm. Ich will nicht antworten denn ich bin schon lange nicht mehr Lena. In letzter Zeit habe ich mich verändert. Ohne das ich weiß nicht warum, antworte ich: „ Alex.“
Anki läuft um das Auto herum und öffnet mir die Tür. Ich steige aus und sie hält den Regenschirm über mich. Eigentlich bringt das nicht viel, da ich eh schon am ganzen Körper nass bin. Ich steige aus und sie läuft mit mir zum Haus. Als wir drinnen sind, sagt sie: „Dort drüben, am Ende des Ganges ist das Bad. Ich gebe dir ein paar trockene Kleider von mir. Wenn du fertig mit duschen bist, kannst du zu mir in die Küche kommen.“ Sie deutete auf die Tür neben ihr. „Handtücher liegen im Bad“, das Lächeln. Ich gehe in das Bad und schließe die Tür ab. Ich lasse Wasser in die Badewanne. Nachdenklich starre ich das Wasser an. Ich ziehe meine Kleider aus; eine zerrissene Jeans, ein enges Shirt und eine schwarze Jacke. In dem Bad ist es etwas unordentlich, aber auch hier habe ich das Gefühl hier zuhause zu sein. Die Badewanne ist voll und ich steige vorsichtig in das Wasser. Neben mir steht ein CD -player. Ich schalte ihn an und es ertönt entspannende Musik. Ich mache es mir bequem und versuche mich zu Entspannen, aber es gelingt mir nicht ganz. Ein Teil von mir schaut immer wieder zu der Badetür, in der Erwartung, dass gleich ein Polizist durch die Tür hereinstürmt und mich mitnimmt. Doch nichts passiert. Erschöpft schließe ich die Augen.

Ein Klopfen weckt mich. „Hey Alex, du bist da jetzt schon über einer halben Stunde drin, brauchst du Hilfe?“, fragt eine Stimme. Es dauert bis mir alles wieder einfällt. „Nein, ich komme gleich“, rufe ich und wasche mir schnell die Haare. Wenige Minuten später stehe ich mit nassen Haaren und einer Jeans, einem Wollpulli und einem paar Wollsocken von Anki in der Küche der WG. „Ich hole dir einen Föhn“, Anki lächelt und verschwindet im Bad.
Nachdem ich mich geföhnt habe sitze ich mit einem heißen Kakao wieder in der Küche. Sie sitzt vor mir und mustert mich nachdenklich. „Willst du mir deine Geschichte erzählen?“, fragt sie nach einiger Zeit. Alles in mir wehrt sie dagegen. Meine Muskeln spannen sich an. Ich bin bereit jederzeit aufzuspringen und aus dem Haus zu rennen. In Ankis Blick liegt nichts Böses. Nicht die Absicht, mich zur Polizei zu bringen oder mich zu verletzen. Ich schüttele den Kopf: „Nicht heute...“ Ich suche in ihrem Blick etwas Enttäuschtes, kann aber nichts finden. „Du kannst hier bleiben solange du willst, aber dafür musst du auch etwas tun. Entweder du machst alles mit Haushalt oder so, oder du arbeitest und bringst das Geld in die WG-Kasse. Damit wird Essen und so gekauft“, erwartungsvoll schaut sie mich an. Arbeiten? Nein. Zu viele Leute. Haushalt? Nicht sehr verlockend, aber gehen will ich nicht. Ich will hier bleiben. „Ich arbeite im Haushalt“, ich sehe mich in der Küche um. Überall liegen Sachen. Wahrscheinlich hat sich bis jetzt jeder für Arbeit entschieden. Anki ist nicht überrascht.Sie erklärt mir wo die Putzsachen sind und zeigt mir den Platz, wo ich schlafen kann. „Als was arbeitest du?“, ich weiß nicht, wieso ich das frage, aber ich habe Lust mit Anki zu sprechen. „Noch arbeite ich nicht, aber ich mache eine Ausbildung als Therapeutin“, sie mustert mich, als wolle sie wissen, wie ich das aufnehme. Ich atme scharf ein. Kein Wunder, dass ich mich so wohl gefühlt habe, aber ich weiß, dass es mir gut tut mit jemandem zu reden. Ich nicke. Jetzt schaut sie mich erstaunt an. Das Pokerface hast du wohl noch nicht ganz drauf, denke ich und grinse. Sie lächelt ebenfalls, aber diesmal ist es ein anderes Lächeln. Ein ernst gemeintes.

