"Diese Geschichte ist meinem besten Freund, dem Androiden P1, gewidmet."

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Man schreibt das Jahr 4249.

Durch das schwach getönte Panzerglas der stählernen Sicherheitstüren und des mit runden, wuchtigen Marmorsäulen ausgestatteten riesigen Empfangsgebäudes konnte ich deutlich die auf und ab gehenden mit schussbereitem Lasergewehr bewaffneten Wachsoldaten erkennen. Manchmal drangen sogar ihre harten Stiefelschritte auf den glatt polierten Steinfußböden als schwach dumpfes Echo bis zu mir durch.

An diesem späten Nachmittag war es ziemlich laut in Megacity, einer gigantischen Riesenstadt mit ungefähr 120 Millionen Einwohner auf dem Planeten STRANGER 25. Der nervtötende Dauerlärm des unablässig pulsierenden Straßenverkehrs auf den zahlreich vorhandenen Verkehrsebenen reichte sogar bis in die weiten Stadtrandbezirke von Megacity hinein, wo sich auch fast alle militärisch bedeutsamen Einrichtungen dieser atemberaubenden Riesenstadt befanden. Noch weiter draußen, fast an der Peripherie, lagen die ausschließlich von Robotern gesteuerten Verteidigungsanlagen mit ihren absolut tödlichen Raketenabwehrstellungen und einer unübersehbaren Kette vollautomatisch funktionierender Laserimpulskanonen, die hoch droben auf monströs aussehenden Türmen installiert waren. Ihr einmal anvisiertes Ziel hätte nicht die geringste Chance zu entkommen.

Auf STRANGER 25 gab es insgesamt noch 24 weitere Riesenstädte ähnlicher Art, die teilweise mehr Einwohner hatten als Megacity. Einige davon lagen weit unter der Meeresoberfläche oder befanden sich tief im Innern gewaltiger Gebirge, ausgestattet mit künstlicher Vegetation unter gigantischen Kuppeldächern.

Fahrig strich ich mir jetzt etwas nervös mit beiden Händen über die mit mehreren prachtvollen Orden behangene Militäruniform, die mir P1 von irgendwo her auf illegalem Wege beschafft hatte. Diese beeindruckende Uniform wies mich nämlich als General der Intergalaktischen Planetenstreitkräfte (IPS) aus, und sie diente mir in der augenblicklichen Situation eigentlich nur als perfekte Tarnung, um P1 und mich vor eventuell bevorstehenden unangenehmen Personenkontrollen zu bewahren, die man hier als Zivilist oder Normalreisender mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten hätte.

Für uns beide gab es zur Zeit gute Gründe den Planeten STRANGER 25 so schnell wie möglich wieder zu verlassen..., und das ging eben leider nur über diese vom Militär betriebene Transmitterstation. Allerdings hatte ich den seltsamen Eindruck, dass man anscheinend dabei war, die am Eingang patrouillierenden Wachen mit zusätzlichen Soldaten zu verstärken. Ich wurde skeptisch. Waren die Putschisten vielleicht schon auf der Suche nach uns? Anderseits genossen hohe Dienstgrade gewisse Privilegien, die selbst erbitterten Feinden gewährt wurden. Dessen war ich mir sicher. Man würde uns auf gar keinen Fall öffentlich behelligen oder gar festnehmen lassen. Dafür gab es andere, wirksamere Methoden, wie ich wusste.


Wieder blickte ich vorsichtig durch das abgedunkelte Panzerglas der wuchtigen Sicherheitstüren und beobachtete aufmerksam den im dahinter liegenden Raum stehenden Wachposten. Ein weiterer gesellte sich noch hinzu.

P1, der Androide, stand plötzlich direkt hinter mir und tippte mir mit dem wuchtigen Zeigefinger seiner rechten Multifunktionshand sachte auf die Schulter. Obwohl ich genau wusste, dass es sich um meinen Androiden handelte, zuckte ich trotzdem unwillkürlich zusammen. Meine Nerven lagen im Augenblick so blank wie ein nacktes Kupferkabel. Ich war wegen unserer bevorstehenden Flucht innerlich bis zum Zerreißen angespannt, was offensichtlich auf P1 nicht zutraf. Nebenbei fiel mir ein, dass Androiden wie P1 nicht aus der Ruhe gebracht werden konnten, wenn sie ihren Emotionschip in Gefahrensituationen, wie in der jetzigen, vorsorglich abgeschaltet hatten.

Diese unglaublichen Wundermaschinen waren eben anders als Menschen.

Nun, als der Androide aber meine nervöse Reaktion bemerkte, signalisierte er mir sofort unmissverständlich, dass er bereits seit geraumer Zeit den so genannten „passiven Kampfmodus“ aktiviert hatte, und ich mir also überhaupt keine Sorgen zu machen bräuchte. Natürlich wusste ich, dass mich im Ernstfall P1 mit all seinen gewaltigen Kräften verteidigen würde, daran gab es überhaupt keinen Zweifel. Hier allerdings wollte ich nur weg..., und das so schnell wie möglich.



Die Androiden der P1-Klasse.

