''Bordell Türkis'' (Staffel 4) (Episode 10/20)

"Ganz viele große, halbe Wahrheiten"

Am kommenden Morgen, nach den seltsamen Ereignissen am Vorabend, stand Penny plötzlich in der Bürotür von Ken und hatte ihm etwas zu beichten. Die Frau, die am Abend an der Tür geklopft hatte, war leider nicht Gabrielle gewesen. Noch nie hatte er eine solch starke Vision gehabt von ihr. Er hätte alles verwettet, dass Gabrielle hinter der Tür stehen würde. Aber es war nur seine Mutter gewesen. Und irgendwie hatte Ken das Gefühl, dass diese Visionen von Gabrielle und das plötzliche Auftauchen seiner Mutter etwas miteinander zutun hatten. Sie lebte ausgerechnet in ihrem alten Dorf, in der diese bekloppte Sekte das Sagen hatte. Klar war sie immer schon anfällig gewesen für so einen Scheiß, aber das passte dann ja doch nicht zu ihr. Sie war Alkoholikerin und das war doch sicherlich auch verwerflich für eine Sekte wie "Utopia". So jemand nahmen sie auf, aber keine Mitarbeiter eines Bordells? Das war doch sehr merkwürdig. Und alles passierte zur gleichen Zeit. Als er seine Mutter abends an der Tür stehen sah, hatte er kurzzeitig das Gefühl, dass sie etwas wusste über Gabrielle. Sie wusste sicherlich viel mehr, als sie zugab und er traute ihr noch immer nicht. Deshalb hatte er ihr auch noch nichts von seiner Geschlechtsumwandlung erzählt. Vielleicht war es ja von Nutzen, dass sie nichts wusste, wenn sie es nicht schon längst ahnte.

Penny schaute Ken etwas unbeholfen in die Augen und entschuldigte sich dafür, dass sie Lui heimlich im Keller versteckt hielt. Sie sah ein, dass dies nicht die Lösung sein konnte. "Ich wusste mir keinen Rat mehr! Er lebt eben auf der Straße und wir lieben uns! Ich kann es nicht ertragen, dass ich hier ein Zimmer habe und er draußen im Kalten schlafen muss! Ich würde ihm so gerne helfen, aber ich hätte es nicht ohne deine Einwilligung tun dürfen! Es tut mir wirklich leid!". Ken nahm die Entschuldigung natürlich an, aber er konnte keinem Fremden Obdach gewähren. "Ich kann ihn trotzdem nicht hier unterbringen! Fang ich das einmal an, dann verlangt das jeder! Es gibt ein Hilfecenter in der Stadt, wo er unterkommen und auch schlafen kann! Dort übernachten viele Obdachlose und werden mit Lebensmitteln versorgt! Zumindest bekommt er dort eine Grundversorgung! Bei allem weiteren musst du ihm eben unter die Arme greifen und tagsüber helfen! Ich kann mich auch mal umhören, ob es nicht einen Aushilfsjob für ihn gibt! Dann bekäme er wenigstens ein paar Euro für das Nötigste!". Penny war so froh, einen so guten Chef zu haben. Doch ihre Beichte ging ja bekanntlich noch weiter und davor hatte sie riesige Angst. Die Stimmung war gerade so ausgelassen und gut. "Ken da ist noch etwas, was ich dir sagen muss! Ich habe dich belogen! Mir ging es aus einem ganz bestimmten Grund nicht so gut in letzter Zeit! Ich habe ja öfters gefehlt und war angeblich gesundheitlich nicht so gut dran. Das stimmt so nicht!". Ken hatte keine Ahnung, was sie jetzt sagen würde, aber als er es hörte, konnte er es kaum fassen. "Ich bin schwanger von Lui! Wir bekommen zusammen ein Kind! Ich weiß es schon länger und wollte es dir auch ständig sagen, aber ich habe mich nicht getraut! Ich will meine Arbeitsstelle hier nicht verlieren!". Ken musste wirklich nach Worten ringen. Wenn er ein so guter Chef war, warum musste man dann alles vor ihm verheimlichen?

Ken war sichtlich enttäuscht. Er wollte nicht sofort eine Entscheidung treffen, aber er wollte Penny auch erstmal nicht mehr sehen. Als richtiger Chef hätte er sie jetzt sofort entlassen, aber sie waren ja immerhin befreundet und das war niemals gut. Er wusste genau, dass er mit solchen Mitarbeitern keine Zukunft hatte. Sie würde ein Baby bekommen und mit einem Obdachlosen versuchen, es zu ernähren. Probleme aller Art waren da ja vorprogrammiert. Penny verließ das Büro kurz darauf ohne ein weiteres Wort, denn auch Ken sagte nichts mehr. Als dann plötzlich seine Mutter vor ihm stand, war er aber wieder hellwach. "Wann kommt Kendrix denn nun endlich zu ihrer Schicht? Sie haben gestern Mittag gesagt, dass sie heute um diese Zeit beginnt! Wo ist sie denn?". Ken überlegte genau, was er sagen sollte. War jetzt der Zeitpunkt gekommen, ihr die Wahrheit zu sagen? Sollte er seiner Mutter sagen, dass ihre Tochter vor ihr stand und nicht mehr Kendrix hieß, sondern Ken? Dass ihre Tochter nun ein Mann war und erfolgreich ein Bordell leitete?

"Ich habe sie gestern belogen! Kendrix arbeitet hier nicht mehr! Wir mussten sie leider letzte Woche entlassen und sie ist ins Ausland gereist, um dort neu anzufangen! Wo sie sich genau aufhält kann ich ihnen leider nicht sagen!". Seine Mutter schaute ihn verdutzt an. "Warum belügen sie mich?", sagte sie etwas schroff und war sichtlich erbost. "Ich hatte eben andere Probleme!". Ken musste sich beherrschen. "Also werde ich meine Wohnung wohl verlieren!". Doch darauf hatte Ken eine passende Antwort. "Nicht nur ihre Tochter Kendrix hat sich damals gegen die "Glaubensgemeinschaft" gestellt, sondern auch noch ein paar andere, die hier arbeiten! Vielleicht reden sie ja mal mit denen und es erklärt sich jemand bereit, mit ihnen ins alte Dorf zu gehen und das für sie klären! Ob sich allerdings jemals jemand für das, was damals war, entschuldigen wird vor Ort, kann ich ihnen nicht garantieren! Hier ist sich niemand einer Schuld bewusst! So wie ich das erlebt......verstanden habe, waren sie alle im Recht mit dem, was sie getan haben! Dieser "Glaubensgemeinschaft" kann man angeblich nicht trauen!". Seine Mutter schaute ihn durchdringend an. "Ach ist das so! Mir haben sie bisher immer geholfen und sogar eine Wohnung geschenkt!". Ken konnte ihren Anblick kaum mehr ertragen. "Dann widme ich mich wohl besser jemand anderem!". Ken war froh, dass er ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte. Man wusste nicht, für was es gut sein würde.....

Fortsetzung Folgt in Kürze!!!

Seralgo Refenoir


© Seralgo Refenoir


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