Es ist erst drei Uhr morgens. Ich stehe in der Küche. Nachdem ich nicht schlafen konnte, bin ich hierher gekommen um aufzuräumen. Der Tisch ist abgeräumt und ich bin gerade daran, alles in die Spülmaschine zu räumen, als ich ein langes, scharfes Küchenmesser entdecke. Soll ich mich jetzt umbringen? Soll ich es tun? Jetzt, obwohl ich ein neues Zuhause gefunden habe?
Ich setze mich auf einen der Stühle und starre das Messer an. Erinnerungen kommen in mir hoch. Böse Erinnerungen. Erinnerungen an ihn. Ich fange an zu weinen. Ich höre nicht, wie sie kommt, aber plötzlich steht Anki neben mir und nimmt mir langsam das Messer aus der Hand. Sie umarmt mich wie eine Mutter und flüstert: „Hey, alles wird gut.“ Irgendwie bin ich froh, dass sie mich nicht fragt ob ich mit ihr reden will. „Geh ins Bett. Es ist noch zu früh zum Arbeiten, aber wenn du willst, räume lieber im Wohnzimmer auf oder so. Die Küche mach ich, okay?“, sie streicht mir über die Stirn. Ihre Nähe ist tröstend und ich höre auf zu weinen. Ich schaue ihr in die Augen und an den dunklen Augenringen, sehe ich, dass sie sehr müde ist. Ich atme tief ein und stehe auf. „Ich gehe besser wieder in mein Bett“, sage ich und verschwinde in meinem Zimmer. Ich höre Schritte und Anki steht in der Tür. „Soll ich die Messer wegschließen?“ , fragt sie und ich nicke. Am besten ist es ein neues Leben anzufangen und nicht mehr an ihn zu denken. Ich höre Anki in der Küche und schlafe ein.

