Die schöne Stella

Und so ward ich auf der Jagt, des dunklen Waldes lang. Eine Spur zur weiter Flur, im tiefem Moos sich verbarg. Der Mondschein erhellte die langen Schatten, des Waldes hohen Bäume. Ein Ächzen, ein Knacken im Taktgewalt des Windes. Nebelschwaden ziehen wie Geister empor und schleichen ihres düsteren Weges. Leise Tropfen trommeln den Blättern hinab, ein knistern und knacken vermischt sich in einem unheimlichem Liede. Jenes Liede das die alten Jägersmänner sangen, bevor sie aufsattelten um einem sturen Ross den Weg zu zeigen. Eine Feuchtigkeit kriechet, wie die Schlange, mir unterm Sattel und kletterte hinauf bis in die Haarspitzen. Mein Herz klopfte wie die Trommeln eines trunkenen Barden. Wald voller dunklen und unheimlicher Musik. Meine Gedanken an die Beute, an die Bestie beruhigte nicht meine Seele, die sich vor Angst durch diese Wälder zwängte. Denn was ich jagte, jagte ich nur des Nachts, wenn dessen Welt mit dem Sonnenuntergang beginnt und mit jenem Aufgang sogleich doch endet. Viele flehten mich abzulassen von meinen seelentiefen Trieben, doch mein Hass wiegte mehr als ein Klumpen Gold. Ich sah diese Bestie nur ein einziges Male, nur für einen Atmer, einem Liedschlag. Es nahm mir Weib und Kind in seiner brutalsten Art und dessen Weise. Zwei Tagesritt war ich fern, so konnte ich es nicht abwenden, bekämpfen oder gar aufhalten. Auge um Auge so sei es gewiss, wäre es mein sicherer Tod gewesen. Doch wäre ich dann frei, ich zöge mit meiner Familie gemeinsam ins Haus der Ewigkeiten. Dem grünem Lande wo die Sonne ewig scheint. Wo weder kalte Winter noch stürmische Beben einkehrten. Dort wo es nur den Sommer gibt. Wir wären vereint! Ich würde so gern mein Leben gegen solch eine Freiheit eintauschen. Nun im Versteck der Finsternis schmiedete ich meine Vergeltung, so unbeugsam und hart wie Stahl. So folgte ich dieser Spur bereits seit fünf langen Jahren. Müde, alt und erblasst ist mein Rachedurst. Für einen Moment der Stille befragte mich immer wieder die Vernunft, doch meine Liebe altert nicht. Solange dieses Feuer in meinem Herzen brennt finde ich Tag ein, Tag aus die Kraft um der Spur die Treue zu halten. Bilder die ich in Alb erträumte, mich hochrissen aus dem leichten Schlaf. Erinnerungen wie ich der Liebsten ihrer Reste noch in meinen Händen hielt. Wie ich den leblosen Körper meines Knaben in tiefer Erde betete. Wut und Zorn übermannten meine Angst. Viele erzählen von einer Nimmer kehr, wohin ich reiste würde mir keine wärme wiederfahren, noch Liebe mich umschließen. Der Tot wartete auf mich am Ende dieser Reise. So folgte ich der Spur durch mehr als 6 Ländereien. Über weite eisige Felspfaden hinunter durch tiefe, gefährliche Sümpfe und Täler. Es zog mich weiter, immer weiter der Richtung Norden entgegen. Mein Ross wechselte ich bereits zum vierten male. Eines nährte mich, zwei sind des Weges im Alter gebrochen. Starke Hufen die mich nun trugen zugleich ein Freund in Not und Ängsten. Ich zog und zog immer weiter hinter dieser Spur her wie ein Bluthund. Ein jedesmal wenn ich meinem Ziel so nah, war es zugleich unerreichbar fern. Ich erreichte eines Tages das Dorf, Katlan, hoch im Norden. Hier beweinte man frisch gerissene Opfer, als ich dort anlangte. Ich vernahm