P1 war ein hochkomplexer Roboter in Menschengestalt, ein so genannter Cyborg oder Androide der Klasse Alpha. Eigentlich hatte man diese faszinierenden Roboter hauptsächlich für die nicht selten von besonders großen Gefahren begleiteten intergalaktischen Langstreckenraumflüge zu den weit entfernt liegenden Galaxien im Universums konzipiert. Von solch waghalsigen Reisen in die unerforschten Tiefen des Alls wusste man nie im voraus, wie sie enden würden. In einigen Fällen waren es in der Tat Androiden gewesen, die ein für verschollen gehaltenes Raumschiff mitsamt seiner Besatzung unter allergrößten Gefahren wieder sicher und unversehrt in den heimatlichen Raumhafen zurück gebracht hatten.

Sowohl ihrer sehr hohen Zuverlässigkeit und Lebensdauer, ihrer außergewöhnlich Kraft und nicht zuletzt ihrer unglaublich bestechenden Intelligenz wegen wurden die meisten dieser hoch komplizierten, dem menschlichen Äußeren (bis auf ihre Körpergröße von ca. 2 bis maximal 3 Meter) nachempfundenen Supermaschinen aber mehr und mehr von der Intergalaktischen Planetenförderation zu allen nur denkbar möglichen und unmöglichen Einsätzen herangezogen, ganz besonders dann, wenn es darum ging, entweder fremde Sonnensysteme oder neue Planeten zu erforschen, die man nicht selten, manchmal zum Teil auch rein zufällig, auf den schier endlosen Flügen durchs unbekannte All entdeckte.

Speziell Unternehmungen dieser Art wurden generell als äußerst gefährlich und riskant eingestuft. Immer wieder kam es bei solchen waghalsigen Einsätzen zu schweren Unfällen und in der Folge zu herben Verlusten unter den Raumpiloten terranischer Herkunft. Nicht besser erging es oft der mitgeführten wissenschaftlichen Crew, deren Mitglieder nicht selten aus wichtigen Spezialisten bestand, die gar nicht oder nur sehr schwer durch ebenso erfahrene Kräfte ersetzt werden konnten.

Als jedoch zum ersten Mal in der Raumflotte diese hoch entwickelten Androiden auftraten, war man sich im Flottenkommando der IPS schon bereits nach den ersten erfolgreich durchgeführten Tests schnell im Klaren darüber gewesen, dass man das menschliche Raumschiffpersonal, bis hin zum 1. Kommandanten, in sehr vielen Fällen oft durch den gezielten Einsatz der weitaus robusteren Androiden ersetzen konnte. Cyborgs waren beliebig austauschbar und konnten unter den schwierigsten Bedingungen absolut exakt und zuverlässig arbeiten. Sie brauchten keine Wartung oder ähnliches. Menschen waren dagegen anfällig für Krankheiten und litten auf den langen Raumflügen oft an Depressionen oder bekamen Heimweh nach der Erde. Deshalb lautete bald generell überall in der Raumflotte die Devise: „Erst die Androiden, dann die Menschen.“

Neuer Schauplatz.

Red Moon, ein erdähnlicher Planet mit einer ausreichend sauerstoffhaltigen Atmosphäre am Rande der Milchstraße.

Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich P1 damals auf der TRANSGALAKTIKA II kennen gelernt habe, als er sich gerade lässig wartend auf einem der zahlreichen Starts- und Landedecks aufhielt, um für weitere Erkundungsflüge auf Red Moon vorbereitet zu werden.

Zu dieser Zeit gehörte ich noch dem Instruktionspersonal auf der TRANSGALAKTIKA II an und jedes Mitglied unserer Mannschaft war einzig und allein damit beschäftigt, alle uns zugeteilten Androiden mit den neuesten Information über den Planeten Red Moon zu versorgen, die von einer dafür speziell eingerichteten Computerdatenbank jederzeit aktuell abrufbar waren.

Durch die häufigen Kontakte war mir P1 im Laufe unserer gemeinsamen Dienstzeit so richtig ans Herz gewachsen. Ja, irgendwie mochte ich diese menschähnliche Supermaschine sogar, weil ich manchmal bei ihr das seltsame Gefühl nicht los wurde, dass sie auffällig darum bemüht war, sich nach außen hin ganz wie ein richtiges menschliches Wesen aus Fleisch und Blut zu geben. P1 imitierte deshalb oft meine typischen Hand- und Körperbewegungen nach oder sprach täuschend echt plötzlich und ohne die geringste Vorwarnung in der sonor klingenden Befehlsstimme unseres 1. Raumschiffkommandanten. Nicht selten führte das bei mir dazu, dass ich total verblüfft über eine derart hohe Stimmenperfektion jedes Mal aufs Neue einen leichten Schrecken bekam. Hinterher musste ich darüber natürlich herzlich lachen, wenn mich P1 wieder einmal, trotz aller Aufmerksamkeit und Vorsicht meinerseits, mit seinen eigentümlich anmutenden Imitationskünsten, unter Mithilfe seines Multi-Stimmengenerators, akustisch überlistet hatte und damit so tat, als wäre unser 1. Kommandant unmittelbar vor Ort.

Darüber hinaus redete P1 ständig in meiner Gegenwart über seine gefährlichen Einsätze in der Raumflotte, und manchmal entstand bei mir der seltsame Eindruck, als hätte er eine unbestimmte Angst vor den Gefahren entwickelt, die er durchgemacht hatte oder vor jenen, welche noch auf ihn zukommen würden. Dann litt er förmlich irgendwie in für mich nicht näher erklärbare Weise unter seinen uralten Erinnerungen, was bei einem Androiden ziemlich ungewöhnlich war, da sie eigentlich keine Angst oder ähnliches empfinden durften. Ihr Emotionschip schloss derartige Gefühlsrichtungen konsequent aus. Hatte sich P1 möglicherweise von selbst in gefühlsmäßiger Hinsicht weiterentwickelt? Ich hielt es für denkbar, ja sogar für möglich.