Diesmal weckt mich ein Lachen. Ich stehe auf und ziehe mich an. Anki hat mir wieder neue Kleider hingelegt. Ich schaue auf den kleinen Wecker, der neben mir auf dem Nachttisch liegt. Durch die nur halb geschlossene Tür sehe ich, dass in der Küche Licht brennt. Es sind mehrere Stimmen zu erkennen. Ist die Polizei da? Ich habe Angst, aber da fällt mir ein, dass Anki in einer Wohngemeinschaft wohnt und gehe langsam in die Küche. Am Tisch sitzen drei Leute. Anki, ein Mädchen und ein Junge. Sie sind alle etwa im selben Alter. Sobald sie mich sehen verstummen sie. Anki lächelt mir zu und winkt mich zu ihr. Ich gehe zu ihr und setze mich auf den freien Platz neben ihr. „Das ist Alex. Ich habe ihr angeboten, dass sie bleibt. Ist das für euch okay?“, Anki blickt in die Runde. Das Mädchen streckt mir die Hand entgegen: „Hi, ich bin Emely. Ich denke,“, sie sieht den Jungen an „wir wissen alle, wie es ohne ein Zuhause ist.“ Der Junge nickt: „Ich heiße Maxim. Ich weiß wie das ist aber ich denke, wenn wir mit jemandem zusammenleben, dann haben wir ein Recht darauf zu wissen...“ ...wer bei uns wohnt, wollte er wohl sagen, aber weiter kommt er nicht, denn Anki unterbricht ihn: „Wenn jemand etwas nicht erzählen will, hat er ein Recht zu Schweigen.“ Sie sieht Maxim ernst an und er nickt, als würde er es verstehen, aber ich weiß, dass er sauer ist. Ich stehe auf, renne in mein Zimmer und ziehe mir meine Kleider wieder an. Hastig verlasse ich das Haus. Ich weiß nicht warum, aber ich will nicht mehr in Maxims Nähe sein. Auf der Straße höre ich Anki nach mir rufen, aber ich drehe mich nicht um, sondern laufe weiter. Da ich mich hier nicht auskenne, irre ich orientierungslos durch das Straßennetz von...ich weiß noch nicht mal wo ich bin. Verzweifelt und atemlos setze ich mich auf den Gehweg. Eine Weile später sehe ich eine Gruppe von Jugendlichen. Ich schätze sie auf etwa siebzehn, also in meinem Alter. Es sind nur Jungs. Ich mustere sie. Erst, als sie etwa drei Meter von mir entfernt sind nehmen sie mich war. Sie stellen sich in einem Halbkreis um mich und betrachten mich. Ich stelle mir vor, was sie in mir sehen; ein siebzehn-jährige in zerrissenen Jeans, einem weißen Langarmshirt und einer roten Weste die auf der Straße hockt. „Wer ist denn das?“, fragt einer der Jungen, der ein Skateboard in der Hand hält. „Keine Ahnung, ich hab sie jedenfalls noch nie hier gesehen“, kommt die Antwort von dem Jungen, der direkt vor mir steht. Ich erinnere mich an ihn und ein Tränenschleier bedeckt meine Augen. Ich nehme die Jungs kaum noch war, aber ich kann erkennen, dass einer der Jungs sich zu mir herunter beugt. „Hey, was ist denn los? Haben wir dir irgendwas gemacht?“, fragt er. Ich schüttele den Kopf und wische mir die Tränen aus den Augen. Der Junge hilft mir hoch und jetzt stehe ich in dem Kreis der Jungs. „Hast du dich verirrt?“, fragt ein anderer und die Jungs lachen. Zu seiner Überraschung antworte ich: „Ja.“ Alle schauen mich erstaunt an. „Wie heißt du?“, der Junge, der sich zu mir herunter gebeugt hat mustert mich. Ich schüttele meinen Kopf. „Du magst es wohl nicht sagen. Okay dann nennen wir dich...“, sagte der Junge mit dem Skateboard und ich unterbreche ihn. „Alex. Nennt mich Alex“, ich denke an Anki und wieder wundere ich mich, dass ich ausgerechnet diesen Namen gewählt habe. Die Jungs schauen mich erstaunt an. „Was wollt ihr eigentlich? Ich bin kein Fernseher und es ist auch nicht alles komisch was ich sage. Natürlich heiße ich nicht Alex, aber ich bin auch nicht mehr die, die ich mal war. Außerdem, was geht euch das eigentlich an? Kümmert euch um euren eigenen Sch...rott“, ich kann mich gerade noch stoppen meine Wut an diesen unschuldigen Jungs auszulassen, „Entschuldigung. Ihr könnt ja nichts dafür.“ „Ich bin Pascal. Sollen wir dich nach Hause bringen?“, wieder der Junge der sich herunter gebeugt hatte. „Wenn ihr das noch wollt. Wisst ihr, wo die WG in dem kleinem gelben Haus ist?“, ich bin nicht ganz überzeugt ob das noch mein Zuhause ist, nachdem ich abgehauen bin. Pascal nickt und die Jungs setzen sich in Bewegung. Nach einer viertel Stunde, stehen wir vor der WG. „Danke“, ich weiß, dass ich von alleine nicht mehr hierher gefunden hätte. Ich drehe mich zu Pascal und umarme ihn. „Wenn du willst, kannst du morgen an den Skate platz kommen. Dort sind wir jeden Tag“, flüstert mir Pascal zu. Ich nicke und wende mich an die Anderen: „Danke für Alles!“ Die Jungs verabschieden sich, ich gehe zur Tür und drücke auf die Klingel. Anki öffnet mir und umarmt mich: „Versprich mir, dass du nie mehr abhaust.“ Anki weint. Es wundert mich, dass sie sich so viele Sorgen um mich macht. Sie führt mich hinein. Emely kommt mir entgegen und umarmt mich. Ich frage mich, wie ich soviel Aufmerksamkeit verdient habe. Maxim steht in der Ecke und murmelt etwas wie eine Entschuldigung. Ich weiß, dass ich etwas falsch gemacht habe und nicht er. „Entschuldigung, dass ich abgehauen bin. Ich erzähle euch wer ich wirklich bin und was passiert ist, wenn ich soweit bin, okay?“, ich schaue vor allen Maxim an. Er erwidert meinen Blick: „Bist du kriminell?“ Diese Frage trifft mich wie ein Schlag. Bin ich kriminell? „Nein. Du?“, ich muss innerlich grinsen, als ich seinen verdatterten Blick sehe. „Nein, wie kommst du darauf?“, stottert er. „Wie kommst du auf diese Frage?“, ich freue mich, dass er nicht mehr so arrogant ist, „Ich gehe jetzt schlafen. Ich bin müde.“ Ich nicke Anki zu und laufe schnell in mein Zimmer. Ich ziehe mich um und lege mich ins Bett. Ich höre ihre Stimmen und versuche sie zu verstehen, aber ich bin nach wenigen Versuchen zu müde und schlafe ein.
