Der Nachtwächter Balduin und der Teufel Firlefanz…

( ein Märchen für Erwachsene )


In der Kleinstadt Birkenau lebte der Nachtwächter Balduin. Der Nachtwächter war nicht allzu groß, doch sein Leibesumfang war beträchtlich In seinem Gesicht war immer ein schalkhaftes Lächeln zu
sehen.
Er war schon über zwanzig Jahre Nachtwächter in Birkenau, und jeder
Bürger der Stadt kannte ihn. Balduin war beliebt bei den Leuten, denn
er war immer freundlich und hilfsbereit. Er war nicht verheiratet, jedoch lebte er mit seinem Kater Schnurr in einer kleinen Mansardenwohnung.
Balduin war mit sich und der Welt stets zufrieden.
Seine Aufgaben als Nachtwächter waren sehr umfangreich.
Er musste die Stadttore öffnen und schließen. Die Gaslaternen anzünden und löschen. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Kontrolle,
der Türen des Rathauses. Das stündliche Ausrufen der Uhrzeit gehörte
auch dazu. Der Nachtwächter Balduin erledigte diese Aufgaben immer mit größter Zufriedenheit.
Nach jeder durchgeführten Stadtrunde setzte er sich unter die große Linde, die auf den Marktplatz stand.
Balduin öffnete dann immer seine Feldflasche, und nahm einige Schlückchen Alkohol zu sich. Der Schnaps war ein Kräuterlikör und
hieß „ Erfurter Konfetti.“
Diesen Kräuterlikör trank Balduin täglich, jedoch in geringen Mengen.
Es war ein Freitag. Der Mond schien hell und die weißen Wölkchen
eilten am Himmel dahin.
Der Nachtwächter hing seinen Gedanken nach, und er dachte dabei
an seinen Kater Schnurr.
Ganz plötzlich, war auf dem hell erleuchteten Markplatz eine dunkle,
merkwürdige Gestalt zu sehen.
Die Gestalt trug auf ihrem Kopf einen Jägerhut mit drei Fasanenfedern.
Der schwarze Mantel der Gestalt, hatte eiergroße Goldknöpfe. Die schwarzen Beinkleider steckten in den Stiefeln des merkwürdigen Mannes. Die Stiefel hatten große, silberne Sporen.
Äußerst seltsam war, dass der Mann beim Gehen immer sein linkes Bein
nachzog.
Balduin wusste sofort, dass es sich bei dieser Person um den Teufel
handelte! Der Nachtwächter lies sich nichts anmerken und blieb in
aller Seelenruhe auf der Bank sitzen. Es war der Teufel Firlefanz!



Balduin fragte den Teufel: „ Hochedler Herr, womit kann ihnen dienen?“
Der Teufel Firlefanz antwortete mit einer laut krächzenden Stimme: „ Er da, er kann mich als Nachtwächter anlernen.“
Der Nachtwächter antwortete darauf: „ Das ist aber ein schwer zu erlernender Beruf, und Verstand muss man auch in Hülle und Fülle haben.“
„Papperlapapp!“ sagte der Teufel und stampfte dabei mit seinem rechten Fuß auf das Kopfsteinpflaster.
Balduin sagte: „ Hochedler Herr, ich werde ihnen alles Erdenkliche zeigen, damit sie den Beruf eines Nachtwächters ausüben können.
Sie brauchen aber noch etliche Sachen und Gerätschaften, um den Beruf durchführen zu können.“
Balduin zählte die Sachen auf, die dazu notwendig wären:
Ein Laternenspieß, ein Signalhorn, eine Kette für das schwere Schlüsselbund, ein Päckchen Zündhölzer und einen knorrigen Stock,
um die herumstreuenden Hunde abzuwehren.
Balduin meinte, das Wichtigste wäre aber eine passende Nachtwächteruniform. Die könne er ja beim Schneidermeister Häberle
anfertigen lassen.
Der Teufel Firlefanz sagte: „ Am nächsten Freitag werde ich bei ihm
wieder erscheinen.“
Nachdem der Teufel weg war, schwebte ein fürchterlicher Gestank über
dem Markplatz. Es roch stark nach qualmender Kohle, Jauche und nach Ziegendreck.
Balduin erzählte am nächsten Tag seine Begegnung mit dem Teufel
dem Postboten Wilhelm Fröhlich. Der Postbote war so etwas wie eine
„ Tratsch-Zeitung.“ Alle Ereignisse, Vorkommnisse oder Geschehnisse
erzählte er gleich brühwarm den Leuten von Birkenau weiter.
Nun wussten alle, dass der Teufel Firlefanz am Freitag in Birkenau
den Nachtwächter-Dienst verrichten würde. Viele Bürger freuten sich riesig, denn sie wollten Firlefanz ärgern, verhöhnen und necken.
Der Teufel erschien am besagten Tag pünktlich gegen neunzehn Uhr
am Brunnen.
Dort wartete schon Balduin, und er staunte nicht schlecht als er den Teufel sah! Der Teufel sah wirklich wie ein echter Nachtwächter aus.
Die Nachtwächteruniform hatte der Schneider Häberle vorbildlich gefertigt.
Der Nachtwächter übergab Firlefanz die Schlüssel für die Stadttore.
Balduin wusste nicht, dass der Postbote Fröhlich den Bürgern der Stadt
die Mitteilung über das Erscheinen des Teufels gemacht hatte.
Der Teufel machte seine erste Runde durch die Stadt und es geschah nichts.


Zu Beginn der zweiten Rund rief der Teufel die Uhrzeit aus. Er rief:
„ Hört ihr Leut, ich muss euch sagen, die Uhr hat gerade zehn geschlagen.“
Plötzlich gingen alle Fenster und Türen des Städtchens auf. Die
Leute schauten oder drängelten sich nach draußen.
Die Leute setzten den armen Teufel Firlefanz mächtig zu. Sie bewarfen
ihn mit Steinen, Kartoffen und fauligen Kohlköpfen. Einige Bürger gossen
vom Fenster aus Wasser über Firlefanz, und das war für den Teufel
das Schlimmste. Dieses ist für den Teufel so, als würden sich die Leute an Brennnesseln verbrennen. Alle Teufel meiden Wasser, sie haben auch eine große Angst vor Wasser, selbst vor Regenwasser.
Darum sieht man an Regentagen keine Teufel, aber Sonnentage sind
ihnen auch verhasst. Sie kommen nur zu uns, wenn es neblig ist, und
dann verstecken sie sich zwischen den Nebelbänken.
Zu ihrer Körperpflege gehört nur das Ausbürsten ihrer Haare.
Der Teufel rannte, so gut er konnte, davon. Firlefanz verlor bei seiner Flucht seinen Laternenspieß und stolperte dabei über diesen.
Verwundet, zerschunden und erschöpft kam der Teufel Firlefanz in der
Hölle an. Er berichtete seiner Großmutter vom Erlebnis bei den Menschen. Sie sagte darauf: „ Du weist doch, dass die Menschen uns nicht gut gesonnen sind. Zur Strafe, das du ohne mein Wissen auf die
Erde gegangen bist, wirst du ab heute täglich die Kessel mit den bösen
Seelen anheizen.“
Des weiteren durfte er auch nicht mehr auf die Erde zu den Menschen. Jedoch muss noch vermerkt werden, das Firlefanz ein guter Teufel
war. Er hatte noch nie einen Menschen in die Hölle gebracht!


© Jürgen


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