Er erzählte mir oft bis ins letzte Detail von seinen unzähligen abenteuerlichen Kampfeinsätzen, aber auch von den vielen tödlichen Gefahren, die dort draußen in den unendlichen Weiten eines weithin unbekannten Universums auf Mensch und Androide lauerten.

Ich hörte P1 jedes Mal fasziniert dabei zu, wenn er sich von Zeit zu Zeit mit einem eigenartig aussehenden, nach innen gekehrten Blick in seine mehrere jahrhundertealten Erinnerungen verlor, welche sich tief im Innern seines auf molekularer Ebene arbeitenden Gedächtnisspeichers verbargen.

Alle von P1 gesammelten Daten, so nahm ich jedenfalls damals an, umfassten den unglaublichen Speicherzeitraum von mehr als 350 Jahren, was bei mir irgendwann dazu führte, dass ich dem Androiden deswegen ungewollt einen gewissen Respekt entgegen brachte, obwohl es sich bei ihm ja eigentlich im Prinzip „nur“ um eine von Menschenhand genial konstruierte Maschine handelte, wenngleich sie auch über einige überaus faszinierende Fähigkeiten verfügte, die wir an ihnen so bewunderten. Andererseits rief genau dieser Umstand bei vielen Menschen eine unterschwellige Angst gegenüber den Androiden hervor. Sie waren dem Homo sapiens sapiens schlichtweg weit überlegen, und nur die in ihrem molekularen Kernspeicher unauslöschbar fest integrierten Robotergesetze machten sie zu unseren bedingungslosen Dienern. Aber die Skepsis gegenüber den Androiden oder Cyborgs blieb.

Darüber hinaus besaßen die Androiden der neuesten Generation, wie P1, einen codierten Mini-Fusionsreaktor, der sie wohl eine Ewigkeit lang mit Energie versorgen konnte. Jedenfalls schätze man die Lebensdauer dieser unglaublichen Dinger auf etwa sieben bis achthundert Jahre und mehr.

Doch dann geschah ein schlimmes Unglück.

Als P1 kurz nach einem Start von der TRANSGALAKTIKA II die zerklüftete Oberfläche des Planeten Red Moon mit einem kleinen Spezialgleiter zu Forschungszwecken überfliegen sollte, setzten plötzlich völlig überraschend die beiden Atmosphärentriebwerke aus und der Androide musste mit seiner manövrierunfähigen Flugmaschine über einem gewaltigen Eisgebirge des Planeten Red Moon eine gefährliche Notlandung einleiten, die trotz aller Rettungsversuche in einer totalen Katastrophe endete.

Der trudelnde Gleiter des Androiden krachte steuerlos und ungebremst in eine mit Eis und Schnee überzogene Steilwand, wobei er seinen rechten Arm beim Aufprall verlor, was zwangsläufig zu erheblichen Einschränkungen der motorischen Gesamtfunktionen führte.

Aus Sicherheitsgründen wurde P1 nach der Bergung sofort deaktiviert und in einen speziell dafür vorgesehenen explosionssicheren Stahlcontainer verstaut, den man später auf eines dieser tief im Bauch der TRANSGALAKTIKA II gelegenen Sicherheitsdecks verfrachtete. Die Dunkelheit dort unten wurde nur ab und zu vom diffusen Glimmerlicht einiger sporadisch an den meterdicken Bunkerwänden angebrachten, rötlich schimmernden Markierungslämpchen unterbrochen.

Besonders hier unten war das tiefe Brummen der gewaltigen Magnetspulen der Zwillings-Kernfusionsreaktoren des interplanetarischen Kugelraumers TRANSGALAKTIKA II als gleichmäßig anhaltendes Hintergrundgeräusch deutlich zu hören. Mit größter Wahrscheinlichkeit wäre P1 wohl auch für eine sehr lange Zeit dort unten in seinem einsamen Stahlsarg geblieben, wenn ich mich nicht selbst eines Tages aus ganz persönlichen Gründen darum bemüht hätte, ihn da wieder rauszuholen.

Wie gesagt, Androiden waren zwar hochkomplexe, mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, perfekt funktionierende Wundermaschinen, denen man aber dennoch auf gar keinen Fall menschliche Gefühle entgegen bringen sollte. Das war strikt untersagt.

An diese Verhaltensregel versuchte sich jedes menschliche Besatzungsmitglied zu halten, was mir bei P1 allerdings nicht immer gelang, wie ich ehrlicherweise zugeben muss. Deshalb beschränkte ich mich in der Gegenwart anderer Androiden stets darauf, konsequent und sachlich zu bleiben. Ich erteilte ihnen trotz aller Sympathie nur knapp gehaltene Befehle und gab ihnen klare Anweisungen für ihre eingeteilte Arbeit. So konnte ich jedes menschliche Gefühl ihnen gegenüber einigermaßen unterdrücken.