Mit einem Messer in der Hand steht er vor mir. Das Funkeln auf der Schneide blendet mich. Ich gehe einen Schritt zurück, doch er kommt weiter auf mich zu. Irgendwann spüre ich die Wand hinter mir. Ich kann nicht mehr ausweichen, also schreie ich. Er hält mir den Mund zu. Ich ersticke fast. Ich spüre das Messer an meiner Kehle. Ich fange an zu weinen, aber er drückt weiter zu. Hilfe. Ich taste die Wand ab um etwas zu finden, was mir helfen könnte, aber da ist nichts. Er lässt mich los. „Du gehörst mir und wirst auch ewig mir gehören“, flüstert leise. Er verschwindet aus dem Zimmer. Ich fange wieder an zu Schreien. Ich höre Schritte. Kommt er zurück? Etwas packt mich und ich schlage um mich. „Hey Alex. Alles wird gut. Du hast nur einen Albtraum“, die Stimme ist nicht von ihm sie ist von...Anki. Ich öffne die Augen. Ich habe nur geträumt. Anki schaut mich besorgt an. „Willst du jetzt reden?“, sie hilft mir auf. Ich zucke mit den Schultern. Will ich? Ich weiß es nicht, aber ich laufe ihr hinterher zur Küche. Mein Blick fällt auf die Besteckschublade. Wir setzen uns. Anki sitzt mir gegenüber. Ich atme zitternd aus. Plötzlich ist mir eiskalt. Mit brüchiger Stimme fange ich an zu Sprechen: „Ich habe mich in ihn verliebt. Ich weiß nicht warum“, ich merke, wie Tränen in meine Augen steigen, „Er wollte irgendwann, dass wir zusammenziehen und ich fand die Idee toll, aber meine Eltern wollten das nicht.Ich war sauer auf sie und bin abgehauen-zu ihm. Er hat mich eingesperrt“, ein Schluchzen dringt durch meine Kehle, „Alle wollen mich nur kontrollieren! Meine Eltern wollten unbedingt, dass ich zurückkomme und haben die Polizei eingeschaltet. Plötzlich standen zwei Polizisten vor der Tür und er hat...er hat...einen mit einem Küchenmesser...ermor...“, ich kann nicht mehr weitersprechen. Die Erinnerungen, die ich schon so lange verdrängt habe kommen zurück. „Möchtest du schlafen?“, Anki streicht mir über den Kopf.Ich merke, dass sie entsetzt ist. Über das was ich erzählt habe? Das war noch nicht mal alles. Ich schüttele den Kopf. Ich habe Angst, dass ich wieder Albträume bekomme. Die Jungs fallen mir ein. „Ich muss los, ich bin verabredet“, ich weiß das mich das etwas ablenken kann. Anki nickt: „Aber dusche lieber davor.“ Ich verschwinde im Bad. Im Spiegel sehe ich eine verheulte siebzehn-jährige, die es nicht mal schafft von ihrer Vergangenheit zu erzählen.
Geduscht und mit Top und kurzer Jeans bekleidet mache ich mich auf den Weg zum Skateplatz. Es ist ziemlich heiß geworden. Auf dem Thermometer sind es über dreißig Grad. Ich muss daran denken, dass ich noch vor ein paar Tagen auf der regennassen und eiskalten Straße gesessen bin.
Es dauert nicht lange, bis ich den Skate platz gefunden habe. Ich erkenne Pascal und die anderen Jungs, die auf der Halfpipe. Obwohl ich nicht skaten kann und mich auch nicht sonderlich dafür interessiere, setze ich mich hin und schaue ihnen zu. Pascal entdeckt mich zuerst und fährt zu mir rüber. „Hi“, er lächelt, „Du bist etwas spät dran.“ „Ich hatte noch Therapie“, ich merke, dass er wissen will was eigentlich mit mir los ist, aber er sagt nichts. „Kannst du skaten?“, er hebt mir das Skateboard hin, aber ich schüttele den Kopf. „Soll ich es dir beibringen?“, fragt er. Ich habe zwar nicht wirklich Lust darauf, aber ich finde es toll mit ihm Zeit zu verbringen und nicke. Er stellt das Skateboard auf den Boden und ich stelle mich drauf. Plötzlich höre ich jemanden hinter mir rufen und drehe mich um. Die anderen Jungs kommen auf uns zu. Ich winke. Vor ein paar Tagen hätte ich denjenigen ausgelacht, der zu mir gesagt hätte, dass ich wie ein normales Mädchen leben kann.
Irgendetwas sagt mir, dass mich die Jungen mögen. Warum? War ich jemals nett zu ihnen? Ich muss grinsen. „Könnt ihr mir die Stadt zeigen? Dann verirre ich mich nicht mehr“, ich genieße es in ihrer Nähe zu sein. Während sie mich durch die Stadt führen, erfahre ich ihre Namen; Luca, Toni, Daniel und Pascal. Sie lieben das Skaten und leben alle in der Nähe. Sie bringen mir das Skaten bei und ich bin so glücklich wie noch nie. Am Abend gehe ich wieder zur WG. Mittlerweile finde ich den Weg.
Ich weiß nicht, ob ich noch mit Anki eine „Therapie“ machen will, nachdem ich es geschafft habe mich wieder an das normale Leben zu gewöhnen. Doch Anki lässt nicht locker: „Alex. Wenn du jetzt aufhörst wird das nicht besser. Glaub mir! Du musst etwas machen, sonst verfolgt dich das alles noch dein ganzes Leben.“ Erinnerungen von ihm kommen in mir hoch. Ich will nicht reden! Ich will einfach nicht, dass alles wieder hoch kommt, wo ich doch gerade so glücklich bin. Alles kommt wieder hoch. Einfach alles. Ich sehe ihn vor mir. Dann meine Eltern und ich fange wieder an zu weinen. Warum bin ich nicht einfach bei ihnen geblieben? Ich spüre Anki wie sie mich umarmt. Sie erinnert mich an meine Mutter. Immer wenn ich traurig war, hat sie mich getröstet. „Wenn du nicht reden willst, dann schreibe doch einfach alles auf.“ Sie hält mir ein kleines Buch hin. „Wenn du es mir erlaubst lese ich daraus, dann brauchst du mir nicht alles zu erzählen.“
Ich nehme das Buch. Es hat einen blauen Einband. Ich schlage es auf. Es ist leer. Das Einzige was ich sehe sind die weißen Seiten. Ein Tagebuch? Ich habe früher auch geschrieben. Ich nicke auf Ankis Frage hin. Es ist besser wenn sie es liest, so würde ich mir alles Andere ersparen. Ich sehe, dass Anki erleichtert ist. Sie gibt mir einen Kugelschreiber und ich setze mich auf das Sofa. Anki geht in die Küche. Wo soll ich anfangen?

