In mir erzeugte es eine gewisse Traurigkeit, als ich von einem Elf erfuhr, daß ich meist nur in der Lage sei seinen Avatar zu registrieren. Nur in ausgesuchten Situationen (nicht von mir ausgesucht) durfte ich die wahre Gestalt der Elfen sehen. Das war immer dann wenn "die Zeit ruckelte". So wurde mir immer deutlicher bewusst was ich selbst, der Troll also, darstellte: Eine Figur im Computerspiel zur Aufklärung seltsamer Phänomene, wie, unter anderem, das "Menschenleben".

Hierbei handelte es sich um die theoretische Erprobung eines unmöglichen Erscheinungsbildes, das ganz aus dem Treiben der Evolution heraus, praktisch gar nicht vorkommen kann. Kuriose, offensichtlich die Männchen der Gattung stark erotisierende Merkmale dabei waren die Brüste der Weibchen! Mit ihnen konnten sie beispielsweise anzeigen, daß sie a). erwachsen waren und b). daß sie dadurch imstande waren Nachwuchs zu säugen = füttern mittels einem körpereigenen Sekret, das sie durch Saugstimulationen an den Nippeln abgeben konnten. Das setzte sie einerseits in die Möglichkeit damit herumzuprotzen und andererseits taten sie damit kund wie wertvoll eine solche Eigenschaft ist.

Auch Schmarrtina Vettele, bald von ihrem Haus und Hoftroll nur noch "Schmarri" genannt, besaß solche weiblichen Beulen auf dem Brustkorb. Sie stellte sie gerne zur Schau, obwohl sie nicht gerade füllig ausfielen und erzeugte damit, außer ihrem Haufen Geld noch eine zusätzliche Machtwirkung auf mich, den Haus- und Hoftroll, den sie wiederum von Anfang an, nur "Trolli" nannte. Natürlich agierte sie, durch ihre Ausstattung, weit über mir.

Ich, Trolli stand deshalb bei Schmarri für gewöhnlich tief in der Schuld – was sich in zahlreichen Dienstleitungen, wie beispielsweise Chauffeurdiensten auszudrücken hatte. "Trolli", fährst du mich morgen dahin und dorthin? Trolli kannst dies und das für mich erledigen? Kannst du in die Kristallkugel gucken, kannst du, kannst du, kannst du?"

Zum Glück stand der glückliche Troll, also ich, zu diesem Zeitpunkt gerade schön in der Gunst der Elfen, die ihm allerlei Gefälligkeiten erwiesen. Nachdem ich, teils aus tagebuchähnlichen Aufzeichnungen, logische Überlegungen angestellt und Begegnungen der drolligsten Art, erfahren hatte wie sie aussahen, die Elfen, konnte ich zaubern was das Zeug hielt. Zumindest sah es direkt so aus! Und darauf kam es ja an.

Ich war an mehreren Schauplätzen zugange, um nicht bornierten Zeitgenossen die Zeichen der "Elfen" näherzubringen. Ich erzählte ihnen von Aliens, die nicht nur in der Lage sind die "Realität" zu verändern, sondern auch mit ihren teils riesigen Fluggeräten überall dort aufzutauchen konnten, wo ich es ihnen "befahl"! In Wirklichkeit musste ich nur Gefühle aufbauen, eine Art unheimliche Spannung in meiner Seele, um sie in ihren fliegenden Kisten (kleiner Scherz) dem Publikum zu präsentieren. Solche Präsentationen benutzte ich frech als Orakel, die auf mein Zutun am Himmel erschienen, damit es den Leuten angst und bange werde und sie mir vertrauen sollten, wie ich wollte.

Einmal verlangte Schmarri z.B. Ich solle ihr weissagen wann ihr "7.Zwerg" (= der leibhaftige Märchenprinz) der brav vor ihr zu Kreuze kroch, auftauchen würde, und wie lange sie denn noch auf ihr Glück zu warten hatte. Ich, der Troll, nahm das quasi zum feierlichen Anlass, mit Schmarri nachts in den Wald zu gehen, wo ich ihr meine Wunder zu präsentieren gedachte...