Nun, irgendwie schien mir das bei P1 doch etwas anders gewesen zu sein. Sein schier unglaubliches Wissen setzte mich immer wieder in grenzenloses Erstaunen. Aber noch viel interessanter waren die aus diesem tiefgründigen Wissen heraus gewonnenen, ja schon fast philosophischen Erkenntnisse, die er gewissermaßen als Nebenprodukt auf seinen langen Reisen durchs All gewonnen hatte. Das alles ruhte schon seit Jahrhunderten seiner Existenz irgendwo verborgen in seinem gigantischen molekularen Gedächtnisspeicher. Diese sonderbare Eigenschaft des Androiden faszinierte mich immer wieder aufs Neue.

Deshalb kam mir P1 in vieler Hinsicht oft menschlicher als ein Mensch vor. Manchmal glaubte ich sogar, dass er über uns, also der menschlichen Rasse ganz allgemein, weit mehr wusste, als er bereit war zuzugeben.

Die TRANSGALAKTIKA II.

Die TRANSGALAKTIKA II war ein von ihren Dimensionen her alle normalen Maßstäbe sprengender gigantischer Kugelraumer mit einem Durchmesser von mehr als 3,8 Kilometern Länge. Auf diesem unvorstellbar großen Raumschiff befanden sich etwa 6000 Besatzungsmitglieder (Terraner), 1800 Androiden aller Kategorien und knapp 2500 mutig entschlossene Kolonisten aus allen möglichen Raumquadranten der Intergalaktischen Planetenförderation.

Die TRANSGALAKTIKA II verfügte über einen so genannten Hyperlichtantrieb, einen sensitiven Schildgenerator und einer Zeitsprungmaschine der LUUPS, mit deren Hilfe künstlich hervorgerufene Wurmlöcher erzeugt werden konnten, um schnelle Zeitreisen sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit unternehmen zu können, was aber nur sehr selten vorkam. Dafür gab es außerordentlich strenge Regeln.

Die LUUPS

Die LUUPS waren ein überaus friedliches, aber sehr geheimnisvolles und uraltes Volk gewesen, deren Heimatplanet sich irgendwo im Orionnebel befand. Genau konnte eigentlich niemand sagen, wo sie herkamen. Auch ihr Ursprung lag im Dunkeln. Sie waren einfach da. Schon kurz nach ihrer überraschenden Entdeckung durch den Menschen gingen die LUUPS eine fast seltsam anmutende, innige Freundschaft mit uns ein. Keiner wusste eigentlich so recht warum sie das taten, denn sie waren mächtiger als alles, was die Terraner bisher an Macht gekannt hatten. Außerdem lag ihre Körpergröße bei ca. drei Meter. Menschen wirkten ihnen gegenüber wie Zwerge und waren den LUUPS kräftemäßig weit unterlegen.

Von den LUUPS erhielt die Raum fahrende Menschheit auch das bis dahin für sie verborgen gebliebene Wissen um das Geheimnis der Zeitreisen. Trotz ihrer väterlich anmutenden Großzügigkeit des Menschen gegenüber kontrollierten die LUUPS rigoros aus dem Hintergrund heraus jede noch so kleine Transmitterfunktion und registrierten jeden Zeitsprung in den unzähligen Quadranten des Universums. Sie kannten anscheinend keine Grenzen, tauchten plötzlich wie aus dem Nichts auf oder verschwanden wieder im Nichts und ihre Macht reichte bis hinein in die fernsten Winkel des Alls.

Sie waren die strengen Wächter über Raum und Zeit, die jede Zeitanomalie unterbanden oder aufkommende Zeitparadoxien schon im Kern erstickten. Wenn es erforderlich wurde griffen sie selbst mit rigoroser Gewalt ändernd in die Zeitabläufe ein, um die für sie gewünschte Korrektur stattfinden zu lassen.

Hochmoderne Zivilisationen hatten deshalb die Macht der LUUPS schon hart zu spüren bekommen und manche von ihnen waren ganz plötzlich von der intergalaktischen Bildfläche verschwunden, weil sie ihre schmutzigen Finger von illegal betriebenen Zeitreisen nicht lassen konnten.

Wieder Schauplatz TRANSGALAKTIKA II

Irgendwann ließ ich mich dann auf der TRANSGALAKTIKA II in die ehr ruhige Reparaturabteilung für beschädigte Roboter und Androiden versetzen, die einzige übrigens, die es auf diesem gewaltigen Raumschiff gab. Meine Versetzung geschah natürlich nicht ganz ohne Grund, wie ich nachträglich dazu anmerken muss.

Der Dienst auf den oberen Instruktionsdecks war mir sowieso mit der Zeit zu stressig geworden. Außerdem wollte ich unbedingt meinen Androiden P1 wieder sehen, der mir nicht aus dem Kopf ging.

Um ihn möglichst schnell reparieren lassen zu können beschloss ich deshalb, ihn aus der Versenkung zu holen und durchsuchte schon kurze Zeit später mit Hilfe der elektronischen Reparaturlisten, nach erfolgreicher Einstellung in die Roboter- und Androideninstandsetzungsabteilung, die vielen einzelnen explosionssicheren Decks in den unteren Sektionen des Kugelraumers - und zwar eins nach dem anderen, bis ich schließlich P1 in einem der gesicherten Stahlcontainer ausfindig machen konnte.

Die aufwendige Reaktivierung von P1 erforderte zwar eine Sondergenehmigung der obersten Raumschiffadministration, die mir seltsamerweise aber ohne allzu große Schwierigkeiten in kürzester Zeit erteilt wurde. Die komplizierten Reparaturarbeiten am rechten Arm von P1 zogen sich etwa ein viertel Jahr hin (nach irdischer Zeitrechnung).