Liebes Tagebuch,

ich bin Lena. Alle glauben ich heiße Alex, aber ich glaube, dass ich eh nicht mehr Lena bin. Ich bin nicht mehr das selbstbewusste kleine Mädchen, das immer das gemacht hat, was es will.

Ich unterbreche meinen Schreibfluss. Anki würde hier drin lesen. Ich will alles durchstreichen, aber wenn ich Anki nicht die Wahrheit erzähle kann sie mir nicht helfen, also mache ich weiter.

Meine Eltern heißen Sylvia und Andreas Colmar und wollten mich immer kontrollieren. Ich wollte nie folgen und auch wenn ich nur mal den Müll hinaus bringen sollte, gab es Zickenkrieg mit meiner Mutter. Ich war sehr beliebt in meiner Klasse, aber irgendwann ist mir das wohl zu Kopf gestiegen und ich habe mich darin verloren und habe das Rauchen und Trinken angefangen. Später kamen dann noch Drogen dazu. Ich wollte nicht mehr zur Schule, bis ich ihn kennengelernt habe. Er heißt Stefan Wolf. Ich habe nur noch an ihn gedacht, als ich ihn kennenlernte. Ich bin jeden Tag zur Schule und bin ihm gefolgt wie ein Hündchen. Er wollte, dass wir zusammenziehen. Wir waren erst sechzehn! Meine Eltern haben es mir verboten und ich bin abgehauen. Zu ihm. Zuerst waren wir sehr glücklich und ich wollte nichts anderes mehr, als mit ihm zu leben, aber meine Eltern wollten mich zurück und haben die Polizei verständigt. Sie wussten nicht wo ich war, aber die Polizei hat es herausgefunden! Plötzlich standen sie vor der Tür und wollten uns beide mitnehmen. Ich hatte totale Angst ihn zu verlieren.

Ich höre auf zu Schreiben. Ich bin kurz davor wieder mit Weinen anzufangen. Nach kurzem Überlegen setze ich noch Alex unter den Text und klappe das Buch zu

„Ich muss sie finden.“ Das ist das Einzige an das er denkt. Er schläft schlecht, seitdem sie weg ist. Verschwunden. Von dem einen Tag auf den anderen weg. Er will, nein; er muss sie einfach finden. Und dann? Er wird sie bestrafen. Bestrafen für das was sie ihm angetan hat. Schlagen reicht nicht um das, was sie getan hat zu strafen. Es muss eine harte Strafe sein. Nachdem er sie bestraft, wird sie nie mehr abhauen. Sie wird sich nicht trauen, ihn noch einmal zu verletzen. Dafür das sie gegangen ist ohne etwas zu sagen. Davor hat sie ihm doch ewige Treue geschworen. Die Polizei und ihre Eltern sind hinter ihm her. Er kann sich nicht frei bewegen. Die Suche nach Lena wird immer schwerer. Als letztes hat man sie in München gesehen, aber es sind noch keine weitere Hinweise da. Er muss sie vor den Anderen finden, vor der Polizei und vor ihren Eltern.
Nun zahlen sich seine Beziehungen aus. Morgen hat er ein Treffen. Jemand hat sie gesehen und morgen wird er es erfahren. Er setzt sich in das Auto und fährt los. In die schwarze Nacht. Schwarz. Die Farbe des Bösen.

Ich sitze in der Küche. Ich betrachte sie genauer; eine geblümte Gardine, eine Spülmaschine, viele hellbraune Schubladen, ein hellbrauner Esstisch, ein paar Stühle und ein schwarz gefliester Boden. Der Boden ließ die Küche moderner wirken, aber mir machte die Farbe Angst. Warum? Weil sie mich an die schlimmste Nacht meines Lebens erinnert.
Das Tagebuch liegt aufgeschlagen vor mir und daneben steht eine Tasse mit Tee darin. Ich lasse die Erinnerungen wieder kommen, auch wenn es schwer ist meine Tränen zurückzuhalten.

Liebes Tagebuch,

als die Polizisten

Nein, das klingt blöd. Ich klammere den Anfang ein.

(als die Polizisten) ich habe ein paar Jungs kennengelernt.

Nein, das klingt auch blöd. Es klingelt und schrecke auf. Soll ich öffnen?Ich gehe ans Fenster und schaue hinaus. Vor der Tür steht Pascal mit seinem Skateboard unter dem Arm, aber ohne die Anderen. Ich freue mich total und renne zur Tür. Ich öffne. „Hi.“
„Hi. Sollen wir Eis essen gehen?“ Nervös fährt Pascal sich durch die Haare. Ich nicke um nicht vor Freude zu Schreien. Ich schreibe Anki noch einen Zettel.

Hi Anki,

ich bin mit Pascal Eis essen. Ich komme heute Abend wieder.

