Aus meiner Märchensammlung...   Das kleine Mau

© Alf Glocker

Es war einmal ein kleines Mau, das war kein Mann und keine Frau, aber so groß wie ein Haus und dick wie ein Rhinozeros, so stark wie ein Zwölefant und so schlau wie die Schlange im Paradies. Dieses raffinierte, riesenkleine Mau erzählte Kindern jeden Alters, ob groß, ob klein, es könne gar nichts besser sein als ein kleines Mau, das alles besser wusste, ja, eben so klug war wie ein Eingott, oder eine Diktatorin an einem heiligen Festtag, an dem alles verehrt werden musste was bisher noch gar nicht bekannt war.

Damit, so sagte das Mau, meinte aber etwas ganz Anderes, würden die kleinen grauen Zellen zu großen Zellen werden, die vor lauter Lebensfreude am Schlechten, funkeln und strahlen würden wie die berühmten Lichtlein, die auf Tannenspitzen sitzen und von dort herunter blitzen. Also wurden die Irrlehren des Mau, die plötzlich keine Irrlehren mehr waren, sogar in der Schule gelehrt. Die armen Lehrer waren auf einmal reich an Einfällen, die eine Verwahrheitung von Irrlehren (a la Mau) zum Ziel hatten. Dazu gehörte auch die Erfindung von Böcken.

Die einen sollten „Sündenböcke“ heißen und die anderen „Zum Gärtner“ und damit begann eine Misere, die vom kleinen Mau und allen seinen Jüngern und Älteren als Segen für das ganze Land und alle Länder der Erde bezeichnet wurde. Das Geheimnis für diesen Segen bestand darin, ab sofort alles was z.B. „Weiß“ hieß in „Schwarz“ umzutaufen, was so viel heißen sollte wie: Stell dich auf den Kopf und dir wird klar werden was richtig ist.

Da gab es plötzlich liebenswerte Mörderlein, sympathische Leutchen die Frauen schlagen durften, welche die noch viel zu kleine Kinder als so groß bezeichneten, daß diese plötzlich heiraten durften oder mussten, aber das war auch egal, weil „durften“ plötzlich „konnten“, also „mussten“ hieß, wer grinste, der lächelte, wer listig war, der wurde als „tüchtig“ apostrophiert und wer tüchtig war, der musste, also konnte, also durfte Strafe zahlen, oder kam gleich ins Gefängnis.

Niemand, der als Sündenbock angeschwärzt wurde, weil er eine weiße Seelenkleidung (äußerliches Aussehen) trug, konnte sich mehr aus der vermauten Affaire ziehen, da alle die vom Nichtsnutz zum Gärtner ernannt worden waren das so wollten, also konnten, was so viel wie mussten bedeutet. Von da an liefen alle – metaphorisch gesehen – auf den Händen herum, damit sie nicht mehr mit beiden Hammelbeinen auf der Erde stünden und tatsächlich zu dem Schluss kämen Wölfe seine keine Räuber mehr sondern Schoßhündchen die keiner Fliege etwas zu Leide tun können, also wollen, was, wie wir jetzt wissen, müssen bedeutet.

Daraufhin wurden natürlich die bösen Sündenböcke von den lieben Wölflein gefressen während die zum Gärtner gemachten das Unkraut, das auch keines mehr war, hegten und pflegten, so daß es spross und in die Höhe schoss, als wie ein verrückt gewordener Schützenkönig auf dem Debütantinnenball in Wien…da schau hin! Und dann schau her: Auf einmal stimmte gar nichts mehr, also quasi alles und alles wurde auf einmal so schön und gut wie ein Scherzengel im Terraquarium, wo halt trotzdem immer noch zu viel Abfall produziert wurde.

Da der Abfall aber nicht nur geistiger Natur, sondern auch tatsächlich richtig real war und überall herumlag, schwamm, schwebte, oder wuchs, weil viel zu viele Böcke zum Gärtner gemacht worden waren, oder durch die neuen Gärtner geschossen wurde, befragte man das Mau was zu tun sein. Da grinste das Mau schelmisch und murmelte geheimnisvolle Formeln vor sich her, die so dunkel waren wie die Nacht, oder die Tage aller Abende im Frühlingsduft eines bevorstehenden Spätherbstes. Wie sie lauteten war für einfache Menschen aber nicht zu entschlüsseln.

Hier ein kleiner Auszug davon, damit wir uns kein Bild davon machen können, und niemals erkennen müssen, also dürfen, was so viel wie können heißt, was auf der Welt eigentlich oder uneigentlich vor- also hintergeht. 1. Formel: Wenn 1 und 1 das Gleiche sind können keine 3 daraus werden! 2. Wenn da wer bezahlt was fruchtbar ist, dann kommt es zu uns her und frisst! 3. Formel: Wenn einer eine Arbeit machen soll, die er nicht weiß, dann macht man ihn mit Bildung heiß! Und 4. Und letzte Formel: 8 Milliarden durch eine Pandemie = Friede, Freude, Eierkuchen!

Nachdem jedoch keiner verstehen konnte was das kleine Mau gemeint haben konnte, blieben die weniger Klugen nicht ganz so raffiniert wie die Schlange im Paradies und die Schlangen außerhalb des Paradieses wurden so schlau wie es sein sollte, denn niemand kann allen Menschen zu Essen geben, wenn die guten Wölfe alle Schäflein gefressen haben. Das muss man aber gar nicht wollen, also können, bzw. dürfen, sondern lediglich müssen, damit alles aus dem Lot, will heißen ins Gleichgewicht von But und Göse gelangt, um alle von den ausgesucht Dämlichen glücklich zu machen… Weiter nichts!

Wer ganz genau hinhört, der versteht, sofern er dieses Märchen verstanden haben sollte, auf eine wirklich atemberaubend wundersame Weise, die Welt von morgen, die es womöglich gar nicht mehr geben wird. Aber sie kommt heute schon im Radio, im Fernsehen, oder in Politikerreden vor. Und wer, durch die Erzählungen des kleinen Mau geschult, in der Lage ist alles umzudrehen, der kann nicht nur rückwärts, vorwärts und seitwärts (wo’s überall nicht gilt) sprechen, sondern auch alles fein säuberlich umdrehen, wenn er begreifen will was passiert.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Aus meiner Märchensammlung... Das kleine Mau"

Re: Aus meiner Märchensammlung... Das kleine Mau

Autor: Sonja Soller   Datum: 14.01.2022 13:15 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
das Märchen spricht wieder Bände aus aller Herren Länder!!!

Herzliche Grüße aus dem umgedrehten Norden, Sonja

Re: Aus meiner Märchensammlung... Das kleine Mau

Autor: Alf Glocker   Datum: 14.01.2022 16:26 Uhr

Kommentar: Haha, vielen Dank liebe Sonja!

Herzl Grü aus dem geradlinigen Süden
Alf

Re: Aus meiner Märchensammlung... Das kleine Mau

Autor: Jens Lucka   Datum: 14.01.2022 17:29 Uhr

Kommentar: So schätze ich mich glücklich im Jetzt zu leben und bedauere die ,,Bewohner" der Zukunft.

Gruß, Jens

Re: Aus meiner Märchensammlung... Das kleine Mau

Autor: Alf Glocker   Datum: 14.01.2022 19:06 Uhr

Kommentar: das kann ich auch gleich unterschreiben...

Gruß
Alf

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