Es waren einmal viele Kasperln, Gretln und Seppln. Sie stritten sich mit dem Krokodil aus dem Kindertheater über die Themen: Seins oder nichts Seins und wem gehört die Welt?
Vermutlich wäre wohl alles gutgegangen, hätte sich nicht am Ende das Teifele mit seiner weisen Art der Versuchung eingemischt.

Weise sein ist kein Verbrechen? „Wer weiß, was weise ist“, fragte sich einmal ein Urgeistlicher Erdbewohner. Einer Offenbarung zufolge, hatte sich ihm der Schöpfer aller Naturgesetzlichkeiten gezeigt. Entgegen der allgemein gebräuchlichen Annahme, er habe zwei respektable Bockshörner, Schlangenaugen und einen Pferdefuß, präsentierte er sich jedoch als äußerst harmlos aussehender Naivling mit goldenem Engelshaar und himmelblauen Kinderaugen. Dabei handelte es sich aber nun leider nur um eine optische Täuschung, denn wer das Leben wirklich liebt, interpretiert alles seinen Vorstellungen entsprechend. Der erotisch Veranlagte sieht schön gewachsene, nackte Leiber, der Geizige prall gefüllte Geldspeicher, der Hoffnungsvolle den Messias oder den Propheten, der Narzisst sein Spiegelbild und der fanatisch Gläubige nichts weniger als Gott selbst.
Der Ehrliche aber, beugt sich der ultimativen Weisheit des Seins. Eines Seins, das uns zum Überleben befähigt. Und was ist mit Mutter Theresa?

Wer aber kann uns wirklich zum Überleben befähigen – in einer Welt, wo Eins das Andere frisst?! Wie im Märchen tritt nun Satan der Weise auf den Plan. Nur ihm allein ist es gegeben, uns Moral und Sitte zu lehren, denn wer vermöchte es, dies besser zu vermitteln, als er?! Nachdem die Realität nichts weiter als eine Täuschung ist, erfordert es einen stetigen und niemals enden wollenden Lernprozess, um zu erkennen, was Realität bedeutet: den Ernstfall aller Begebenheiten. Und wo bleibt das Kasperle?

Also sprach Satan: „Es werde Ernst und es ward Ernst!“ Und bums dich, schon war die Erde geboren als Schauplatz aller erdenklicher Gewalttätigkeiten. Da spielt es gar keine Rolle, wenn sich die Pflanzen gegenseitig verdrängen, die Tiere sich gegenseitig auffressen oder gar die Menschheit mit Unvernunft geschlagen ist. Weise rät uns Satan, die Evolution in einem funktionierenden Gleichgewicht zu halten, damit sich die pure Dummheit nicht zügellos verbreiten kann. Hier muss das Recht des Stärkeren greifen, obwohl das der Schwächere nie begreifen wird. Dies besagt nicht nur im Märchen: Nichts ist gleich und unsere Aufmerksamkeit sollte sich auch mit den kleinsten Unterschieden befassen.

Deshalb hat sich sogar die große Schar der Schutzengel bereitwillig in Satans Dienst gestellt, denn oft genug muss erst einmal etwas Schlimmes geschehen, bevor sich Gutes Bahn brechen kann. Geburt und Tod ebnen sich ihren direkten Weg durch ein mit Liebe getarntes Netz aus Hoffnung und Endlichkeit. Wer aber kennt die Absicht des Krokodils und wer erkennt den Unterschied zwischen Seins und nicht Seins – das edle Gemüt?

Herr König und Frau Kaiserin betreten die Bühne und mischen sich in die Angelegenheiten des Satans ein. Wenn sich die Obrigkeiten einschalten, wird es meist kriminell und aus einem liebenswerten Märchen wird harte Wirklichkeit. Irgend ein Kasperle muss dann in der Nähe sein, damit kriminelle Energien auch in die Tat umgesetzt werden können. Seppl und Kartoffelkopf steigen in das Labyrinth des Minus-Taurus hinab, um die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Glück auf, mein Herz, darfst fröhlich sein! Sei edel, tapfer, tugendrein. Die Zeche aber zahlt der Wirt, in dessen Kopf der Wahnsinn schwirrt!


Wer aber hat die dunkle Seite der Macht durchschaut? Der Ritter „Gutenacht“ oder die Prinzessin „ Rosa Mund“? Mit wem ist Kasperle im Bund?

Immer mit der Wahrheit, die weise genug daherkommt, um aus dem ganzen Theater eine Vorlage für das Poesiealbum zu machen, denn über den Stein der Weisheit stolpern nur die, die immer nach oben buckeln und nach unten treten. Bei all den vorsichtigen Betrachtungen wurde ganz außer Acht gelassen, dass ein Krokodil grundsätzlich die größte Gefahr darstellt, denn es frisst alles und jeden, ohne einen Gedanken an das Wie oder Was zu verschwenden. Wer 3 und 3 zusammenzählt, erhält eine Freifahrt mit dem Himmelskarussell.

Nach dem fünften Vorhang zogen sich die Protagonisten und Statisten zurück und gaben den direkten Blick auf den Regisseur des Stückes frei. Dabei wurde offenbar, was sich schon lange vorher hinter den Kulissen verborgen hatte. Für alles war immer nur der gutmütige Satan verantwortlich gewesen.

Deshalb sei dir, Mensch geraten:
Verachte keinen Teufelsbraten.
Der kennt der Weisheit letzten Schluss
mit Hinterlist und Musenkuss.

Was resultiert aus den Lebensaufgaben, die uns der Zufall stellt? Das weiß der Teufel: Nichts! Wer eine Antwort auf alle Fragen sucht, der sollte sich auf die Zuhilfenahme satanischer Weisheit verlassen.

„Zufrieden sein bedeutet, in scheinbarer Weisheit immer etwas von der Wahrheit übersehen zu wollen, ohne Rückschlüsse auf die Zukunft zu ziehen.“

Satan der Weise is watching you!

Satan der Weise

© Alf Glocker


© Alf Glocker / Roland Walter


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Kommentare zu "Satan der Weise"

Re: Satan der Weise

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 01.03.2022 10:20 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
ernste Zeilen; trotzdem mit einem Hauch "Augsburger Puppenkiste".
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Satan der Weise

Autor: Sonja Soller   Datum: 01.03.2022 11:43 Uhr

Kommentar: "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn's dem bösen Nachbarn nicht gefällt!!!!!!!!"
Nichts ist sicher, denn allzu oft trügt der Schein.

Wieder großartig geschrieben, lieber Alf. Chapeau!!!!!

Herzliche Morgengrüße aus dem nachdenklichen Norden, Sonja

Re: Satan der Weise

Autor: Alf Glocker   Datum: 01.03.2022 17:50 Uhr

Kommentar: Vielen herzlichen Dank aus Augsburg und der Puppenkiste :-)))

LieGrü
Alf

Re: Satan der Weise

Autor: Jens Lucka   Datum: 01.03.2022 21:16 Uhr

Kommentar: Gruß, Jens

Re: Satan der Weise

Autor: Alf Glocker   Datum: 02.03.2022 8:29 Uhr

Kommentar: Dank!
Gruß
Alf

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