Alex

Ich gehe raus zu Pascal und er nimmt meine Hand. Wir laufen zum Eisstand und er bezahlt. Wir laufen am Fluss etwas außerhalb der Stadt entlang. „Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?“ Ich weiß nicht warum ich das Frage, aber irgendetwas an ihm erinnert mich an jemanden. „Wolf, Pascal Wolf“ Ich lasse mein Eis fallen. Jemand schreit. Ich schreie. Alles kommt wieder hoch und ich starre Pascal an, als wäre er ein Außerirdischer. Jetzt weiß ich, an wen er mich erinnert hat; an Ihn. Scheiße. „Was ist los?“, Pascal geht auf mich zu, aber ich weiche zurück. Hinter mir ist der Fluss. „Stefan Wolf ist dein Bruder?“ Ich zittere am ganzen Körper. Pascal sieht ihm ähnlich, das hatte mich also an ihn erinnert, aber warum habe ich das nicht erkannt. „Ja, kennst du ihn?“ Pascal ist total verwirrt, aber wahrscheinlich ist das nur ein Spiel.Ich gehe weiter zurück. Hinter mir geht es steil runter. Ich erinnere mich wieder an die Brücke. Da ist die Brücke. Die Brücke, wo ich runter springen wollte. „Ob ich ihn kenne? Ist das dein Ernst? Er hat mein Leben zerstört.“ Pascal ist langsam verzweifelt, aber ich glaube ihm nicht. Auch Stefan konnte schauspielern. „Hey, Vorsicht!“ Pascal kommt auf mich zu. Es fehlt nicht viel und ich falle. Er packt mich an dem Ärmel meiner Jacke, aber ich reiße mich los und falle.

Er fährt in seinem Auto auf der Hauptstraße. Sein 'Freund' hat sie gesehen. In einer Kleinstadt namens Salzberg. Dort wohnen seine Mutter und sein Bruder Pascal. Er will sie besuchen. Langsam fährt er auf das Haus zu, steigt aus und geht auf das Haus zu. Seine Mutter öffnet ihm. „Stefan?!“ Sie umarmt ihn. „Komm rein! „Wo ist Pascal?“ Vielleicht hat sein Bruder sie gesehen. „Er ist mit einem Mädchen unten am Fluss.“ Seine Mutter lächelt.
„Ich bleibe nicht so lange, ich gehe ihn suchen.“ Stefan lächelt um seine Aufregung zu überspielen.
Der Spaziergang tut ihm gut. Er kennt die Gegend sehr gut. Dort steht Pascal. Er steht am Fluss. An der Stelle, wo es steil nach unten ins Wasser geht und schaut hinunter. Stefan sucht mit den Augen nach dem Mädchen, aber Pascal ist allein. Stefan fängt an zu rennen. Braucht sein Bruder Hilfe?

Das Wasser um mich herum ist eiskalt. Ich strampele, um nach oben zu gelangen, aber ich weiß nicht wo oben und wo unten ist. Jemand packt mich am Arm und zieht mich hoch. Hat Pascal mich gerettet? Ich schlage um mich. „Lena, ich bin es. Anki.“ Mein 'Retter' schwimmt zum Ufer und legt mich auf den Boden. „Danke...“ Ich schaue hoch und sehe Pascal dort stehen. Nein nicht nur ihn, da ist noch jemand. Stefan! „Stefan.“ Anki starrt wütend zu den Jungs über uns auf dem Weg. Sie kennt ihn? Die beiden Jungs rennen zu uns runter. „Anki!“ Stefan steht vor uns und schaut von mir zu Anki und wieder zu mir. Ich stehe auf. „Lena!“ Er haucht meinen Namen und er sieht so gut aus wie immer, aber ich weiß, dass er böse ist. „Kennst du Alex?“ Pascal sieht seinen Bruder an. „Was hat du ihr getan?“ Stefan schaut seinen Bruder kalt an. „Meinst du Lena?“ Er zeigt auf mich. „Ich habe nichts getan. Sie ist einfach weggegangen, wie Anki damals.“ Er sieht so aus als würde er Anki gleich schlagen, aber er kommt nicht dazu. Plötzlich ertönen laute Sirenen und ein Polizeiauto hält auf dem oberen Weg. „Hände hoch! Sie sind vorläufig festgenommen!“ Ein Polizist ist ausgestiegen und zielt mit der Pistole auf Stefan. Aber Stefan denkt nicht daran. Er nimmt ein Messer aus der Jackentasche und springt auf Anki zu. Er streift sie damit am Arm und reißt sie dann mit ins Wasser. „Stefan!“ Pascal springt ins Wasser und schwimmt seinem mit Anki flüchtenden Bruder hinterher. „Anki!“ Der Schrei kommt von mir. Ich kann nicht erkennen was im Wasser passiert. Ein Polizist rennt an mir vorbei und springt auch ins Wasser. Der andere Polizist, eine Polizistin bleibt bei mir. Eine rote Blutspur zeigt, wo Stefan mit Anki schwimmt. Ich sehe nur Stefan, aber Anki taucht kaum noch auf. Stefan will Anki erstechen, aber die Polizistin schießt in die Luft und Stefan lässt von Anki ab. Pascal, der kaum noch hinterher kommt, fasst die leblos im Wasser schwimmende Anki und schwimmt zurück zu uns. Der Polizist erwischt Stefan nicht, der am anderen Ufer aus dem Wasser steigt und wegrennt. Da der Polizist ihn nicht einholen kann, kommt er zu uns zurück. Die Polizistin telefoniert. Anki liegt am Boden. Sie atmet nicht. Ich fange an Mund zu Mundbeatmung bei ihr zu machen, das hatte ich mal in der siebten Klasse. Ich nehme kaum noch etwas war. Anki. Sie darf einfach nicht tot sein. Tränen laufen mir über die Wangen. Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor bis mich ein Mann anstupst und mir bedeutet aufzuhören. Er ist ein Sanitäter oder so. Er und seine Kollegen heben Anki auf eine Trage. Ich will mitfahren und setzte mich auf den Beifahrersitz. Der Sanitäter startet den Motor und ich sehe wie Pascal von den Polizisten befragt wird. Die Sirene ertönt. Ich bin müde, aber die Angst um Anki hält mich wach.

