Lea hatte Rachel verlassen. Sie ist zu ihrem Ex zurückgekrochen. Um sie zu vergessen, hat Rachel mit dem Trinken angefangen. Sie hörte Lea noch schreien: ,,Das sind alles Lügen!“, bevor sie hinausgestürmt war. Ihr Ex hat angeblich aus versehen seine Mutter die Treppe runtergestoßen und sie dabei per Zufall auch noch zersägt! Rachel meinte, sie solle sich zum Teufel scheren. Die Erinnerungen an die tolle Nacht mit Lea kamen zurück. Was war Lea nun? Lesbisch? Hetero? Oder vielleicht sogar Bi? Lesbisch oder Hetero, war das die Frage, die sie sich gerade stellte? Der alte Fernseher, vor dem Rachel saß, flimmerte immer wieder. Es war ein altes Gerät, fast noch aus Großvaterszeiten. Sie erinnerte sich immer noch an Lea, also brauchte war das nächste Bier fällig, um die Ex zu verdrängen. Achtlos schmiss sie die leere Flasche weg. Inzwischen lagen überall im Raum leere Flaschen herum. Sie torkelte zur Küche. Dabei rutschte sie auf einer der leeren Bierflaschen aus, schlug hart auf den Boden auf. Dann wurde alles dunkel. Sie glitt in einem unruhigen Traum.

