Mit meinem „Schreiblehrer“ habe ich öfters fachlichen Kontakt. Wie heute üblich, per Elektropost, sprich Em(a)il. Er hat mir ja „schreiberisch“ sehr viel voraus. Nicht nur, dass er bereits viele Seiten zwischen zwei Deckel klemmen liess und seine Gedanken als Bücher herausgegeben hat. Nein, auch bei grundsätzlichen oder gar theore¬tischen Fragen zum literarischen Ausdruck ist er mir eine grosse Stütze, wie folgender Gedan-ken¬austausch zeigt:
Lieber Grossmeister des Federschwingens und Wortestossens
Deine Frage ist ja grundlegender Natur. Wie packt man eine Muse, wenn sie sich unverhofft blicken lässt. Und zwar derart, dass sie nicht gleich wieder fremd gehen kann. In mei¬nem noch eher zarten Schreiberlingsalter würde ich direkt und unge-schminkt den Vorschlag machen: "Wo sie eben zu kriegen ist". Es muss sich aber ein wenig weich und wohlig anfühlen. Mir scheint, dass eine Muse so etwas wie eine Hausfreundin (oder ist es die Freundin des Hauses?) ist, denn sie kommt zwar nur dann wenn sie will, will aber nicht unbedingt, wenn sie kommt. Fazit: Es muss sich wohl echt um ein weibliches Wesen handeln. Auch ist sie ja nicht immer zuverlässig. Da sitzt sie doch neben dir, drückt dich freundschaftlich ja fast be¬gehr¬lich an ihren literarischen Busen, macht in dir Wünsche wach, die du dir nicht mal zu träu¬men traust und treibt dich zum Hoch¬gefühl. Diese Gunst nutzen und Sie packen, wäre nun das nächste, sich in sie hineingraben, doch ....... weg ist sie, denn sie hat den Wellnesstermin fast vergessen, kommt ihr eben in dieser Glückssekunde in den Sinn. Völlig angeregt aber "entmust" hockst du nun auf deinem Stuhl drehst den Bleistift zwischen den Fingern, starrst auf das weisse Blatt und spürst nix ausser einer hohlen, feuchten Leere im Schrei-ber¬hirn. Nehme an, dass Du mit dieser Holden schon wesentlich nähere Erfahrungen gemacht hast als ich Grün¬ling, der ja kaum weiss was er mit einer solch holden und be-geh¬rens¬werten Dame anfangen soll. So erbete ich mir denn von Deiner Seite Anleitung, wie mit derlei Wesen richtig und zeilenbringend umzugehen ist.
Dein Jungschreiber
Rezept: „Die Muse vergessen
und hoffen, dass sie von dir
träumt und eifersüchtig erwacht.“
Gefühlsduseleien
Ein Tag brachte Enttäuschungen.
Gescheiterte Versuche,
warfen kalten Schnee auf die Gedanken.
Träume sprangen aus den Wolken,
sie brachen sich beinahe das Genick,
doch sie [ ... ]