die Schreie von zornigen, trauernden Männern, die ihre Kinder und Frauen blutig in die Arme schlossen. Es hatte den Anschein als würden sie versuchen ihre Seelen festzuhalten. Die aber schon längst auf weite Reisen waren. Eine Frau saß nah einer Scheune, sie sammelte die Eingeweiden ihres Mannes und stopfte sie in den regungslosen Rumpf zurück. Die marktdurchdringenden Schreie ließen mich meiner Tränen nicht länger verbergen. Blut überall nur Blut, Körperteile und Fetzen. Ein herumirrender Greis suchte seine holde Lieblichkeit, wirr von Schmerz und Traurigkeit. Ein Kind mit blutverschmiertem Gesicht sah mich mit eistrahlenden blauen Augen an. Es hob seine zitternden Hände, wie ein gespenstisch Geäst, streckte es den Finger nach Norden. "Nicht lang her, dort!" Erklang seine Stimme zitternd im Wind. Ich suchte außerhalb des Dorfes sofort nach den Spuren, die ich auch gleich fand. Ich ritt diesen nach, wie von Geistern verfolgt und gejagt. Meine Tränen froren im Wind, mein Herz bebte mit tiefen Stößen in der Brust. Die Angst schnürte mir die Kehle zu. Wie von Sinnen, verlassen von dieser Welt, blutdurstend wollte ich meine Rache stillen. Nach einer Weile dichten Waldes, kam ich hinaus auf weitem Felde. Da stand es tief im Schnee und wartete schon auf mich. Meine Witterung war ihm längst vertraut. Ein Snorgag! Riesig und pechschwarzes Fell. Eine Mischung aus einem Wolf, einem Bär und einem Berglöwen. So groß wie drei Ochsen, übersät mit frischen Wunden und tiefen Narben. Eine Laune des Teufels und dessen dämonischen Handlangern. Ausgeburten des Bösen ohne Angst und ohne jeden Verstand. Seine Schwarzen Augen durchdrangen mich. Man hat das Gefühl das dessen Augen tief und tiefer in einem hinein Blicken, da stockt mein Atem. Mein Herz ist plötzlich still und ruhig. Riesige Pranken stapften durch den Schnee. Für einen Moment schien die Zeit eingefroren, die Welt hielt den Atem an. Da nahm es seine ganze Wucht und rannte auf mich zu, der Boden bebte unter meinen Füssen. Beeindruckt, voller Angst gab ich dennoch meinem Pferd die Sporen und griff zum Schwert. Ich riss es aus seiner Scheide und stieß fürchterliche Flüche los, schrie so laut und lang mein Atem die Stimme trug. Diese Bestien gab es nicht zu Hauf, aber wenn ein solches Monstrum sich seinen Weg durch unsere Welt bahnte, gab es nur Tränen und Einsamkeit. Jägersleute kamen nie zurück von ihrer Jagt nach ihnen. Nie zierte eine Trophäe eines Snorgag Kopfes eine Wand in irgendeinem Jagdhaus. Ein Treffen bezahlte man mit seinem Leben. Fünf Jahre verfolgte ich eine solche Bestie, wie von Sinnen. Doch nichts zu verlieren hat nur derjenige, der schon alles verlor. Plötzlich blitzte der Horizont auf, wie in stürmischer Nacht. Ein helles Licht aus dem mein Weib und mein Knabe heraustraten dort oben am Horizont. Lächelnd standen sie da. Stella, meine Frau war so schön wie nie zuvor. Der kleine Pepino winkte noch aus der Ferne. Gefrorene Tränen die wie Dämme jetzt brachen und Schmerzen in meiner Brust. Eine Sehnsucht die ein zu Hause verlangt, eine Müdigkeit die sich nach einem Ende sehnt! Ich ritt der wütenden Bestie entgegen...