Ein Bord eigenes Raumschiffteam von ausgesuchten Spezialisten setzte den defekten Androiden Stück für Stück wieder kunstvoll zusammen und verbesserte sogar noch einige seiner inneren und äußeren Funktionen, wobei sie auch gleich die gesamte Außenhaut von P1 durch Schlaumetall ersetzten. Durch dieses ungewöhnliche Metall konnte sich die Primärhaut von P1 zumindest an den wichtigsten Stellen von selbst reparieren. Außerdem hielt sie einer Gluthitze von über 2500 Grad Celsius locker stand.

Nach seiner Komplettreparatur erreichte ich, dass P1 vorläufig in unserer Instandsetzungsabteilung bleiben durfte, wo er eine sehr wichtige Stelle im Konstruktions- und Materialarchiv übernahm. Der Androide und ich waren bald ein unzertrennliches Team, was ehrlich gesagt von einigen meiner Vorgesetzen gar nicht gern gesehen wurde. Eine Freundschaft zwischen Mensch und Maschine wurde als abnorm eingestuft. P1 schien das alles nicht im Geringsten zu stören, ehr das Gegenteil war der Fall! Das Gleiche galt für mich.

So ging ein Jahr nach dem anderen dahin...

Irgendwann einmal keimte in mir die fixe Idee auf, dass ich nach meiner Verabschiedung aus den Diensten der intergalaktischen Planetenstreitkräfte zusammen mit P1 jene Planeten der Förderation wieder einen Besuch abstatten wollte, die nach ihrer gefahrvollen Besiedlung sehr interessante Zivilisationen entwickelt hatten.

Auf diesen neu besiedelten Planeten war es für Kaufleute und Glücksritter aller Art besonders interessant, weil die entstandenen Wirtschaftsmärkte boomten und man in sehr kurzer Zeit zu sehr viel Geld kommen konnte, immer vorausgesetzt natürlich, man arbeitete in der richtigen Branche, wie z. B. in einem der staatlichen Informationsbeschaffungsbüros der mächtigen Planetenförderation.

Diese so genannten Informationsbüros (IMB's) gehörten eigentlich fast alle zum weitläufig verzweigten Arm des regulären interplanetarischen Geheimdienstes. Mir war bekannt, wenn ich für diese Leute arbeiten würde, dass ich P1 behalten durfte, der mir in solchen Fällen offiziell nicht nur als kompetenter Berater, sondern auch als sichernder Begleit- und Personenschutz (Paladin) uneingeschränkt zur Verfügung stand.



Die Verabschiedung

Eines schönen Tages war es dann so weit. Ich wurde mit allen Ehren ganz offiziell in den Ruhestand versetzt. Inoffiziell arbeitete ich allerdings für den interplanetarischen Geheimdienst weiter, sozusagen als Privatmann. Ich hatte mich rechtzeitig um diesen Posten beworben und wurde prompt übernommen.

Nach meiner Verabschiedung aus dem aktiven Raumflottendienst, die recht unspektakulär im allerkleinsten Rahmen ablief, verließen P1 und ich die TRANSGALAKTIKA II und gründeten auf der schönen Mutter Erde ein eigenes Basisbüro unter dem wohlklingenden Namen „Nova Express“. Schon kurz darauf erhielten wir den ersten gewinnbringenden Auftrag, der P1 und mich weit weg von Terra bringen sollte.

Das Ziel hieß STRANGER 25.

Was war geschehen?

Auf STRANGER 25, einem Planeten etwa 2 Lichtjahre von Terra entfernt, hatte es einen brutalen Militärputsch mit unzähligen Toten gegeben. Dabei war den neuen Machthabern unter anderem auch einer der wenigen Transmitter von Megacity in die Hände gefallen. Aber es kam noch schlimmer. Mit Hilfe einiger raffiniert ausgeklügelter technischer Tricks modifizierten die Umstürzler die vorhandenen Transmitter zu perfekten Zeitmaschinen um, mit denen sie nun Zeitreisen in die Vergangenheit und in die Zukunft unternehmen konnten. Ganz wie es ihnen beliebte. Ihre Absichten waren genial, aber nichtsdestotrotz kriminell und verbrecherisch.

Es sickerte durch, dass die Putschisten alle geschichtlich relevanten Ereignisse auf STRANGER 25 umkehren und ganz bestimmte Abläufe innerhalb ihres eigenen Raumsektors in der Vergangenheit durch entsprechende Manipulationen gezielt zu ihren eigenen Gunsten verändern wollten, um damit den von ihnen gewaltsam herbeigeführten Putsch, der mehrere Millionen unschuldige Menschen das Leben gekostet hatte, nachträglich legitimieren zu können. Die Geschichte zu verändern war in der Vergangenheit gar nicht so schwer. Am Ende musste in der Zukunft nur dabei herauskommen, dass man der legalen Regierungsmacht Machtmissbrauch, Korruption und Verrat vorzuwerfen in der Lage war. Damit würde es den brutalen Putschisten gelingen, um nachträglich ihren blutigen Putsch militärisch zu legitimieren.

