Es war einmal ein hübsches Püppchen. Das war die unrechte Tochter eines hässlichen Kaufmannsgehilfenpaars aus Schlupfen am See. Sie wurde von allen vor allem wegen ihrer rosigen Haut und ihrem goldenen Haaransatz bewundert. Auf dem Sklavenmarkt wäre sie mindestens, wenn nicht gar mehr wert gewesen, als ein großes Haus mit drei Türmen und zwei Dächern. Püppchen war eine Ikone ihrer Zeit und sie wusste, wie viel sie wert war. Dies sprach sich so lange in aller Welt herum, bis die Kunde von ihr ins Neandertal drang. Dort hausten viele Neander im Tal.

Der Schöpfer hatte ihnen ein besonderes Aussehen geschenkt. Ihr Gesicht zierten drei wunderschöne schwarze Äuglein, zwei perfekt gestylte, breite Näslein sowie ein großes Ohr am Hinterkopf. Mit dem konnten sie das Gras wachsen hören. Mit den Näslein konnten sie den kleinsten Teufelsbraten schon auf weite Entfernungen gegen den Wind riechen. Mit dem ersten ihrer Äuglein konnten sie in schwarze Seelen sehen. Mit dem Zweiten sahen sie noch besser und das dritte Äuglein offenbarte ihnen das „Nichts“.
Alle Neander im Tal waren reichlich bestückt mit Körperhaar und Elefantenhaut, die in Runzeln an ihnen hing. Kleidung brauchten sie nicht. Ihre kurzen, dicken Beine waren schön geschuppt und glänzten in der Sonne wie ein toter Fisch im Wasser. Die Hände waren so schön, dass man sie mit Krokodilsklauen oder Tigerpranken hätte verwechseln können.
Ihre Zähne waren von einem vortrefflichen Altgelb geprägt und konnten auch große Knochen bewältigen. Das Allerschönste an ihnen aber war ihre „Schöne Seele“. Die war so schön, dass alles andere dagegen verblich.

Einer dieser Neandertaler hörte auf den Namen „Peppchen“. Als er eines Tages einmal wieder zur Tränke kam, um seinen Durst zu stillen, erblickte er am anderen Ufer einen hellen Schein. War es ein Schweinchen zum Fressen oder war es ein Püppchen zum Spielen? Als er gerade eben noch über die außergewöhnliche Situation nachdachte, geschah es, dass sich Püppchen nackig machte, um in die Tränke zu springen und darin zu baden.

Peppchen leckte sich seine Lippen. Ihm war das Wasser im Munde zusammengelaufen ob solcher Schönheit. Püppchen indes drehte sich auf den Rücken, spreizte ihre Beine und schwamm mit kräftigen Stößen auf ihn zu. So etwas hatte Peppchen noch nie erlebt.
Weit öffnete er seine drei Augen und als sich die Blicke der Liebenden in spe trafen, erkannte er mit allen drei Augen seinen eigentlichen Lebensinhalt. Ohne zu zögern, stürzten sich Püppchen und Peppchen aufeinander und liebten sich gehörig in der Höhle der Großfamilie des Peppchens.

Püppchens Eltern suchten sie auch noch nach Jahren, obwohl es mittlerweile bekannt war, dass sich Püppchen in Peppchen verliebt hatte und beide durch das starke Band der Liebe und Treue miteinander verbandelt waren und blieben. Ihre 8 Kinder nannten sie: „Püppchen 1, Peppchen 1, Püppchen 2, Peppchen 2“, usw.

Als die große Höhle wegen der zahlreichen Nachkommenschaft zu klein wurde, zogen Püppchen und Päppchen zusammen mit ihrer Brut ins schöne Land der dummen Esel, auch genannt : „Schlaf-Affen-Land“. Dort ließen sie sich an einem Ort nieder, der sich:
„Assel an der Pack“ nannte. Und sie lebten unbeirrt und fröhlich mir Ratz und Maus, mit Haar und Laus bis dorthinaus.

Das hässliche Kaufmannsgehilfenpaar aus Schlupfen am See kam ohne ihre schöne Tochter allerdings nur schlecht und recht zurecht und sie lästerten täglich aufs Neue über das Neandertal. Die Menschen dort hätten außer drei Augen, zwei Nasen und ein Ohr am Hinterkopf nur wenig zu bieten. Als die Regierung in Schlupfen von diesen Schmäh-Reden erfuhr, ließ man Mann und Frau verhaften und an den Pranger stellen. Wenig später verendete das hässliche Kaufmannsgehilfenpaar kläglich.

Die Moral von diesem Märchen

…..........ist nicht schwer zu blicken:
Püppchen, die sogar Neandertaler ticken,
kommen in des Teufels heiße Küche -
anders lauten zwar die faulen Sprüche:
„Neandertaler sind dir recht und gut.“
Darum Püppchen, fasset alle Mut
und seid bei 'Drei' nicht auf dem Baum,
Neandertaler sind ein Traum!

Püppchen und Peppchen

© Alf Glocker


© Alf Glocker / Roland Walter


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Kommentare zu "Püppchen und Peppchen"

Re: Püppchen und Peppchen

Autor: Sonja Soller   Datum: 25.01.2022 12:33 Uhr

Kommentar: Ja, was kann man dazu sagen,
eine fantastische Geschichte, hahahahahaha..., da kann man froh sein, dass das nur ein Märchen ist.
Aber wer weiß das schon, vielleicht gibt es irgendwo den ein oder anderen übriggebliebenen Neandertaler :-)

Gerne gelesen!!!

Herzliche Grüße aus dem neuzeitlichen Norden, Sonja

Re: Püppchen und Peppchen

Autor: Angélique Duvier   Datum: 25.01.2022 17:01 Uhr

Kommentar: Unglaublich gut geschrieben, lieber Alf!
L.G.
Angélique

Re: Püppchen und Peppchen

Autor: Alf Glocker   Datum: 25.01.2022 17:37 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde!

LieGrü
Alf

Re: Püppchen und Peppchen

Autor: Jens Lucka   Datum: 25.01.2022 17:56 Uhr

Kommentar: Lieber Alf. Da hast du mir, nach solch einem nicht ganz so gelungenem Tag, wieder des Lachens beschert ! Hahaha...
Wie kommt man nur auf sowas ? Hihi...
Wunderbar

Liebe Grüße. Jens

Re: Püppchen und Peppchen

Autor: Alf Glocker   Datum: 26.01.2022 8:21 Uhr

Kommentar: Fein! Danke dir lieber Jens...

Liebe Grüße
Alf

Auf solwas kommt man nur wenn man vor sich hinspinnt...
wir haben da ein System

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