Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 10

Der 3. Tag.

Der mediterrane See liegt lang und glitzernd in der Sonne. Die Hitze macht die blauen Hügel schön. Hundert weiße Zipfelmützen bevölkern das Wasser und sechs bunte Zipfelmützen steigen einen Weg hinauf. Von fern her kann man die erste Strophe des Zwergenliedes hören....

                                Hi-ho, hi-ho, we are the giants
                                and we are thingking simply minds
                                around a princess in a box:
                                God save Schneewittchen like Fort Knox.

Dann sind sie den Blicken entschwunden. Sie steigen singend die steilen Pfade hinauf um fleißig das Gold der Augenblicke zu schürfen. Doch da zieht ein Sturm auf.
Die weißen Zipfelmützen im Wasser drehen bei, streben dem Ufer zu, verwandeln sich dort in Segelboote und versuchen Anker zu werfen. Ich, der Troll, werfe derweil in einer Höhle die Karten.
Zuerst fällt der Narr, die Nummer 0, das erste orientierungslose Neutrum an diesem Morgen. Es entstehen 3 Hexagramme mit den Großen Arkana. Was wird aus Schneewittchen?
Im Zentrum von Geist und Gedanke stehen die Liebenden. Sie liegen verkehrt und unterstreichen damit die Bedeutung irdischer Lüste. Der richtig liegende Wagen daneben weist auf einen erfolgreichen Weg durch die Nacht. Das 2. Hexagramm wird günstig durch die bestimmende Kraftquelle des Schicksalsrades geprägt, das – ebenfalls richtigliegend – auf eine allgemeine Verbesserung der Situation deutet. Doch der Gehängte mahnt, die noch ausstehenden Prüfungen zu bestehen. Karte 9, der Eremit und Karte 13, der Neubeginn unterstreichen dies deutlich. Das 3. Hexagramm schließlich spricht, durch das Äon, von einer gewollten Schwangerschaft, wobei 19, die siegende Sonne, verkehrtliegend, eine Art Gefangenschaft anzeigen könnte. Aber die Hohepriesterin, Karte 2, und die Herrscherin, das Ur-Ich, Karte 3, mildern das Ergebnis wieder beruhigend.
Auch über der Landschaft am See herrscht jetzt wieder eine milde Sonne. Sie lacht und lacht und nur der weichzeichnende Dunst kann sich noch halten. Die ganze Erdoberfläche verwandelt sich in eine freundliche Frau, die muntere Gedankenspiele treibt. Fasziniert davon beschließen die Zwerge zu feiern. Sie gehen ins Kino und sehen sich 6 Filme an. Jeder Zwerg seinen eigenen. Auf ihren 12 Augäpfeln spiegeln sich jugendliche Tänze und wildromantische Gestalten heben sich von der einzigen Leinwand (dem Leben) ab.
Zwerg Klausi hält die Augen geschlossen – und sich selbst von der Herzlichkeit einer weltfremden Meditation umfangen. In Gedanken geht er den Hügel hinunter, wo er auf verschlossene Türen im Zwergenhaus trifft. Für die anderen gehen die Filme unentwegt weiter. Die Projektoren fahren mittlerweile in Endlosschleifen. Keiner weiß, ob es schon wieder Tag geworden ist, denn die Projektionslampen sind heiß. Ihr Glühen verdrängt alle anderen Eindrücke.
Zwischen den Tänzen hat der Flirt Freunde gefunden, die beinahe so gut sind wie die Caipirinhas in der Hand. Und endlich, endlich flutet das erste natürliche Licht über den Horizont.
Der 3. Tag zieht schwer in den 4. hinein, der unvermittelt um seine, wahrscheinlich ganz anders geartete, Identität kämpft. Die ersten weißen Zipfelmützen erscheinen wieder auf dem glitzernden Wasser und die letzten bunten Zipfelmützen kehren schlaff aus den Hügeln zurück. Und wieder hören wir das Zwergenlied, diesmal in seiner letzten Strophe......

                       We are working hand in hand
                       on the hills of Disneyland,
                       our Intentions are so straight,
                       bud the had has heavyweight.

Die weiteren Erwartungen der Zwerge, im Taumel eines opulenten Traumgeschehens, während ihres kurzen Schlafes sind groß. Und sie werden nicht enttäuscht, denn der…