Die Transmittertechnik, das war ein allgemein gültiger Grundsatz, durfte allerdings zu derartigen kriminellen Vorhaben nicht Zweck entfremdet werden. Ein anderes Gesetz der LUUPS besagte außerdem, dass geheime Zeitsprünge nicht erlaubt waren, um mögliche Zeitparadoxien von vorne herein auszuschließen. Offensichtlich hielten sich die Putschisten aber nicht an die ungeschriebenen Gesetze der LUUPS und setzen alles auf ihre erbeuteten Transmitteranlagen. Durch den überraschenden Putsch hatten sie sich in der Tat einen kleinen Zeitvorsprung verschafft, den sie nutzen wollten.

Als unsere Arbeit begann...

Die verdeckten Nachforschungen auf STRANGER 25 stellten sich von Anfang an als ziemlich schwierig heraus, doch Dank der alles überragenden Fähigkeiten meines Androiden P1 konnten wir unsere langwierigen Ermittlungstätigkeiten schon nach knapp einem Jahr mit einem ziemlich spektakulären Erfolg krönen. Uns waren die hochbrisanten Geheimpläne der Putschisten für die technischen Manipulationen an den Transmittern von Megacity in die Hände gefallen. Aus diesem Grunde mussten wir jetzt so schnell wie möglich STRANGER 25 verlassen, bevor die Putschisten von unserer geheimen Aktion Wind bekommen würden.

Wieder am Empfangsgebäude der Transmitteranlage...

Jetzt standen P1 und ich also hier vor einem der wenigen nur für das militärische Personal vorbehaltenen Eingänge des Empfangsgebäudes der riesigen Transmitteranlage, die von starken militärischen Einheiten der Putschisten bewacht wurde. Alles war jetzt nur noch eine Frage der Zeit und alles hing davon ab, ob meine Tarnung funktionieren würde oder nicht, die immerhin aus einer hoch dekorierten Generalsuniform bestand. Das sollte eigentlich reichen, wie ich dachte.

Mittlerweile war es draußen dunkel geworden.

Der Androide P1 stand noch immer hinter mir, den ich mit gedämpfter Stimme fragte, ob wir das Empfangsgebäude jetzt betreten sollten oder nicht.

Die Antwort folgte sofort: „Herr General, der Zeitpunkt war nie günstiger! Wir sollten gehen.“

P1 betonte dabei ganz bewusst meinen militärischen Dienstgrad, wie wir es vorher zusammen besprochen hatten, um keine Zweifel in Gegenwart anderer aufkommen zu lassen.

Einen kurzen Augenblick später gab ich meinem Paladin mit einer vorher vereinbarten Handbewegung ein ganz bestimmtes Zeichen. Damit wurde unsere Flucht von STRANGER 25 in die alles entscheidende Phase eingeleitet. P1 nickte behäbig mit dem Kopf und lies gleichzeitig völlig lautlos sein absolut tödliches Kampf- und Verteidigungsprogramm sekundenschnell hochfahren.

Der Androide war jetzt dazu bereit, mein Leben mit allen ihm zur Verfügung stehen Mitteln entschlossen zu verteidigen, vorausgesetzt natürlich, dieser Fall würde tatsächlich eintreten.

„Na, dann los!“ gab ich den Befehl und steckte die gefälschte Magnetstreifenkarte mit dem geheimen Tageszugangscode in den schmalen Öffnungsschlitz der elektronischen Kontrollkonsole. Sogleich setzte sich mit einem surrenden Geräusch die schwere Sicherheitsstahltür in Bewegung und gab den Eingang zum Innern des Gebäudes frei. P1 und ich traten ein und gingen mit selbstsicheren Schritten schnurstracks auf die beiden Wachposten zu, die sich sofort auf der Stelle umdrehten, wobei sie mit ihren schweren Lasergewehren auf P1 und mich zielten.

„Nur ruhig bleiben“, dachte ich in Gedanken und schritt lässig weiter. Ich tat nach außen hin so, als ob für mich die Reaktion der postierten Soldaten etwas ganz normales sei. Ich war immerhin ein General. Dann hob einer der martialisch aussehenden Wachposten plötzlich den rechten Arm und befahl uns stehen zu bleiben. Er musterte einen Moment lang nachdenklich meine Uniform, überlegte dabei angestrengt, sah im nächsten Augenblick zu P1 hinüber und sagte dann respektvoll: „Herr General, bitte entschuldigen Sie mein Verhalten! Ich habe Sie nicht gleich erkannt. Es wird nicht wieder vorkommen! Sie können natürlich ungehindert weitergehen!“

Kaum hatte er seinen Satz beendet, stellte er noch im gleichen Moment das Lasergewehr neben sein linkes Bein, salutierte zackig und stand solange still, bis ich an ihm vorbeigegangen war. Seine übrigen Kollegen taten einer nach dem anderen das gleiche wie er. P1 ging nur wenige Schritte hinter mir her, genau wie wir es verabredet hatten. Ein Problem war damit gelöst. Die Generalsuniform entfaltete ihre volle Wirkung und machte offenbar großen Eindruck auf die Putschisten.

Unser eigentliches Ziel war ein komfortabler Personentransmitter am Ende des langen Ganges, welchen wir gerade betreten hatten. Dieser Transmitter konnte entweder Personen oder kleinere technische Ausrüstungsgegenstände über eine vorher genau festgelegte Strecke quer durch die Galaxie ohne Zeitverzögerung befördern. Man schritt einfach in den Transmitter hinein und kam sogleich auf der anderen Seite wieder heraus.