Das Schwert glitt Ihm aus der Hand, es stieß in den gefrorenen Boden, als sein Pferd die Gehorsamkeit verweigerte. Es warf den mutigen Mann ab. Die stampfenden Hufen seines Pferdes vernehm ich noch heute. Sein wiehern hallte hinab durchs lange Tal. Der Reiter preschte zu Boden in den tiefem Schnee gedrückt. Sein Schrei der Freiheit ließ meine Seele für einen Augenblick versteinern. Seine Rufe waren nach einem Weibe namens Stella, als die Bestie ihn und sein Ross riss. Mit seinen mächtigen Pranken schenkte die Bestie beiden einen schnellen Tod. So ließ sie von Mann und Gaul nicht fiel übrig und der Schnee färbte sich Blutrot. Dies war unser Augenblick, an dem wir losbrachen aus dem Hinterhalt. Umzingelten die Bestie mit roher Gewalt, es trieb uns, wie diesem Mann einst, der Hass und die Wut. Jetzt trafen wir die Bestie mit all unserer Kraft, all unserem Glauben an einem Morgen hiernach. So streckten wir dieses Monster, diesen Snorgag. Wäre dieser mutiger Reiter nicht gewesen, wäre uns das Glück an diesem Tage nicht einmal hold. Weder kenne ich seinen Namen noch weiß ich woher er kam. Doch widme ich den Sieg Ihm sowie seinem Weibe Stella. Diesen Namen den er aus vollem Leibe mit aller Liebe herausschrie. Er konnte nicht wissen, dass wir zahlreich uns sammelten um dieses Monster zu erlegen. Doch auch ich sah ihn spät, zu spät. Wir konnten und durften nicht einschreiten, so mussten wir qualvoll zuschauen, mussten den einzigen und günstigen Moment abwarten. Er zeigte mit welchem Mut bewaffnet, mit welchem Glauben gerüstet und von welcher Liebe man getrieben sein muss um dieses Monster töten zu wollen. Durch ein Geschick der Ablenkung und einer präzisen Stärke des Hinterhalts belohnte man uns mit gutem Erfolg. So jagten wir die Snorgag, einen nach dem anderen. Jahre zogen ins Land, bis zum letzten seiner Art. Wir rotteten sie, bis keiner mehr von Ihnen noch zu leben schien. Heut bin ich alt und schwach, mein Gewissen verwehrt mir die Stille. Wir sind uns nicht sicher ob diese grausamen Kreaturen wahrhaftig ausgestorben sind. Wir wissen dieser Reiter veränderte unser aller Leben. Durch seine Liebe, kam unsere Zuversicht. Durch sein Tod, entstand bei uns das sichere Leben. Ein Mann zog in eine längst verlorene Schlacht und rettete dafür tausende Leben. In vielen Hallen und gar auch den Kirchen sagen wir dank im Namen von Stella und ihres Mannes. Der mehr Mut besaß als man sich's von einem großem Heer wünschen könnte. Niemals wieder begegnete ich einem solchen Krieger, so lange ich lebte. So erzähle ich die Geschichte immer wieder, auf das sie nie in Vergessenheit gerät. Auf das sie uns lehren möge was aus Mut, Stärke und Liebe bewegen, erfüllen und entstehen kann. Das es manches mal das Schicksal fordert, das nur ein Mann eine neue Geschichte schreibt und somit die ganze Welt verändert. Eines Tages wird man aber auch diese Geschichte vergessen. Doch wenn Gott es so will, wird sie als eine Sage neugeboren. Man erzählt sich eine Sage von einem mutigem Krieger und einer riesigen Bestie. Sie handelt von dem Schicksal der Welt und einer wunderschönen Frau deren Name Stella sei!


© Markus Köster


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Beschreibung des Autors zu "Die schöne Stella"

Nun versucht ich mich an eine kleine Sage! Viel Spaß!

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