Ich bin im Krankenhaus. Alles um mich herum ist weiß. Weiß ist so fröhlich, aber eigentlich ist das hier der Ort der Trauer. Eine Krankenschwester kommt aus Ankis Zimmer. Sie geht auf mich zu. „Du bist Alex? Die Freundin von Anki“ Ich nicke. „Anki ist sehr schwach und die Verletzung ist sehr tief und sogar tödlich.“ Sie macht eine Pause. Nein. Anki darf einfach nicht sterben. Nicht wegen ihm. „Möchtest du zu ihr?“ Die Krankenschwester schaut mich besorgt an. Ich nicke wieder.
Ich folge der Krankenschwester in Ankis Zimmer. „Anki“ Ich gehe zu ihr. Der Arzt der im Zimmer war und die Krankenschwester verlassen den Raum. Anki lächelt schwach. „Haben sie ihn gefasst?“ In ihrem Blick liegt Hoffnung. „Nein, aber woher kennst du ihn?“ Ich merke, dass Anki enttäuscht ist. „Ich war sechzehn als ich ihn das erste mal sah. Er war neu an der Schule. Wir haben uns ineinander verliebt und da seine Eltern geschieden waren hatte er panische Angst davor, dass ich ihn verlasse. Als ich dann Schluss gemacht habe ist er total ausgerastet und wollte mich einsperren. Ich bin abgehauen und er hat mich danach ignoriert. Wenige Tage später ist er dann auf eine andere Schule gegangen und ich habe ihn nie wieder gesehen. Als ich dann seinen Namen in dem Buch sah, wusste ich, dass ich dir helfen muss und ich wusste auch, dass sein Bruder Pascal heißt, also habe ich die Polizei angerufen und bin ich euch gefolgt. Ich hab gesehen wie du ins Wasser gefallen bist und bin dir hinterher. Damals, als du am Straßenrand standest, habe ich dich mitgenommen, weil du so aussiehst, wie meine Schwester.“
Ihre Stimme klingt rau. „Ich habe mich auch in ihn verliebt. Er wohnte bei seinem Vater. Mit sechzehn wollten wir zusammenziehen und da meine Eltern das nicht wollten sind wir abgehauen.Wir haben eine Wohnung gefunden und waren glücklich, aber die Polizei hat uns gefunden. Stefan hat einen der beiden ermordet. Mit einem Küchenmesser. Er hat mich am Arm gepackt und ist mit mir hinausgerannt. Ich habe mich gewehrt und er hat mich eingesperrt, als ich ihn gesagt habe er soll mich frei lassen, da ich nicht mit einem Mörder zusammenleben will, aber er hat mich mit dem Messer bedroht. Eines Nachts habe ich ihn angeschrien und habe gesagt er sei ein Monster und gehöre in die Klapse. Er hat mich geschlagen und hat mich in den Arm geschnitten.“ Ich zeige Anki die Narbe an meinem linken Oberarm. Man erkennt sie fast nicht mehr. „Er hat mich im Keller eingesperrt. Dort habe ich ein Brett gefunden und habe das Fenster eingeschlagen. Als er weg war und bin weggerannt. Ich bin mit dem Zug oder mit dem Bus immer weiter weg von ihm. Als ich hier ankam war ich total fertig und wollte mich von der Brücke am Fluss stürzen, aber ich konnte nicht, bin weiter und dann hast du mich gefunden. Den Rest kennst du ja.“ Es fällt mir plötzlich nicht mehr schwer darüber zu reden. Ich würde alles tun, damit Anki wieder gesund wird und nicht stirbt. Anki schaut mir ernst in die Augen. „Versprich mir, dass du weiterlebst und zu deinen Eltern zurückgehst. Versprich mir, dass du Stefan anzeigst. Ich will nicht, dass er noch anderen Mädchen etwas antut.“ Anki ist mehr als nur eine Therapeutin, das spüre ich. „Ich verspreche es.“ Ich nehme ihre Hand. An ihrem Zeigefinger ist ein Ring. Ein Ring der mir sehr bekannt vorkommt. Meine Mutter hat auch so einen. „Lena. Ich bin deine Schwester.“ Anki zieht sich den Ring von der Hand und gibt ihn mir. „Sag unseren Eltern, dass ich sie geliebt habe.“ Ich will Anki den Ring zurückgeben, aber sie bedeutet mir ihn zu behalten. „Sag es bitte.“ Ankis Stimme ist nur noch ein Flüstern. Ich nicke. Anki schließt erleichtert ihre Augen und atmet ein letztes Mal aus. Anki ist tot.

