Neulich fiel mir eine Episode aus einem meiner früheren Leben ein und ich sah sie so glasklar vor meinem inneren Auge, dass es keinen Zweifel gibt, ich habe schon vor diesem Leben gelebt. Darum habe ich auch keine Angst vor dem Tod, denn ich komme immer wieder.
Dieses von dem ich berichte , muss eines meiner ersten sein, denn es ist schon so unsagbar lang her.
Es war ein herrlicher Tag , etwa zwölftausendreihundertsiebenunddreißig Jahre vor Christus und es wäre ein Sonntag gewesen, wenn es schon Wochentage gegeben hätte. Es war so ruhig und sonnig und schön, dass es einfach ein Sonntag gewesen sein muss. Meine Frau Fliehstirn wickelte gerade unseren Jüngsten in ein Stück Riesenfaultierfell, welches ich dem Tier aus der Jacke riss, aber weil das Riesenfaultier ja faul ist, war es für eine Verfolgung zu faul.
Mir war nicht bewußt, welche Privilegien ich besaß. Ich konnte sie ja auch nicht wissen, denn es gab nichts vergleichbares um wissen zu können, was Privilegien eigentlich sind. Dennoch besaß ich sie gegenüber der heutigen Zeit. Die Luft war so unglaublich sauber und rein, weil nicht ein einziges Auto oder sonstiges Verkehrsmittel die Luft verschmutzte. Ein schnelleres Fortbewegungsmittel hätte ich mir schon gewünscht, gerade für die Mammutjagd wäre ein Pickup nicht hinderlich gewesen. Meine Beine waren laut Fliehstirn nämlich nicht die schnellsten. Dafür war sie nicht die hellste Fackel in der Höhle. Alles in allem,war dieser Sonntag, wenn es einer gewesen wäre so geil , dass ich draussen vor der Höhle voller Lebenslust Ahughagahuga sang und dabei so sehr den Beat stampfte, dass ich mir den Knöchel stauchte. Das tat so weh und ich stimmte ein wahres Wolfsgeheul an. Das einzige Mittel die Schmerzen zu vertreiben, war damals die Keule jemanden auf den Kopf zu hauen. Dann hatte man zwar andere Schmerzen, aber ersteres war zumindest kuriert. Dieses konnte man beliebig fortführen, bis man wieder am Anfang war. Da ich am gedachten Sonntag ob meiner Schmerzensschreie sehr unschicklich laut war interessierte hier niemanden. Der Sonntag war nicht heilig und kirchliche Gesetze gab es erst viele tausend Jahre später.
Es gab so wenig Menschen auf der Welt, dass man sich nicht mal auf den Sack gehen konnte. Wenn man jemanden einlud in seine vier Höhlenwände, dann fand man den Mangel an alkoholischem sehr betrüblich, doch so wie wir rumliefen, sahen wir echt besoffen genug aus und gallopierten dem Delirium scheinbar voraus.
Dass man sich also auch ohne Alkohol blamieren konnte ,machte niemandem etwas aus, denn es war voll normal. Zum Vergleich, ziehen sie sich heute mal einen Säbelzahntigerlendenschurz an , die Säbelzähne wickeln sie sich in zotteligen Haare und gestikulieren sie wild zu einer Sprache, die sie nicht mal selbst verstehen. Vermutlich würde die ganze Welt sie wie wild auf Facebook liken, weil irgendein Berber sie filmen und einstellen musste…
Nun gut, wir fühlten uns jedenfalls sauwohl. Das ist das, was der moderne Mensch von heute verlernt hat. Dabei kommt es auf das Wörtchen Sau an. Denn nur, wenn man sich so natürlich wie eine Sau verhält, kann man sich sprichwörtlich so fühlen.
Zum Thema Höhle... als ich noch Junggeselle in der heutigen Zeit war, sah es in meiner Behausung höhliger aus, als in meiner Steinzeithöhle, ja selbst in dieser waren weniger Essensreste in den Ecken zu finden als im modernen Domizil. Jedenfalls habe ich mich dort auch sauwohl gefühlt und hatte wenigstens Alkohol. Wenn ich Damenbesuch hatte, machte ich das Höhlenlicht der Junggesellenbutze nicht an, die Damen sollten ja nicht erkennen, dass sie im Begriff waren mit einem Neandertaler zu kopulieren.
Im flackernden Fackelschein der echten Höhle, war es auch ein Genuß Sex zu haben. Man brauchte ja nicht mal einen BH zu öffnen oder Slips abzustreifen. Gab es alles nicht. Darum brauchte ich statt fünf Minuten nur drei und konnte danach lustige Schattenfiguren an die Höhlenwände projizieren.
Fliehstirn hatte wie ich glaubte, keine Vergleiche zu anderen Steinzeitmännern und Zeitschriften die Frauen versuchen zu suggerieren , wie ein richtiger Mann zu sein hat, gab es auf Grund mangelnder Buchstaben nicht. Und lesen hätte sie ja auch nicht können. Vielleicht war das mein Glück.
Jedenfalls behagte mir dieses Leben sehr, ich aß den ganzen Tag Fleisch und hatte eine bemerkenswerte Konstitution, denn kein Gesundheitsapostel verleidete mir meine täglichen Steaks und Lendchen und Brüstchen und….
Hier endete leider die kleine Exkursion in meine Vergangenheit, ich hoffe, dass sie mir bald wieder vor die Sinne schießt.
Ich glaube, ich muss erst mal ins Steakhaus und dann wird es Zeit einen BH zu öffnen… ;-)


© Picolo


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