Es war ein dunkler Raum, in dem sie wiederaufwachte. Rachel versuchte Aufzustehen, dabei bemerkte sie, dass sie in einer Zwangsjacke steckte. Nach einigem hin und her stand sie auf den Beinen, alles drehte sich um sie und war verschwommen. Rachel war immer noch betrunken. Langsam torkelte sie aus dem Raum. Auf dem Flur war niemand. Die Lampen an der Decke flackerten. Durch das getrocknete Blut an ihnen hatte das Licht einen unnatürlichen roten Schein. Etwas dunkelrotes floss aus den Wänden heraus, wie Harz bei Bäumen. Es war Blut. Die Wände bluteten. Rachel hörte eine seltsame Melodie. Irgendwo schien jemand Piano zu spielen. Es war eine langsame, träge Melodie, die obwohl sie schön war, doch irgendwie traurig wirkte. Eine Frau begleitete die Melodie mit dem gleichen traurigen Gesang. Ein Chor leiser Schmerzensschreie, die sich der Melodie anpassten, rundete das ganze ab. Die Symphonie war klar und schien von überall her zukommen. ,,Wo zum Teufel bin ich?“ fluchte sie. Rachel ging ans Ende des Korridors. Es gab dort einen nahtlosen Übergang zu einem anderen Gang. Dort stand jemand, aber es war zu dunkel um mehr sehen zukönnen. Als sie näher torkelte erkannte sie die Gestalt. Es war Lea. Ihr Umriss wabberte wie Nebel vor Rachels Augen. Rachel rief ihren Namen. Lea lief nach rechts, um die Ecke. Sie schrie ihren Namen lauter. Die Erde erbebte plötzlich. Die Musik ebbte ab, als wenn sie sich fürchten würde. Rachel hielt inne. Von links kam ein großer Mann. Jeder seiner Schritte ließ die Erde erbeben. Er war Blutverschmiert. Sein Gesicht steckte in einem schwarzen Sack. Der unverdeckte, muskulöse Oberkörper war mit Narben überseht. Er schleifte eine gewaltige, rostige Kettesäge über den Boden. Dadurch entstand ein unheimliches, scharrendes Geräusch. Er summte im gehen eine Melodie, die Rachel das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie war leise, kaum hörbar und irgendwie unheilverkündend. Langsam schlürfte der Mann an Rachel vorbei. Plötzlich hielt er inne. Rachel hielt den Atem an, als er sich in ihre Richtung drehte. Sie sah, dass vorne auf den Sack ein Smiley mit Blut aufgemalt worden war. Nach einigen Momenten des Harrens, ging er weiter nach rechts. Erst als das Beben seiner Schritte verstummt war, konnte sie sich wieder bewegen. Sie rannte um die Ecke. Doch die beiden waren verschwunden. Es war nur eine Tür da. Rachel brauchte einige Zeit, um die Tür mit ihren Füßen zuöffnen. Immer wieder glitten ihre Füße an den Türgriff ab. Aber mit etwas Mühe schaffte sie es. In dem schäbigen Raum dahinter gab es nur einen Fernseher, der wahrscheinlich Jahrzehnte älter war, als ihr eigener. Die Wände stanken bestialisch. An ihnen hatte sich der Schimmel tief reingefressen und die Farbe blätterte an einigen Stellen schon ab. Es gab keinen Ausgang. Wo waren die beiden? Rachel betrachtete den Fernseher genauer. Er war nicht angeschlossen. Trotzdem zeigte das Gerät Schnee. Auf einmal hatte es wieder empfang. Es lief eine Talkshow. ,,Hallo und willkommen zurück. Für die, die gerade erst eingeschaltet haben, unser heutiges Thema lautet: Hat die Schlampe es verdient, dass du ihr hilfst?“, sagte der Talkshowmaster aus der Röhre. Er zeigte dabei genau auf Rachel. Bevor sie auch nur zu einer Erwiderung ansetzen konnte, wechselte der Sender urplötzlich. Nun lief eine Telenovela. ,,Aber ich liebe sie!“ Wieder die Talkshow ,,Sie kann sich nicht entscheiden. Warum nicht warten, bis sie heulend zurückkommt?“ Die Telenovela antworte darauf: ,,Bis dahin ist sie schon längst tot!“ Der Talkshowmaster erwiderte darauf: ,,Vielleicht ist es besser so.“ ,,Aber ich liebe sie doch!“, erwiderte die andere Seite energisch. Ein Frauenschrei durchstieß die Debatte. Rachel drehte sich nach rechts, wo der Schrei herkam. Dort war auf einmal eine zweite Tür. Warum, fragte sie sich nicht mehr. Sie schaute zurück zum Fernseher. Er zeigte wieder kein Bild. Verzweifelt rannte Rachel zur Tür. Zum Glück war es eine Schwingtür, so dass sie ihre Füße nicht brauchte. Dahinter war ein Gang. Auf der anderen Seite war ebenfalls eine Schwingtür. Sie rannte den Gang entlang, aber er zog sich wie Gummi in die Länge. Das Ende schien Unerreichbar. Rachel rannte schneller. Geigen spielten eine schnelle Symphonie und schienen damit ihre unfruchtbaren Bemühungen zu verspotten. Rachel schien nicht von der Stelle zu kommen. Verbissen machte Rachel weiter, bis ihr Körper nachgab. Sie brach erschöpft zusammen. Ein Chor sang unentwegt ,,Folge dem Psychopath!“ Ein erneuter Schrei und der Klang einer verrosteten Kettensäge, ließ Rachel neue Kraft schöpfen. Sie rannte mit der Kraft der Verzweifelten los. Der Gang schien sich ihrem Willen nicht widersetzten zu können. Langsam, aber doch immer beständig, schrumpfte der Gang wieder auf normale Größe zusammen. Rachel stürmte durch die Tür. Als sie hindurch war, blieb ihr das Herz stehen. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Ihre Augen weiteten sich vor entsetzen. Gegenüber war eine Trennscheibe. Dort sah sie den Mann von eben. Blut tropfte von seiner Kettensäge. Überall lagen Körperteile. Die Blutlachen um sie herum breiteten sich aus. Etwas war an die Scheibe gelangt. Es floss wie Wasser herunter und gab dabei den Blick auf seine andere Hand frei. In ihr lag etwas zerquetschtes, haariges, das blutüberströmt war. Rachel brauchte einige Zeit, um zu begreifen das es ein Kopf war. Er wirkte, in der großen Pranke, klein. Rachel erkannte, dass er Lea gehört hatte. Wütend, mit Tränen in den Augen, sprang sie durch die Scheibe. Mit den Zähnen riss sie dem Riesen den Sack vom Kopf. Obwohl sie sein Gesicht nur einmal gesehen hatte, kannte Rachel es doch sehr genau und erschrak bei seinem Anblick. Es war Leas Ex-Freund.

Rachel wachte schreiend auf. Erschöpft wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Die Erinnerung an ihren Traum verschwand wie morgendlicher Nebel. Obwohl Rachel nicht wusste warum, hatte sie eine genaue Vorstellung was sie jetzt tun musste.



The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Albtraum"

Diese Story war für den Deutschunterricht. Die Bedingungen waren leider so extrem, dass ich nichts besseres machen konnte, trotzdem bin ich stolz darauf.




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