Es schneit. Ich laufe mit Pascal am Fluss entlang. Ich halte einen Strauß Blumen in der Hand. Wir biegen nach rechts ab und dort ist er schon. Der Friedhof. Wir gehen rein und gehen an den Gräbern vorbei. Ich suche mit meinen Augen die Grabsteine nach ihrem Namen ab, obwohl ich weiß wo ihr Grab ist. Wir bleiben stehen. Vor uns ist der eingeschneite Grabstein.

Anki Colmar
geb. 05.01.1993
gest. 25.02.2012

Ich lege die Blumen auf die kalte Erde. „Lebe wohl Anki.“ Warme Tränen laufen über meine Wangen und fallen in den weißen Schnee. Pascal legt seinen Arm um mich. Ich wohne wieder bei meinen Eltern. Anki war ein Versehen und sie hatten sie zur Adoption freigegeben, aber sie haben erkannt, dass es falsch war und dann kam ich. Sie haben mir nicht erzählt, dass ich eine Schwester habe. Anki wäre gleich gestorben, wenn Pascal sie nicht aus dem Wasser gezogen hätte. Nachdem sie gestorben ist, bin ich zu ihm gegangen und habe mich bedankt und wir haben uns geküsst. Wir sind zusammen, aber ich bin immer noch vorsichtig, weil Stefan sein Bruder ist. Ich hasse Stefan. Er ist schuld, dass Anki tot ist. Ich habe in bei der Polizei angezeigt und hoffe, dass sie ihn bald finden.
Wir gehen weiter. Wieder zum Fluss. Es ist Abend. „Ich liebe dich“ Pascal schaut mir in die Augen. „Ich dich auch.“ Wir küssen uns. Du fehlst mir, Schwesterherz, denke ich und die Sonne geht unter.


© Julia Becher, alle Rechte vorbehalten. Jede Handlung mit dem Text (Verbreitung,...) ohne Genehmigung der Autorin untersagt!


1 Lesern gefällt dieser Text.


Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Schwesterschmerz"

Re: Schwesterschmerz

Autor: noé   Datum: 02.01.2014 21:52 Uhr

Kommentar: W O W !!!
Du hast mich TOTAL gefesselt! Der Schluss klingt ein wenig unlogisch, aber das macht gar nichts. Ich habe sogar mein geliebtes Military-Tattoo im Fernsehen verpasst. Und DU bist Schuld!!! Mein Gott, Julia, kannst DU schreiben...
Voll Bewunderung, noé
P.S.: Du hast vergessen, Dein Copyright zu setzen - würde ich unbedingt nachholen!!!

Re: Schwesterschmerz

Autor: julia becher   Datum: 02.01.2014 22:24 Uhr

Kommentar: Hey :)
Erst mal danke für das Kommentar. Tut mir Leid, dass du 'Military-Tattoo' verpasst hasst^^
Leider habe ich keine Ahnung, was dieses Copyright ist. Ich bin zwar schon länger hier nagemeldet, aber kenn mich hier nicht besonders gut aus, weil ich auch nicht besonders viel hier mache.
Wär schön wenn du es mir erklären könntest...

LG Julia

Re: Schwesterschmerz

Autor: noé   Datum: 02.01.2014 23:05 Uhr

Kommentar: Das Copyright findest Du, wenn Du Deinen Text einträgst:


Unter Kategorie *(Liebesgedichte)

Copyright (hier denkst Du Dir aus, was Du eintragen willst, ich habe mich für noé entschieden, Du Dich vielleicht für julia becker oder jb oder so, das steht dann später fettgedruckt unter Deinem Text und sichert Dir die Rechte an Deinem eigenen Text, sonst darf jeder Deinen Text verwenden, der das will; Du kannst das auch noch nachträglich machen. Ruf' einfach Deinen Text noch noch einmal auf unter Text/meinen Text bearbeiten/auf den Bleistift klicken, dann kannst Du das noch nachträglich eingeben; schau einfach mal bei mir oder bei anderen Autoren nach, was die so schreiben)

Überschrift *(Alle meine Träume)

Youtube (Nur Id /watch?v=)

Text *

Re: Schwesterschmerz

Autor: julia becher   Datum: 03.01.2014 9:54 Uhr

Kommentar: okay, danke... :)

Re: Schwesterschmerz

Autor: noé   Datum: 03.01.2014 14:33 Uhr

Kommentar: Mach' am besten noch einen Zusatz 'rein, wie ich ihn habe oder guck' mal bei Angélique Duvier, die hat das noch ausgeklügelter geschrieben.
Aber: Musst DU wissen.
noé

Re: Schwesterschmerz

Autor: julia becher   Datum: 03.01.2014 15:16 Uhr

Kommentar: ok

Re: Schwesterschmerz

Autor: noé   Datum: 03.01.2014 15:24 Uhr

Kommentar: Deine Kommentare sind so erfrischend kurz und bündig, ich kann fast nicht mehr vor Lachen. Einfach "ok" - und gut is... :o)))
Alles Liebe,
noé

Re: Schwesterschmerz

Autor: julia becher   Datum: 03.01.2014 17:36 Uhr

Kommentar: sry... :D

Kommentar schreiben zu "Schwesterschmerz"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.