Buchstabensalat

„Hast Du diesen Blödsinn gelesen? So werden wir nie reich und berühmt. Sie glaubt doch tatsächlich, das wäre gruselig.“ Sie tippte gegen den Bildschirm. „Wo steht was?“, fragte Marie und reckte den Kopf in die gezeigte Richtung.
„Na da!“ Lilly wiederholte ihr tippen. „Das sieht langweilig aus“, meinte Marie und strich sich über den Kopf. „Ganz Deine Meinung. Ohne Drachen ist gar nichts spannend!“, fügte Lilly hinzu. Gelangweilt schob sie die Maus ein wenig hin und her.
„Ich wäre für Außerirdische“, gähnte Eddie, indem er seine Stellung auf dem Sofa änderte. Die Federung des Polsters gab unter ihm knarrend nach.
„Was sind Außerirdische und was sind Drachen?“Marie sah von einem zum Anderen. Eddie, der sich noch-mals auf dem Sofa drehte, streckte sich und hob den Kopf.
„Böse Ungeheuer!“, dabei verzog er das Gesicht und zeigte seine Zähne, „aber das kannst Du nicht wissen. Du bist noch zu jung. Wir haben es Dir noch nicht erklärt, wir hätten es tun müssen, weil Du adoptiert bist.“ „Wir hingegen haben uns alles ausgesucht“, erklärte Lilly und setzte sich aufrecht an den alten Schreibtisch, dessen schöne Schnitzereien hoffnungslos zerkratzt waren. „Wie es hier wieder aussieht. Räumt sie nie auf?“ Wie beiläufig schob Lilly einen Packen Papier vom Tisch. Maries Blick folgte den fliegenden Blättern.
„Was ist adoptiert?“Marie hielt den Kopf ein wenig schräg.
„Das heißt, dass Du nicht weißt, wer Deine Ahnen sind!“
„Ladies, bitte keinen Streit und bitte Lilly, erzähle jetzt nicht wieder, dass Deine Ahnengalerie zurückgeht, bis zur Königin von Saba und das nur, weil Du schwarz bist.“
„Beweis das Gegenteil!« Sie streckte sich, um ihre makellose Figur zur Geltung zu bringen.
„Behaupte ich vielleicht, dass ich vom Tiger von Eschnapur abstamme?“, Eddie gähnte erneut.
„Ist ja lächerlich!“, zwei steile Falten zeigten sich auf Lillys Stirn, „Und bitte Marie frag nicht, wo Eschnapur liegt!“
„Ist mir auch egal!“ Energielos tippte sie auf eine Taste. Eine lange Schlange mit X wurde sichtbar.
„Was machst Du da wieder?“
„Du hast doch selbst gesagt, dass das dort langweilig ist, was da steht, Lilly. Mir gefällt es so auch viel besser.“
Lilly klappte der Unterkiefer herunter. „Spiel woanders Mariechen! Ich bring das jetzt in Ordnung!“
Sie tippte auf die Tastatur, das Blatt färbte sich schwarz.
„Sieh Lilly, wenn ich dieses Ding herunter drücke, schnellt es wieder hoch.“
Lilly sah auf, alarmiert von einem sanften Klirren. „Man das ist doch klar! Hör auf den Eiswürfel in das Wasserglas zu drücken. Eddie ruf sie sofort zur Ordnung!“
„Laß das Kind doch, es macht doch gar nichts. Ich glaub ich hab hunger. Ist noch was da?“ Schwerfällig stand er auf und machte anstalten das Zimmer zu verlassen.
„Du nervst! Wie wäre es denn mit Diät?“ Lilly schlug auf die Tastatur. „Ups! Wo ist denn das dumme Ge-schreibsel geblieben?“ Verstohlen blickte sie zur Seite. Betätigte dann energisch die Tastatur.
„Was machst Du gerade Lilly?“, wollte Marie wissen während sie die Wasserflecken auf der Schreibtisch-unterlage verwischte.
„Was soll ich schon tun? Ich bringe Schwung in diese Story!“
„Mit Außerirdischen und Drachen?“
„Mindestens!“
„Übrigens, Du könntest schreiben, Mariechens Mutter war eine Schönheit, die die Titelblätter einschlägiger
Fachliteratur füllte. Daran erinnere ich mich nämlich sehr genau!“
„Wie bitte?“
„Ja was glaubst Du eigentlich, woher ich mein hübsches Äußeres habe?“
„Ich fasse es nicht!“ Lilly ließ ihren Kopf gegen den Bildschirm fallen.
„Probleme Schnucki?“ Kauend kehrte Eddie in das Arbeitszimmer zurück. „Lass mal sehen, was Du ge-schrieben hast.“ Noch immer schmatzend blickte er wie gebannt auf den Monitor. „Interessant, interessant.“
„Das ist doch was ganz anderes, oder?“
„Mir egal.“ Damit kehrte Eddie auf das Sofa zurück. Ächzend ließ er sich darauf fallen. Leises klirren.
„Pst! Seid still! Es kommt jemand!“ Lilly hielt inne. Eddie reckte den Kopf. Marie hechtete geradezu auf das Sofa. Es knallte, Wasser ergoss sich über den Schreibtisch. Lilly folgte auf die Polster.

„Was ist denn hier passiert?- Schatz bringst Du mal einen Wischlappen? Die Katzen haben mein Wasserglas
umgekippt?!“ Wo ist denn meine Story und was soll dieser Buchstabensalat? Sie blickte über ihre Brille auf das Sofa. Auf dem lagen lediglich drei friedlich schlafende Katzen.


© IDee2000


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