Ihr schlotterten ein bisschen die Knie, als wir unter einem prächtigen Sternenhimmel auf eine Lichtung zuschritten, auf der ich ihr präsentieren wollte wozu ich imstande war. Dort angekommen, erhob ich meine Arme gen Himmel und forderte Schmarri auf zu sprechen... "Liebe Elfen", sagte sie, ausnahmsweise einmal schüchtern wie eine echte Prinzessin, "könnt ihr mir sagen ob ich meinen Erbprinzen noch in diesem Jahr treffen werde?" Ich, der Troll ergänzte ihre Frage mit einer Aufforderung: "Wenn ihr meint, daß sie ihren 7.Zwerg noch in diesem Jahr auffindet, dann bitte ich euch einen Stern von links nach rechts in Bewegung zu versetzen. Falls das nicht der Fall sein sollte, dann bitte einen von rechts nach links".

Die Bezeichnung "7.Zwerg" entstammte einer scherzhaften Umschreibung anlässlich einer Urlaubsfahrt an den Gardasee, den Schmarri mit fünf Männern und einem Troll unternommen hatte und ihr dabei auffiel, daß sie alle Zwerge waren, der eigentlich wichtigste Zwerg für Schneewittchen aber gar nicht mit von der Partie war. Für einen von uns erschien sie sich damals entschieden zu schön, respektive klug. Dessen ungeachtet taten ihr die Aliens den erwünschten Gefallen und tauchten wie aus dem Nichts plötzlich mit einem Fluggerät auf, um es von rechts nach links schweben zu lassen. Es sah aus wie ein Stern, bewegte sich anmutig leicht, in einem ebenso leichten Bogen durch das Gesichtsfeld der beiden "Geisterbeschwörer", ohne auch nur das leiseste Geräusch zu erzeugen.

Schmarri fror ein wenig ( es war Hochsommer und hatte auch in dieser Nacht noch mindestens 25 Grad), sagte jedoch tapfer: "Und wie sieht es im nächsten Jahr aus?" Diesmal erfolgte ein Zeichen, bestehend aus einem fliegenden "Stern", das sich von links nach rechts bewegte und Schmarrtina Vettele, aus dem guten Hause der Vetteles stammend, war zufrieden. Ihr Troll erschien ihr unersetzlich, obwohl sie gerade eben reichlich Manschetten vor ihm hatte. "Trolli, ich will gar nicht wissen wie du das machst", flötete sie, im putzigsten Mädchenstil und Trolli, also ich, fühlte fast so etwas wie Schmetterlinge im Bauch.

Nun hätte man doch annehmen müssen, daß die weiteren Reaktionen, der prinzessinnenhaften Millionärstochter, entsprechend respektvoll ihrem Troll gegenüber hätten ausfallen müssen...aber nichts dergleichen war der Fall. Sie erfand immer aufwändigere Dienste für ihn, wollte immer mehr und immer genauer wissen, woher ihr Herzenshase zu kommen gedachte und ganz nebenbei sollte Trolli bei ihr Rasen mähen, ihr die wundervollsten Ölgemälde für ihre Prunkwohnung zaubern, sie begleiten wohin ihr gerade der Sinn stand und sie umsorgen wo es nur ging, wobei Trollis Bedenken, daß es ausnahmsweise öfter einmal nicht gehe unerhört blieben.

Ganz nebenbei erregte das pseudo-freundschaftliche Treiben der beiden Schicksalsgeschwister Schmarri und Trolli den Unmut von Dingsbums, die immer häufiger zu protestieren begann, wenn Schmarri nach ihrem Trolli verlangte und ihn aus dem Dunstkreis der vieledlen Tochter Nimmichs abzog, um seinen Scheinerfolgen nachzugehen. Sie, Dingsbums,, musste sich überlegen was da zu tun sei!

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 6

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 6"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 6

Autor: Sonja Soller   Datum: 25.08.2022 12:15 Uhr

Kommentar: Es ist wirklich interessant zu lesen, lieber Alf,
und vor Augen geführt zu bekommen, wie dieser Troll sein Dasein bewältigt, und
was er alles kann, wem er alles zu Diensten ist, sein soll/muss, damit er eine Daseinsberechtigung hat. Ich hoffe für ihn, dass er den Über/Durchblick dabei behält.

Das Bild gefällt mir sehr. Wenn ich genau hinschaue, sehe ich kleine, fast unsichtbare, kuriose Wesen/ Gesichter, die irgendwie eigentlich gar nicht da sind!
Oder bin ich etwa auch ein Troll??

Trollige Grüße aus demNorden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 6

Autor: Alf Glocker   Datum: 25.08.2022 13:44 Uhr

Kommentar: ich vermute du bist eine Trollin!

LG Alf

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