Irgendwie funktionierte das Ganze mit der Raumkrümmung, wie ich so für mich dachte und streng genommen befand man sich dabei für den Bruchteil einer Sekunde in zwei Welten, die eigentlich sehr weit voneinander entfernt lagen.
Alles schrumpfte auf wenige Zentimeter zusammen und doch befanden sich zwischen der Sende- und Empfangsstation des Transmitters im wahrsten Sinne des Wortes ganze Welten und Galaxien.

Nachdem P1 und ich die Eingangsschleuse schon weit hinter uns gelassen hatten, konnten wir wenige Augenblicke später den flimmernden Eingang des etwas drei Meter hohen Personentransmitters erkennen. Kurz danach war es dann so weit. Ein Service-Roboter kam heran, brachte uns direkt bis an eine Warterampe unterhalb des Transmitters, der für drei bis vier Personen Platz bot, und begleitete uns während der Fahrt nach oben.

Der Weg war endlich frei und niemand konnte P1 und mich jetzt noch aufhalten.

Ich blickte kurz zu meinem Androiden hinüber, deutete ihm durch ein zufriedenes Kopfnicken an, dass die ganze Aktion erfolgreich verlief. Es dauerte nicht mehr lange, da wurden wir beide langsam von der bereitgestellten Transportplattform vorsichtig an das knisternde Licht des Transmitters heran gefahren. Ein Schritt noch, dann würden wir ohne die geringste Zeitverzögerung am anderen Ende der Station wohlbehalten wieder auf der 2 Lichtjahre entfernten Erde herauszukommen. Die erbeuteten Geheimpläne der Putschisten von STRANGER 25 befanden sich gut verborgen im molekularen Datenspeicher von P1, der immer noch regungslos neben mir auf der Plattform stand. Meine Gedanken kreisten jetzt um die erbeuteten Geheimpläne, die wohl eine Menge Geld einspielen würden, bestimmt genug, dass P1 und ich für die nächste Zeit erst einmal ausgesorgt hätten, sinnierte ich zufrieden.

Dann traten wir in den Transmitter ein. Plötzlich gab es einen fürchterlichen Knall. Meine Knie wurden weich wie Butter, ich sank zu Boden und wurde noch im gleichen Augenblick fast ohnmächtig. Ich wusste eigentlich nicht, was genau geschehen war. "Die Sache ist wohl schief gegangen", war mein letzter Gedanke, bevor ich auf der anderen Seite des Transmitters kopfüber heraus stürzte.


Man schreibt das Jahr 2002.

Als ich an diesem schönen Morgen in dem durchwühlten Bett des schäbigen Motels neben der schwach befahrenen Wüstenautobahn aufwachte, war es bereits fast 10 Uhr. Durch die offenen Schlitze der herunter gelassenen Rollos fluteten schmale Lichtstreifen, die das spartanisch eingerichtete Zimmer ein wenig erhellten. Einen Moment lang konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, und fast wäre ich am liebsten gleich wieder eingeschlafen, wenn es nicht schon so spät gewesen wäre. Mit halb geöffneten Augen döste ich geistig abwesend weiter so vor mich hin. Dann kamen die Erinnerungen zurück, die mich seit meiner unfreiwilligen Ankunft hier auf der Erde vor etwa drei Monaten immer wieder in aller Regelmäßigkeit beschäftigten.

In Gedanken wanderte ich zu jenem Augenblick zurück, als mein Androide P1 und ich den Transmitter betraten. Beide kamen wir zwar in einer Gegenstation an, die sich aber mit Sicherheit nicht auf der Erde, sondern irgendwo auf STRANGER 25 befunden haben musste.

Ich sah schnell ein, dass man uns auf raffinierte Art und Weise reingelegt hatte, denn wir waren schnurstracks in eine Falle getappt. Wir wurden in einen ovalförmigen Raum gebracht, der mit einer kleineren Anzahl technisch manipulierter Personentransmitter bestückt war. Dort hielt man uns eine zeitlang gefangen. Von den Putschisten selbst erfuhr ich, dass es sich hierbei um die eigentliche Zentrale der Zeitreise-Transmitter handelte, von wo aus sie unbemerkt ihre geheimen Zeitreisen in die Vergangenheit und Zukunft unternahmen.

Zu meiner allergrößten Überraschung sah ich in diesem Raum auch zum ersten Mal einen echten LUUP, der mit seiner gewaltigen Körpergröße von annähernd drei Meter wie ein Elefant plötzlich vor mir stand. Er kooperierte offenbar mit den Putschisten und war ein verbrecherischer Abtrünniger seines Volkes. Mit seiner hilfreichen Unterstützung gelangten die Putschisten also gefahrlos und unbemerkt in die von ihnen anvisierte Vergangenheit, ohne dass man sie jetzt noch wirkungsvoll davon abhalten konnte. Das sie ihr Ziel auch erreichen würden, das war mir damals schon kurz nach meiner Gefangennahme schnell klar geworden.

Meine Mission war anscheinend umsonst gewesen.

Doch es kam alles anders...

Als die schwer bewaffneten Putschisten mich von P1 trennen und möglicherweise sogar töten wollten, ging der kampferprobte Androide sofort zum Gegenangriff über. Wie ein Berserker überwältigte er mit rasenden Bewegungen und mit bloßen Händen einen nach dem anderen der sich verzweifelt wehrenden Soldaten. Er richtete ein Blutbad unter ihnen an. Dann stellte er sich schützend vor mich. Gleichzeitig deutete P1 mitten im Kampfgeschehen mit der linken Hand auf einen ganz bestimmten Transmitter, der sich direkt unmittelbar vor mir befand und schrie mir zu, ich solle mich beeilen und darin verschwinden. Im nächsten Moment schon steckte P1 mir etwas zu. Ich hatte keine Ahnung was es war.

Bevor der Androide seine alles vernichtenden Waffen einsetzte, gab er mir von hinten einen heftigen Stoß, sodass ich in einem hohen Bogen durch den hell aufblitzenden Energievorhang des Transmitters flog.

Als ich am anderen Ende wieder herauskam, befand ich mich in der fernen Vergangenheit auf der Erde des Jahres 2002. Nach meinem ersten Schreck rannte ich sofort instinktiv von der sich materialisierenden Gegenstation weg, die nur für einige wenige Augenblicke im offenen Gelände über dem staubigen Boden schwebte und danach mit einem gewaltigen Donnerschlag wieder verschwand.

P1 muss wohl gründliche Arbeit geleistet haben, denn der höllische Explosionslärm, den ich noch für Bruchteile von Sekunden mit bekam, konnte nur bedeuten, dass er die geheime Anlage der Putschisten, und des Verräters der LUUPS, mit seiner fürchterlichen Feuerkraft total vernichtet hatte.

Das P1 noch da war und sich irgendwo unversehrt in der Zukunft aufhielt, merkte ich etwa eine Stunde später daran, dass in meiner rechten Hosentasche ein kleines Hyperraumempfangsgerät piepsend in regelmäßigen Abständen auf einem grün leuchtenden Minibildschirm immer die gleiche Nachricht anzeigte.

Sie lautete: „Wichtige Mitteilung! Hier spricht Ihr Androide P1. Ich weiß, wo Sie sind! Sie befinden sich in der Vergangenheit auf der Erde des Jahres 2002. Ich werde mir wohl erst noch einen Transmitter beschaffen müssen, den ich dann so schnell wie möglich in eine Zeitmaschine umfunktionieren werde. Zum Glück habe ich die Geheimpläne noch bei mir. Kann aber noch eine Weile dauern, bis ich die Anlage einsatzfertig in Betrieb nehmen kann. Suchen Sie sich bis dahin irgendwo auf der Erde einen sicheren Unterschlupf und verhalten Sie sich bis zu meiner Ankunft so unauffällig wie möglich. Ich habe Ihnen ein Empfangsgerät mit gegeben, das auch als automatischer Hyperraumpeilsender arbeitet. Ich werde Sie also überall finden, ganz gleich wo Sie sich aufhalten. Wenn Sie wollen, können Sie sich vielleicht die Wartezeit damit vertreiben, über die altmodischen Robotergesetze nachzudenken. Eines davon heißt übrigens, dass ein Roboter oder Androide kein menschliches Wesen verletzen oder durch seine Untätigkeit gestatten darf, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird. Ich musste Sie beschützen. Ich habe andere dafür getötet. Denken Sie darüber nach, mein menschlicher Freund! Ich werde mich ab jetzt in regelmäßigen Abständen bei ihnen wieder melden. Warten Sie auf P1!“


Mittlerweile hat mich P1 schon zum x-ten Mal in den zurückliegenden drei Monaten davon unterrichtet, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er mich endlich abholen kommt. Ich solle mir also weiterhin keine allzu großen Sorgen machen, denn der Zeitreise-Transmitter sei bald betriebsfertig.

Stopp! Gerade bekomme ich eine neue Nachricht rein.

„Halten Sie sich bereit! Ihr Androide P1 macht sich auf dem Weg durch Zeit zu Ihnen. Die Koordinaten liegen bereits fest. Bleiben Sie also da, wo Sie sind! Das Warten hat ein Ende!“

Mit einer schlappen Handbewegung werfe ich die schmuddelige Bettdecke zur Seite, stehe träge auf und ziehe mich in aller Ruhe an.

Zufrieden denke ich: „So wie es aussieht, werde ich meine Mission doch noch zu Ende führen können. Keine schlechten Aussichten für meine Zukunft in der Zukunft die wieder meine Gegenwart sein wird – oder?"

***

Irgendwo in einer weit, weit entfernten Galaxie.



Zwei LUUPS stehen sich gegenüber und stellen zufrieden fest, dass sie mit P1 und mir offenbar eine sehr gute Wahl getroffen hatten. Die manipulierten Transmitter-Zeitmaschinen auf STRANGER 25 sind zerstört worden. Die brisanten Zeitmaschinenpläne befinden sich in den molekularen Speichern des Androiden P1 in absoluter Sicherheit. Nun gut, einen Transmitter musste der Androide mit den sichergestellten Plänen noch in eine Zeitmaschine umfunktionieren. Aber nur diese eine war noch nötig gewesen um seinen Schützling, der ungewollt einen Zeitsprung in das Jahr 2002 gemacht hatte, in seine eigene Zeit wieder zurückzuholen. Er hätte sonst eine Zeitanomalie erzeugt, die ungeahnte Veränderungen in der kommenden Zukunft nach sich gezogen hätte.

Das jedoch konnten die LUUPS auf gar keinen Fall zulassen.

Für sie gehörte nun mal alles und jedes in seine Zeit.

Auch ich.



ENDE


© Heiwahoe


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